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Fanfiction

Rainy Fairytales - High Above Reality

von crazygirl

Hallo, ihr lieben Leute :)
Wenn wir wüssten, dass ihr gerade auf unsere FF geklickt habt, würdet ihr uns jetzt vermutlich aufgeregt hüpfend sehen, also – Willkommen! Wir hoffen, das erste Chap gefällt euch und... Ja, das Kapitel ist lang :D Irgendwie endet das bei uns meistens so. Also, seid gewarnt! ;)
Wie oben gesagt, das hier ist mehr oder weniger eine Fortsetzung zu Like A Fairytale, und wenn ihr irgendeine Anspielung oder so nicht versteht – Wir hoffen mal, das im laufe der Geschichte noch erklären zu können! :)
So, dann mal viiiiiel Spaß mit unserem 1. Kapitel!
:)

__________


~*Lily*~

Ich träumte.
Ich träumte mein ganzes Leben lang. Manchmal glaubte ich das wirklich. Dass ich in irgendeinem Schloss lag, hunderte von Jahren, mit sanft geschlossenen Augen, und alles, was ich erlebte, nichts weiter wert war als eine dieser verblassten Erinnerungen, die man von schönen Träumen behält.
Manchmal hatte ich Albträume, dann wälzte ich mich in meinem vergoldeten Bett in meinem Turmzimmer, hoffte darauf, aufwachen zu können... Und manchmal betete ich einfach, dass das alles real war, kein Streich meiner Fantasie, kein Traum. Manchmal war diese Welt zu schön, um daraus zu erwachen, manchmal war dieser Traum so unwahrscheinlich real, märchenhaft, ein einziger Wunsch, dauerhaft gemacht zu werden.
Da waren Farben; Farben und Licht und Liebe und auf einmal nur noch Angst, vor der Zukunft, vor alledem, was kommen mochte, oder auch nicht, was kommen musste... Da war Veränderung in der Luft, ich schmeckte sie in meinem Schlaf, weil, weil, weil... es der letzte war.
Als ich geweckt wurde, gönnte mir mein Verstand keine Sekunde, um mich in irgendwelchen Trugfantasien schwelgen zu lassen. Ich wusste sofort, was heute für ein Tag war. Dass das alles kein Traum war. Oder vielleicht doch, der Traum von Kindheit, aus dem ich heute Abend gerüttelt werden würde; ich - wir alle.
Die Lippen an meinem Nacken waren mir so vertraut, wie das Gefühl von Gitarrensaiten an meinen Fingern. So vertraut, wie einem nur etwas werden kann, das man auf gar keinen Fall missen möchte; auf das man unmöglich verzichten kann.
Ich brauchte länger als sonst, um die Augen aufzuschlagen, was nicht nur an der ungewöhnlich heftigen Müdigkeit lag, sondern ganz einfach an der Tatsache, dass das hier das letzte Mal war - eines der vielen letzten Male, die wir alle gerade durchliefen. Die letzte Möglichkeit in James Potter's Bett zu liegen, das Gefühl des langsamen, verwirrenden, elektrisierenden Aufwachens zu spüren und darüber nachzudenken.
Nicht nur darüber. Auch über Schnecken zum Beispiel - Über Träume, und Schlösser, und dass es eigentlich alles andere als real sein konnte, neben James aufzuwachen, seine Bewegungen das Erste sein zu lassen, dass ich am taufrischen Beginn eines neuen Tages wahrnahm. Seine Hand zum Beispiel, die mir vorsichtig eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich, über meine Wange.
Zzzzzzzzzzzzzzzzzp.
Eigentlich hätte ich mich schon längst an den Stromschlag, der seinen Berührungen folgte, gewöhnen müssen. Eigentlich, aber eigentlich sollte er mich auch gar nicht berühren dürfen, einfach weil, weil er James Potter war, und eigentlich sollte ich auch gar nicht hier sein, sondern in meinem eigenen Schlafsaal und eigentlich war alles, was ich mir wünschte, dass ich morgen wieder hier aufwachen konnte, zwischen Remus, Peter, Finn, Frank, Black, Kevin und James, James, aber das eigentliche Problem dabei war, dass Freya mich vermutlich töten würde, wenn ich die letzte Nacht in Hogwarts nicht mit meinen Freundinnen verbringen würde, Freya, meiner besten, verrückten Freundin und Leah und Holly, die wir vier schon so viel zusammen gemacht hatten, hier in Hogwarts. Es war nur Recht, dass ich die letzte Nacht mit ihnen in unserem Schlafsaal verbrachte, aufbleiben und aufgeregt über die Zukunft tuscheln, wie wir es immer gemacht hatten. Nur, dass die Zukunft jetzt plötzlich einen unbekannten, gruseligen Schimmer bekommen hatte. Trotzdem...
Die letzte Nacht.
Schluck. Ich schlug die Augen auf.
Bemerkte verwirrt, dass James offensichtlich schon hellwach war, er saß auf der Bettkante, vollständig angezogen, lächelte mich so wach an, dass es beinahe ansteckend war. „Guten Morgen.“ Sein Blick strich über mein Gesicht.
Mein Blick fiel in seine Haare, wurde dann aber vom Tageslicht abgelenkt, oder besser: Von dessen fehlender Präsenz. Es war dunkel, stockdunkel draußen.
Und James war wach. Irgendetwas war falsch hier, aber das Falscheste schien mir gerade, dass das Bett so furchtbar groß schien, und James schon wach war.
Verschlafen guckte ich zu ihm hoch. „Was machst du da?“ Verwirrt nahm ich seinen Arm in die Hände, wollte ihn wieder neben mich auf sein Bett ziehen, nur um kurz einatmen zu können, es seinem Geruch zu erlauben, mich wach zu machen.
Ich kann kaum in Worte fassen, wie sehr es mich überraschte, dass er mich zurückwies, nicht zuließ, dass ich ihn neben mich zog. Was? Das war - seltsam. Wirklich seltsam. Schon allein sein ganzes Dasein als Urwaldmensch, das ich schon sehr früh identifiziert hatte, würde das nicht zulassen, müsste eigentlich schon bei den kleinsten Wachheitszeichen meinerseits die Arme um mich schlingen, mich an sich drücken und seine Lippen an meinen Hals.
Das war wirklich seltsam. Vor allem, weil das das letzte Mal war - Das letzte Mal hier Aufwachen.
„Hey, nicht wieder einschlafen. Aufstehen.“ Das schiefe Grinsen raubte mir für eine Sekunde den Atem.
Verwirrt warf ich einen Blick zum Fenster - Definitiv Nacht. Noch verwirrter sah ich zu ihm zurück und wollte eigentlich nichts anderes, als schlafen, oder zumindest die Augen zumachen zu können. „Was ist? Es ist so dunkel. Ich bin müde“, machte ich und versuchte ein leichtes Grinsen. „Wir haben die Prüfungen hinter uns. Müsstest du jetzt nicht eigentlich glücklich und zufrieden schlafen und von deinem unglaublichen Zeugnis träumen?“ Ich seufzte, versuchte, die unglaubliche Müdigkeit ein wenig abzuschütteln und setzte mich ein wenig auf.
Und hasstehasstehasste es, automatisch aufgegeben zu haben. Eine Lily Evans sollte jetzt nicht aufstehen, wenn sie nicht wollte, ich sollte mich jetzt gerade extra noch tiefer in die Kissen kuscheln und weiterträumen, wenn er wollte, dass ich aufstand.
Irgendwann würde der Tag kommen, an dem seine Worte, seine Blicke, seine Berührungen keine Wirkung mehr auf mich hatten. (Das wäre dann vermutlich der Tag, an dem ich nach Hogwarts zurückkehren würde. Um mich von Astronomieturm zu stürzen.)
James schüttelte den Kopf. „Ja, schon. Aber ich will dir was zeigen.“ Er blickte mich immer noch an, und jetzt strahlten seine Augen, und er schien es kaum noch sitzend auszuhalten, seine Augen kribbelten, lebten.
Oooh. Wie schön. Ich versuchte, mich zu konzentrieren. „Was denn?“, fragte ich neugierig werdend nach und setzte mich im Schneidersitz auf, rieb mir kurz über die Augen.
Er grinste. „Überraschung.“
Ich überlegte kurz, ob ich es jetzt mit der Angst zu tun bekommen sollte, befand dann aber, dass seine Überraschungen grundsätzlich - anders waren.
Anderes war ein gutes Wort. Sie waren nie das, was ich erwartete, sie waren nie das, was andere Pärchen in Hogwarts machten, sie waren nie so ungefährlich, wie ich sie gerne hätte, nie so belanglos, unwichtig, wie sie sein könnten, immer - anders. Gut-anders.
In einer Mischung aus Misstrauen und gespannter Erwartung guckte ich ihn an. „Was -“ Das war dann der Punkt, an dem ich wach genug wurde, um zu merken, dass ich es noch nie geschafft hatte, ihm sein Ziel vorher schon zu entlocken, und ich gab auf. „Aber, warte mal, ich muss noch kurz ins Bad“, sagte ich stattdessen und stand ein wenig schwerfällig auf.
James sprang mit auf - sogar in meinem leicht eingeschränkten Wahrnehmungszustand konnte ich sehen, dass er hibbelig war. Ich musste grinsen, weil ich diesen Eindruck immer hatte, wenn er mich mit irgendwas überraschen wollte.
Als wüsste er nicht ohnehin, dass es mir gefallen würde. Idiot.
Er blickte mich an. „Beeil dich.“ Einen Moment lang streiften seine Lippen meine, ließen mich einen Moment schweben, träumen, aufwachen. All das. Gleichzeitig.
Zzzzzzzzzzzzzzzzzzp.
Ich blieb stehen, taumelte ein wenig weiter, blickte zurück zu ihm, wo er sich erneut auf sein Bett niedergelassen hatte, mit hinter dem Kopf verschränkten Armen, um auf mich zu warten.
Ich grinste. Bahnte mir langsam rückwärts einen Weg durch das Chaos, schlüpfte durch den Vorhang, überlegte und kam doch nicht drauf, was er mir zeigen wollte, und - stolperte. Fing mich gerade noch, fluchte leise. Automatisch wartete ich eine Sekunde, gespannt auf die Sprüche von Black oder Kevin Jones, die mit Sicherheit gleich kommen würden. Ich überlegte sogar, ob sie sich auf die Tatsache, dass ich mich immer noch nicht an das Chaos im Schlafsaal der Jungs gewöhnt hatte, beziehen würden, oder doch eher auf ihr Lieblingsthema, mein und James' Liebesleben, das mich jedes Mal wieder erröten, stammeln, oder wahlweise auch rumschreien ließ - ganz im Gegensatz zu James, der in der Hinsicht ungefähr siebenhundertdreiundfünfzigtausend Mal so offen war wie ich. Den ich manchmal dafür hasste, den ich jahrelang dafür gehasst hatte. Definitiv.
Auf einmal fiel mir neben der überraschenden Abwesenheit der dummen Bemerkungen die Dunkelheit auf - Oh, das war toll, da konnte ich später den Grund meines Beinah-Sturzes drauf schieben -, die viel erklärte. Klar. Es war zu früh, die anderen schliefen noch... Und was bitte hatte James mit mir vor?
Ich zermarterte mir das Hirn, während dem Zähneputzen, duschen, anziehen. Ideen hatte ich viele, aber keine davon war besonders realistisch. (Obwohl die Vorstellung von James und mir beim Versteckenspielen im Dunkeln echt lustig war. Oder beim Eindringen in den verbotenen Wald. Im Dunkeln. Man würde uns lynchen, haha. Oder vielleicht wollte er mich dazu überreden, die ganze Schule mit fünfzigtausend Luftballons aufzuwecken, an unserem vorletzten Morgen...)
Ich dachte daran, wie wir die schlafende McGonnagal mit Luftballons und Kuchen aus ihrem Bett scheuchten, musste breit grinsen und schlüpfte durch den Vorhang zurück zu James, der bei meinem Anblick sofort aufsprang, neben mir stand und eine meiner Hände mit seiner verschränkte. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern.
Zzzzzzzzzzzzzp.
Dann drehte er sich zu mir um, mit geöffneten Lippen, als wolle er etwas sagen, und - Und er sah mich an. Einfach das. Ansehen. Einem Mitmenschen in die Augen gucken, den Blick ein wenig über ihn schweifen lassen, aber nicht so, wie normale Menschen es tun, er machte es auf seine James-Art, die mich jedes Mal ein wenig befangen machte, bei der es in mir zzzzzzzzzzzpte. Die mich erlöste, wenn sein Blick wieder den meinen suchte und seine Augen mir sagten, dass alles gut war. Dass alles wahr war, dass ich eben nicht träumte.
Heute lag etwas anderes in seinem Blick, etwas beeindrucktes, als wäre er gefangen von einem Gedanken. Als müsste er auch daran denken, dass er mich nie wieder so wecken würde, nicht in Hogwarts. Und plötzlich war da auch die Frage - Die Frage, wie es weitergehen sollte. Mit uns. Die Frage, auf die ich keine Antwort hatte, und für die er keine Worte fand, die Frage, die ich am liebsten verdrängen, vergessen und verleugnen wollte, weil ich immer noch feige war, weil ich beinahe schon mal alles aufs Spiel gesetzt und ihn verloren hätte, und ich unglaubliche Angst hatte, das wieder zu tun. Nur weil ich zu stolz war.
Er schluckte. „Gehen wir?“ Ein wenig fahrig lächelte er mich an, und ich hatte das Gefühl, dass er viel mehr Worte im Kopf hatte, als die beiden, die er ausgesprochen hatte. Oder vielleicht hatte ich auch nur eine überarbeitete Einbildungskraft. Hm.
„Klar“, erwiderte ich, schenkte ihm ein Strahlen und ließ zu, dass er mich aus dem Schlafsaal zog.
Wir schwiegen, als wir leise die Treppe hinuntersprangen, mit verschränkten Händen und - irgendwie in einstimmiger Verbundenheit. Als - als wäre er sich genauso bewusst wie ich, dass das hier vielleicht das letzte Mal war, dass wir diese Treppe gemeinsam hinunterschritten. Oh Merlin, wie dramatisch. Diese Treppe, die wir zusammen schon einmal während eines Wettrennens runtergefallen waren; die Treppe, die ich erst dieses Jahr zum ersten Mal betreten hatte, um James ein Buch zu bringen, damals, als eine Beziehung zwischen uns noch undenkbar gewesen war; die Treppe, die er mich so oft hinaufgezogen hatte, abends nach unseren Rundgängen, weil er Angst hatte, ich würde es mir anders überlegen und doch nicht mehr kommen, wenn er mich kurz gehen lassen würde, oder Freya würde mich zwingen, oben zu bleiben, oder... Die Treppe, die er mich hoch getragen hatte, als Black mich dazu gereizt hatte, auf einen Besen zu steigen. Ich war zwar gelandet, aber alles hatte sich gedreht. Ich war anscheinend sehr blass gewesen, und an etwas anderes als den Anblick dieser Treppe von James' Armen aus konnte ich mich auch nicht wirklich erinnern.
Ich nahm die letzte Stufe und auf einen Schlag waren all die Erinnerungen weg. Der Gemeinschaftsraum - war leer. Wirklich leer, kein Schüler befand sich in ihm, kein Licht drang durch die großen Fenster, wir waren ganz alleine.
Wow.
„Oh“, machte ich, ließ seine Hand los, drehte mich einmal um mich selber, aus irgendeinem Grund unglaublich fasziniert vom Anblick des dunklen, einsamen Gemeinschaftsraums. Strahlend drehte ich mich zu James um. „Ich war noch nie hier, wenn es ganz leer war. Nur - einmal, als ich Freya, Leah und Holly dazu überredet habe, nachts die Treppen hier zu Rutschbahnen zu machen und dann eine kleine Rutschparty zu machen. Das war an meinem vierzehnten Geburtstag.“ Ich lächelte. „Oder als wir beide verschlafen haben, weißt du noch?“, fügte ich hinzu und grinste ihn an. Wir waren im Schulsprecherraum eingeschlafen und dieses Ereignis hatte zum ersten Nachsitzen meines Lebens geführt. Das war am Anfang dieses Jahres gewesen... Meine Gedanken flogen zurück ins Jetzt, meine Augen fokussierten die leeren Sofas und Sessel. „Ist das nicht unglaublich? Komm, das müssen wir ausnutzen“, beschloss ich.
James grinste nur. „Die Idee mit der Rutschbahn habt ihr von uns Rumtreibern.“
„Stimmt, aber -“ Ich stockte. Runzelte die Stirn. „Vor einem Jahr hätte ich mir noch eher die Zunge abgebissen, als das zuzugeben.“
„Vor einem Jahr hättest du dir auch eher beide Beine amputiert, als mit mir zusammen im leeren Gemeinschaftsraum zu stehen.“
Ich musste lachen. „Ich glaube, ich wäre zitternd weggerannt“, gab ich zu.
„Ich hätte mir schon etwas einfallen lassen, damit du bleibst“, sagte James, und ich zweifelte keine Sekunde daran, dass es wirklich so gewesen wäre. Merlin. Wie sehr sich die Dinge verändert hatten...
Aber, halt. Schluss damit. Ich sollte diesen Tag genießen, diesen letzten, geheimnisvollen Morgen, und ich sollte nicht in jedem zweiten Gedanken betrauern, dass all das bald ein Ende haben würde. Aus.
„Komm schon, lass dir irgendwas einfallen, was wir jetzt machen können“, bettelte ich und strahlte ihn an. „Das müssen wir nämlich wirklich ausnützen. Nur ganz kurz.“
James blickte mich an und grinste. „Wir könnten auf das Sofa springen und eine überdimensionale Kissenschlacht machen“, schlug er vor, sah mich erwartungsvoll und immer noch nachdenklich an.
Perfekt. Ich hatte gewusst, dass ihm etwas einfallen würde.
Nachdenklich blickte ich auf die Sofas, verzog mein Gesicht ein wenig. „Kissenschlacht?“ Nicht besonders begeistert blickte ich ihn an, wandte mich dann dem Sofa zu und machte ein paar zweifelnde Schritte darauf zu. „Ich weiß nicht...“
Keine Sekunde später hatten meine Finger das erste Kissen umschlossen, schleuderten es hinter mich und - verfehlten James knapp. Aber das war zu erwarten gewesen, deswegen hatte ich auch schon ein zweites in der Hand, drehte mich begeistert zu ihm um. „Kissenschlacht?“
James reagierte noch schneller, als ich gedacht hatte, irgendwie hatte ich schon ein Kissen im Gesicht noch bevor ich das Wort richtig zu Ende sprechen konnte. Und er lachte. Machte mich einen Moment sprachlos, weil er glücklich klang und weil er verrückt war, weil er darüber lachen konnte, mit mir im leeren Gemeinschaftsraum eine Kissenschlacht zu machen.
