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Fanfiction

Das Geheimnis der sieben Siegel - Der Beginn einer neuen Ära - Ein aufregendes Spiel

von DoubleTrouble

Mitte November schlich sich der Winter langsam an Hogwarts heran. Der von den jungen Schülern ersehnte Schnee ließ allerdings noch auf sich warten. Sam sprang jeden Morgen aus dem Bett und sah erwartungsvoll aus dem Fenster, nur um von Mal zu Mal mehr enttäuscht die von Raureif bedeckte Landschaft um Hogwarts herum zu erblicken. Ihr machte die Kälte, ganz im Gegensatz zu Maggie, nichts aus. Sie wickelte sich gern in ihren Winterumhang ein und spazierte nach wie vor nach Lust und Laune draußen herum, genoss, dass der harsche Wind ihre Wangen rötete und sie sich schließlich mit eiskalter Nasenspitze vor das Kaminfeuer im Gemeinschaftsraum setzen konnte. Ihre beste Freundin jedoch ging immer dick eingemummelt in ihren Umhang, mit mindestens zwei Pullovern, dicken Wollsocken und einem kuscheligen Schal, durch die Korridore und klapperte selbst dann noch mit den Zähnen. Irgendein fürsorglicher Hauself musste Maggies Kälteempfindlichkeit wohl bemerkt haben, denn wenn sie abends zu Bett gingen, steckte mittlerweile immer eine Wärmflasche unter ihrer Bettdecke.
Am Samstagmorgen stieg Sam, entgegen ihrer sonst so langschläfrigen Art, schon in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett. Die anderen Mädchen schliefen noch, bis auf Shannon, die erstaunt von ihrem Bett herüberblickte, während sie eine schwarze Socke über den Fuß zog.
„Wieso bist du denn schon auf?“, fragte Shannon verdutzt.
„Warum bist du denn schon wach?“, entgegnete Sam verwundert, als sie in Richtung Bad schlappte. Sam und Shannon sahen sich einen Augenblick lang an und antworteten dann gleichzeitig: „Heute ist Quidditch!“
Sie mussten beide grinsen und Sam verzog sich ins Bad, während sich Shannon weiter anzog.
Als sie frisch gewaschen und gekämmt wieder zurück war, spurtete sie direkt zum Fenster, riss es auf und lehnte sich soweit sie konnte hinaus. Doch auch an diesem Tag wurde sie wieder enttäuscht. Es lag noch immer kein Schnee. Sie reckte die Nase in die frische Luft und ließ den kalten Wind über ihr Gesicht streichen. Schon nach kurzer Zeit regte sich etwas in den Betten und ein missmutiges Brummen ertönte neben der Tür.
„Sam, mach das blöde Fenster zu! Hier drin wird es saukalt!“, beschwerte sich Catherine mit gedämpfter Stimme, als hätte sie sich unter ihrer Bettdecke versteckt. Kurz nach ihr gellte ein weiterer Ruf durch den Mädchenschlafsaal.
„Bei Merlins Bart, Sam!“
Sam zuckte erschrocken zusammen und drehte sich um. Maggie saß aufrecht in ihrem Bett, die Decke bis unters Kinn hochgezogen, und starrte sie entsetzt an.
„Irgendwann fällst du noch raus!“, schimpfte Maggie.
„FENSTER ZU, ES ZIEHT!“, schrie Catherine dazwischen. Sam schloss das Fenster, setzte sich auf ihre Matratze und konnte nicht anders als Maggie anzustrahlen. An diesem Morgen konnte nichts ihre gute Laune mindern. Weder eine schimpfende Maggie, noch eine schlechtgelaunte Catherine.
„Dir auch einen wunderschönen guten Morgen!“, sagte sie fröhlich. Maggie schüttelte entgeistert den Kopf und angelte nach ihren dicken Socken.
„Warum macht ihr denn so einen Lärm?“, gähnte jetzt eine andere Stimme aus dem Bett neben Sam. Kendra war also auch endlich aus ihrer Traumwelt gefallen.
„Mädels, es ist grade mal sieben durch, zum Teufel!“, beschwerte sich Catherine.
„Wieso seid ihr denn schon auf?“, wollte nun auch Kendra wissen und zog langsam ihre Vorhänge auf.
