von DoubleTrouble
Samara packte Maggie am Arm und stapfte sie hinter sich herziehend hinaus. Maggie stolperte unwillkürlich ein paar Schritte hinterher.
„Aua!“, sagte sie, „Du tust mir weh!“
„Du jammerst wie ein kleines Mädchen!“, sagte Samara verächtlich. „Stell dich nicht so an.“
Sam hielt sie weiter fest und zerrte sie durch den Gang.
„Sag mal, was hab ich dir eigentlich getan?“
Samara blieb stehen, zog eine Augenbraue hoch und sah sie abschätzend an. Doch statt sich zu erklären, sagte sie nur giftig: „Ich krieg nichts zu essen, wenn du hier weiter die Mimose spielst, Maggie!“
Empört schnappte Maggie nach Luft. „Mimose? DU bewirfst mich mit Drachenmist und erzählst mir, ich soll - “
„Dich nicht so anstellen! Das bisschen Mist! Du hast es doch drauf angelegt!“, fuhr ihr Sam dazwischen.
Maggie riss ihren Arm aus Samaras festem Griff und schaute sie wütend an. „Das bisschen Mist!“, rief sie. „Hast du sie noch alle? Das war Drachenmist! Den Gestank werde ich nie wieder los! Und ich hab es auch überhaupt nicht darauf angelegt, mit Drachenmist beworfen zu werden!“ Ihre Stimme wurde immer höher, je länger sie sprach.
Samara schnüffelte an ihr und meinte dann: „Das geht höchstens noch als nasser Hippogreif durch. Und jetzt komm endlich, bevor sie den Nachtisch auffahren. Oder willst du mir erzählen, du hast keinen Hunger?“
Maggie zögerte, dann schüttelte sie entschlossen den Kopf. „Nein. Vergiss es.“
Samara öffnete entgeistert den Mund und rang mit den Händen. „Wovon hast du dich denn in Myrtes Klo ernährt? Hat Myrte Aquakulturen angepflanzt?! Longbottom will, dass du zum Festessen kommst, also sei brav wie immer und mach, was die dämlichen Lehrer von dir verlangen!“
Maggie öffnete und schloss den Mund mehrmals ohne etwas zu sagen. „Ich... Du... Also...“
„Na toll!“, seufzte Samara und fuhr sich durchs Haar. „Hätte ich mir ja denken können. Ist ja nicht so, dass ich freiwillig hier bin! Aber Longbottom hätte mir sonst nur noch mehr Nachsitzen aufgebrummt. Eigentlich kannst du doch zufrieden sein!“
„Und du bist nicht auf die Idee gekommen, dich bei mir zu entschuldigen?“, fragte Maggie wütend.
Samara runzelte die Stirn und sah sie nachdenklich an.
„Ich hab damit nicht angefangen, das warst du!“, sagte sie dann und streckte trotzig das Kinn vor.
Maggie konnte es einfach nicht glauben, dass jemand so ignorant und rechthaberisch war.
Hatte Samara etwa vergessen, wer sich aus dem Gryffindorturm hatte schleichen wollen? Wer sie bei jeder Gelegenheit verspottet und fiese Bemerkungen gemacht hatte? Hatte Maggie damit angefangen, Drachenmist zu schmeißen, oder Samara?
Maggie rasten all diese Gedanken durch den Kopf und sie hätte Samara am liebsten eine wohlausgefeilte Predigt gehalten, doch aus ihrem Mund kam nur ein: „Du... bist so bescheuert!“
„Beeindruckend. Das trifft mich jetzt richtig hart“, sagte Samara gelassen. „Du bist feige, besserwisserisch und nervig. Können wir jetzt endlich? Ich - bin - am - verhungern!“
Sie würde Maggie sicher nicht anbetteln mit ihr zu kommen.
„Wieso streite ich mich eigentlich mit dir“, sagte Maggie entnervt. „Es hat ja doch keinen Sinn.“
Wütend drehte sie sich auf dem Absatz um und marschierte davon. Sie würde zwar das Festessen verpassen, wenn sie jetzt in den Schlafsaal ging, aber sie hielt es keine Sekunde länger mit Samara aus.