Dann streifte ich hastig meine Schuhe ab, sprang aufs Sofa und fing das nächste Kissen.
Und für ein paar erschöpfende Minuten war alles andere vergessen, alles, alles, außer mir, James und dem nächsten Kissen in meinem Blickfeld.
Es dauerte nicht lange, bis James ungeduldig wurde - Ich hatte ja keine Ahnung, was er vorhatte, aber es war offensichtlich zeitlich gebunden, denn er drängte schon bald, weiterzugehen.
Ich gab mein Bestes, um die Kissen wenigstens noch ein kleines bisschen zurechtzurücken, dann folgte ich ihm aus dem Gemeinschaftsraum.
James war selten stur, und selbst wenn er es war, brachte ich es meistens mit meinen ausgeklügelten Überredungstaktiken („Bitte“ sagen, lächeln und kurz meine Lippen auf seine drücken, mehr brauchte es meistens nicht mal) hin, ihn zum Reden zu bringen. Nur bei einer Sache blieb er immer hart: Wenn es darum ging, mich zu überraschen.
Ich hasste das. Ich war zu neugierig, um zu warten, und zu misstrauisch, um still zu sein. Irgendwie hatte ich es immer noch nicht so wirklich hingekriegt, ihm zu vertrauen - So wirklich, mit allem drum und dran und geschlossenen Augen und einer Hand in der anderen. Aber ich arbeitete daran. Ich wurde besser. Ha.
Neben ihm herhopsend tippte ich gegen die Tasche, die er mit sich führte. „Was ist da drin?“
Er grinste. „Wart's ab.“
Die nächsten Treppen folgten - Inzwischen war ich mir fast sicher, dass wir in einem der Türme standen. So hoch war kein anderer Teil Hogwarts'.
Während ich noch überlegte, was wir in einem Turm wohl alles anstellen könnten und meine Beine sich schwer die letzten Stufen hinaufschleppten, hatte James schon meine Hand losgelassen und seinen Zauberstab gezückt. Ein wenig respektvoll sah ich zu ihm hoch und verfluchte mich mal wieder, dass ich keinen Zauberstab dabei hatte.
Es war immer das gleiche. Ich war ein ordentlicher Mensch, in meinem Zimmer oder meinem Teil des Schlafsaals lag auch nie nur ein überflüssiges Kleidungsstück herum, ich hatte meine Hausaufgaben immer kontrolliert geordnet gehabt - Aber dann war da die Sache mit meinem Zauberstab. Ich vergaß ihn. Andauernd. Überall. Und ich fand mich so ziemlich täglich in leeren Räumen mit niemanden außer mir und James Potter wieder, unbewaffnet. Und obwohl ich es hasste, das zuzugeben, machte es mir immer noch ein kleines bisschen etwas aus, dass er dann die Oberhand hatte, dass er praktisch machen konnte was er wollte.
Verdammt. Und dabei arbeitete ich doch so hart daran, diese Angewohnheit abzulegen. Obwohl es zweifelhaft war, ob unsere Beziehung diesen Wettbewerbscharakter jemals loswerden würde... Und ob ich das überhaupt wollte.
Hm. Komische Sache. Das mit mir und James.
Und noch komischer waren die Gedanken, die sich seit ein paar Wochen unaufhaltsam durch meine Gedanken schlichen, mir auflauerten, wenn ich es am wenigsten erwartete und mir Angst machten. Seit ein paar Wochen, seit... Unser Abschluss immer näher rückte. Seit ich angefangen hatte zu kapieren, dass alles ein Ende hatte, auch etwas, das einem zeitlos, raumlos, märchenhaft erschien. Zum Beispiel Hogwarts. Die Tatsache, dass James jeden Morgen im Gemeinschaftsraum auf mich wartete, wenn ich nicht soundso bei ihm schlief und von seinen Lippen an meinem Nacken geweckt wurde, und wenn alles, was ich denken konnte seine von der Dunkelheit raue Stimme war.
Wie sollte das weitergehen? Was - wie sollten wir Zeit miteinander verbringen, wie sollte ich ihm meine verrückten Ideen erklären, wie sollten wir uns streiten, und verrückt machen, uns nerven, hassen, verliebt sein und all das? Ich konnte mir kaum vorstellen, wie es weitergehen sollte, und ich wollte es auch kaum. Denn meine Gedanken... waren nicht so forsch, viel zu naiv vielleicht; Erst die Ideen meiner Freundinnen hatten mir ein paar Sachen klar gemacht.
Zusammenziehen.
In einer Wohnung leben. Einen Abwasch teilen, eine Küche, ein Bett. Und noch ein bisschen mehr, ein Badezimmer, ein Sofa, ein Esstisch, einen Flur, Schuhe neben Schuhe.
War es das, woran James dachte, wenn er mich ansah? War es das, was ich denken sollte, wenn ich morgens aufwachte und mir nur wünschte, jeden Morgen so erleben zu dürfen? Oder war es kindisch, naiv, nur eine dumme, unrealistische Idee meiner Freunde?
Ein Teil von mir, ein großer, war überzeugt davon, dass dieser Gedanke Blödsinn war. Wir würden uns die Köpfe einschlagen, uns um den Abwasch streiten, wer den Tisch deckte - um jede noch so unwichtige Kleinigkeit. Ich würde die Hälfte der Nächte schmollend auf dem Sofa verbringen, irgendwann in der Nacht würde ich Alpträume bekommen, wieder zu James wollen, wir würden mitten im Flur zusammenrennen, noch ein bisschen herumzicken, uns versöhnen und in der Küche landen, um Bärchenchips zu essen.
Ich blickte ihn von der Seite an und kaute auf meiner Lippe herum. Versuchte, all diese Gedanken auszublenden und wusste doch nicht, ob das richtig war.
Ich wusste generell nicht mehr, was richtig war. Das einzige, was ich wusste, war, was nicht richtig war: Hogwarts zu verlassen. Unsere... Unsere Kindheit hinter uns zu lassen. Meine Freunde, James, Black, Bruce Lennon, all die nervigen Mädchen, die immer noch dran glaubten, James würde mich irgendwann für sie fallen lassen, nicht mehr jeden Tag zu sehen. Hogwarts war mein Leben, ich - Ich konnte nicht, ich wollte mir nicht vorstellen, wie Aufstehen von nun an aussehen würde, ohne den roten Vorhang, den vertrauten Bettpfosten mit dem bescheuerten J+L darin geritzt, das Freya einmal gemacht hatte, während ich und James Schulsprechertreffen hatten.
„Ladies First?“ Ich schrak aus meinen Gedanken, blickte zu James und folgte seinen Augen. Und staunte.
Da, wo gerade eben noch Wand gewesen war, hatte sich nun eine Luke offenbart, hinter der eine Treppe noch weiter nach oben führte. Mit einer übertrieben galanten Handbewegung lud James mich ein, sie zu betreten.
Ich zögerte. „Erst, wenn du mir glaubhaft versichert hast, dass dahinter nichts Gefährliches lauert.“
Er grinste nur über meinen - nicht besonders überraschenden - Widerstand. „Hey, traust du mir wirklich zu, dass ich meine Herzallerliebste einer Gefahr aussetzen?“
Alle meine schweren Gedanken verschwanden, lösten sich plötzlich auf, als ich lachen musste. „Tja, vielleicht willst du mich ja jetzt loswerden... Jetzt, wo Hogwarts endet...“ Immer noch lachend sah ich ihn an, und es überraschte mich selbst, wie leicht es mir fiel, darüber zu scherzen.
Auf einmal war sein Arm um meiner Hüfte, er sah mich eine Sekunde lang an, bis seine Lippen schließlich kurz auf meine trafen, sie umschmeichelten, mich... an Abschied erinnerten. Die Zärtlichkeit, mit der er mich küsste, ließ mich an Abschied denken, und irgendwie doch daran, dass das hier nicht zerbrechen musste. Es könnte weitergehen, ganz still, einfach... Und laut, und chaotisch und intensiv und verrückt und bunt und so wie immer und doch immer anders.
Oder?
Vorsichtig löste er sich von mir, seine Arme immer noch um mich geschlungen. „Es ist nicht gefährlich. Nur, wenn du dich extrem dämlich anstellst, aber ich bin ja da und pass auf. Okay?“ Einen Moment lang blickte er mich noch an, gut-anders, als würde er es wirklich so meinen, und... Ich hasste mich wieder, eine Sekunde lang, dafür dass ich es ihm immer so schwer machte. Dafür, dass er vielleicht nie eine richtige Chance bekommen würde, auch wenn... Wir zusammen waren. Nur wegen einem albernen, mit unglaublich vielen Vorurteilen behafteten Namen: James Potter. Plötzlich verwandelte sich sein Gesichtsausdruck zu einem schiefen Grinsen. „Glaubhaft genug?“
Ich starrte ihn an. Und fragte mich, wie ich bei diesem Grinsen eigentlich noch zweifeln konnte. Und kapierte eine Sekunde, warum ihm alle so zu Füßen gelegen waren, es immer noch taten, all die kleinen Mädchen. Kapierte eine Sekunde später meine eigenen, armseligen Gedanken und räusperte mich.
„Glaubhaft“, gab ich schließlich zu, schluckte und betrat die Stufen. Höher. Höher.
Ich spürte seine Schritte hinter mir und ging schneller. Was konnte er mir nur am letzten Morgen zeigen, einen Teil von Hogwarts, den ich noch nicht kannte?
Neugierig betrat ich die letzte Stufe, stieß eine kleine hölzerne Tür auf - ignorierte das Betreten ausdrücklich verboten Schild - und trat hinaus.
Es war dunkel. Ich brauchte trotzdem nicht länger als zwei Sekunden, um zu erraten, wo wir uns befanden. Die Luft war im ersten Moment eiskalt, Morgen-Sommer-Luft. Die Dunkelheit war anders, echter, und nicht sehr undurchdringbar, denn schon nach wenigen Augenblicken hatten meine Augen sich daran gewöhnt und konnten Umrisse von Sachen erkennen, die ich liebte.
Ich sah den See. Die Ländereien. Wenn ich genauer hinsah, konnte ich sogar Hagrid's Hütte erahnen, und das Feld auf dem er gerade weiß-Merlin-was für gefährlichen Pflanzen züchtete. Ich sah das Portal, einen hohen Turm, genau neben mir, das Quidditchfeld, das mir immer so groß vorgekommen war von nahem.
Wir waren draußen. Und weit oben.
Ich tippte mal ganz stark auf das Dach.
Wow.
Ich drehte mich zu James um, und im selben Moment wurde mir fast ein wenig schwindelig. Schnell packte ich seinen Arm, sah ich unfassbar an. „Was machen wir hier?“
Er grinste mich an, und ich wusste einfach, dass meine nicht sofort begeisterte Reaktion ihn ein wenig an seiner Überraschung zweifeln ließen. Idiot. „Frühstücken.“ Wieder dieses schiefe Grinsen.
Ich riss meinen Blick von ihm los, sah auf das flach geneigte Dach, sah über ganz Hogwarts, sah.
Drehte mich wieder zu ihm um und blickte ihn an, als hätte er den Verstand verloren. „Und das zeigst du mir jetzt? Einen Tag bevor wir Hogwarts verlassen?!“ Am liebsten hätte ich auf ihn eingeschlagen, so wütend ließ mich der Gedanke, dass er das alles schon lange kannte und mir vorenthalten hatte, plötzlich werden. Ich fing an, auf der Stelle zu hüpfen, mich zu freuen, zu ärgern, alles gleichzeitig. „Das ist wunderschön! Wirklich, das ist -“ Kopfschüttelnd ließ ich meinen Blick wieder schweifen, wusste gar nicht, wo ich hingucken sollte. Entschied mich schließlich für unsere Hände, die James gerade fest verschränkte, als hätte er Angst, ich würde sonst runterfallen.
„Ich dachte, so kann man sich vielleicht ... gut verabschieden“, sagte James mit einem schwachen Grinsen, und mit einem Ausdruck in den Augen der gar nicht dazu passte.
Perplex wandte sich mein Blick nach oben. Ich hatte keine Ahnung, wie ich das deuten sollte, ich - Das klang seltsam. Man konnte viel zu viel hineininterpretieren, und die Weise, wie er es gesagt hatte, und heute war der vorletzte Morgen und - Oh Merlin.
Ich atmete tief durch. Sah ihn wieder an. „Das klingt, als wolltest du... Als müssten wir uns...“ Ich brach ab, auf einmal sehr befangen.
Das ist Einbildung, hör auf mit dem Blödsinn, wisperte eine Stimme in meinem Kopf und James' überraschter Gesichtsausdruck bestätigte sie gleich darauf. „Von Hogwarts. Nicht - also -“ Er drückte meine Hand fester, und einen Moment sahen wir uns an.
Und plötzlich fiel mir auf, wie verdammt jung wir eigentlich waren. Dass wir eigentlich keine Ahnung hatten, von gar nichts, dass wir nichts wussten im Vergleich dazu, was wir einmal wissen würden. Wie unsicher wir waren, wie unerfahren. Wie konnte man von zwei von Hogwarts verwöhnten 18-jährigen verlangen, dass sie jetzt schon wussten, was sie später einmal wollen würden? Dass sie über so komplizierte Dinge wie zusammenziehen und zusammenbleiben nachdenken mussten? Wie konnte man von uns erwarten, das Thema anzusprechen, wenn wir beide doch keine Ahnung hatten, ob das halten würde? Ob wir in ein paar Monaten immer noch verliebt nebeneinander einschlafen würden und - Wettrennen machen, und Pfannkuchen, und all das? Wie konnte ich es von ihm verlangen, wo er genau wusste, dass ich zweifelte, und wie sollte ich es selbst über die Lippen bringen, wo ich es doch einfach nicht wusste? Wo ich doch nicht auch nur daran gedacht hatte, mit James zum heute noch drohenden Abschlussball zu gehen, einfach jemand anderem zugesagt hatte und ihn damit mal wieder vor den Kopf geschlagen und einen riesen Streit hervorgerufen hatte?
Es war so viel, so plötzlich, und das, obwohl wir eigentlich seit sieben Jahren gewusst hatten, dass dieser Tag kommen würde.
Ich hatte so verdammt viel im Kopf, tausend Dinge, die ich gerne gesagt hätte, die ich James gerne einfach wissen lassen hätte wollen, falls wir uns nach Morgen aus was für einem Grund auch immer verabschieden mussten. Dass ich seine Haare mochte. Dass ich sicher war, es würde lustiger sein, mit ihm auf den Ball zu gehen, als mit Bruce, auch wenn ich diesem zuerst zugesagt hatte. Oder vielleicht auch einfach nur, dass ich Katzenbabys mochte. Ich - Ich wollte ihm so gerne einfach die Chance geben, all das irgendwann zu wissen, all die kleinen Dinge, die nicht mal Freya wusste.
Für einen Moment wünschte ich mir so sehr, dass meine Sturheit in hundert Jahren nicht ausreichen würde, uns zu trennen.
Ich spürte seinen Blick von der Seite auf mir und meine Hand brannte in seiner, vor all den Worten, die ich hätte sagen sollen und doch nicht über die Lippen brachte.
Er lächelte vorsichtig. „Hunger? Ich hab Frühstück mitgenommen.“ Er hielt die Tasche hoch, setzte sich einfach auf den Boden, weit genug von der Kante entfernt, als dass ich Angst bekommen musste. Vorsichtig lächelnd setzte ich mich neben ihn.
„Du bist echt unglaublich.“ Ich grinste ein wenig, ließ meinen Blick über den schwarzen See streichen um seinen Blick nicht erwidern zu müssen und dann doch all die Dinge zu sagen, die mir durch den Kopf gingen.
Er blickte mich immer noch an, küsste mich schließlich auf die Wange und wandte seine Augen endlich auf die Ländereien. Ich guckte ihn an.
„Das ist das letzte Mal, dass ich hier sitze“, murmelte er leise, verzog das Gesicht ein wenig.
„Wann war denn das erste Mal?“
„Äh - dritte Klasse?“ Er überlegte, schüttelte schließlich den Kopf. „Ich weiß es nicht mehr genau. Hier haben wir manchmal geraucht, weißt du?“ Er musste grinsen, und auch meine Lippen verzogen sich bei dem Gedanken an diese ihrer pubertäre Phasen dachte. „Pad wäre einmal fast vom Dach gefallen, wenn Wormy ihn nicht rechtzeitig festgehalten hätte. Ich hab mich hier mal übergeben, weil ich irgendeine Grippe hatte. Und Moony hat mal seine Schultasche aus Versehen runter geworfen.“ Er lachte, zuckte kurz mit den Schultern. Und gerade, als ich einstimmen wollte, war das Lachen schon verhallt, machte weniger fröhlichen Gedanken Platz, die ich nur zu leicht erraten konnte. „Weißt du - ich liebe diesen Ort. Manchmal bin ich hier hoch gekommen, wenn mir alles zu viel geworden ist. Wenn ich mich mit Pad gestritten hab oder so.“ Wieder schüttelte er leicht den Kopf, als könnte er kaum glauben, dass das alles ein Ende haben sollte. „Dann hab ich irgendwann angefangen, das alles vollkommen zu vergessen. Deshalb liebe ich es, hier zu sitzen und - ganz Hogwarts zu sehen. Den See, das Quidditchfeld, Hagrid's Hütte, den Wald - alles.“
Ich schluckte und rutschte ein Stück an ihn heran, um meinen Kopf an seine Schulter legen zu können. „Es ist wirklich wunderschön“, wiederholte ich, weil ich es liebte, dass er es liebte, wenn ich seine Überraschungen liebte. „Ich hab noch nie einen Sonnenaufgang gesehen“, fügte ich hinzu, den Blick in die Ferne auf den nur zu erahnenden Lichtstreifen am Horizont gewendet.
Er legte seinen Arm um mich. „Ich hab noch nie bei Sonnenaufgang gefrühstückt.“ Sein Blick strich über mich, und er lächelte.