„Heute ist Quidditch!“, trällerte Sam und sprang auf. „Kommt schon! Seid nicht solche Morgenmuffel!“
„Das musst ausgerechnet du sagen!“, erwiderte Maggie, die bereits ein langärmliges Shirt übergezogen hatte und Sam immer noch irritiert betrachtete. Sam ignorierte das und tanzte durch den Schlafsaal. Vor Maggies Bett hielt sie schließlich an, verschränkte die Arme vor der Brust und tippte ungeduldig mit dem Fuß auf.
„Beeilst du dich vielleicht mal ein bisschen?“, sagte Sam mit einer Hand fuchtelnd. Maggie riss die Augen auf und sah sie an, als hätte sie nicht mehr alle beisammen.
„Sam, das Spiel beginnt erst um elf!“, rief Maggie entrüstet. Kendra lief kichernd an den Mädchen vorbei und ging mit verstrubbeltem Haar ins Bad.
„Das weiß ich!“, sagte Sam und rollte genervt mit den Augen. „Aber wir müssen noch Frühstücken und zum Feld laufen und das ziemlich früh, ich will nämlich einen guten Platz haben! Shannon ist schon vor einer Viertelstunde runter!“
Maggie war so entgeistert, dass ihr die Kinnlade runterklappte. Man konnte es ihr nicht vorwerfen, denn gewöhnlich brauchte Sam für Waschen, Anziehen und Essen zusammen gerade eine halbe Stunde.
Sam sprang auf das Fußende von Maggies Bett und sah sie erwartungsvoll an.
„Kommst du jetzt endlich?“, fragte sie munter und lächelte sie an.
„Sam, ich bin müde! Ich hab gestern noch total lange gelesen!“, jammerte Maggie und rollte sich unter ihrer Decke zusammen. Sams Blick wanderte zu ihrem Nachttisch, wo Abstecher mit Vampiren aufgeschlagen lag.
„So einen Schund ziehst du dir rein?“, fragte Sam mit hochgezogener Augenbraue.
„Man sollte alles mal gelesen haben!“, antwortete Maggie schmollend. „Und jetzt lass mich wenigstens noch bis um neun schlafen!“
Sams Miene verfinsterte sich augenblicklich beim letzten Satz. Sie packte Maggies Decke am unteren Ende und sah sie herausfordernd an.
„Steh jetzt auf! Sofort!“, sagte sie grimmig.
„Das wagst du nicht!“, hauchte Maggie. Doch da war es schon zu spät. Sam zog an der Decke und riss sie von ihren Beinen. Mit einem lauten Kreischen sprang Maggie aus dem Bett und schlüpfte in einer Geschwindigkeit in ihre Hose, dass man meinen könnte, sie hätte sie sich angehext.
„Seid ihr vielleicht auch mal ruhig?!“, rief Catherine bissig. Kurz darauf kroch sie jedoch, in ihre Bettdecke eingewickelt, zwischen ihren Vorhängen heraus und verschwand im Badezimmer. Sam fing heiter an zu kichern und ihr Blick wanderte zu Maggie, die bibbernd einen warmen Wollpullover überstreifte.
„Wegen dir friere ich jetzt!“, sagte Maggie mürrisch. Ihre Aussage hatte allerdings nicht die gewünschte Wirkung auf ihre Freundin, denn Sam grinste nur breit und meinte: „Schön, dann bist du jetzt wenigstens wach, oder?“
Maggie fuhr sich resigniert mit der Hand über das Gesicht und ließ sich von ihr in Richtung Bad stupsen.

Es war halb zehn, als die Mädchen die Große Halle verließen. Maggie hatte sich unbedingt noch heiß duschen wollen, dann hatte sie eine gefühlte Ewigkeit gebraucht, um sich ihre sieben Klamottenlagen anzuziehen und als sie dann endlich zum Frühstück gekommen waren, hatten sie die aufgeregten Jungen ihres Jahrgangs getroffen, mit ihnen gequatscht und die Gryffindor- und Slytherin-Hausmannschaft beim Essen beobachtet. Nun gingen sie mit Gabriel, der Millard noch einmal die Quidditch-Regeln erklärte, und den sich kabbelnden Jungen Jonathan und Roger, durch die Eingangshalle. Vor dem Portal blieb Maggie wie angewurzelt stehen und sah Sam prüfend an.
„Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich schon anderthalb Stunden vor dem Spiel freiwillig in diese Eiseskälte rausgehe?!“, sagte sie widerstrebend. Sam verdrehte nur die Augen, nahm sie an der Hand und zog sie einfach hinter sich her.
„Freiwillig? Nein! Gezwungenermaßen? Ja!“, lachte Sam. Maggie stöhnte wehleidig auf, als ihr der raue Wind entgegenschlug, folgte ihr aber dennoch. Ihre Schuhsohlen knirschten auf den mit Raureif bedeckten Gräsern und die Sonne warf einen schwachen Schimmer durch die Wolkendecke. Maggie schloss genüsslich die Augen und streckte ihre Nase in die wärmende Sonne, doch wenn es um Quidditch ging, kannte Sam kein Erbarmen. Sie trieb sie weiter über die gefrorene Wiese, bis zu einem großen Stadion, das von haushohen Tribünen umgeben war.
Das Quidditchfeld bereits zu einem Viertel besetzt. Maggie machte große Augen, als sie erkannte, dass nicht nur Sam so früh aufgestanden war um sich einen guten Platz zu ergattern.
„Es gibt noch mehr so Verrückte wie dich?“, fragte sie zweifelnd und sah sich auf den Tribünen um. Sam lächelte sie nur verschmitzt an und winkte sie hinter sich her zu einem der Tribünenaufgänge. Am Fuße der Treppe blieb Maggie wieder zurück. Sam drehte sich verwirrt nach ihr um und wollte ihr schon genervt zurufen, als sie erschrocken bemerkte, dass Maggie bleich im Gesicht geworden war. Sie sah den Jungen hinterher, die bereits auf die höchste Sitzreihe geklettert waren, und blickte dann wieder mit zusammengepressten Lippen zu Sam. Schlagartig wurde Sam klar, wieso Maggie nicht weiter wollte. Sie biss sich auf die Zunge und schluckte die Worte hinunter, die schon beinahe auf dem Weg nach draußen gewesen waren. Maggie hatte Höhenangst, das wusste sie. Und die Tribünen waren hoch, höher als gewöhnliche Muggeltribünen, und außerdem aus altem Holz, das unheilvoll knarzte, wenn man hinaufstieg oder der Wind daran rüttelte.
„Macht keinen Sinn, dich zu fragen, ob alles in Ordnung ist, oder?“, sagte Sam, als sie wieder hinunter gestiegen war. Maggie schüttelte schwach den Kopf. Sam seufzte und sah zu Jonathan, Gabriel, Millard und Roger hinauf, denen Shannon Plätze mit der besten Sicht reserviert hatte. Anscheinend hatte sie sogar an Sam und die anderen Mädchen gedacht, denn neben ihr, war noch eine halbe Reihe der begehrtesten Sitze unbelegt. Sam sah sehnsüchtig auf die guten Aussichtsplätzte und musste innerlich seufzen. Es wäre so schön ganz nah beim Spiel zu sein, auf direkter Höhe der Torringe, wo die Spieler einem quasi vor der Nase rumflogen. Doch dann beschloss sie, dass ihr ihre neugewonnene Freundin wichtiger war, als das erste Quidditch-Spiel ihres Lebens vom besten Platz aus anzusehen.
Sie steckte die Hände in die Umhangtaschen und sagte, um einen fürsorglichen Ton bemüht: „Ich hab gehört, wenn sich ein Pferd vor etwas fürchtet, bindet man ihm einfach die Augen zu und führt es dran vorbei...“
Maggie sah sie einen Moment lang an - und prustete los.
„Tja, blöd nur, dass ich kein Pferd bin!“, gluckste sie.
„Wir könnten einen der Siebtklässler bitten, dich in eines zu verwandeln“, schlug Sam arglos vor. Maggie brach in heiteres Gekicher aus.
„Ich glaube nicht, dass das helfen würde!“, sagte Maggie und verschluckte sich beinahe an ihrem Lachen. Sam lächelte verlegen. Sie sah sich um und zeigte auf die erste Sitzreihe der untersten Tribüne.