„Hey!“, rief Samara und lief ihr nach. „Wo willst du hin? Zur großen Halle geht es da lang!“
Sie erwischte Maggies Umhang und hielt sie fest.
Maggie wirbelte herum. Ihre Augen blitzten wütend.
„Ach ja?“, zischte sie. „Und woher willst du das wissen? Du - “
Sie stockte. Etwas hinter Samara hatte ihre Aufmerksamkeit erregt.
„Was denn?“, fragte Samara gefährlich leise. „Red nur weiter, Mayhew. Was wolltest du sagen?“
„Schhh!“, machte Maggie unwirsch.
Am Ende des Korridors, wo ein anderer Gang quer dazu verlief, warfen die Fackeln einen zitternden Schatten an die Wand. Irgendjemand war dort.
„Was hast du denn jetzt schon wieder?“, fragte Samara genervt.
Maggie starrte weiter über Samaras Schulter auf den Schatten, der größer wurde, sich bewegte… Gleich würde die Person, zu der der Schatten gehörte, ihren Korridor kreuzen und sie sehen. Maggie handelte blitzschnell und intuitiv. Sie packte Samaras Ärmel und zog sie in eine Nische hinter einer Rüstung.
„Was hast du denn?“, beschwerte Samara sich. Maggie machte noch einmal „Pssst!“ und deutete auf den größer werdenden Schatten.
„Wer ist das denn?“, hauchte Samara. Ihre Augen wurden ganz groß. Voller Spannung warteten sie darauf, dass die Person sich endlich zeigen würde…
Und dann kam sie in Sicht. Voller Aufregung krallten sich Samaras Finger in Maggies Umhang und sie vergaß beinahe, dass sie eigentlich mit Maggie zerstritten war.
Sie konnten nicht erkennen, wer es war, denn die Gestalt trug einen langen schwarzen Umhang und hatte eine Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Ein Tuch verdeckte den Rest des Gesichts.
Maggie und Samara hielten den Atem an, als die vermummte Gestalt stehen blieb und den Korridor entlang sah, in dem sie sich versteckten. Sie hörten, wie die Gestalt laut und schnüffelnd Luft holte und dann den Kopf schüttelte, als versuche sie, einen ekelhaften Geruch loszuwerden. Einen Moment lang schien der oder die Vermummte zu überlegen, die Quelle dieses Geruchs ausfindig zu machen, doch dann wandte die Gestalt sich um und verschwand nach rechts.
Maggie und Samara atmeten auf.
„Beinah hätte er uns gekriegt!“, flüsterte Samara erleichtert. „Wieso musst du auch so stinken!“
„Daran bist ja wohl du Schuld“, gab Maggie zurück.
Sie sahen sich an und mussten verlegen grinsen.
„Was meinst du, wer das war?“, fragte Maggie.
Samara zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung… aber ich weiß, wie wir es herausfinden können“, fügte sie grinsend hinzu.
Als Maggie sie fragend anschaute, deutete sie auf die Ecke, hinter der der Vermummte gerade verschwunden war, und legte den Finger an die Lippen. Sie schlich sich beinahe lautlos den Korridor entlang und lugte um die Ecke, gerade rechtzeitig, um einen Blick auf die vermummte Gestalt werfen zu können, die durch eine Tür verschwand. Maggie folgte ihr und flüsterte: „Meinst du, wir können noch näher ran?“
Samara warf ihr einen überraschten Blick zu, aber sie nickte und ging auf Zehenspitzen voraus zu der Tür, hinter der der Vermummte verschwunden war. Sie hielten inne, als sie von drinnen Stimmen hörten.
„Wer sind Sie? Was wollen Sie von mir?“
Irgendwoher kannte Maggie diese Stimme, aber so sehr sie sich auch anstrengte, sie konnte sie einfach nicht einordnen. Auf jeden Fall gehörte sie einem Jungen oder einem jüngeren Mann.
„Das weißt du ganz genau“, murmelte der Vermummte dumpf hinter seinem Tuch hervor.