Ich löste meine Augen von dem zunehmend helleren Licht, so unendlich weit weg (ungefähr so weit wie die Vorstellung von James und mir in einer Wohnung), drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Danke. Ich hätte wirklich was verpasst, wenn ich hier nie oben gewesen wäre...“
„Gerne.“ Sein Daumen strich über meinen Handrücken, ließ etwas in mir warm werden, immer noch. „Ich dachte, ich mach unseren letzten Morgen hier zusammen... zu etwas Besonderem.“
Und für eine Sekunde, für eine schreckliche, elendiglich lange, peinliche, entsetzlich schnulzige und armselige Sekunde hätte ich am liebsten gesagt, dass er jeden Morgen zu etwas Besonderem machte.
Ich schluckte all diese Worte hinunter und lächelte. „Morgen ist auch noch ein Morgen hier.“
„Der Letzte.“
Ich stieß ihm gegen die Schulter. „Hör auf. Das klingt, als wäre unser Leben danach vorbei.“
Ein leichtes Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, und ich freute mich. „Tut mir Leid. Aber - Oh man, ich hab richtig Schiss vor dem Moment, in dem wir in den Zug steigen. Irgendwie kam mir das Ende immer so weit weg vor... Das waren doch nie sieben Jahre.“ Ein wenig fassungslos schüttelte er den Kopf.
Ich guckte ihn von der Seite an und musste fast lachen, als mir ein Gedanke kam. „Und davon hab ich beinahe sechseinhalb Jahre damit verbracht, dich zu hassen.“
Er lachte. „Ziemlich dämlich. Aber ehrlich, ohne dich wäre meine Hogwartszeit nur halb so unterhaltsam gewesen.“ Ein breites Grinsen strich über seine Lippen, und ich wusste, dass er genau wie ich an all die Dinge denken musste, die wir hier schon erlebt hatten.
Ich grinste ihn an. „Stimmt wahrscheinlich. Und... vielleicht ein bisschen schmerzfreier. Und ich glaube, ich hätte mir ein neues Hobby suchen müssen, wenn du nicht gewesen wärst, und die ständige Notwendigkeit, dich anzubrüllen.“ Und vielleicht werde ich das auch bald tun müssen, mir ein neues Hobby suchen. Aber das sagte ich nicht.
„Oh man, es hätte alles so anders laufen können. Alles. Stell dir vor, ich wäre nie auf dich aufmerksam geworden. Oder du wärst nie mit Snape befreundet gewesen und hättest daher gar keinen Grund gehabt, mich zu hassen.“ Ach, Snape war also der einzig plausible Grund, ihn zu hassen? Ich hätte lachen können, weil er immer noch nicht wusste, wie viele Dinge ich aus dem Stand hätte aufzählen können, die ich an ihm hasste. Er war so lustig.
Und plötzlich war er auch nachdenklich. Sein Blick traf mich von der Seite. „Ich find es gut, wie sich alles entwickelt hat. Dass du so lange gebraucht hast und alles“, stellte er fest, selber ein wenig überrascht.
Ich legte den Kopf schief. Dachte an all das was zwischen uns war, diese - Magie, irgendwie. Diese Dinge, von denen ich mir nicht sicher war, ob sie auch bestehen würden, wenn ich von Beginn an auf ihn angesprungen wäre. Lächelnd wandte ich meinen Blick zu ihm hoch. „Eigentlich alles gut gemacht. Oder?“
„Absolut.“ Er gönnte mir eine halbe Sekunde lang den Blick auf ein schiefes Grinsen, dann beugte er sich vor und seine Lippen berührten meine, sanft, wie um meine Worte zu bestätigen, denn es gab nichts, nichts, das wir hätten besser machen können, das hier war wahnsinnig und irr und perfekt. Alles gut gemacht.
Zzzzzzzzzzzzzzzzzp.
Meine Gedanken drehten durch, wie immer, und der Stromschlag überraschte mich, wie jedes Mal, und all die - Hippogreife in meinem Magen, all diese seltsamen, wunderbaren Dinge waren präsent und ich liebte es, zu merken, dass auch sein Atem beschleunigt war, wie immer, immer. Und doch konnte ich das ständige Gefühl von Abschied nicht ganz verdrängen. Wie ein Hauch von Winter, der noch an den sommerlichen, zunehmend beleuchteten Wiesen klebte, setzte er sich fest. Machte mich ein bisschen befangen, als ich mich schließlich von ihm löste und ihm einen fragenden Blick zuwarf. „Frühstück?“ Ein wenig atemlos blickte ich ihn an und sagte nicht zum ersten Mal heute nicht mal die Hälfte davon, was ich hätten sagen wollen, müssen.
James grinste mich an und stellte die Tasche, die er mitgebracht hatte, zwischen uns. „Was willst du? Croissants - ja, für dich mit Butter und Feigenmarmelade - oder frische Brötchen? Außerdem gibt's noch... Feuerwhiskey, alternativ Kaffe und Kakao und... Schokoerdbeeren.“ Erwartungsvoll blickte er mich an. „Hm?“
Ich starrte ihn an. Er öffnete die Tasche - ohne verdammt noch mal aufzuhören, mich so unglaublich entwaffnend anzugucken, und ich war mir sicher, er wusste genau, was er da tat, weil er einfach zu schnell lernte - und der Duft von frischen Croissants aus der Küche stieg zu mir hoch.
Bestechung.
Ich brauchte viel zu lange, um mir den Mut zuzureden, ihn anzugucken. Beeindruckt blickte ich schließlich zwischen ihm und der Tasche hin und her. „James, du bist genial“, stellte ich so schlicht wie möglich fest, aber mein Strahlen verriet dieses furchtbar glückliche Gefühl, das ich immer bekam, wenn er so was machte. So, so, so… So nett sein.
Und irgendwie konnte ich meine Begeisterung nicht mehr wirklich bedauern, als ich merkte, wie sich sein Gesicht aufhellte. „Es hat zwar Jahre gedauert, bis du's eingesehen hast, aber besser spät als nie“, stellte er fest und grinste mich zufrieden an.
Und für einen Moment lang musste ich daran denken, was für ein verdammt verwöhntes Arschloch er eigentlich war. So jemand, der alles, alles hatte und kriegte und bekam, was er wollte.
Sogar mich.
Und zwar soweit, dass ich darüber nachdachte, ob er wohl mit mir zusammenziehen wollte. Ob ich das wollte. Ob ich das schaffte, ob ich… erwachsen genug war. Denn manchmal schien er mir ein ganzes Stück erwachsener als ich.
Die Sonne war inzwischen fast vollständig die Linie des Horizonts hinaufgeklettert und tauchte das Dach in ein helles, goldenes Licht, als wollte sie mir gerade extra unter die Nase reiben, wie verdammt schön Hogwarts eigentlich war. Und James. Nein, jetzt, also nicht schön, mehr so, so - Okay, doch. Zugegeben. Ich vergaß sämtliche Vorsätze, als ich unauffällig aufsah und ihn beobachtete, wie er in die Sonne guckte und so wahnsinnig James-ästhetisch blinzelte, und schluckte, und einfach nur starrte. Merlin. Ich unterdrückte ein kleines Seufzen über so viel Vollkommenheit als mir wieder einmal auffiel, dass sein rechtes Auge ein winziges, minimales Stück kleiner war als sein linkes.
Dann fiel mir wieder auf, dass ich mich für solche Gedanken eigentlich umbringen müsste. Bevor ich die Kontrolle über meine überaus geordneten und sich vollständig unter meiner Kontrolle befindenden Gefühle verlieren konnte, wandte ich meinen Blick hastig ab und starrte auf die Tasche, erblickte den Feuerwhiskey. Mein Lieblingsgetränk. Typisch James. „Aber ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist, wenn wir jetzt schon mit Alkohol anfangen - immerhin müssen wir heute Abend noch einigermaßen koordiniert... tanzen“, plapperte ich drauf los und hätte mich selbst schlagen können, dass ich dieses Thema freiwillig anschnitt. Ich verzog das Gesicht. Denn...
Eigentlich hätte ich es wissen müssen. Man könnte sagen, es war alles meine Schuld, ich war einfach naiv. Aber okay, aus Fehlern lernt man. Oder aber… Man macht aus Protest das haargenau Gleiche noch mal. Hm, mal sehen, was mir besser gefallen würde.
Aber jetzt hieß es erstmal Abschlussball. Tanzen. Schöne, lange Kleider, oder, noch schlimmer, Festumhänge. Schon alleine der Gedanke daran ließ mich zittern. Dumm nur, dass mir als Schulsprecherin gar keine andere Wahl blieb, als zu lächeln und „Natürlich, gerne, sicher, Ball eröffnen, das ist doch kein Problem“ zu sagen. Was einem allerdings erstaunlich leicht über die Lippen kommt, wenn die Verwandlungslehrerin einem gegenüber sitzt und gleichzeitig die einzige Lehrerin ist, bei der man noch Prüfungen schreiben muss. Super.
Okay, dann eben Ball eröffnen, Zeugnisse kriegen und letzten Abend feiern. Dachte ich.
Ich hatte ja keine Ahnung, wie James sich das offensichtlich vorgestellt hatte. Also, ich wusste ja nicht, wie er das so sah, aber ich fand, in einer Beziehung sollte man definitiv auch Freiheiten haben. Anders gesagt: Ich hatte keine Sekunde auch nur daran gedacht, mit James, James Potter auf den Ball zu gehen. Klar, er war mein Freund, okay, und das auch schon seit einem halben Jahr, aber… Nein. Er war und blieb James Potter. Und eine Lily Evans geht nicht mit ihm aus, nicht so ehrlich, nicht so - offiziell. Und als Bruce Lennon mich gefragt hatte, mit ihm hinzugehen, hatte ich keine Sekunde gezögert und einfach zugesagt. So rein freundschaftlich.
Allerdings hätte ich wissen müssen, dass James weniger in Bruce' freundschaftliche Absichten vertraute als ich. Als Leah ihm nämlich dummerweise davon erzählt hatte… Naja. Wir hatten uns angebrüllt. Lange. Genau so lange, bis ich die Enttäuschung aus seiner Wut gelesen hatte und… ein schlechtes Gewissen bekommen hatte. So war das immer. Und er wusste das. Und er wusste verdammt noch mal genau so gut, dass es mich trotzdem glücklich machte, wenn ich ihm dann endlich das gegeben hatte, was immer er gerade wollte, und er wusste auch, dass er sich all das leisten konnte. Dass - dass ich das brauchte. Weil er es auch tat. Wir.
Es war schrecklich gewesen, Bruce wieder abzusagen, und ich hatte keine Ahnung, wie genau James mich schließlich dazu gebracht hatte - Aber seine miesen Tricks fielen mir erst immer auf, wenn er nicht mehr in der Nähe war. Und bis ich ihn das nächste Mal sah, war es viel wichtiger, ihn anzugucken und den Stromschlag zu spüren, als dass ich ihm schon wieder Vorwürfe machen konnte.
Und auch jetzt hatte ich nicht die geringste Lust, das Thema schon wieder anzuschneiden. James verdrehte soundso schon die Augen. „Fang nicht wieder damit an.“
„Ich wollte ja gar nicht erst hingehen“, verteidigte ich mich ein bisschen spitz.
„Das meinte ich ja.“ Und wieder meldete sich das schlechte Gewissen in mir, ganz leise nur, aber laut genug. Ich hasste den Gedanken, dass ich ihm - wehtat, und zwar immer wieder, nur weil ich zu unsensibel war, um Dinge zu merken, von denen er schon fest ausging. Wie zum Beispiel mit meinem Freund gemeinsam auf den Abschlussball zu gehen.
„Oh“, sagte ich also und ärgerte mich ein bisschen, weil ich schon wieder nachgab. „Hmm. Du setzt dich ja doch immer durch.“ Ein versöhnliches Schulterzucken.
„Zum Glück.“ Er griff nach einem Croissant und brachte es gleichzeitig fertig, uns beiden Kaffe einzuschenken. Ob er wohl merkte, wie oft ich in meinen Gedanken einfach nur ausflippte, über die einfachsten Bewegungen von ihm? Hoffentlich nicht, dachte ich und bemerkte begeistert, wie er die Becher zwischen den Knien einklemmte, damit sie auch ja nicht umkippten.
Leicht den Kopf schüttelnd griff ich ebenfalls nach einem Croissant.
Ich öffnete den Mund, um irgendetwas sehr Versöhnliches zu sagen, und brachte es dann doch nur fertig, aufgeregt hüpfend mit einer Hand an den Horizont zu zeigen und mir heißen Kaffee über die Hand zu schütten. „Autsch. Guck mal, guck, guck mal“, stieß ich hervor, mehr als begeistert über den Anblick.
Sein Blick blieb auf mir liegen, viel zu lange und viel zu unglaublich anbetungswürdig lächelnd, bevor er endlich nach vorne sah.
Die Sonne brach sich zwischen den Ästen, golden strahlten die Felder, und tausend funkelnde Tropfen schienen sich aus dem See zu heben. Und als ich meinen Kopf leicht wandte, ließ die Sonne James' Haare auf eine Weise leuchten, die mir den Atem raubte.
„Du... Das...“ Ich musste lächeln, zuckte mit den Schultern, beinahe hilflos. „Ich liebe dich.“
Und nicht nur das, ich liebte Hogwarts, Hagrid's Hütte, den See, in dem ich einmal fast ertrunken wäre, ich liebte dieses Dach und die einfache Tatsache, dass er mich hin hochgebracht hatte, um mit mir zu Frühstücken, und vor allem liebte ich das Lächeln auf seinem Gesicht, dass sich bei meinen Worten ausbreitete.
Er küsste mich, vorsichtig, sanft, und mit irgendetwas, irgendetwas schönem, funkelndem, etwas, das - das -
Die Worte sprudelten aus mir hervor. „James, sag mal, hast du... Ich meine, hast du schon mal drüber nachgedacht, wie, also, wie...“ Ich stockte wieder, wusste nicht, wie ich den Satz zu Ende führen sollte.
Er ging sofort darauf ein. „Ob wir - naja.“ Er fuhr sich durch die Haare und ich wusste nicht, wie ich das deuten sollte. Hoffentlich redeten wir überhaupt über das Gleiche? All diesen Mist, den sich keiner von uns auszusprechen traute? Zusammenziehen?
„Wie es weitergeht?“ Sehr, sehr vorsichtig blickte ich ihn an.
Zu meiner unendlichen Erleichterung nickte er sofort. „Oft. Viel zu oft.“ Er schluckte, und auf einmal wusste ich, dass ich dumm war. Denn natürlich hatte er schon darüber nachgedacht, natürlich machte er sich darüber Gedanken, viel mehr als ich vielleicht, natürlich war es das gewesen, was ihn beschäftigt hatte, wenn diese neue, gespannte Stille zwischen uns herrschte, die flüsterte: Mal sehen, wie das mit euch weitergeht, ihr Träumer.
Ich wich seinem Blick nicht aus und zog die Augenbrauen nach oben. „Hm - Und?“
„Ich - naja. Wir - wir könnten - ich...“ Er stockte und, verdammt, es erleichterte mich enorm, dass er auch so unsicher war, wie ich. Dass er vielleicht auch daran dachte, dass dieses Gespräch sich irgendwie auf den Rest unserer Leben auswirken könnte, so albern das klang. Und außerdem war ich erleichtert, dass - Naja. All die Dinge, die immer in seltsamen Winkeln meines Kopfes entstanden nicht Wahrheit waren. James, der, sobald ich mit dem Thema Zukunft anfange, einen Ring aus der Tasche zieht und wie aus der Pistole geschossen sagt: „Mach dir keine Sorgen, Liebling, alles ist in bester Planung. Meine Eltern kümmern sich um das Haus, das ich schon in der vierten Klasse für uns ausgesucht habe, und sobald wir hier draußen sind, können wir einziehen. Und auch um die Hochzeit musst du dir keine Sorgen machen, Freya hat bereits mit mehreren Designern gesprochen um dir das perfekte weiße Kleid zu schneidern, und meinen Anzug habe ich schon vor mehreren Jahren anfertigen lassen. Du siehst, Schatz, alles ist in besten Händen, du kannst dich beruhigt um das Haus und die natürlich bald folgenden Kinder kümmern - Pad, Freya, Leah, Moony, Wormy, Holly und Finn haben schon eingewilligt, in ebendieser Reihenfolge Taufpaten zu werden -, während ich Chef der Aurorenzentrale werde und das Vermögen verdiene, von dem du dir Schuhe und schöne Kleider kaufen kannst. Du siehst, unser Märchen ist perfekt geplant, so wird es ein, und nicht anders. Sorge dich nicht.“
Ich versuchte, langsam ein- und auszuatmen, und diese Bilder ganz schnell in einen winzigen Winkel in meinem Kopf zu verdrängen, während er weiterredete. „Also, ich dachte -“ Sag es, dachte ich verzweifelt. „Dass wir -“ Sag es! „Naja -“ Verdammt, sprich es aus! „Dass wir halt -“
Ein Geräusch ertönte. Erst, als wir beide erschrocken aus der Intimität unserer Blicke hochschreckten, merkte ich, wie fixiert wir auf einander gewesen waren. Merlin.
Perplex fuhr sich James durch die Haare, dann wurde sein Gesichtsausdruck plötzlich sehr... aggressiv. Verwirrt beobachtete ich, wie er mit einer schnellen, harten Bewegung in seine Hosentasche griff und einen Spiegel hervorholte.
Aah, der Spiegel. Das Geräusch war ein Vibrieren gewesen.
Ich wollte Black umbringen.
„Ooh“, brachte ich hervor, während James ungehalten in den Zweiwegspiegel schaute. „Was ist?“, fuhr er seinen besten Freund an.
„Hey, tut mir Leid, ich wollte dich nicht stören. Nur fragen, wann du fertig bist.“ Ich konnte Black's Gesicht nicht sehen, aber ich konnte schon allein seiner Stimme anhören, dass er verwundert über James' Tonfall war. Es war erbärmlich. Ich hing so viel mit Sirius Black ab, dass ich seine Stimmung nur an seinen Worten ablesen konnte. Merlin.