„Schaffst du es dorthin? Es sind nur zehn Stufen und es ist auch nicht so hoch. Wir können es machen, wie damals auf dem Astronomieturm!“, sagte sie. Maggie betrachtete die knorrigen Stufen zögerlich, dann schluckte sie, straffte ihre Schultern und nickte mit festem Blick. Sam ergriff ihre Hand und zog sie langsam, Stufe für Stufe hinauf.
„Sieh bloß nicht nach unten!“, erinnerte Sam ihre Freundin, als sie auf der Hälfte angekommen waren. Maggie hielt an und schaute mit gerunzelter Stirn zu ihr auf.
„Na, danke! Das ist wie: Denk nicht an grüne Hippogreife!“, nörgelte sie und war versucht nach unten zu sehen. Sam reagierte schnell, wenn auch nicht unbedingt freundlich. Sie zwickte Maggie in die Hand und ihr Kopf fuhr mit empörter Miene wieder nach oben.
„Ich kann dir auch mit einem Sack Drachenmist hinterher rennen, wenn es das einfacher macht!“, sagte sie, bevor Maggie etwas erwidern konnte. Maggie fing an zu grinsen, stieg ihr die letzten Stufen hinterher und meinte: „Und du machst mir Vorwürfe, wenn ich davon spreche?!“
Sam fing an zu lachen und deutete mit einer einladenden Verbeugung auf die Sitze.
„Wenigstens sind wir jetzt oben, oder?“
Maggie sah sich mit einem stolzen Hauch rosa auf den Wangen auf der Tribüne um und nahm schließlich mit Sam in der Mitte der Sitzreihe Platz.

Am Ende war die Idee früher aufs Spielfeld zu gehen gar nicht mal so schlecht gewesen. Nach Maggies Aufstieg, der sie doch einiges an Überwindung gekostet hatte, hatten sie gerade mal eine halbe Stunde gewartet, bis das Stadion gefüllt war und Madam Hooch das Spiel anpfiff. Sam war völlig hin und weg. Sie hatte noch nie ein richtiges Quidditchspiel mit eigenen Augen gesehen und die Gryffindor-Mannschaft und das Team der Slytherins lieferten sich einen heißen Kampf auf dem Feld. Das Spiel war in vollem Gange. Es stand bereits sechzig zu neunzig und es wurde gefoult und gebrüllt, geklatscht und aufgeschrien und die Jäger schossen fast alle fünf Minuten ein weiteres Tor.
„Komm schon, Tash!“, jubelte Sam, als die Jägerin der Gryffindors wie ein Pfeil mit dem Quaffel unter dem Arm auf die Torringe der Slytherins zuschoss. „Mach ihn rein!“
Gleich darauf brach sie in wütendes Gebrüll aus. Brant und Lawrence, die Treiber der Slytherins, hatten zwei Klatscher nach Tash geschlagen. Der Erste hatte ihr den Quaffel aus den Händen geschlagen, der Zweite hatte sie direkt vom Besen gehauen.
„Oouuh, Mann!“
Maggie zupfte sie am Ärmel, doch sie konnte den Blick einfach nicht abwenden.
„Sam!“, sagte Maggie direkt neben ihrem Ohr. „Saaam!“
„Sieh dir das Spiel an, Maggie!“, sagte Sam abwesend nach ihr fuchtelnd.
Maggie lehnte sich zur Seite, damit sie ihre Finger nicht ins Auge bekam und piekte ihr unsanft in die Seite, um endlich ihre Aufmerksamkeit zu erlangen.
„Was denn?!“, fragte Sam entgeistert und stöhnte mit der Menge auf, als Slytherin ein Tor warf.
„Und Slytherin baut seinen Vorsprung auf vierzig Punkte aus!“, verkündete der Stadionsprecher lauthals.
„Siehst du, jetzt hab ich's verpasst!“, sagte Sam vorwurfsvoll.
„Würdest du deinen Blick vielleicht mal auf den Rand des Spielfelds richten?“, sagte Maggie bedeutsam und zeigte hinunter zu den Torringen der Gryffindors, wo gerade eine vermummte Gestalt im Gang zu den Mannschaftskabinen verschwand.
„Der Maskierte!“, sagte Sam verwundert und blickte zu Maggie auf, die sie schon an der Hand genommen hatte und zu den Treppen zog.
„Hat das nicht noch Zeit?“, jammerte Sam und sah zu den umherflitzenden Quidditchspielern.