„Nein“, sagte der andere. „Keinen blassen Schimmer.“
„Red keinen Unsinn“, knurrte der Vermummte. „Wo hast du es? Soll ich anfangen, dich danach abzusuchen oder gibst du es mir freiwillig?“
„Ich hab keine Ahnung, wovon Sie reden“, antwortete der junge Mann.
„Ich könnte auch einfach deine Freundin fragen…“, sagte der Vermummte. Seine Stimme bekam einen bedrohlichen Klang.
„Wag es ja nicht…“, drohte der andere. Aber selbst Maggie konnte die Angst in seiner Stimme spüren.
Drinnen in dem Raum lachte der Vermummte dumpf. „Du willst mir drohen? Du könntest doch nicht mal einer Fliege – au!“ Sie hörten Gepolter von drinnen, gefolgt von einem Stöhnen, dann flog die Tür auf. Maggie und Samara konnten sich gerade noch in die Nische hinter einer hohen Steinsäule zwängen, bevor jemand aus dem Raum kam und sie entdeckte. Zuerst kam der junge Mann heraus, doch Maggie und Samara hatten vergeblich gehofft, ihn zu erkennen. Es war zu dunkel in diesem Korridor, um etwas zu sehen, noch dazu verschwand er blitzschnell in die andere Richtung, ohne ihnen auch nur einmal das Gesicht zugewandt zu haben.
Dann stürzte der Vermummte aus dem Raum. Er hinkte und hielt sich die Seite. Leise fluchte er vor sich hin, dann humpelte er den Korridor hinter dem Jungen her.
Maggie und Samara warteten, bis er außer Sichtweite war, dann krabbelten sie aus ihrem Versteck.
Ein paar Augenblicke sagte niemand etwas.
„Wow!“, sagte Maggie schließlich. „Vermummte Gestalten, die in alten Klassenzimmern Leute bedrohen… und das ausgerechnet an Halloween…“
Sam betrachtete Maggie aus dem Augenwinkel. Ihr Blick war immer noch starr auf die Tür gerichtet und sie atmete schnell. Unwillkürlich musste sie schmunzeln. Vielleicht war Maggie doch nicht so langweilig und feige, wie sie anfangs gedacht hatte. Eigentlich war sie sogar ganz mutig. Dass sie der vermummten Gestalt hinterher gegangen war, hatte sie wirklich überrascht. Und dass ausgerechnet sie das Gespräch hatte belauschen wollen, hatte sie dann vollkommen überrumpelt.
Plötzlich tat ihr es unheimlich leid, was sie ihr bei dem Streit im Gemeinschaftsraum alles an den Kopf geworfen hatte. Ja, sie war aufgebracht gewesen und Maggies Worte hatten sie hart getroffen, weil sie die Wahrheit gesagt hatte, aber das war keine Entschuldigung dafür, dass sie ihr Feigheit und Verrat vorgeworfen hatte und auch noch behauptet hatte, in Gryffindor wäre sie fehl am Platz. Und das war nicht mal das Schlimmste gewesen. Maggie hätte die ganze Sache einfach auf sich beruhen lassen, aber sie war so in ihrem Stolz gekränkt gewesen, dass sie es ihr hatte heimzahlen wollen. Es war allein ihre Schuld, dass alles so heftig geworden war.
Allmählich wurde ihr klar, wie sehr sie Maggie verletzt haben musste. Und Maggie hatte ihre Gemeinheiten einfach geschluckt ohne sich zu wehren. Dabei hatte sie sie bei jeder Gelegenheit gestichelt, hatte sogar die meisten Gryffindors auf ihre Seite gezogen, damit Maggie ganz allein dastand. Ganz zu schweigen davon, dass sie auch noch bei den Hufflepuffs über sie gelästert hatte. Und dann war da noch die Sache mit dem Drachenmist...
Mit einem Mal kam sich Sam reichlich dumm und schmutzig vor. Sie war diejenige, die den riesen Streit angezettelt hatte, dabei war das gar nicht nötig gewesen.
„Los, verschwinden wir von hier, bevor uns noch jemand erwischt!“, zischte Maggie und lief voraus, durch den Gang. Sam rannte ihr hinterher und hielt sie wieder am Ärmel fest.