James seufzte, er schien inzwischen nur noch wütend über sich selbst, und auch ich hätte ihm für einen Moment in den Arsch treten können, weil er die Worte vorher einfach nicht schneller rausgebracht hatte. „Keine Ahnung“, sagte er. „Warum?“
„Naja, du hast heute noch ein letztes Training angesetzt, Kapitän. Vergiss es nicht.“ Jetzt grinste er. Hoffentlich gewöhnte ich mir diese Fähigkeit, in Sirius Blacks Stimmung lesen zu können schnell ab, wenn ich ihn nach Hogwarts nicht mehr jeden Tag sah. „Johnsen betont schon ständig, dass sie sich ja noch fertig machen muss und sie nicht den ganzen Tag Zeit hat.“ Das sah meiner Freundin Freya ähnlich - Obwohl ich darauf wettete, dass sie das nur tat, um Black zu nerven. Sie würde bestimmt nicht mal eine halbe Stunde brauchen, um sich fertig zu machen, aber die Chance, Black am vorletzten Morgen auf die Nerven zu gehen, würde sie sich niemals entgehen lassen. Ich musste grinsen.
„Okay, keine Sorge. Spätestens um zehn bin ich da“, teilte James seiner zweiten Hälfte mit, verabschiedete sich und steckte den Spiegel weg.
Ich blickte überall hin, beobachtete den glitzernden See, Hagrid's Hütte, aus deren Kamin inzwischen Rauch aufstieg, nur James' Blick mied ich. Und auch er seufzte frustriert, schien sich nicht wirklich zu trauen, zu mir zu gucken.
Wir waren ja solche Schisser.
Ich kratzte all meinen Mut zusammen und blickte zu ihm hoch. „Ein letztes Quidditchtraining?“ Das war nicht, was ich sagen hätte sollen, das war mir klar. Aber es war alles, wozu ich im Stande war. Und außerdem war das wirklich interessant - Die Spiele waren vorbei, der Pokal war vergeben worden, wozu sollte ein weiteres Training gut sein?
James zuckte mit den Schultern. „Ich weiß, es hat keinen Sinn, aber... Wer weiß, ob ich jemals noch mit diesen Jungs spiele. Und Mädchen.“ Freya, das einzige Mädchen im Team, hatte ihn inzwischen so gut trainiert, dass der Anhang „Und Mädchen“ endlich schon automatisch aus James' Mund kam.
„Merlin. Das hat alles so was... Endgültiges. Es gibt Momente, in denen würde ich mich lieber umbringen, als Hogwarts jemals zu verlassen“, murmelte ich.
Er musste lachen. „Wir könnten uns zusammen in den Tod stürzen. Wie bei diesem Klassiker. Romeo und Julia.“ Er grinste breit, und es überraschte mich kaum noch, dass er auch diese Muggelgeschichte kannte; es war nicht die erste.
„Natürlich“, lachte ich. „Warum tun wir's nicht sofort? Ich meine, wir sitzen im Augenblick nur vielleicht eine halbe Sekunde von unserem Tod durch Sprung vom Dach entfernt...“ Ich blickte ihn an, herausfordernd vielleicht.
„Klar. Stürzen wir uns in unseren Tod. Dann müssen wir wenigstens Hogwarts nicht verlassen.“
„Du zuerst.“ Ich grinste.
„Klar. Und dann lebst du ein befreiendes Single-Leben. Vergiss es.“
Und wieder musste ich lachen, weil er mich so gut kannte. „Mist, du hast mich durchschaut. Ich suche ja eigentlich nur einen Grund, heute Abend nicht mit dir auf den Ball gehen zu müssen“, behauptete ich.
„Ach, willst du lieber mit Bruce hin?“ Ich hatte gewusst, dass das immer noch ein wunder Punkt war, und sein Augenbrauenhochziehen bestätigte das.
Ich grinste ihn an. „Klar.“ Bruce war harmlos. Einfach. Es wäre so leicht, mit ihm hinzugehen, einfach, weil ich dann nicht nachzudenken brauchte. Weil ich genau wusste, dass ich nie und nie und niemals mit ihm zusammenziehen wollte. Und das war nur eine der komplizierten Fragen, die mir in James' Gegenwart dauernd durch den Kopf schießen würden.
„Hör auf.“ Ich hörte seiner Stimme an, dass er gekränkt war.
Lächelnd blickte ich ihn an. Wie konnte er immer noch glauben, dass... Ich das hier, das mit uns nicht ernst meinte? Zumindest nicht so ernst wie er? „Das ist - so komisch“, murmelte ich. „Ich hätte meine gesamte Schulzeit in Hogwarts nicht gedacht, dass James Potter und Lily Evans zusammen auf den Abschlussball gehen. Das ist so seltsam“, wiederholte ich und musste lachen. „Ich frag mich immer noch, wie du mich überreden konntest“, fügte ich hinzu.
Wissend grinste er mich an. „Es hilft immer, dir ein schlechtes Gewissen zu machen. Dann gibst du immer nach. Aber ich versteh immer noch nicht, was daran so schlimm ist, wo wir doch schon ein - halbes Jahr zusammen sind.“ Seine Stimme klang ungläubig, als er die letzten Worte aussprach.
„Das - das - klingt so lang. Wirklich lang.“ Ich starrte ihn an, entsetzt darüber, was für eine unglaublich lange Zeitspanne das eigentlich war. Eine Spanne, in der wir uns gestritten, uns gehasst, uns geküsst hatten, nebeneinander eingeschlafen und auf dem Gang angestarrt worden waren und... zusammengeblieben waren.
Wow.
„Ich fand einen Monat schon lang, aber das...“ James lachte. „Wir sind echt gut.“ Er stellte die Tasche, die zwischen uns gestanden hatte, auf den Boden und zog mich an sich. „Ich glaube, fast jeder in Hogwarts hat seine erst Wette verloren.“
„Außer die, die gewettet haben, wir heiraten irgendwann.“ Das war so ziemlich das absurdeste, was ich in meinem Leben gehört hatte. Ich schmiegte meinen Kopf an seine Schulter, machte die Augen zu. Die Sonne war hier oben so strahlend, dass es vor meinen Augen sogar noch hell war, wenn ich sie geschlossen hielt, und es war so schön warm, dass ich meinte, hier nie wieder freiwillig runter zu wollen. Trotzdem, irgendwann würden wir runter müssen, packen, lachen, so tun, als wäre es ein ganz normaler Tag... Aber davor hatten wir hier oben noch eine Mission zu erledigen. Ein bestimmtes Thema war noch nicht fertig diskutiert worden. „James?“
„Hm?“
Ich wand mich und verfluchte ihn, weil er nicht selbst damit anfing. „Du weißt genau was ich sagen will“, sagte ich schließlich.
„Hä?“
Ich zog die Augenbrauen zusammen, unschlüssig, verwirrt. „... Nicht?“
Ein irritiertes Kopfschütteln. „Nein. Das könnte alles Mögliche sein.“
Ich blickte ihn an, biss mir auf die Lippe und zwang mich, wahrzuhaben, dass er das Thema nicht für so offensichtlich hielt wie ich. „Stimmt.“ Ich legte den Kopf schief, lächelte ihn an, um meine Unsicherheit zu überspielen. „Heiße Schokolade?“
Er runzelte die Stirn. „Das war jetzt aber nicht das, was du sagen wolltest, hab ich Recht?“ Nichtsdestotrotz griff er in die Tasche und reichte mir einen Becher, in den er dampfende, dunkle Flüssigkeit goss.
Ich schloss meine Hände um den Becher und zuckte mit den Schultern. „Du hattest Recht. Ich hätte viel sagen können. Ich hab mich hierfür entschieden“, sagte ich vage und hielt das Getränk in die Höhe, grinsend, hoffend, dass wir endlich das Thema wechseln würden, um meinen kleinen Aussetzer zu kaschieren.
James Blick lag auf mir, skeptisch. „Okay. Alles klar.“
Hastig nahm ich einen Schluck von der heißen Schokolade - verbrannte mir die Zunge, hustete, ärgerte mich über mich selbst. Verdammt. James allerdings schien nicht besonders viel davon mitzubekommen, er ließ seinen Blick über die Ländereien schweifen und ließ ihn schließlich auf mir liegen. „Weißt du was? Wir könnten einfach hier oben bleiben. Uns verstecken.“ Er grinste mich an, in seinem Gesichtsausdruck lag die Spur einer Erwartung.
Ich legte den Kopf schief. „Sehr verlockend“, gab ich zu und grinste zurück.
„Oder wir springen wirklich runter und kehren als Geist zurück“, schlug er vor und lachte. „Dann hat Nick mal ein bisschen Gesellschaft.“
„Neein“, widersprach ich. „Besser hier oben bleiben.“ Ich wandte meinen Blick nach oben, automatisch, so wie man es jeden Tag tut, um irgendjemanden anzugucken, egal ob einen Lehrer, oder Freya, oder Black, aber - Das hier war anders. Ich konnte nicht weggucken, irgendwas hielt mich fest und machte das hier zu etwas anderem, etwas beständigem; etwas, das unflüchtig war, beruhigend und gleichzeitig so aufwühlend, dass ich hätte aufstehen und rumspringen können.
Verstecken. Einfach oben bleiben, sich nicht verabschieden müssen, keiner könnte uns finden... Ich strahlte James an, beugte mich vor und - „Oh, und weißt du was? Als erstes solltest du deinen Spiegel runterwerfen, damit Black uns nicht aufspüren kann“, ordnete ich an und grinste breit, weil ich genau wusste, dass das ungefähr das Letzte war, was James in seinem Leben tun würde.
Allerdings stimmte er zu, lachend. „Gute I - Mist, aber sie haben immer noch die Karte“, gab er dann zu Bedenken und runzelte die Stirn.
„Ist da auch das Dach drauf?“
Kurz überraschte es mich, dass sogar James Potter bei der Frage irritiert wirkte. „Oh. Keine Ahnung.“
„Ist es nicht. Aus.“ Ich beugte mich vor, legte seine Lippen auf seine, küsste ihn. Lenkte ihn ab, lenkte mich ab von all den Gedanken, die diesen Morgen viel zu sehr beherrschten. Er grinste in den Kuss hinein - Urwaldmensch, das sagte ich ja schon seit Jahren -, nutzte meinen Kuss voll aus und schlang beide Arme um mich. Und es war Morgen, und hell und warm und schön und es war Morgen, der letzte Morgen, und ich hatte einen Sonnenaufgang auf einem Dach erlebt und seine Lippen schmeckten nach Sommer und, und das hier war Leben und eigentlich konnte es so schnell vorbei sein und eigentlich wollte ich nicht, dass das hier jemals endete und eigentlich war ich nur glücklich. Und ich hatte Angst. Ich hatte Angst, Angst vor meinem Stolz und dass ich mir alles kaputtmachte, dieser Morgen bald zu Ende war.
Ich schlug die Augen auf und löste mich von ihm, nur ein paar Millimeter. „James? Kannst du - Sag, dass sich nichts verändert. Versprich's mir einfach.“ Bittend sah ich ihn an. „Egal ob es stimmt oder nicht.“
Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, ein klein wenig nur, so wenig, dass er es vermutlich selbst nicht mal wirklich wahrnahm. Aber ich schon. Und jetzt kam ich mir irgendwie vor, wie eine Stalkerin. Und irgendwie war mir das ziemlich egal, als ich sein schiefes Grinsen sah und automatisch abgelenkt wurde. „Es verändert sich alles, Lily“, sagte er. „Aber wir können vielleicht immer noch dafür sorgen, dass so viel wie möglich gleich bleibt. Dass wir die Selben bleiben.“
Zweifelnd blickte ich zurück. „Ja?“
Er nickte. „Ja.“
Aber wir würden uns verändern. Arbeiten gehen würde uns verändern. Selber kochen müssen auch. Und wenn sich einer von uns schließlich trauen würde, es auszusprechen und wir rein theoretisch irgendwann wirklich in der gleichen Wohnung leben würden - Das würde uns auch verändern.
Aber, hey. Er könnte erfolgreicher Auror werden und Todesser schnappen und ich könnte irgendeinen Job finden, ich musste, sogar mit meinem Blutstatus, und nach der Arbeit könnten wir jeden Tag Pfannkuchen machen, wie wir es schon mal gemacht hatten. Und wir könnten in einer Wohnung leben und uns die Köpfe einschlagen und wieder versöhnen und wenn uns langweilig wurde auf das Dach klettern und bei Sonnenaufgang frühstücken. Wir könnten die Selben bleiben.
Wir waren 18 und so jung und hatten keine Ahnung und wollten eigentlich nur glücklich sein. „Ich glaube dir“, brachte ich heraus, hilflos vielleicht.
Weil ich ja irgendwie doch nichts dagegen tun konnte, weil ich immer, immer nachgab, und weil wir eng umschlungen hoch über Hogwarts saßen und uns küssten und unseren perfekten, kleinen Wahnsinn hatten, der gerade so groß war, dass er uns zusammenhielt und nicht herunterfallen ließ.
Und weil das hier der vorletzte Morgen war, und ich mir eine Zukunft ohne ihn und seine Freude über seine eigenen Überraschungen und unseren Wahnsinn und seine Lippen an meinem Nacken noch viel weniger vorstellen wollte, als ohnehin.
Weil es mich glücklich machte, zu merken, dass mein Glück ihn glücklich machte, und weil es besonders war, und gut-anders.
Und hatte nicht er selbst mir beigebracht, dass man manchmal auch gestört sein durfte?

~*James*~

Ich war ja mal sowas von am Arsch.
Die Sonne schien. Wirklich, so richtig hell und gleißend und wärmend. Sie ließ die Schüler lachen und zufrieden ins Wasser schauen, einfach so glücklich sein, als würden wir alle in einer schönen, heilen Welt leben. Als wäre der Weltfrieden ausgebrochen.
Aber selbst wenn der Weltfrieden ausgebrochen wäre, wäre das kein Grund zur Freude gewesen. Nichts konnte die Situation irgendwie verändern. Nichts war heil und toll und schön, überhaupt gar nichts. Ein letzter Blick auf meine Uhr hatte meine Resignation eingeleitet, hatte unverkennbar die Stunden beginnen lassen, vor denen ich mich seit Monaten fürchtete:
Die letzten vierundzwanzig Stunden in Hogwarts. Die allerletzten. Danach konnte ich nicht einfach wieder in den Hogwartsexpress steigen, der netten Frau am Imbisswagen begegnen, mich in unser Stammabteil setzen und dort zurückfahren, wo ein James Potter, ein Rumtreiber mit Leib und Seele einfach hingehörte. Ich konnte nicht mehr jeden Morgen in meinem Schlafsaal aufwachen, Lily neben mir wecken oder unten im Gemeinschaftsraum auf sie warten, wenn Freya sie mal wieder dazu gezwungen hatte, im Mädchenschlafsaal zu schlafen. Nicht mehr mit den Rumtreibern Filch das Leben schwer machen oder uns über die vielen Hausaufgaben beschweren oder einfach an unserem Haustisch sitzen und meinen Ekel ausdrücken, wenn Moony mit einem Heißhunger Nieren-Steak-Pastete aß. Das alles ging nach diesem Jahr nicht mehr, war schlicht und einfach nicht mehr möglich, und diese Erkenntnis - Würde mich umbringen. Absolut. Wenn es diese letzten vierundzwanzig Stunden hier nicht schon taten.
Die allerletzten. Von sieben Jahren. Die wirklich letzten. Die unwiderruflich letzten. Die so unbestreitbar letzten, das es mich zum Durchdrehen brachte.
Es war nur noch so wenig Zeit und noch so viel, was ich noch machen, das ich nochmal machen musste, wohin ich gehen, dem ich die letzte Würde noch mal erweisen musste. Ich hatte immer in dem Glauben gelebt, dass die Zeit in Hogwarts, meine Kindheit, niemals enden würde, aber - das war so falsch. Ein Wunsch, so unerfüllbar, wie die Vorstellung, dass sich die Erde um den Mond drehte. Aber ich wollte unbedingt, dass sich die Erde um den Mond drehte, ich wollte irgendetwas verändern, ich würde lieber noch zehn Jahre lang den UTZ-Stress aushalten müssen, wenn ich nur nicht hier weg, diesen Ländereien den Rücken zukehren musste.
Das sollte ich in den letzten vierundzwanzig Stunden hier machen: Mich verstecken. Dann konnte ich mich nächstes Jahr vielleicht mit falscher Identität unter die Siebt-Klässler schmuggeln, jedes Jahr auf's Neue. Dann musste ich noch Pad und Lily und Moony und Wormy und meinetwegen auch Freya, und Finn und Frank und Kevin dazu überreden, mit zu machen, und wir könnten ewig hier bleiben, unseren Spaß haben, Kinder bleiben. Wir könnten weiterhin auf den Dächern frühstücken oder durch die Gänge laufen und ganz automatisch über Trickstufen springen und Türen, die nur so taten, als wären sie Türen, ignorieren. Wir könnten Spaß haben, hier, in Hogwarts, und das nicht nur noch vierundzwanzig Stunden lang.
Vierundzwanzig.
Das waren echt erstaunlich wenig Stunden. Die Zeit verging so schnell, viel zu schnell: Wie die Flügelschläge eines Kolibris. Viel zu hektisch und hastig verschwand sie, rieselte wie Sand durch meine geschlossene Hand.
Ich wollte das nicht. Ich wollte diesen letzten Schultag genießen, wollte, nur noch vierundzwanzig Stunden lang, in der Vorstellung leben, dass ich nach den Ferien immer noch James Potter, Rumtreiber, Schüler und Schulsprecher von Hogwarts sein würde. Ich wollte keine Liste in meinem Kopf erstellen, was ich heute noch alles machen wollte, heute, dem letzten Tag hier.
Aber die Liste war schon längst in meinem Kopf. Lily den Sonnenaufgang zu zeigen, war schon erfolgreich abgehakt worden, aber das letzte Training wartete noch, ebenso die letzten Streichen der Rumtreiber, die letzte Chance, uns unvergesslich werden zu lassen. Dann der Abschlussball. Der letzte Abend mit all den Schülern, mit all den Menschen, mit denen ich fast die Hälfte meines bisherigen Lebens verbracht hatte. Menschen, die ich jeden verdammten Tag gesehen hatte, Menschen, die ich kannte und mochte, oder hasste und verachte; ich machte - das erste Mal! - keinen Unterschied.
Denn irgendwie gehörten wir doch alle hierher.
Es waren die letzten vierundzwanzig Stunden zusammen. Die letzten vierundzwanzig Stunden der siebten Klassen. Der Abschlussschüler.