„Willst du, dass er entwischt?“, drängte Maggie und war mit ihr schon halb die Treppen hinabgegangen. Sam wechselte mit den Blicken zwischen dem laufenden Spiel und dem Gang, in dem der Vermummte eben verschwunden war.
„Natürlich nicht!“, stöhnte sie und folgte Maggie die Treppe hinunter. Dann fing sie an zu glucksen. „Wer hat dir deine Feigheit geklaut?“
„Das warst du, schon vergessen?“, lächelte Maggie. Sie kamen am Ende der Treppe an und fingen an unter den Tribünen hindurch zu rennen, in Richtung der Gryffindor-Umkleidekabinen. Am Ausgang hielten sie an und schauten vorsichtig um die Ecke.
„Du schuldest mir ein Quidditch-Spiel, Maggie!“, flüsterte Sam.
„Du schuldest mir noch viel mehr!“, entgegnete sie spitz.
„Was willst du? Eine Fußmassage?“, grinste Sam.
„Dafür haben wir jetzt wohl kaum Zeit!“, wisperte Maggie.
Sam streckte ihr die Zunge raus und winkte sie voran. Die Tür zur Gryffindor-Kabine stand einen Spalt offen. Die Mädchen schlichen zur Tür und linsten vorsichtig hinein. Maggie, die etwas größer war als Sam, blickte über ihren Kopf hinweg.
„Sie!“, kam ein bedrohliches Knurren aus dem Raum.
„Ja, ich!“, ertönte dumpfes Gemurmel und ein schwarzer Schatten legte sich über den Spalt. Maggie atmete leise zischend ein und Sam hielt die Luft an. Nicht weit von der Tür stand der Mann in dem schwarzen Umhang. Seine Kapuze war tief in sein Gesicht gezogen und seiner Stimme nach zu schließen, trug er auch wieder das Tuch über Mund und Nase.
„Sie haben mich absichtlich hierher gelockt!“, rief die Stimme des älteren Jungen, die sie bereits an Halloween schon gehört hatten und die ihnen immer noch so schrecklich bekannt vorkam. Der Vermummte gackerte auf eine so gehässige Art und Weise, dass den Mädchen die Nackenhaare zu Berge standen.
„Und du warst wirklich so dumm, auf meine kleine Täuschung hereinzufallen. Dachtest wohl, deine kleine Freundin würde hier auf dich warten“, sagte der Unbekannte rau.
„Wo ist sie?!“, donnerte der Junge, dass Maggie und Sam vor Schreck zusammen zuckten. Sie konnten durch den schmalen Spalt nicht erkennen, wer er war. Er stand außerhalb ihres Sichtfeldes.
„Aah, keine Sorge... Sie amüsiert sich wahrscheinlich gerade beim Spiel. Die Nachricht, die du bekommen hast, war nicht von ihr, du naiver Dummkopf!“, sagte der Vermummte, der sich offenbar an der Angst des älteren Schülers weidete.
„Allerdings“, sagte der Vermummte noch bevor der Schüler etwas erwidern konnte. „Allerdings kann ich nicht garantieren, dass dieser Umstand noch länger anhält...“
Seine Stimme wurde zu einem bedrohlichen Zischen.
„...wenn du es mir nicht endlich gibst! Du sagst mir, wo es ist, und ich lasse deine hübsche kleine Freundin in Frieden. Versprochen.“
Sam griff mit der Hand nach hinten und drückte Maggies Arm leicht. Sie spürte, dass auch ihre Freundin ängstlich zitterte. Der Vermummte bedrohte den Schüler schon wieder. Und das was er da aussprach war keine alltägliche Drohung. Nein, er wollte einem Mädchen etwas antun, wenn er nicht bekam, was er wollte.
„Sie werden die Finger von Keila lassen!“, erwiderte der ältere Schüler mit deutlichem Zittern in der Stimme.
„Dann gib es mir!“, forderte der Vermummte.
„Ich sagte doch, ich - habe - es - nicht!“, entgegnete der Schüler mit Nachdruck.