„Jetzt warte doch mal!“, rief sie. Maggie blieb stehen und wirbelte herum.
„Ich geh nicht mit dir zum Festessen! Egal was Professor Longbottom gesagt hat!“, fauchte sie und funkelte sie böse an. „Und jetzt lass mich los!“
Sam ließ ihren Ärmel fallen.
„Wollte ich auch gar nicht“, sagte sie.
„Was willst du dann von mir? Warum lässt du mich nicht einfach in Ruhe?“, sagte Maggie aufgebracht.
„Naja, weißt du...“, druckste Sam herum. „Eigentlich... bistdugarnichtsoübelwieichdachte.“
Den letzten Teil des Satzes sagte sie in einer Geschwindigkeit, die einem Rapper alle Ehre gemacht hätte. So, jetzt war es raus.
„Was?“, sagte Maggie und blinzelte verwundert.
„Ich... Ich finde dich gar nicht so... so... also, ich meine, du bist... kein Feigling...“, stammelte Sam.
Maggie zog eine Augenbraue hoch und erwiderte: „Und das soll ich dir jetzt glauben?“
Sie schüttelte den Kopf, drehte sich um und stieg eine Treppe hinauf.
„Ich hab meine Meinung geändert, okay!“, rief Sam und folgte ihr. Doch Maggie hielt nicht an. Sam holte sie am Ende der Treppe zum siebten Stock ein.
„Jetzt bleib doch mal stehen, verdammt!“, sagte sie aufgebracht und packte sie hinten am Umhang. Maggie wandte sich um und sah sie mit unlesbarer Miene an.
„Hörst du mir bitte mal zu?!“
„Du kannst bitte sagen, ich bin beeindruckt!“, sagte Maggie und verschränkte die Arme. Sam verkniff sich eine Grimasse und steckte die Hände in ihre Umhangtaschen.
„Ich hab nicht... also, ich wollte nicht...“, stotterte Sam, wusste aber nicht, was sie eigentlich sagen wollte.
„Was soll das werden, Sam?“, fragte Maggie argwöhnisch.
„Es tut mir leid“, brummte Sam zu ihren Füßen.
„Wie bitte? Ich hab dich nicht verstanden!“, sagte Maggie auffordernd. Sam sah empört zu ihr auf. Sie war sich sicher, dass Maggie sie genau verstanden hatte.
„Scheiße, muss ich das echt nochmal sagen?“, fluchte Sam. Sie hasste es, sich entschuldigen zu müssen. Sie war wirklich schlecht in solchen Dingen und weigerte sich meistens, es zu tun.
„Ich bitte darum!“, forderte Maggie.
„Es tut mir Leid, verdammt! Jetzt zufrieden?“, sagte Sam laut. Maggie schnaubte und machte sich auf den Weg zum Gryffindorgemeinschaftsraum. Sie nannte dem Portrait der fetten Dame das Passwort und stieg hinein. Sam ging ihr hinterher.
„Maggie!“, rief sie, bevor sie den Gemeinschaftsraum zur Hälfte durchquert hatte. Maggie lehnte sich an eine Sofalehne und sah sie erwartungsvoll an. Sam seufzte und fuhr sich durchs Haar. Sie hätte sich denken können, dass eine einfache Entschuldigung nicht reichte, um mit Maggie wieder ins Reine zu kommen. Immerhin war sie richtig gemein zu ihr gewesen und dafür hatte sie eine richtige Entschuldigung verdient. Irgendwie musste sie es also über sich bringen.
„Okay, verdammte Scheiße!“, stöhnte Sam und strich sich die Haare aus dem Gesicht. „Ich war richtig fies zu dir. Wirklich fies. Ich war eine dämliche Idiotin, dass ich mit diesem ganzen Mist überhaupt angefangen habe! Du bist nicht feige. Und du bist auch keine langweilige Streberin. Und dass du nicht nach Gryffindor gehörst, das war das bescheuertste, das ich je gesagt hab. Ich hab das nicht so gemeint. Und ich war...“
Sam raufte sich die Haare und sah Maggie hilflos an. Wieso konnte sie nicht einfach ihre Gedanken lesen? Das wäre viel einfacher, als so vor ihr zu stehen und blöd rum zu stottern.