Und es waren auch die letzten vierundzwanzig Stunden, in denen das zwischen Lily und mir absolut klar war. In denen ich nicht an gefährliche Worte wie 'Zusammenziehen' denken sollte, obwohl ich auf dem Dach so nah dran gewesen war, sie einfach zu fragen. Was hatte ich schon zu verlieren? Mehr als nein sagen konnte sie nicht. Okay, und mit mir Schluss machen.
Und das war irgendwie schon eine ganze Menge. Mist. Es wäre mir lieber gewesen, wenn ich wirklich nichts zu verlieren gehabt hätte.
Ich seufzte, ich fluchte, ich war kurz davor, die Schüler am See anzubrüllen, dass sie ihre gute Laune mal etwas runterschrauben sollten. Aber dann erinnerte ich mich daran, dass ich heute auch gut drauf sein musste, weil das hier die letzten vierundzwanzig Stunden in Hogwarts waren und ich das Hogwarts schuldig war.
Wenn doch nur Lily noch bei mir wäre. Oder Pad. Aber Pad wartete bestimmt schon beim Quidditchfeld und Lily hatte sich gerade zu ihren Freundinnen abgeseilt. Schließlich hatte sie beim Training herzlich wenig zu suchen. Und dass sie mich bis zu Pad begleitete, damit ich zwischendurch ja nicht in melancholische Gedanken abschweifte, war vielleicht doch etwas viel verlangt.
Merlin.
Ich schluckte, blieb ruckartig stehen und drehte mich einmal um meine Achse. Schaute mich um, versuchte mir alles, alles, einfach alles einzuprägen, verfluchte die Tatsache, dass ich kein fotografisches Gedächtnis hatte. So ein Mist aber auch. Das hätte mir vor allen in den Prüfungen helfen können.
Die allesamt abgeschlossen waren. Ich würde nie wieder in der Großen Halle sitzen müssen, vor mir ein Blatt Papier, das darauf wartete, ausgefüllt zu werden. Ich würde mir nie wieder einbilden, den Blick des Prüfers auf mir zu spüren, ich würde nie wieder mit Pad davor lachen und uns gegenseitig ablenken...
Merlin, ich wollte hier nicht weg. Ich wollte wollte nicht. Ich wollte nicht, dass das hier die letzten vierundzwanzig Stunden waren und ich wollte nicht, dass ich daran dachte, dass ich wehmütig war, ich wollte diese kurze, letzte Zeit hier genießen, in vollen Zügen.
Fliegen. Ich musste in die Luft. Ganz einfach. Dann wurde immer alles anders. Einfacher. Distanzierter.
Mit weitaus größerem Antrieb als zuvor setzte ich mich wieder in Bewegung, das Lachen der Schüler im Ohr. Das war endlich einmal guter Grund, so schnell wie möglich zum Quidditchfeld zu kommen. Ein schlechter allerdings war, dass so das letzte Training umso früher anfangen würde.
Gute Laune, beschwor ich mich, dachte an Lily und ihre Lippen auf meinen, dachte an den Ausdruck ihrer Augen, an die Sonne, die sich darin gespiegelt hatte, als sie gerade aufgegangen war. Ich dachte an das Gefühl, heute Morgen neben ihr aufgewacht zu sein, total selbstverständlich und dennoch besonders. Ich dachte daran, dass ich sie immer noch mit einem Kuss im Nacken weckte, ich dachte an unsere üblichen, sinnlosen Diskussionen, ich dachte an so vieles, was hier in Hogwarts zwischen uns passiert war.
Wir waren jetzt schon neun Monate zusammen. Neun Monate. Das war - so furchtbar lange, dass ich mir jedes Mal wieder sicher war, dass ich mich irgendwie verzählt hatte. Das war - gigantisch lang, furchtbar lang, mit einem riesen Abstand die längste Beziehung meines bisherigen Lebens. Wow.
Neun Monate. Man könnte ja meinen in diesen neun Monaten hätte Hogwarts die phänomenale Neuigkeit, dass James Potter und Lily Evans nach drei Jahren großen Hasses endlich endlich zusammen waren, verkraftet. Aber - nein. Natürlich nicht.
Nicht Hogwarts.
Die meisten Schüler starrten uns immer noch an. Egal, ob wir einfach nur händchenhaltend durch den Gang liefen oder uns gegenseitig wütend anbrüllten: Reichlich Publikum hatten wir immer. Dieses konstante Interesse an uns konnte ich langsam wirklich nicht mehr nachvollziehen, vor allem, weil sich an unserer Beziehung eigentlich nichts veränderte. Wir stritten jeden Tag mindestens einmal, weigerten uns beide, uns bei dem Anderen zu entschuldigen, bis endlich irgendjemand - meist nur durch die Überredungskünste unserer Freunde - seinen Stolz herunterschluckte. Dann war auch schon wieder alles vergessen, wir lachten wieder zusammen und waren DAS Traumpaar Hogwarts bis zum nächsten Streit. Und der ließ bei Merlin nicht allzu lange auf sich warten, wirklich nicht.
Es war wirklich unglaublich, wie nervenaufreibend unsere Beziehung war, wie viel Kraft wir in sie eigentlich investieren mussten - sich immer wieder so zu streiten und sich dann stundenlang über Lily aufzuregen konnte wirklich anstrengend sein. Aber das war ja noch lange nicht alles: Bei dem UTZ-Stress noch irgendwie hinzukriegen, Zeit mit seiner Freundin zu verbringen, obwohl man zusätzlich noch einen großen Freundeskreis hatte - das war echt hart. Manchmal hatten Lily und ich in den letzten Monaten nur in den Stundenwechseln ein paar Sätze miteinander gewechselt, wenn überhaupt, und uns dann den restlichen Tag nicht mehr gesehen. Wenn das der Fall war, hatte ich immer und immer wieder Merlin dafür gedankt, dass die Gründer Hogwarts wenigstens den Mädchen erlaubt hatten, in die Jungenschlafsäle zu kommen; so konnten wir dann wenigstens nebeneinander einschlafen und irgendwie unsere Beziehung festigen. Manchmal hatte ich mich echt gefragt, wie Leah und Finn es hinbekamen, sich noch häufiger zu sehen als Lily und ich, denn das taten sie. Ständig waren sie beieinander, wirklich, ständig. Was aber auch nicht weiter verwunderlich war, nachdem sich Finn dazu entschlossen hatte, nach Hogwarts erst einmal für mindestens ein Jahr nach Amerika zu gehen.
Ohne Leah. Denn Leah hatte ihre Stelle quasi schon im Mungos sicher, und sie hatte sich nie etwas Anderes vorstellen können, als dort zu arbeiten. Also waren es bei Finn und Leah nicht nur die letzten Monate ihrer Schulzeit gewesen, nein - sondern auch gleichzeitig die letzten Monate ihrer Beziehung; Finn wollte keine Fernbeziehung - warum, konnte sich keiner von uns erklären.
Er musste sich also keine Gedanken um so gefährliche Dinge wie Zusammenziehen machen. Und allein die Vorstellung, dass es ganz außer Frage stand, dass Lily und ich jemals zusammenziehen würden, weil einer von uns ins Ausland ging, machte mich fertig, ehrlich. Da dachte ich doch tausend Mal lieber über Zusammenziehen nach, immer und immer wieder, ohne je zu einem Ergebnis zu kommen, wirklich. Konstruierte fiktive Situationen, versuchte herauszufinden, ob wir es denn wirklich hinkriegen konnten, ob wir einfach weiterhin zusammenbleiben würden, in einer Wohnung leben sollten.
Ich wusste es nicht. Ich kam nie zu einem Ergebnis, nie, obwohl all meine Gedanken ständig um diese eine Frage zu kreisen schienen, wenn ich allein war. Ständig; nur meinen besten Freunde und Lily gelang es, mich dauerhaft abzulenken.
Und plötzlich war ich auch schon von ihnen umringt; Pad stand auf einmal neben mir, und Freya und Jared und Ian und Phillip - wie üblich fehlte nur noch Finn.
Ich musste automatisch grinsen, trotz der Wehmut in mir. Wie üblich schulterte ich meinen Besen, schwärmte über die klare Sicht und den fehlenden Wind und kündigte an, dass wir heute eventuell länger als sonst trainieren würden, schon ganz genau wissen, wie die Reaktion ausfallen würde.
Sie protestierten. Natürlich; wie immer. Freya erinnerte mich an den Abschlussball und sprach von ihren und Lily's Haaren und dass ich doch wollte, dass meine Freundin heute, am letzten Abend, gut aussah und fragte mich, ob ich überhaupt eine Ahnung hätte, wie lange so etwas dauern konnte; Phillip klagte darüber, dass er vom letzten Training - das echt schon weit zurücklag! - immer noch Muskelkater hatte, während Pad mich darauf hinwies, dass sie alle auch noch ein Privatleben hatten.
Wie immer erinnerte ich mein Team, wer der Kapitän war - nämlich ich - und betonte, dass wir das nächste Spiel gewinnen mussten.
„Welches Spiel willst du denn jetzt bitte noch gewinnen?“, fragte Jared und fing sich von mir einen bösen Blick ein.
Aber er hatte ja Recht. Es gab kein nächstes Spiel. Es würde für mich nie wieder ein Spiel in dem, in meinem, Gryffindortrikot, mit diesem Team geben. Nie wieder würde ich für die scharlachrote Menge den Schnatz fangen können, nie wieder würden wie zu siebt in einer einzigen Umarmung auf den Boden landen, nie wieder würde ich diesen Druck, die Erwartung meines ganzen Hauses aushalten müssen.
Wir würden nie wieder gewinnen. Wir würden nie wieder verlieren.
Nie wieder.
Das war so hart und irgendwie kam dieses Ende, das Ende von all dem hier, so unerwartet, so plötzlich, als hätte die Zeit einfach ein paar Monate übersprungen, aber vielleicht war ich auch einfach nur naiv. Vielleicht hätte ich schon früher akzeptieren sollen, dass uns nur noch wenig Zeit blieb. Viel zu wenig Zeit.
„Hey, ich glaube, da kommt Finn endlich“, holte Pad mich aus meinen Gedanken und nur mühselig wandte ich meinen Blick von einem Marienkäfer nahe neben meiner Schuhsohle ab. Und tatsächlich - das war ganz eindeutig Finn, der mit seinem Besen in der Hand zu uns eilte.
So verdammt typisch. Es war so normal, so ganz natürlich, dass er zu spät kam, dass ich grinsen musste.
„Tut mir Leid, dass ich so spät bin“, entschuldigte sich Finn schief grinsend, nachdem er neben uns zum Stehen gekommen war. „Aber - ich - naja.“
Leah. Schon klar.
„Ich würde dir ja jetzt gerne sagen, dass wir ein Spiel zu gewinnen haben, und jede einzelne Minute zählt, aber ich glaube, das kann ich mir sparen“, erwiderte ich und sah Jared an, versuchte, all die Wehmut aus meiner Stimme zu verbannen und es fiel mir so viel leichter mit all meinen Freunden um mich herum.
Aber wir würden nie wieder über die Trainingsstunden diskutieren. Ich würde nie wieder Todesblicke von meinen Mitspielern ertragen müssen. Nie wieder.
„Phillip, tu mir einen Gefallen und quäl dein Team nicht so wie Prongs“, bat Pad und klopfte ihm auf die Schulter.
„Aber wir müssen doch das nächste Spiel gewinnen“, imitierte Phillip mich, so treffend, dass wir alle lachen mussten.
Wir würden auch nie wieder alle zusammen auf dem Quidditchfeld lachen. Oder zusammen auf die Besen steigen.
Ich seufzte. „Auf die Besen, Jungs. - Ja, schon gut, und Mädchen.“ Ich grinste Freya an, die mich - wie immer - böse ansah und elegant auf ihren Besen stieg. Ich starrte meinen Besen erst eine Weile lang an, bis ich mich zu diesem Schritt überwinden konnte.
„Johnsen“, begann Pad, sah Freya provozierend an. „Das wäre dann wohl das letzte Mal, dass ich dir endgültig beweisen kann, dass ich in Quidditch einfach besser bin als du.“
„Du meinst, die letzte Chance, zu kapieren, dass du in dieser Hinsicht in einem Paralleluniversum lebst.“ Übertrieben traurig nickte Freya; ein Gesichtsausdruck, der mir so verdammt vertraut war, mit dieser vertrauten Kulissen und mit all diesen vertrauten Leuten. Alles hier war so vertraut. Es war eine so normale Situation - die Zahl der Stunden, die wir dieses Jahr trainiert haben, war echt gewaltig -, eine zu normale Situation. Wie sollte ich mir meinen Tag vorstellen, ohne die Gewissheit, ohne die Erleichterung, dass ich am nächsten Tag endlich Training hatte? Wie sollte ich dem immer gleichen Alltagsstress entgehen können, auf was sollte ich mich freuen?
Okay, ich müsste diesen schwachsinnigen, immer gleichen Diskussionen nie wieder zuhören. Aber selbst das würde ich wohl vermissen - unvorstellbar. Merlin, gab es eigentlich irgendetwas, das ich NICHT vermissen würde?
Ich überlegte. Und kam nicht sehr weit, denn mein Blick kreuzte Finn's und sein Gesichtsausdruck schien exakt dasselbe zu sagen wie meine Gedanken, und dennoch verdrehten wir nur die Augen über Freya's und Pad's Verhalten, weil auch das dazu gehörte.
Jared konnte über Freya und Pad nur stöhnen. „Ehrlich Phil, mach nicht den Fehler in deine nächste Mannschaft auch solche streitsüchtigen Freunde aufzunehmen, sonst steig ich aus. Sowas halt ich nicht noch ein Jahr aus.“
„FREUNDE? Wir sind keine Freunde!“ Vollkommen gleichzeitig kamen die Worte aus Freya und Pad, was uns nur zum Lachen brachte.
„Bestimmt nicht“, versprach Phillip und sah Jared beruhigend an. „Das halt ich nämlich auch nicht aus.“
Ich musste grinsen, weil ich absolut wusste, dass die zwei das Gekeife über Quidditch genauso vermissen würden wie ich. Aber dann verblasste mein Grinsen wieder, weil ich so hoffte, dass ich dieses Gekeife nicht vermissen musste, weil ich die zwei im Doppelpack auch weiterhin sehen würde...
„Okay, los jetzt“, sagte ich schnell, um mich von gefährlichen Gedanken abzulenken, Gedanken, die so unsicher und spekulativ waren wie die Fallbewegung einer Feder.
Und stieß mich vom Boden ab.

Es war unglaublich. Jedes Mal wieder. Kaum verließen meine Füße den Boden - zack. Alles, alles war weg. Weg. Einfach verschwunden.
Ich musste lachen, einfach lachen, als der Flugwind in meine Haare fuhr und sich das Gras immer weiter entfernte. Die Schüler am See wurden sichtbar und kurz bildete ich mir ein, einen roten Haarschopf zu erblicken, aber da wurde ich auch schon wieder von Ian abgelenkt, der dicht an mir vorbei zu den Ringen flog, mich schief angrinste.
„Okay“, rief ich, sofort in meinem Element. Wehmut? Kaum mehr vorhanden. Nur das Wissen, dass ich mir jede einzelne Bewegung jetzt genaustens einprägen, die Aussicht in vollsten Zügen genießen und noch einmal, ein letztes Mal, meine Kapitänqualitäten auspacken sollte.
„Phillip an den Quaffel, ich will eine einwandfreie Porskofftäuschung von euch drei sehen! Finn, Jared: Treiber-Doppel-Verteidigung und Klatscher-Rückschlag. Freya, Pad, Phillip, ihr versucht so oft wie möglich mit einer Faultierrolle auszuweichen. Ian: Doppelacht-Looping und dann Seestern und Stiel. Pass da auf, dass du dich richtig festhältst und nicht runterfällst. Alles klar? Dann los!“
Und es ging los. Ich wusste ganz genau, dass ich es mir einbildete, aber ein viel größerer Teil in mir war davon überzeugt, dass das das beste Training war, dass Hogwarts, ach, die ganze Welt je gesehen hatte. In jeder Bewegung sah ich Elan, Spaß am Quidditch und absolute Harmonie zwischen den einzelnen Spielern. Die Jäger funktionierten perfekt; sogar Pad und Freya. Finn und Jared verstanden sich prima und - es klappte einfach. Es klappte so verdammt gut, dass es verboten werden sollten, dass sich dieses Team auflöste.
Und doch spielten wir das letzte Mal alle zusammen.
Pad warf den Quaffel, aber Ian hielt. Pad fluchte, Freya gab mal wieder ihren üblichen Kommentar ab, dass sie getroffen hätte, Ian lachte, warf Phillip zu und provozierte Pad, der allerdings nur lachte und schwor, dass der nächste treffen würde.
Ich musste grinsen, diesmal sogar ungezwungen.
„Okay, jetzt will ich aber ein Tor sehen!“, rief ich, begann die nächste Runde um das Feld, auf der Suche nach dem Schnatz.
„Dann will ich einen Schnatzfang sehen!“, entgegnete Pad und flog unter mir vorbei.
Ich bremste, machte eine scharfe Kurve Richtung Finn. „Finn?“
„Hm?“
„Tust du mir bitte einen Gefallen? Die nächsten fünf Klatscher auf Pad. Danke.“ Ich grinste, er lachte und schließlich lachten wir zusammen, als wir beobachten, wie Pad erst mit einer Faultierrolle auswich, dann nur noch eine schnelle Duckung reichte und schließlich den Quaffel fallen ließ.
Freya schimpfte, Phillip holte ihn und Pad drehte sich wütend zu mir um und zeigte mir einen seiner wunderschönen Finger.
„Das war jetzt gar nicht gut, Pad. Du musste in der Lage sein, den Quaffel auch in schwierigen-“ Ich brach ab vor Lachen bei seinem Blick, bei dem die meisten Menschen, Tiere und Naturgewalten wohl zurückgekrochen wären, und nur das Fliegen verhinderte, dass ich dabei nicht einmal den Ansatz von Wehmut verspürte, der mich sonst zu ersticken drohte.

Es wurde ein klasse Training.
Wir lachten, wir drohten uns, ich nervte die Anderen mit meinen Verbesserungen und Freya und Pad nervten uns alle. Wir flogen eine Runde nach der Anderen, Quaffel wurden gefangen, sie wurden nicht gefangen und der Schnatz gelangte immer wieder in meine Hand.