„Lüg mich nicht an!“, rief der Unbekannte erzürnt. „Ich kann es an deinen kleinen furchtsamen Äuglein ablesen, also gib es mir, bevor ich dich dazu zwingen muss!“
Er zog seinen Zauberstab und richtete ihn in die Richtung, aus der die Stimme des Jungen kam. Sam und Maggie schrien vor Schreck auf und erstarrten kurz darauf. In der Kabine war es plötzlich still geworden. Zuerst überlegte sich Sam noch, ob der Vermummte ihre Schreie vielleicht nicht gehört hatte, weil sie glücklicherweise mit dem Jubel der Quidditchzuschauer zusammengefallen waren, und ob sie sich nicht langsam zurückziehen sollten, da war es auch schon zu spät. Er wirbelte herum und starrte auf die leicht geöffnete Tür. Maggie zog Sam mit einem erneuten Aufschrei am Kragen nach hinten, sie strauchelten kurz, und bevor der Vermummte zur Tür gerannt war um sie zu öffnen, waren sie auch schon auf und davon. Sie rannten weg. Nur noch weit weg vom Quidditchfeld. Quidditch war Sam zum ersten Mal wirklich schnurzegal. Sie überlegte sich nur noch, ob der Vermummte sie erkannt hatte, ob er ihre Gesichter gesehen hatte und ob er sie womöglich an ihren Augen wiedererkennen würde, wenn er hineinblickte, während sie und Maggie über die, vom Tau nun schlibbrige und rutschige Wiese, ins Schloss hinauf jagten, als wäre der Teufel persönlich hinter ihnen her. Nun, irgendwie war er es ja auch. Wussten sie denn, ob der Vermummte mit ihnen nicht das anstellen würde, was er dem Mädchen namens Keila ihrem Freund gegenüber angedroht hatte, wenn er sie beide erwischte. Oder ob er vielleicht sogar dazu fähig war, noch schlimmeres zu tun, als sie nur zu verletzen. Immerhin drohte er schon damit, nur weil er etwas von dem Jungen haben wollte.

Eine halbe Stunde später fanden sich Sam und Maggie in der Eulerei wieder. Sam keuchte noch leicht und lehnte sich aus einem der Fenster, um sich im kalten Wind abzukühlen, da sie in ihrem Winterumhang fürchterlich schwitzte. Maggie hatte einen Eimer umgestülpt und sich daraufgesetzt. Sie zitterte leicht, weil sie trotz der Rennerei in der Zugluft des Turms schon wieder fror. Sam legte ihren Schal ab, breitete ihn auf dem Fenstersims aus und setzte sich darauf. Maggie sah kritisch zu ihr auf, als wollte sie ihr schon wieder eine Standpauke halten, dass sie aus dem Fenster fallen könnte, doch da sie ebenfalls noch außer Atem war, sah sie ausnahmsweise davon ab. Sam machte es sich mit dem Rücken an der Mauer des Fensterbogens bequem und zog eine Tüte Bertie Botts Bohnen aller Geschmacksrichtungen heraus.
„Auch?“, schnaufte sie und streckte Maggie die Tüte hin, doch die schüttelte mit angewidertem Blick den Kopf. Sam steckte sich eine in den Mund und verzog sofort das Gesicht. Sie schmeckte nach gebackenen Bohnen.
„Was glaubst du, wer war es?“, fragte Sam Maggie, als sie die Bohne endlich hinuntergewürgt hatte. Maggie schaute nachdenklich ins Dachgebälk, wo gut fünf Dutzend Eulen schliefen, und meinte dann: „Du zuerst!“
Sam schüttelte den Kopf und sagte: „Nein, sag du!“
Maggie seufzte und schlug vor: „Zusammen?“
Sie nickten sich zu.
„Bagley!“
„Seaver!“
„Bagley?“, fragte Maggie verdutzt.
„Seaver?“, fragte Sam perplex.
Beide nickten heftig. Sam legte die Stirn in Falten und sah auf die Ländereien hinunter. In der Ferne konnte man immer noch die Quidditch-Spieler über das Feld jagen sehen. Sie schob sich eine weitere Bohne in den Mund und fing heftig an zu husten. Sie hatte Pfeffergeschmack erwischt. Maggie gab das die Chance ihre Vermutung zu erklären.
„Professor Seaver war nicht beim Spiel!“, sagte sie bedeutsam.
„Er war nicht da?“, keuchte Sam mit tränenden Augen und versuchte die letzten kratzenden Bohnenstücke aus ihrem Hals loszuwerden. Maggie schüttelte energisch den Kopf.