„Mist, dämlicher!“, fluchte Sam und war versucht, irgendwo dagegen zu treten. „Ich war neidisch auf dich, weil du so gut in Zauberkunst und Verwandlung bist. Und Bagley mich hasst. Und weil du verflucht nochmal recht hattest, mit dem, was du gesagt hast...“
Sam seufzte erneut. Jetzt kam sie sich noch blöder vor.
„Und diese Aktion mit dem Drachenmist heute Morgen, war wirklich das Letzte. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Ich war einfach...“, sagte sie und brach ab. „Gut, ich hab vielleicht wirklich keine Erklärung, wieso ich das getan hab. Aber es war... ungerecht. Und ich wollte dich um Verzeihung bitten.“
„Und daran hast du dich jetzt so schwer getan?“, fragte Maggie überrascht.
„Zieh mich nicht damit auf...“, murmelte Sam niedergeschlagen.
„Und ich soll dir einfach so glauben, dass du plötzlich zur Einsicht gekommen bist?“, entgegnete sie.
„Was soll ich denn noch tun, um es dir zu beweisen?“, rief Sam verzweifelt und rang mit den Händen.
„Halt einfach die Klappe!“, sagte Maggie und lächelte auf einmal. „Und bewirf mich nie wieder mit Drachenmist, Samara!“
„Sam, bitte“, warf Samara ein und verzog das Gesicht, als hätte sie Zahnschmerzen.
Maggie nickte. „Sam, klar.“
Sam grinste schief, trat auf sie zu und hob die Arme, als wollte sie sie umarmen. Dann blieb sie unschlüssig stehen, wusste nicht, wohin mit ihren Armen und schlang sie schließlich um ihren Oberkörper.
„Vielleicht doch noch zu früh…“, murmelte sie.
Eine etwas unangenehme Stille trat ein, in die Sams Magenknurren wie Donner grollte.
Beide Mädchen kicherten verlegen.
„Hast du Hunger?“, fragte Maggie.
Sam nickte betreten. „Ja, wieso?“
„Ich auch“, sagte Maggie und lächelte.
„Aber beim Festessen sind sie jetzt sicher schon fast mit dem Nachtisch fertig“, seufzte Sam.
„Bis wir dort sind, bestimmt… aber ich hab ja noch Kesselkuchen von meinem Geburtstag oben im Nachttisch!“, erinnerte sich Maggie.
„Echt? Du hattest Geburtstag?“, fragte Sam erstaunt. Als Maggie nickte, sagte sie: „Ja, dann alles Gute nachträglich!“
„Danke“, sagte Maggie und stieg die Treppe zum Schlafsaal hoch. Sam folgte ihr, schnüffelte und sagte: „Du riechst wirklich noch ganz schön stark…“
„Ach wirklich?“, sagte Maggie spitz, aber sie lächelte dabei. „Ich frage mich, wer wohl daran schuld ist…“
Sam blickte betreten auf ihre Schuhe, dann schaute sie strahlend wieder auf. „Ich hab eine Idee!“
Im Schlafsaal angekommen, ging sie schnurstracks auf ihren Koffer zu und wühlte darin herum, bis sie eine kleine, runde Flasche zutage brachte und sie triumphierend hochhielt.
„Parfüm mit Pfirsichduft!“, verkündete sie und begann Maggie großzügig zu bestäuben.
Maggie verzog das Gesicht, hustete etwas und wedelte mit der Hand den Parfümnebel fort.
Dann kniete sie sich vor ihren Nachttisch und beförderte eine große Schachtel nach draußen.
„Bitte sehr!“, sagte sie und nahm den Deckel ab, „Kesselkuchen und Schokofrösche!“
Sie warf Sam einen zu, die ihn auffing und sich im Schneidersitz zu ihr aufs Bett setzte. Eine Weile aßen sie schweigend und genossen den selbstgemachten Kesselkuchen von Maggies Mum.