Wir bemerkten gar nicht, wie die Zeit verflog. Es war das erste Mal, dass keiner jammerte, wann denn endlich das Training vorbei war, weil sie vermutlich wie ich alle das Ende fürchteten.
Nicht nur das Ende vom heutigen Training. Sondern das Ende einer Freundschaft. Von Stunden, in denen wir zusammen Spaß gehabt hatten, die uns verbunden hatten. Von Insidern und alten Witzen, die wir immer wieder aufgewärmt hatten und die doch nicht ungenießbar geworden waren.
Es war das Ende von einem Team.
Von dem Gryffindorteam 1976/77.
Dieser Gedanke ließ mich nicht los, auch nicht, als wir das letzte Mal, alle zusammen in einer einzigen Umarmung gelandet waren. Wir lachten, obwohl mir eher nach Weinen zumute war und es war ein so schrecklich wundervoller Abschluss, der es mir noch klarer machte, was ich für ein verdammt geniales Team gehabt hatte. Der Schnatz wurde das letzte Mal mit den anderen Bällen in die Kiste verstaut, wir räumten sie das letzte Mal alle zusammen weg und zum letzten Mal machten wir uns alle zusammen auf den Weg ins Schloss.
Es fiel mir schwer, mich im Schloss von ihnen zu trennen. Es fiel mir so verdammt schwer, und noch schwerer wäre es mir gefallen, wenn ich nicht gewusst hätte, dass ich sie noch einmal sehen würde, heute und morgen Früh. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass der eigentliche Abschied noch auf uns wartete.
Am liebsten wäre ich mit dem Rest in den Gemeinschaftsraum gegangen, aber Pad und ich hatten noch etwas zu Erledigen. Etwas Wichtiges. Etwas so Wichtiges, etwas so Unerlässliches, das aber nur für uns so besonders war; für manche vielleicht unsinnig, aber für andere vielleicht doch irgendwie notwendig.
Der letzte große Streich.
Im zweiten Stock, neben der Statue der Hexe mit der buckligen Nase, warteten Moony und Wormy. „Wie war das Training?“, fragte Wormy und sah irgendwie traurig aus, als wäre die Vorstellung, dass Pad und ich die Gryffindortrikots endgültig ablegen mussten, selbst für ihn schlicht und einfach unvorstellbar.
„Gut“, antwortete Pad und ich war erstaunt, dass er überhaupt etwas dazu sagen konnte. Dieses Training - war irgendwie, aus irgendeinem Grund nicht so Recht in Worte zu fassen.
Moony nickte, als würde er unsere Wortkargheit nur allzu gut nachvollziehen können. „Okay. Also, wir hatten früher mit euch gerechnet, von daher wird jetzt alles etwas knapp...“, erklärte er und drückte mir ein Pergament in die Hand. „Das ist alles, was ihr machen müsst. Die Hühner müsst ihr nur noch rauslassen, wir haben sie schon in den Raum der Wünsche gebracht. Hier ist das Hühnerfütter, also macht so viel Umwege wie möglich und benutzt so wenig Geheimgänge wie möglich, heißt eigentlich keine. Sonst müsste alles klar sein. Lasst euch nicht erwischen, falls doch, haben wir wie immer Pad's Zweiwegspiegel, also wenn irgendetwas schief geht, einfach melden. Dann übernimmt ihr jetzt die oberen Stockwerke und Wormy und ich die unteren -“
„Moony, wir wissen, wie der Plan aussieht. Wir haben ihn mitentworfen“, warf Pad grinsend ein, doch in seinen Augen spiegelte sich die Verständnis. Moony wollte es schlicht und einfach hinauszögern. Er wollte unsere letzte Streiche herauszögern, weil es die letzten waren.
Irgendwie waren wir ja doch alle gleich. Gab es eigentlich irgendwen, dem dieser Abschied hier nicht schwer fiel?
„Okay, also fangen wir jetzt an“, fasste ich nochmal zusammen, fassungslos, wie schnell die Tage bis hierhin vergangen war, und doch erwartungsvoll bei den Aufgaben, die uns erwarteten. „Viel Glück. Lasst euch nicht erwischen“, fügte ich hinzu, grinste die zwei an und als alle drei das Grinsen erwiderte, fühlte ich mich wieder wie elf. Jungs, nervös und aufgeregt, weil wir gleich etwas Verbotenes tun würden, in der Erwartung, Anerkennung bei den älteren Schülern zu bekommen. Nur dass es jetzt schon lange keine älteren Schüler mehr gab.
… Und wir nicht mehr nachsitzen konnten.
„Ihr euch auch nicht“, sagte Wormy; und als wir uns alle so ansahen, unsere Gedanken sich verwoben und die Bilder von damals, den jüngeren Rumtreibern, vor unseren Augen erschienen, da landeten wir plötzlich in einer einzigen Umarmung. Ich wusste nicht so recht, wie wir in sie gekommen war und noch weniger wusste ich, wie wir wieder herausgekommen waren; ich wusste nur, dass ich mich nach dieser Umarmung sehr viel leichter fühlte.
Denn diese Freundschaft würde auch nach einem Schulabschluss nicht kaputt gehen. Niemals. Das konnte rein logisch betrachtet gar nicht möglich sein, das ging einfach nicht. Wer sollte mir denn meine eigenen Gedanken erklären und immer, immer für mich da sein, wenn nicht Pad? Wer sollte ein wenig Logik und Ordnung in mein Leben bringen, wenn nicht Moony? Wer sollte alles um uns herum bemerken und uns mitteilen, wenn nicht Wormy?
Wie bitte sollte ich ohne die Rumtreiber auch nur zwei Tage überleben? Das war schlicht und einfach nicht möglich. Sie - waren wie Sauerstoff. Wichtig und unerlässlich; ich brauchte sie, sonst würde ich ersticken - mich krümmen, nach Luft schnappen und schließlich tot zu Boden fallen.
Und ich war so froh, so unendlich froh, mir wenigstens einer Sache sicher sein zu können: Dass wir es schaffen würden. Und wenn Pad nach Neuseeland ziehen würde - was er nicht vorhatte - wir würden trotzdem Kontakt halten können, uns dann eben über die Kamine kaputt lachen, uns gegenseitig aufziehen und uns streiten und - einfach wir sein. Wir Rumtreiber konnten, würden es schaffen. Wer denn sonst, wenn nicht wir?
Und das war dann der Punkt, an dem ich beschloss, dass Nachdenken unsinnig war. Dass ich diesen letzten großen Streich, mit den Rumtreibern, mit meinen besten Freunden, mit den allerallerbesten Freunden der Welt, einfach einfach nur genießen würde.
„Ich hab kein Hühnerfutter mehr.“
„Wir sind eh fast da. Ich glaube -“ Pad warf die letzten Körner, die er austeilen sollte, in eine Ecke, „das reicht ohnehin. Oder?“
Ich lachte. „Bei Filch's Büro hätten wir vielleicht sparsamer sein sollen. Am Ende versammeln sich alle Hühner bei ihm.“ Bei der Vorstellung musste ich noch breiter grinsen. Oh Merlin! Hoffentlich hatte Wormy seine Kamera schon griffbereit.
Auch Pad lachte. „Hoffentlich frisst sein Viech keins der Hühner... Fressen Katzen eigentlich Hühner?“
„Woher soll ich das wissen? Ich hab nur eine Eule“, entgegnete ich und grinste. „Aber die wurde noch nie von einer Katze angegriffen.“
„Ja, aber nur, weil Kniffel absolut furchteinflößend ist.“
„So ein Schwachsinn“, widersprach ich sofort, auch wenn Pad Recht hatte. Ganz eventuell. „Kniffel ist die süßeste und harmloste Eule des gesamten Universums.“ Wenn man sich ihrem Willen fügte, zumindest.
„Prongs, drehst du jetzt komplett durch? Evans hat definitiv keinen guten Einfluss auf dich; erinnerst du dich an die tiefen, schmerzenden und fast tödlichen Wunden in meinem Gesicht in der dritten Klasse?“ Theatralisch sah er mich an und griff sich an sein Herz. „Aber schon klar, ich versteh schon. Deine Eule ist liebreizend, auch wenn sie beinahe den Tod deines unwichtigen, besten Freundes verschuldet hätte.“
„Genau.“ Ich grinste ihn an. „Etwas besser platziert und sie hätte dich umgebracht. Du weißt ja gar nicht, wie lang ich noch mit ihr geschimpft habe, weil sie nicht genau genug war.“
Pad lachte. „Wolltest du Kniffel nicht sogar mal auf Evans hetzen?“, erinnerte er sich und sprang die letzten Stufen hoch.
„Doch. Mordmaschine und so, aber dann haben wir uns doch entgegen entschieden, weil -“
„Du dich über beide Ohren-“, unterbrach mich Pad, breitete die Arme mit einem dramatischem Seufzen aus und legte sie sich aufs Herz. „In sie verliebt hast. Bis dass der Tod euch scheide. Ich weiß schon.“
„Volltrottel“, kommentierte ich sein Gesülze und schlug ihm mit der flachen Hand auf den Hinterkopf. „Weil wir nicht von der Schule fliegen wollten.“
„Ja, schon klar. Du hast dich ja nie in Evans verliebt. Du hasst sie ja. Ausschließlich. Und du hast auch nie darüber nachgedacht, wie du sie fragen willst, ob sie mit dir zusammenziehen will oder hast sie auf's Dach geschleppt, damit ihr zusammen in den Sonnenaufgang sehen könnt und es dabei schon wieder nicht geschafft, sie einfach zu fragen. Schon verstanden.“ Strafend sah er mich an und ich war mir nicht sicher, wie viel davon gespielt war.
„Du meinst gefragt, ob sie noch ein Croissant will - hey, woher weißt du eigentlich, dass ich's nicht gemacht hab?“ Verwirrt sah ich ihn an. Ich hatte ihm nie erzählt, dass ich es wieder nicht über die Lippen gebracht hatte - wie immer, er hatte Recht. Schon seit Monaten spukte dieses Thema in meinem Kopf herum und verlangte, Lily mitgeteilt zu werden, aber - die Angst vor einem 'nein' war zu groß. Oder die Angst vor einem 'ja' und dem baldigem Aus unserer Beziehung, das bestimmt folgen würde, wenn wir zusammen ziehen würden, weil wir es keinen einzigen Tag hier in Hogwarts ausgehalten hatten ohne zu streiten. Und hier hatten wir noch getrennte Schlafzimmer und saßen nicht die ganze Zeit aufeinander.
Oh Merlin, das war wieder der Gedanke, der mich widerrum zu dem Gedanken brachte, wie ich überhaupt auf den Gedanken gekommen war, mit Lily zusammen zu ziehen. Was hatte ich denn davon?
Aber vielleicht hatten die Rumtreiber Recht, vielleicht sollte ich nicht so viel nachdenken und sie einfach fragen, weil - weil ich es irgendwie wollte, aber... Es war so schwer. Ich hatte solche Angst vor ihrer Reaktion, davor, es auszusprechen... Aber heute hätte ich es ausgesprochen. Ganz sicher. Aber heute hatte Pad mich ja unterbrochen.
Volltrottel.
Womit aber immer noch nicht geklärt wäre, woher er wusste, dass ich Lily schon wieder nicht gefragt hatte.
„Prongs. Dazu waren unsere telepathischen Fähigkeiten nicht mal nötig“, erklärte Pad mir, als hätte ich einen entscheidenen Punkt übersehen. „Du hast beim Training weder gestrahlt wie Hagrid, wenn er mal wieder ein neues widerliches Viech angeschafft hat - und du weißt, dass er dann wirklich strahlt! -, noch hast du deprimiert oder wütend oder enttäuscht geguckt. Fazit: Sie hat weder ja, noch nein gesagt. Also hast du es mal wieder nicht ausgesprochen.“
Unzufrieden sah ich ihn an, befand, dass seine Argumentation diesmal sogar ziemlich logisch gewesen war und setzte zur Verteidigung an: „Ich wollte ja. Diesmal wirklich! Ich hab gerade angefangen, da hat der Zweiwegspiegel geklingelt!“
Jetzt wechselte sein Gesichtsausdruck; fast bestürzt sah er mich an. „Ehrlich?“
„Könnte ich dich anlügen?“
„Nicht so überzeugend, dass ich's nicht merken würde.“
Wir grinsten uns an und ich war überzeugt davon, diesem Thema für's erste entkommen zu sein, als wir vor dem Raum der Wünsche zum Stehen kamen, aber Pad hatte offenbar nicht vor, mich so leicht gehen zu lassen. Mistkerl.
„Komm Prongs. Es ist echt nicht schwer. Es sind nur - warte - fünf Wörter. Nur ein bisschen länger als 'ich liebe dich' und das kriegst du doch auch schon über die Lippen. Komm, so schwer ist das nicht. Also-“ Erwartungsvoll starrte er mich an, als wäre ich ein Showpferd und er wartete nur darauf, dass ich mich auf die Hinterbeine stellte.
„Was?“ Genervt von dieser Diskussion und der Tatsache, dass ich ein elender Feigling war, wenn es um diverse Gefühlsgeständnisse oder Zukunftpläne ging, begann ich, vor dem noch nicht sichtbaren Raum der Wünsche hin und her zu gehen - genau drei Mal - und stellte mir dabei ein rießiges Hühnergehege vor. Mit exakt 10 000 Hühnern darin.
„Sag es. Ganz einfach: `Evans. Willst du dir mit mir Haus und Bett und Küche teilen, mich lieben, bis dass das Haus zusammenfällt, weil wir das Essen zum Explodieren gebracht haben, und gegebenfalls auch mal auf dem Sofa schlafen, wenn wir rein eventuell streiten sollten?“
Ich lachte, die Tür hinter mir erschien und ich war einfach nur so so froh, Pad zu haben. Schon sieben Jahre lang, mit ihm hier vor dem Raum der Wünsche zu stehen, über Evans reden zu können. Tja, damals waren es ihren zickigen Zurückweisungen gewesen, jetzt war es das Zusammenziehen mit ihr.
„Ich glaube, ich sollte besser Lily sagen, oder?“, kommentierte ich seine Vorlage grinsend.
„Lily, Evans, ist doch egal, sie hört auf beides. Du kannst sie auch Augenstern nennen oder Schätzchen - nee, doch nicht, da liegt mein Patent darauf... Aber du bist doch so kreativ, dir fällt schon noch was ein.“ Er warf mir noch einen aufmunternden Blick zu, dann öffnete er die Tür -
und dann hatten wir erstmal keine Chance mehr, uns normal zu unterhalten. 10 000 Hühner erschraken bei der Bewegung der Tür und flatterten hilflos mit ihren Flügeln umher und versuchten, tiefer in den Raum zu kommen oder heraus zu flüchten. So hatten wir erstmal genug damit zu tun, die Viecher alle herauszutreiben, sodass das Thema 'Zusammenziehen' in meinem Kopf endlich mal Pause machte.
Unglaublich, wie viel Spaß so ein Streich machen konnte. Einfach unfassbar. Pad und ich lachten so viel, wie - immer. Wir bekamen uns nicht mehr ein, als wir uns gegenseitig ansahen und in unseren Haaren Federn entdeckten oder ich in Hühnerscheiße und Pad in ein Nest voller Eier trat. Andere Leute hätten vielleicht nicht verstanden, was uns so - glücklich machte, aber eigentlich war es ganz einfach. Wir machten es zusammen. Wie schon seit Jahren, wie immer, so sicher wie ein Gänseblümchen Sonne brauchte, um zu blühen, war Pad an meiner Seite. Und das reichte, um lachen, gefährliche Gedanken vergessen und am letzten Tag von Hogwarts einfach noch mal glücklich sein zu können.
Auch, wenn es eine sehr aufwendige Arbeit war. Und als auch endlich das letzte Huhn den Spuren aus Hühnerfutter folgte, wusste ich auch wieder, warum wir uns entschieden hatten, nach dem Training erstmal die Hühner herauszulassen und dann duschen zu gehen.
„Oh Merlin, ich kann es kaum erwarten, endlich in die Dusche zu kommen“, sagte Pad und bewirkte damit, dass ich schon wieder lachen musste, einfach, weil es so genial war, einen besten Freund zu haben, der so oft dieselben Gedanken hatte, wie man selbst. Es war, als wären wie eine zusammenhängende Kirsche, die sich Anna, meine Nachbarin und Kindergartenfreundin, damals als kleines Kind immer über die Ohren gehängt hatte. Wie zwei Vögel, die sich schon im Nest den Wurm geteilt hatten. Oder als wären wir Zwillinge, die man bei der Geburt vertauscht hatte, so, wie es Mum so oft beteuerte. Vielleicht aber waren wir auch einfach nur wahnsinnig gute Freunde, die sieben Jahre Zeit gehabt hatten, die Gedanken des Anderen kennenzulernen.
Und eigentlich war es auch egal, weil Analysieren nichts brachte, weil ich einfach froh sein sollte, dass wir damals die Rumtreiber gegründet hatten.
„Ich auch“, entgegnete ich also nur, so viel weniger als das, was stattdessen in meinem Kopf herumschwirrte. Vollkommen zufrieden mit Merlin und der Welt und den sieben vergangenen Jahren und all meinen Freunden und der Tatsache, dass ich jetzt seit mehr als einem halben Jahr eine feste Freundin hatte, sah ich den Hühnern nach.
Nicht, dass damit unsere Arbeit getan war.
Ich drehte mich schon zu Pad um, um jetzt zu den Stinkbomben überzugehen, da hörte ich ein Gackern hinter mir. Irritiert drehte ich mich um und entdeckte ein Huhn hinter uns, dass wohl falsch abgebogen war. Grinsend ging ich in die Hocke. „Na, hast du dich verirrt? Dich-“
Ich stockte und starrte in die Augen des Tieres vor mir.

Ich hatte nicht vor vielen Dingen Angst. Noch vor keinem einzigen Tier, das Hagrid angeschafft hatte, hatte ich mich ernsthaft gefürchtet; Ekel war ja noch mal eine andere Schublade. Ich hatte Angst vor Voldemort, okay. Davor, dass Menschen, die mir nahe standen, die mir ungeheuerlich wichtig waren, irgendetwas zustieß, hatte ich auch Angst.
Mir war zwar lieber, wenn niemand wusste, dass es Sachen gab, vor denen sich selbst James Potter fürchtete, aber wenn jemand diese zwei Dinge herausfand, war es in Ordnung. Es schadete meinem Image nicht allzu sehr.