„Ich hab ihn nicht auf der Lehrertribüne gesehen“, sagte sie. Sam spuckte aus dem Fenster und hob sich die nächste Bohne vor die Augen. Sie war von einem seltsamen Grün und sah auch nicht unbedingt schmackhaft aus. Sie fixierte Maggie hinter der Bohne und meinte in beinahe verschwörerischem Ton: „Aber Bagley ist auch nicht zum Spiel gekommen!“
Maggies Augenbrauen flogen überrascht in die Höhe. Sam bemerkte es mit Zufriedenheit. Sie wollte ihr ja immer noch nicht glauben, dass Bagley etwas mit der Sache zu tun hatte, obwohl er mitten in der Nacht an Sam vorbeigehumpelt war.
„Vielleicht hatte er ja einen wichtigen Trank für Madam Pomfrey zu brauen...“, überlegte Maggie.
„Entschuldige mal, wer kommt denn nicht zum Spiel seiner eigenen Mannschaft?!“, entgegnete Sam entgeistert und steckte sich nach reiflicher Überlegung die grüne Bohne doch noch in den Mund. Maggie zuckte unbeholfen mit den Schultern, schlang aber gleich wieder die Arme um den Bauch um sich warm zu halten.
„Er könnte krank geworden sein!“, sagte sie nachdenklich.
„Buääääh!“, machte Sam. Maggie schaute sie verwirrt an.
„Was?“
„Rosenkohl!“, spuckte Sam.
„Du meinst, er ist vom Rosenkohl krank geworden?“, wollte Maggie ungläubig wissen.
„Nicht Seaver! Die Bohne!“, spotzelte Sam und versuchte die grüne Pampe von ihrer Zunge zu entfernen. Maggie schnaubte belustigt, wurde aber gleich wieder ernst.
„Kannst du dich mal ernsthaft hiermit beschäftigen?“, fragte sie entrüstet. „Wie kannst du jetzt überhaupt essen?!“
Sam grinste und aß, gerade zum Trotz, eine weitere Bohne. Sie hatte Glück. Schokoladengeschmack. Danach kam eine, die nach Toast schmeckte. Die nächste schien aus Zuckerveilchen zu sein.
„Sam!!!“, schrie Maggie beinahe. Sam fing an zu lachen. Maggie war zu witzig, wenn sie sich aufregte.
„Ich zieh dich doch nur auf!“, gluckste sie und steckte die Tüte mit den Bohnen weg.
„Konzentrier dich!“, forderte Maggie. „Es kann sehr gut sein, dass Seaver es gewesen ist! Für ihn fällt mir kein Grund ein, wieso er nicht da war!“
„Vielleicht hat ihn ein Auror um Rat gebeten und er musste mal eben weg“, vermutete Sam.
„Und das ist eine bessere Erklärung, als dass Bagley krank geworden sein könnte?“, erwiderte Maggie argwöhnisch.
„HAH!“, schrie Sam plötzlich und klatschte in die Hände. Maggie zuckte erschrocken zusammen und fiel beinahe von ihrem umgedrehten Eimer. „Krank wegen seinem verletzten Bein! Er hat sich bestimmt krank gemeldet, weil er humpelt, und dann hat er sich vermummt um unerkannt zum Feld zu kommen.“
„So ein brüchiges Alibi würde sich doch kein Lehrer einfallen lassen“, sagte Maggie. „Außerdem hat der Vermummte nicht mehr gehumpelt. Das hab ich genau gesehen.“
„Weil Bagley es wegen der anderen Lehrer nur vortäuschen würde!“, sagte Sam enthusiastisch. Sie wollte ihre Theorie auf keinen Fall von Maggie zunichtemachen lassen. „Seaver kann es dann nämlich auch nicht gewesen sein. Der humpelt nämlich immer!“, fügte Sam noch hinzu.
Sie und Maggie setzten detektivische Blicke auf.
„Wenn Seaver sich anstrengt, humpelt er auch nicht“, sagte Maggie langsam. „Und vielleicht will er uns damit nur verwirren.“
„Oder es ist, wie ich schon die ganze Zeit sage“, entgegnete Sam beharrlich. „Und es ist Bagley!“


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Imelda Staunton