Maggie schnupperte prüfend an ihrem Umhang und verzog das Gesicht. „Na toll, jetzt rieche ich wie ein parfümierter Drache…“
Sam verschluckte sich vor Lachen an ihrem Stück Kesselkuchen und begann zu husten. Maggie wollte ihr mitfühlend auf den Rücken klopfen, doch Sam würgte ein „Bitte nicht!“ hervor.
Maggie lehnte sich an das Kopfende ihres Bettes und sah Sam zu, die versuchte, ihren Hustenanfall in den Griff zu bekommen.
„Ich hasse das“, würgte sie hervor. „Immer wollen die Leute einem auf den Rücken klopfen…“
Maggie lächelte, während Sam sich auf den Rücken fallen ließ und an die Decke schaute.
„Ich frage mich“, keuchte sie, „wer dieses Klopfen wohl erfunden hat!“
„Und ich frage mich“, sagte Maggie und ihre Stimme nahm einen beinahe geschäftsmäßigen Klang an, „wer dieser Vermummte vorhin war. Und der andere. Und was er von ihm wollte.“
Sam setzte sich mit einem Ruck auf.
„Dieser andere… der jüngere… der kam mir bekannt vor!“, sagte sie aufgeregt. „Ich hab seine Stimme schon mal irgendwo gehört, aber ich weiß einfach nicht wo!“
Maggie nickte langsam und biss von ihrem Stück Kesselkuchen ab.
„So geht’s mir auch“, sagte sie und schluckte. „Auf jeden Fall war er ein Schüler. Ein Sechst- oder Siebtklässler vielleicht.“
„Und der andere…“ Sam biss nachdenklich ihrem Schokofrosch den Kopf ab. „Der war sicher schon erwachsen.“
„Meinst du, das war ein Lehrer?“, fragte Maggie unsicher. „Irgendwie kann ich mir das gar nicht vorstellen…“
Sam zuckte mit den Schultern. „Er kann sich auch reingeschlichen haben, aber das ist eher unwahrscheinlich.“
„Sind wir denn sicher, dass es ein Mann war?“, fragte Maggie.
Sam zeigte ihr einen Vogel. „Natürlich war das ein Mann! Die Stimme war viel zu tief!“
„Ich weiß nicht“, sagte Maggie nachdenklich. „Professor Meriweather, die Lehrerin für Muggelkunde, hat auch eine ziemlich tiefe Stimme. Und Madam Pince klingt auch immer ein bisschen heiser.“
Sam schüttelte entschieden den Kopf. „Die Pince hat vielleicht einen Knall und geht für ihre Bücher über Leichen, aber ich glaube nicht, dass sie sich vermummt durch das Schloss schleichen würde! Und Professor Meriweather – das ist doch diese rundliche mit den Ringellöckchen, die aussieht wie die nette Omi von nebenan! Ganz bestimmt nicht!“
„Wir müssen alle Möglichkeiten durchgehen“, verteidigte Maggie sich.
„Na schön“, sagte Sam und griff nach einem weiteren Schokofrosch. „Professor Sinistra?“
Maggie schüttelte den Kopf. „Professor Sprout?“
Sam lachte nur und winkte ab. „Professor Flitwick können wir wegen der Größe auch ausschließen, genauso wie Hagrid.“
„Und Professor Binns“, kicherte Maggie, wurde aber gleich wieder ernst. „Wer bleibt denn noch?“
„Madam Hooch, Filch, die Professoren Melville, Longbottom, Seaver und Bagley, dann diese zwei alten Professorinnen, von denen ich nicht weiß, was sie unterrichten, und so ziemlich jeder Sechst- oder Siebtklässler“, zählte Sam ab. „Kann ja auch ein fieser Slytherin sein. Denen traue ich so was zu.“
Maggie überlegte. „Madam Hooch bestimmt nicht“, sagte sie dann. „Und Filch… Er ist zwar nicht besonders nett, aber so etwas würde er bestimmt nicht machen.“
Sam warf einen Blick auf ihre Schokofroschkarte, lachte bitter auf und warf sie Maggie zu.