Aber es gab eine Sache, die absolut überhaupt niemand wusste, absolut nicht wissen durfte. Außer den Rumtreibern, meinen Eltern und Lily hatte ich es niemand erzählt. Es war ein verdammt gut gehütetes Geheimnis und ich ging meiner Angst so gut es ging aus dem Weg.

Hähnen. Ich hatte Angst vor Hähnen. Panische Angst; wenn ich nur einen krähen hörte, lief es mir kalt den Rücken herunter. Der Grund war einfach; ein traumatisches Erlebnis meiner Kindheit, in dem ein Hahn mich stundenlang durch einen Garten gejagt und anschließend stolz auf mir rumgehackt hatte.
Seitdem vermied ich jede Begegnung mit diesen Tieren.

Mit Hühnern hatte ich kein Problem. Nur, dass das Viech vor mir kein Huhn war. Roter Kamm, sichelförmiger, schwarzer Schwanz... das - das -
„Pad.“
Panisch starrte ich den - das das Ding vor an, wollte nur noch weg weg, weit weg von diesen schwarzen, rachsüchtigen Augen. Ich wollte rennen, schnell, ich wollte Entfernung zwischen uns zwei bringen - und stand genau vor ihm in der Hocke.
Nur dass mein Gehirn vor Panik gelähmt war, dass ich plötzlich irgendwie auf meinem Hosenboden saß und mich nur noch im Sitzen von diesem Geschöpf entfernen konnte, irgendwie mit den Händen-
„Prongs, was-“ Nur dumpf drangen Pad's Worte bis zu mir durch, und doch reichte es.
„Tu das Ding weg! Tu dieses verdammte-“ Immer weiter robbte ich irgendwie weg von ihm, die Augen unbeirrt auf den Hahn gerichtet, der ungestört immer näher kam. Immer und immer näher, diese schwarzen Knopfaugen... „TU ES WEG!“
Pad schien meine Panik zunächst nicht zu verstehen, dabei wusste er doch ganz genau, dass es nur eine Sache gab, die mich wirklich in Angst versetzen konnte...
„Das ist ein HAHN? Fuck.“
Ich wollte ihn anbrüllen, warum er da so überfordert stand, warum er nicht irgendetwas unternahm, doch ich konnte meinen Blick nicht von dem Hahn vor mir nehmen. Ich konnte nicht. Immer näher kam das Ding, unbeirrt, um mich zu terrorisieren, um mir das Blut auszusaugen, um -
Da trat endlich Pad zwischen mir und den Hahn, ging irgendwie in die Hocke und in meinem Gehirn war einfach zu viel, zu viel - PANIK, viel zu viel, da war ein heilloses Durcheinander, ich verstand nicht, was Pad machte und ich verstand nicht, wie und da gackerte es plötzlich laut und der Hahn schlug mit den Flügeln und entwischte Pad, kam auf mich zu, und ich rastete endgültig aus.
„Mach das Viech weg!“ Ich schirmte mein Gesicht ab, drängte mich an die Wand und wartete auf das Gefühl von Federn auf meiner Haut, auf das Gefühl eines Schnabeln oder einfach nur ein lautes Gackern.
Doch es blieb aus. Die Sekunden zogen sich in die Länge und ich wagte nicht, mich zu bewegen, hatte die Augen fest zusammengekniffen und betete. Beschloss, bis dreißig zu zählen und dann langsam die Augen zu öffnen.
Siebenundzwanzig... achtundzwanzig.... neunundzwanzig … dreißig.
Der Hahn war weg.
Besorgt sah ich mich um, nach recht, nach links, schaute schließlich Pad an, fragend, der mir mit einer Kopfbewegung zu verstehen gab, dass der Hahn nach links abgebogen war, dem Hühnerfutter hinterher.
Zittrig stieß ich die Luft aus, zog mich langsam an der Wand hoch und ignorierte Pad's vorsichtigen Blick.
Der Hahn war weg.
Und langsam fing mein Gehirn wieder an, zu arbeiten. Ein Hahn war hier gewesen. Unter den 10 000 Hühnern. Hühner, die wir besorgt hatten.
„Was SOLL DAS?“ Fassungslos starrte ich Pad an, verstand nicht. „Die Bedingung war, KEINE HÄHNE, du MISTKERL!“
Meine Hände schlossen sich zu Fäusten und ich fühlte mich noch ganz zittrig von all der Panik in meinem Inneren.
„Wa - Ich war das nicht!“ Sein Blick ließ fast noch mehr Fassungslosigkeit über meine Unterstellung erkennen, als meine über die Existenz dieses Hahnes. Pad konnte es also unmöglich gewesen sein, so gut schauspielern konnte er nicht -
Also - also -
„Haaallo“, ertönte es plötzlich hinter mir; erschroken fuhr ich herum, in der Befürchtung, irgendwer hätte das hier mitbekommen und würde gleich 10 000 Hähne durch Hogwarts stolzieren lassen...
Aber es war nur Freya. Ausgerechnet. Sie winkte Pad und zwinkerte ihm zu.
Halt mal - Freya?
Da tauchte plötzlich auch Lily's Kopf auf. Vorsichtig guckte sie um die Ecke, aber man sah ihr an, dass sie sich ein Lachen verkneifen musste.
„Was -“ Ich starrte die zwei an, verstand nicht, was sie hier machten, warum sie so lachten, als, als -
Auch Pad schien fassungslos, doch er schien so viel mehr zu verstehen, als ich, so viel mehr. Er sah keine Sekunde lang verwirrt aus, er schien sofort zu kapieren, was Freya und Lily hier zu suchen hatten.
„IHR wart das?“
Die Frage lag in der Luft und ich wollte schon meine Augen verdrehen, weil das eine so lächerliche Unterstellung war, als mein Blick auf Lily fiel. Auf Lily, die mich ansah und den Drang bekämpfte, laut los zu prusten.
Nein. Nein.
Das war einfach nicht möglich. Das -
Ich suchte nach Tatsachen, die dafür sprachen, dass Lily überhaupt nichts mit der Anwesenheit dieses Hahns zu tun hatte.
Sie liebte mich. Sie wusste, was für eine scheiß Angst ich vor diesen Dingern hatte und wie viel Überwindung es mich gekostet hatte, ihr davon zu erzählen. Sie war sozial und würde das nicht so ausnutzen, und-
Da nickte Freya. Nickte, brachte all meine 'Fakten' erst ins Wanken, und als Lily nicht widersprach, schließlich zum Einstürzen, wie ein riesiges Hochhaus bei einem Erdbeben. Es krachte und hinterließ eine einzige Verwüstung, zerstörte alles.
„WAS?“ Gleichzeitig kam dieses Wort auf Pad's und meinen Mündern, hallte von den Wänden zurück und spiegelte unsere gemeinsame Fassungslosigkeit wider.
„Spinnt ihr?“
„Spinnst du?“, fragte ich Lily aufbrausend. Die Wut wuchs, unglaublich schnell, rasend.
Lily und Freya sahen sich an, schienen mich einfach nicht ernst zu nehmen.
„Aber nicht erst seit heute“, erklärte meine `Freundin´ wage, als wüsste sie nicht, warum ich mich so aufregte.
„IHR habt den Hahn losgelassen - du - du-“ Ich brach ab, benötigte unbedingt ein neues Wort für 'fassungslos', weil das meine Gefühlslage nicht mal mehr annähernd beschrieb. Das war- Unglaublich.
„Kommt jetzt eine Beschimpfung?“, fragte Freya Lily etwas leiser, als ich meinen Satz nicht sofort fortfuhr.
„Ich glaube, ihm gehen gerade die Worte aus“, murmelte Lily unsicher. Dachte sie eigentlich auch eine Sekunde lang nach, WARUM ich so wütend war?
Diese vollkommene Ignoranz gab mir den Rest.
„IHR HABT SIE NICHT MEHR ALLE!“, schrie ich, so unglaublich wütend, sogar erstaunt, weil ich das einfach nicht erwartet hätte, niemals. „Merlin, du bist die einzige Person außer meinen Eltern und Pad, denen ich das erzählt hab - und - du - bist du KRANK?“
Freya runzelte nur die Stirn, doch Lily erschrak aufgrund meiner heftigen Reaktion - zu meiner Genugtuung.
„Ich - Ehrlich gesagt, ich dachte nicht, dass das - so schlimm...“ Lily brach ab, guckte hilfesuchend zu Pad. Als würde Pad, mein bester Freund, ihr helfen, wenn ich gerade wahnsinnig sauer war.
Wie zu erwarten erwiderte er ihren Blick nur böse und verschränkte abweisend seine Arme. Wenigstens einer hier, der kompromisslos auf meiner Seite stand.
Im Gegensatz zu Freya. Aber das-
Halt. Freya stand hier. Sie hatte Lily vermutlich, sehr wahrscheinlich sogar, bei der Beschaffung dieses Hahns geholfen. Sie wusste von meiner Angst.
„DU HAST ES IHR ERZÄHLT?“
Lily schaute mich an und als ich bemerkte, dass sie immer noch gegen den Drang kämpfte, zu lachen, da - da hatte sie ein wahnsinniges Glück, dass sie ein Mädchen war. Ehrlich.
Sie nickte, und biss sich auf die Lippe. Meine Fäuste zuckten.
„Ich - ja, aber, bitte, sei nicht sauer“ - SAUER? - „ich meine - das ist ja wohl nichts im Gegensatz dazu, was ihr im ganzen Schloss gerade abgezogen habt“, schloss Lily, verteidigend, angreifend und immer noch mit dem Unterton, der mir zeigte, dass sie alles gab, um nicht loszuprusten.
„Sag mal - GEHTS NOCH?“, brüllte ich wütend und trat einen Schritt näher an Lily heran. „Ich hab scheiß ANGST vor diesen Dingern und das WEISST du und - und du verwendest es gegen mich?!“
„Das ist genau das, was du jedem raten würdest?“, fragte Lily irritiert, als müsste ich sonst sofort auf so etwas anspringen, als müsste ich jetzt eigentlich lachen und stolz sein, weil sie von mir gelernt hatte.
Nur, dass bei mir gerade das Gegenteil der Fall war.
„NEIN, würde ich NICHT! Hab ich jemals DEINE Ängste gegen dich verwendet?“ Ich beantworte die Frage in meiner Wut gleich selbst. „NEIN!“
„Das -“, begann Lily, doch wurde unglücklicherweise von Freya unterbrochen. Von ihrem Lachen.
MERLIN!
„Potter, das tut mir jetzt wirklich leid, aber - Wenn du dich gesehen hättest, würdest du uns verstehen. Das -“ Sie prustete wieder los, konnte kaum an sich halten. „Ehrlich. Das ist genial. So leid es mir tut“, sagte Freya unter ihrem Lachen.
Was - das -
Hilfesuchend sah ich Pad an, der Freya wiederum vernichtend anschaute, die allerdings nur unbeeindruckt seinen Gesichtsausdruck nachmachte, die Augen verdrehte, mich ansah und wieder lachen musste.
Fassungslos starrte ich sie an. Und mit sowas schlief mein bester Freund seit mehr als einem halben Jahr?
„Das - das - ihr seid - für euch muss man neue Schimpfwörter erfinden!“, rief ich wütend aus, wünschte mir irgendetwas in meine Reichweite, auf das ich ohne folgendes schlechtes Gewissen einschlagen konnte. Einen Slytherin zum Beispiel.
„Ooooh“, machte Lily vor mir, vollkommen begeistert sah sie mich an. „Wie wäre es mit...“ Sie legte den Kopf schief, ihre Augen leuchteten, als hätte sie schon vollkommen vergessen, dass ihr Freund verdammt sauer war, so sauer, dass es ihm nicht einmal einfiel, irgendwie nachzugeben, um den gemeinsamen Abschlussball zu retten. „Irgendetwas kreatives, das -“ Endlich schien sie meinen Gesichtsausdruck zu bemerken, stoppte und hatte wenigstens die Freundlichkeit rot zu werden, und nicht zu lachen.
Merlin, mit wem war ich denn bitte seit mehr als einem halben Jahr zusammen?
Wobei Pad eindeutig schlimmer dran war: Freya verdrehte die Augen, versuchte offenbar wirklich, mich davon zu überzeugen, dass diese Aktion eine klasse Idee gewesen war.
„Komm schon, Potter. Du hättest es sehen müssen. Das war's wirklich wert“, bemerkte sie.
Das - In mir explodierte irgendetwas. Und es waren ganz sicher keine Wunderkerzen.
„SEID ENDLICH STILL!“ Ich sah zuerst Freya so böse an, wie es ging, und glaubt mir, diesen Blick bekamen selbst Slytherins nicht allzu oft ab. Dann fixierte ich Lily, versuchte, noch vernichtender zu schauen. „Ihr könnt mich mal“, fügte ich leiser hinzu, fast mit einem drohenden Unterton, wie immer, wenn alles in mir brodelte. „Komm Pad, wir haben einen Zeitplan einzuhalten.“ Mit diesen Worten drehte ich mich um, unglaublich stolz auf mich, dass ich auf niemanden los gegangen war.
„Ihr seid echt sowas von - bescheuert“, sagte Pad noch, dann hörte ich seine Schritte, dir mir eilig folgten.
„Hey, wenn ihr schon dabei seid, ich hoffe mal, Filch ist in eurem Zeitplan mit drin?“, rief Freya uns hinterher. „Sonst muss ich mich persönlich noch mal dafür rächen, dass er mich in der dritten Klasse die Kessel putzen hat lassen, DREI STUNDEN, während DU“ Hiermit war eindeutig Pad gemeint, „nur nachsitzen musstest.“
Ich hätte sie gerne ignoriert, wirklich gerne, aber dafür war ich einfach zu aufbrausend. Wütend drehte ich mich noch einmal um und schrie Freya an.
„Halt einfach die Klappe, Freya! Es geht dich einen feuchten Dreck an, wer in unserem Zeitplan drin ist, okay?“
Mit diesen Worten und einem kalten Blick Richtung Lily verschwand ich hinter Pad in einen Geheimgang.

Zwei Stunden später stank ich endlich nicht mehr nach Hühnern. Die Streiche und die Vorbereitungen für den allerletzten waren erledigt, die Tatsache, dass der Hahn immer noch frei herumlief, halbwegs gut verdrängt und die Wut auf Lily einigermaßen abgeflaut. Nicht, dass ich ihr sofort verzeihen würde, aber soweit, dass ich immer noch gerne mit ihr auf den Abschlussball ging.
Hieß also, dass ich relativ gut gelaunt war. Pad hatte mich schließlich wieder einigermaßen beruhigen können, auch wenn ich ihn immer gezwungen hatte, bei jeder Ecke erst einmal sicher zu stellen, dass da kein Hahn im Gang frei herum lief.
Er musste eigentlich schon unten sitzen, bei den restlichen Rumtreibern, aber als ich unten im Gemeinschaftsraum ankam, hielt ich total automatisch erst nach Lily Ausschau. Aber als ich sie auf unserem Stammsofa entdeckte, fiel mir auch wieder ein, dass ich immer noch sauer auf sie war und wollte schon an ihr vorbei zu den Rumtreiber gehen, die schlau genug gewesen waren, sich nicht zu ihr zu setzen. So saß sie gerade allein, mit angezogen Beinen und kaute auf ihrer Lippe.
Irgendetwas in mir verlangte danach, zu ihr zu gehen und zu fragen, was los war, warum sie hier so verloren da saß. Ich sollte sie wieder aufmuntern, ein Lächeln auf ihre Lippen zaubern und sie dazu bringen, irgendetwas Verrücktes zu machen. Ich hasste das - wie sollte ich denn einmal über längere Zeit auf sie sauer wenn, wenn alles in mir danach schrie, sie zu trösten?
Also überwand ich den Drang und ging, ohne sie eines Blickes zu würdigen, an ihr vorbei.
„James?“
Ich blieb stehen, verschränkte die Arme und drehte mich langsam um. Mit einem abschätzigem Gesichtsausdruck sah ich Lily an, verwundert darüber, dass sie den ersten Schritt machte und doch gleich wieder wütend, als sie widerwillig seufzte.
Aber bevor ich wieder anfangen konnte, zu streiten, hob Lily ein großes Stück Pergament hoch, auf dem in ihrer klaren, schwunghaften Schrift „Tut mir Leid“ drauf stand. Ganz einfach und schlicht.
Ich überlegte, ob ich wütend oder belustigt sein sollte, Lily hielt das Ding noch ein bisschen höher, schaute mich fragend, ein wenig vorsichtig an.
Ich musste lächeln, aber ich versuchte, es zu verbergen. Ohne ein Wort zu sagen, sah ich sie weiterhin abwartend an, meine Arme immer noch verschränkt.
„Was noch?“ Sie sah mich an, fast flehend, als wüsste sie ganz genau, was ich wollte und betete nur noch, dass ich sie nicht dazu zwang.
„Ich will's HÖREN“, vernichtete ich ihre Hoffnungen.
Wie zu erwarten guckte sich Lily erst um, bevor sie meinem Blick wieder begegnete. „Sicher?“
„Ganz sicher. Außer natürlich...“
„Hm?“ Hoffnungsvoll sah sie mich an.
„Außer, du willst heute Abend deinen ursprünglichen Plan verfolgen und allein zum Abschlussball gehen.“ Herausfordernd sah ich sie an.
Lily seufzte, starrte auf die Tischkante und schien ihre - sehr beschränkten - Möglichkeiten abzuwägen. Dann sprang sie plötzlich auf und stellte sich vor mich. Ihre Hand war plötzlich an meiner, verschränkte sich mit ihr und sie stellte sich auf die Zehenspitzen; ich spürte ihren Atem an meinem Ohr. „Es tut mir Leid“, sagte sie leise, so ehrlich zerknirscht und doch offensichtlich sauer, weil ich sie dazu gebracht hatte.
Ich schluckte aufgrund ihrer plötzlichen Nähe, aufgrund dieser scheinbaren Ehrlichkeit in ihren Worten.
Was aber nicht hieß, dass ich es lassen konnte, sie zu provozieren.
„Es würde nicht schaden, wenn Andere das vielleicht auch mal mitkriegen“, sagte ich daher.
„Dann würden sie ja auch den Grund mitkriegen. Also. Besser wir halten das hier klein“, entgegnete Lily schnell und nickte. Und hatte blöderweise auch noch Recht.
„Du entschuldigst dich nur, weil es heute der letzte Tag ist. Nicht, weil es dir wirklich Leid tut“, warf ich ihr vor, mir dieser Sache komplett sicher.
