von AngelEmily
Prolog - Zurück in die Arme der Heimat
Schwere graue Tropfen klatschten auf die schmutzige Fensterscheibe und zogen unbarmherzig ihre glänzenden Schlieren darüber. Der dichte Wald, die weiten Täler, der große See - all das verschwamm wässrig und ging in einer Suppe grünlicher Einheitsfarbe unter. Einzig ein paar einsame kleine Bäumchen, die ihre mitgenommenen Äste trotz starker Misshandlung durch Wind und Wetter nach wie vor stolz gen Himmel reckten, waren zur Gänze erkennbar.
Die kleine Kutsche ruckelte durch ein tiefes Schlagloch und nahm mit mörderischer Geschwindigkeit eine viel zu enge Kurve. Hermione beugte sich ein wenig vor, doch nun, da sie nach langem in der Lage gewesen wäre den riesigen Thestralrappen vor ihrem Gefährt zu sehen, konnte sie seine kohlrabenschwarze Gestalt durch den dichten Nebelschleier nicht erspähen. Wie in den alten Tagen der Zeit, bevor sie dem Tod unmittelbar ins Auge geblickt hatte, schien die Kutsche ihren Weg alleine zu bewältigen.
Ihre Augen wanderten zur Seite und ihr Blick fiel auf ein weiteres, dieses Mal von Menschenhand geschaffenes, nur unscharf erkennbares Gebilde in der Dunkelheit. Der dämmrigen Düsternis schien daran zu liegen es, gleich den übrigen Teilen der Landschaft, zu verschlucken, doch es hob sich deutlich heller von seiner Umgebung ab. Von so weiter Ferne glich es einem kleinen gelblich braunen Lichtblick, einer Laterne vielleicht, am Ende eines unendlich langen schwarzen Tunnels. Verspielt und voll feuriger Lebendigkeit flackerte es im Einklang mit den rüttelnden Bewegungen der riesigen Kutschenräder, die über die Unebenheiten des schmalen Kiespfades bretterten auf und ab.
Nun, da sie ihren Blick gezielt auf die Welt vor den Fenstern der Kutsche richtete konnte sie in einiger Entfernung ähnliche Lichtspiele in kleinerem Maße und eindeutig nicht von einem Gebäude ausgehend beobachten. Unwillkürlich zuckten ihre Mundwinkel zu einem vollkommen Hermione-unüblichen Lächeln, als ihr eine Zeile aus einer alten Hogwarts-Schulliteratur in den Sinn kam.
Hinkepanks, allgemein unter geisterhafte Wesen einzuordnen, zeichnen sich durch ihre unscheinbare rauchschwaden-ähnliche Gestalt aus, die es ihnen erlaubt im Dunkeln der heimischen Moraste unterzutauchen und unbemerkt die typischen, für verirrte Wanderer oftmals tödlichen, Ortswechsel binnen Sekunden zu vollziehen.
Eine Ewigkeit schien es zurückzuliegen, seit sie einen ihrer vergötterten schweren Wälzer in Händen gehalten und liebevoll mit den Fingern über die vergilbten Seiten gestrichen hatte. Und nun, da in ihrem Kopf dieses eine, konkrete Zitat herumspuckte, vermochte sie nicht mehr zu benennen aus welchem der Werke es stammte. Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind zog sie in Betracht, bei näherem Befassen schien es ihr jedoch wahrscheinlicher, dass es in die Enzyklopädie der Tier- und Zauberwesen einzuordnen war.
Für diesen einen Moment der Unwissenheit beschlich sie eine leise Furcht in Hinblick auf die UTZ-Prüfungen, die gegen Ende dieses Jahres anstanden. Wie sollte sie in Pflege magischer Geschöpfe bestehen, wenn ihr solch elementare Grundlagen fehlten?
Mit einem kurzen energischen Kopfschütteln vertrieb sie diesen unliebsamen Gedanken wieder. Bis zu ihrem Abschluss war es noch eine lange Zeit und für den Moment wollte sie ihre Rückkehr einfach nur genießen.
Vorsichtig streckte sie ihren klammen, zitternden Zeigefinger aus und tippte unendlich sanft und liebevoll an jener Stelle, an der das Schloss in der Ferne erschien, an das kalte Glas, ganz so, als könne sie ihrer geliebten Schule damit näher kommen.
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