„Neville Longbottom“, las sie. „Geboren am 30. Juli 1980. Seine Eltern waren bereits zur ersten Schreckensherrschaft Voldemorts im Widerstand tätig und wurden nach dessen Niedergang von fanatischen Anhängern Voldemorts bis zum Wahnsinn gefoltert. Während seiner Schulzeit in Hogwarts gehörte Neville Longbottom dem Haus Gryffindor an, dessen Hauslehrer er nun ist. Er gehört zu den engsten Freunden Harry Potters und schloss sich dessen Widerstandsbewegung „Dumbledores Armee“ an, deren führender Kopf er nach Potters Weggang von Hogwarts wurde. Longbottom spielte eine entscheidende Rolle in der Schlacht von Hogwarts und wurde nach dem Sieg über Voldemort Mitglied der neu aufgebauten Aurorenzentrale. Seit 2001 lehrt Longbottom als einer der jüngsten Professoren Kräuterkunde in Hogwarts. Auch privat befasst er sich gern mit der Züchtung neuer Heilpflanzen.“
Maggie blickte auf und gab Sam die Karte zurück. „Nie im Leben war es Professor Longbottom“, sagte sie ernst.
„Dann bleibt ja eigentlich nur noch einer“, sagte Sam bedeutungsvoll.
„Und wer?“, fragte Maggie.
„Professor Bagley!“, antwortete Sam und fuchtelte heftig mit ihrem Schokofrosch herum. „Es passt alles! Er ist fies, ungerecht und Hauslehrer von Slytherin! Es kann gar kein anderer sein! Melville ist viel zu nett und Seaver war ein Auror!“
Maggie wiegte nachdenklich den Kopf hin und her. „Aber kann es nicht sein, dass das alles nur Maskerade ist? Vielleicht ist Seaver böse geworden! Ich traue es ihm eher zu als Bagley!“
Sam schnaubte ungläubig. „Wie kommst du denn da drauf?“
Maggie überlegte und kaute sorgfältig ihren Kesselkuchen. Dann schluckte sie und sagte: „In Detektivromanen ist immer der der Mörder, mit dem man nie gerechnet hätte. Seaver ist so jemand, mit dem man nie rechnen würde, weil er schließlich Auror war und gegen das Böse gekämpft hat. Aber was, wenn er doch böse geworden ist? Oder wenn er nicht mehr weiß, wofür er kämpft? Oder zu den falschen Mitteln greift, weil er glaubt, dass der Zweck die Mittel heiligt?“
Sam schüttelte den Kopf. „Du spinnst ja! Seaver ist ein Hufflepuff! Verlass dich drauf, es war Bagley.“
Maggie fegte mit der Hand ein paar Krümel vom Bett. „Ich bin ja auch in Gryffindor…“, murmelte sie betreten und ließ den Kopf hängen.
Sam krabbelte zu ihr herüber und legte zaghaft den Arm um sie. „Aber du gehörst ja auch hier her!“, sagte sie tröstend. „Du bist mutig, auch wenn du das vielleicht selbst nicht glaubst. Das war dumm von mir, das zu sagen.“
Maggie zeigte ein kleines Lächeln. „Du bist ja nicht die Einzige, die das sagt…“
Die Schlafsaaltür wurde aufgestoßen und Catherine, Kendra und Shannon kamen herein. Sie blieben wie erstarrt stehen, als sie Maggie und Sam so friedlich auf Maggies Bett sitzen sahen.
„Was… was macht ihr denn hier?“, stotterte Catherine ungläubig. Ihr fielen fast die Augen aus dem Kopf.
„Uns streiten, was denkst du denn“, gab Sam grinsend zurück.
„Ja, aber… du warst doch total sauer auf Maggie!“, sagte Catherine total verwirrt. Sie blickte zwischen Maggie und Sam hin und her. „Wieso seid ihr jetzt plötzlich so…“
„…befreundet?“, beendete Kendra den Satz für sie.
Maggie und Sam grinsten sich an.
„Manchmal hat man einfach keine Wahl“, sagte Maggie.
Catherine schüttelte verwundert den Kopf und verschwand im Badezimmer. Kendra folgte ihr.
Shannon schnaubte verächtlich und knurrte: „Mädchen!“
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