„Es tut mir wirklich, wirklich, wirklich leid“, wiederholte Lily noch einmal, musste plötzlich grinsen. „Aber wert war es der Anblick trotzdem. Was aber nicht heißt, dass es mir nicht leid tut. Es tut mir leid. Wirklich“, beteuerte sie, musste selbst schließlich grinsen bei ihrem Wortgefasel.
„Und du machst es nie wieder?“, versicherte ich mich, denn das war wirklich der Schock meines bisherigen Lebens gewesen. Oh Merlin. Und das Ding lief immer noch frei herum.
„Versprochen.“ Bestechend ehrlich lag ihr Blick auf mir, ließ mir gar keine andere Wahl, als ihr schließlich zu verzeihen, auch, wenn das eigentlich wirklich ein Schlag unter die Gürtellinie gewesen war.
„Und du sorgst dafür, dass der Hahn verschwindet“, verlangte ich, immer noch abweisend, obwohl bei ihrem Blick wirklich alles in mir danach schrie, sie einfach in meine Arme zu schließen, sie an mich zu ziehen.
Ich wurde immer besser.
Lily verzog ihr Gesicht. „Muss das sein?“
„Ja.“
Sie seufzte, grinste mich dann doch noch leicht an. „Verzeihst du mir jetzt vielleicht auch mal?“
„Wenn du die Bedingungen erfüllst - ja.“ Auch auf meinem Gesicht erschien ein Grinsen. „Großzügig wie ich bin.“
„Du bist schrecklich.“
„ICH erschrecke dich wenigstens nicht so heftig.“
„Tust du andauernd.“
„Blödsinn.“
„Nein, wirklich“, widersprach Lily und grinste mich an. „Jedes Mal wenn du - wenn du durchblicken lässt, dass du das alles ernst meinst, erschreckst du mich zu Tode“, erklärte sie, zuckte mit den Schultern, fast hilflos, so ehrlich.
„Wenn ich was ernst meine?“, fragte ich verwirrt, oder, vielleicht, ganz eventuell war ich nicht mal verwirrt, vielleicht wollte ich das alles auch einfach nicht wahr haben...
„Das - Alles“, sagte Lily, wage. „James?“
„Du wechselst das Thema“, bemerkte ich grinsend.
Lily guckte mich an. Und nicht so, wie normale Menschen einfach guckten; nicht so übertrieben interessiert an meinen Worten, wie die kleinen Viertklässler und auch nicht so übertrieben uninteressiert, wie die ganzen Sechst-Klässler; nicht so, als wäre ihr meine Meinung ohnehin gleichgültig oder als würde sie das alles, wir zwei nebeneinander und in einem Gespräch verwickelt, so selbstverständlich finden, wie die Tatsache, dass Bruce Lennon alias Klugscheißer etwas von ihr wollte.
Sie guckte mich so - so besonders an, so anders, so gut-anders, so wahnsinnig aufwühlend und naiv, aber eigentlich doch nur ehrlich.
„Du kannst das nicht ernst meinen“, sagte Lily, hielt unsere verschränkte Hände hoch. „All das. Das - Das schockt mich. Jedes Mal. Also.“ Leicht durch den Wind grinste sie mich an; in ihren Augen flackerte kurz Reue auf, als wäre es ihr nicht Recht, dass diese Worte aus ihr herausgesprudelt waren.
Ich konnte es nach ihr unmöglich ernst meinen?
„Immer noch? Nach mehr als einem halben Jahr?“, fragte ich nach, fast ein wenig schockiert, weil ein Teil von ihr vielleicht immer noch davon ausging, dass ich sie fallen ließ. Einfach fallen, als wären da nicht tausend Fäden, ach dicke Stränge, die uns verbanden, dicke Strängen aus Erinnerungen, die wertvoller waren, als alles, das ich besaß, als alles, das ich jemals besitzen konnte. Ich dachte, dass hätte sie mittlerweile verstanden. Ich dachte - dass ich sie schon lange davon überzeugt hatte, dass ich sie liebte, wirklich, wirklich-wirklich, wie Lily sagen würde.
Wenn sie sich dessen noch nicht sicher war, wie sollte sie denn mit Zusammenziehen einverstanden sein?
Lily schaute mich nicht an, nickte, guckte sich um und schien sich die Leute weg zu wünschen.
„Aber, hey, ich lerne langsam, damit umzugehen“, sagte sie, grinste mich leicht an.
Ich erwiderte ihren Blick, fuhr mir verunsichert durch meine Haare. All meine - spärlichen - Zukunftspläne zerfielen zu Staub. Ich konnte Lily doch unmöglich fragen, ob sie mit mir in einer Wohnung, in einem Haus wohnen wollte, das - das war Irrsinn, wir waren erst achtzehn, das - Bescheuert. Wir würden uns innerhalb von drei Tagen die Köpfe einschlagen, uns gegenseitig umbringen und begraben werden mit der Inschrift: 'Zu streitsüchtig, um am Leben zu bleiben.'
„Hm“, machte ich, packte meine Pläne in eine Schublade ganz ganz unten und hoffte, dass sie nie wieder hervor kamen, einfach verstaubten und sich schließlich einfach auflösten.
Auf einmal bekam Lily große Augen und richtete sich auf; einen Moment hatte ich Angst, dass sie meine Gedanken gelesen hatte und jetzt wusste, dass ich mit ihr zusammen ziehen wollte. Aber dann fiel mir wieder ein, dass sie keine Gedanken lesen konnte und unmöglich davon wissen konnte.
„James?“ Mein Name hing einfach in der Luft, so bedeutsam ausgesprochen, als - als wäre ich etwas Wichtiges, etwas Unerlässliches für Lily. Als würde sie auch wollen, dass wir weiterhin nebeneinander einschliefen und sie von meinen Lippen am Nacken aufgeweckt wurde, weiterhin stritten und zusammen Pfannkuchen machten und uns gegenseitig wahnsinnig machten. Als würde sie das wirklich wollen.
„Ich mag deinen Namen“, rutschte es ihr heraus und fast verwirrt sah sie mich an, als verstünde sie nicht, was mit ihr los war, als wäre ihr plötzlich irgendetwas klar geworden. „Und - Tust du mir einen Gefallen?“, fügte sie hinzu, mit einem Strahlen auf dem Gesicht, im vollkommenem Gegensatz zu meinen Worten.
Es fiel mir schwer, nicht gleich zu antworten: „Klar, alles.“ Wirklich. Aber irgendein Teil in mir wollte einmal, nur einmal, mir wenigstens das Gefühl geben, auch mit der Option leben zu können, alleine in meiner Wohnung zu hocken, zu Lily apparieren zu müssen, wenn ich sie sehen wollte, nicht jeden Tag neben ihr in unserer Küche stehen zu können und Gemüse kleinzuhacken.
Also konnte ich wenigstens den Gefallen ein wenig einschränken.
„Nein, ich springe nicht vom Astronomieturm. Ich ertränke mich auch nicht im See und - und ich gehe auch nicht unbewaffnet zu den Slytherins. Aber sonst - ja, kommt drauf an“, erwiderte ich, musste irgendwie grinsen, als sie mich aufgedreht angrinste.
„Du traust dich nicht unbewaffnet zu den Slytherins? Ich bin enttäuscht.“ Aber ihr Lachen ließ nicht viel von Enttäuschung erkennen, als sie mich zum Potraitloch zog und mir voraus aus dem Gemeinschaftsraum kletterte.
„Alle Slytherins gegen mich... Ich weiß, ich bin James Potter, aber das könnte - ganz eventuell und immer noch sehr unwahrscheinlich - sogar für mich schlecht ausgehen“, erklärte ich, versuchte, die Gedanken, die mich vorher noch gequält hatten, zu verdrängen. Es war egal. Auch wenn sie nein sagte. Es war egal. So würden wir vermutlich ohnehin noch länger zusammen bleiben...
Draußen wartete Lily bereits und grinste mich an. „Keine Sorge, es ist was ganz Ungefährliches. Nur - etwas, das ich schon immer mal tun wollte, solange ich noch in Hogwarts bin.“ Ihre Definition von 'ungefährlich' beruhigte mich allerdings nicht sonderlich. Aus einem Fenster zu springen hatte sie zunächst auch als 'ungefährlich' abgestempelt, bis ihr aufgefallen war, dass sie mit so hohen Höhen wohl auch ohne Höhenangst nicht so ganz klarkam und ihr dann auch noch ihr Zauberstab heruntergefallen war und sie somit ihren Polsterungszauber vergessen konnte.
Aber was könnte sie noch machen wollen, solange sie noch in Hogwarts war? Ich ging schnell ihre restlichen Lebensziele durch: Hochzeit crashen, Last-Minute-Flug buchen und einfach irgendwo hinfliegen, irgendwem eine Torte ins Gesicht werfen - das konnte sie hier machen.
„Mir eine Torte ins Gesicht schmeißen?“, riet ich und griff nach ihrer Hand.
„Das kann ich auch nach Hogwarts machen“, bemerkte sie und grinste mich an. „Es ist nichts wichtiges. Ich - Ich stelle es mir nur lustig vor“, erzählte sie und hüpfte mit funkelnden Augen die Treppe hinunter. Einen Moment hatte ich schon Angst, dass sie herunterfallen würde, doch sie übersprang nur eine der Stufen, die nur so taten, als wären sie eine.
Okay. Diese ganze Aktion war also nichts wichtiges; also vermutlich auch nicht unter ihren Lebenszielen.
„Dauert es lange?“, fragte ich vorsichtshalber, weil man bei Lily nie wissen konnte, und so, wie sie sich angestellt hatte, als ich sie gefragt hatte, ob sie mit mir zum Ball gehen wollte - wir waren ja nur schon fast neun Monate zusammen - würde ich ihr zutrauen, dass sie sich irgendetwas hatte einfallen lassen, um doch nicht hingehen zu müssen.
„Nein, keine Sorge“, beruhigte mich Lily. „Es ist nur... Du gewinnst vermutlich so und so und es ist überflüssig, aber... Bitte.“ Lily blieb stehen, guckte mich aus ihren sommergrünen Augen einfach nur an. „Ich will ein Wettrennen über die vier Haustische machen. So von einem zum Anderen hüpfen und weiter rennen. Verstehst du?“, erklärte sie, strahlte mich an wie ein fünf-jähriges Kind beim Geschenke aufmachen. „Das ist einfach perfekt. Das will ich schon seit der dritten Klasse.“ Jetzt wurde ihr Blick vorsichtig, fragender.
„Ein Wettrennen? Über die Tische?“, wiederholte ich fassungslos.
„Ja.“ Lily nickte eifrig. „Solange noch nicht gedeckt ist, alsoo... Schnell.“ Sie zog mich weiter und lächelte.
Das war krank. Absolut. Jeder Schüler hier würde ihr einen Vogel zeigen und kopfschüttelnd weiter gehen. Oder lachen und bemerken, dass das ein guter Witz gewesen war und sie beinahe drauf rein gefallen wären.
Das war - bescheuert. Und absolut genial.
Ich begann zu lachen, einfach weil das gestört war und Lily wusste, dass ich auch gestört war und man manchmal gestört sein durfte.
„Das ist nicht dein Ernst“, sagte ich dennoch, unter meinem Lachen und so froh darüber, dass wir uns so schnell vertragen hatten.
„Doch?“ Irritiert sah Lily mich an, als verstünde sie nicht, was daran bitte so unverständlich sei. Als müsste ich schon viel schlimmeres gewohnt sein. Und, okay, das sollte ich vielleicht wirklich.
„Wie war eigentlich das Training?“, fügte sie hinzu und sah mich von der Seite an.
Ich zuckte mit den Achseln. „Gut.“ Und aus irgendeinem Grund konnte ich dazu einfach nichts mehr sagen. Es war - wundervoll gewesen. Wahnsinn. Und es war nun einmal - das letzte gewesen. Das letzte Mal Hogwarts aus dieser Perspektive.
Aber ich wollte nicht mehr daran denken. Ich wollte mich noch in zehn Jahren daran erinnern, ja, aber ich wollte nicht die letzten Stunden hier auf dieser Schule mit Gedanken in der Vergangenheit verbringen. Zukunft, das war gut, so lange es keine furchteinflößende war, solange man sich darauf freuen konnte. Zum Beispiel die unmittelbare.
„Lily?“ Und wirklich - kaum musste ich an ihre Idee denken, musste ich wieder lachen. „Das ist echt extrem krank“, bemerkte ich ehrlich, wirklich. Was McGonnagal wohl dazu sagen würde?
Fast bestürzt sah sie mich an. „Wieso das? Hast du noch nie Wettrennen gemacht?“
„Ich glaube schon allein mit dir fünfzig.“ Ich hielt kurz inne, dachte an all die Male, in denen wir durch die Gänge oder über die Ländereien oder irgendwelche Treppen heruntergelaufen waren. „Hey, und das in einem halben Jahr. Nicht schlecht.“
„Aber warte nur, ich trainiere heimlich nachts, und irgendwann schlage ich dich“, versprach Lily lachend.
„Da kannst noch lange trainieren“, präsentierte ich mal wieder mein - nur nach Lily's Meinung bestehendes - großes Ego, zog sie aus dem Geheimgang und schließlich in die Große Halle.
Es war leer. Und ungedeckt, Lily hatte Recht. Und still.
Niemand, wirklich niemand war hier drin. Das kam sehr selten vor, wirklich, nur nachts hatte ich die Halle so verlassen vorgefunden.
Aber heute waren alle draußen; die Sonne schien, die Schüler gingen schwimmen und genossen den letzten Tag, froh darüber, dass sie ein weiteres Schuljahr geschafft hatten. Und die, die die Sonne nicht sonderlich leiden konnten, waren vermutlich in der Bibliothek oder in ihren Schlafräumen. Hausaufgaben, die hier manchmal gemacht wurden, gab es keine mehr.
„Ooh.“ Lily blieb abrupt stehen, schaute sich um, fast ehrfürchtig, als würde sie all das hier zum ersten Mal sehen. Die Tische, die Bänke, auf denen wir seit sieben Jahren jeden Tag gesessen hatten. Seit sieben Jahren.
Unfassbar wie vergänglich alles zu sein schien und wie manche Dinge der Zeit ganz einfach trotzten. Diese Tische hier zum Beispiel standen schon seit Generationen in dieser Halle, hatten verschiedene Zeitalter überdauert und würden noch in Jahrhunderten Schüler empfangen, so, wie sie mich empfangen hatten, ganz einfach.
Lily drehte sich plötzlich zu mir um, mit einem Strahlen auf dem Gesicht. „Ich - ich - Danke.“
Meine Lippen verzogen sich zu einem schiefen Grinsen, als ich sie da stehen sah, als ich mir noch mal vor Augen hielt, zu was mich dieses Mädchen alles brachte. „Wofür?“, fragte ich. „Dafür, dass ich mit dir Dinge mache, die man eigentlich mal gemacht haben muss?“ Ohne auf ihre Antwort zu halten, sprang ich auf die Bank und von der Bank auf den Tisch. Galant und ganz der Gentleman, der ich war, hielt ich Lily meine Hand hin.
„Und noch ein bisschen mehr“, sagte sie vorsichtig. Ihre grünen Augen sahen mich von unten an; sie wirkte fast schüchtern, als sie meine Hand schließlich ergriff, vorsichtig und bedächtig, um zu mir hochzuklettern.
Ich folgte ihrem Blick nach „unten“, auf den Boden der Großen Halle, hörte ihrem glücklichem Lachen zu, spürte den Druck ihrer Hand in meiner und konnte gar nicht anders, als ebenfalls glücklich zu sein, mit der vollen Palette, nichts daran zu finden, auf einem Tisch zu stehen, und vergaß für einen Moment, dass ich nicht mehr lange Gelegenheit dazu haben würde.
Meine Gedanken schweiften zurück zu Lily's Worten, zu ihrem Dank und auch nachdem ich kurz nachgedacht hatte, kam ich nicht weiter.
„Muss ich jetzt genau verstehen, was du meinst?“
„Nein“, sagte Lily, schien selbst schon wieder total vergessen zu haben, was sie eben gesagt hatte. „Das ist TOLL“, stieß sie schließlich hervor. „So groß und - leer und... Einsam.“ Sie guckte mich an und wirkte so zufrieden, dass ich einfach lachen musste. Und sie hatte ja so Recht: Wir standen auf einem Tisch; ich hatte die Große Halle in all den sieben Jahren noch nicht aus der Perspektive gesehen. Das war - anders. Gut-Anders.
Und als ich daran dachte, über die Tische zu laufen, zuckten meine Beine schon voller Vorfreude.
„Okay“, sagte ich und ließ Lily's Hand etwas schwermütig los. „Auf drei?“
„Warte.“ Lily sprang wieder vom Tisch und krabbelte auf den Slytherin-Tisch. „Ich fang' hier an und du da“, erklärte sie und zeigte auf mich. „und wir treffen uns in der Mitte und - wer zuerst am Platz des Anderen ist hat gewonnen. Okay?“, fragte sie mit einem breiten Strahlen auf dem Gesicht, als würde sie allein die Vorstellung davon, dass es gleich losging und wir zwei, zusammen, das wirklich durchzogen, euphorisch machen.
„Okay“, stimmte ich zu. „Aber wehe du rennst in mich rein und wir fallen vom Tisch und brechen uns alle Knochen. Knochen brauchen nämlich ein paar Stunden. Dann schaff ich das mit dem Ball nicht mehr. Und du auch nicht.“ Ich grinste sie an und überlegte, ob diese Aktion ihrer Planung nach nicht vielleicht doch dafür sorgen sollte, dass wir auf dem Ball nicht auftauchen konnten.
„Wir schaffen das“, beschloss Lily einfach. Dann plötzlich legte sie begeistert die Finger auf ihre Lippen und schien zu lauschen. Bevor ich verstand, welche Geräusche sie so faszinierten, sagte sie laut: „Hallooooooo“ und hörte wieder zu, strahlte mich an.
Mein erster Gedanke: Ich war mit einem Psychatriefall zusammen. Mein zweiter: Mist, ich mochte das. Irgendwie.
Und mein dritter war schließlich, dass ich irgendwie mittlerweile selbst zu einem geworden war. Hallo? Ich stand auf einem Tisch. Wenn das mal nicht alles sagte.
Egal, beschloss ich kurzerhand, in dem Drang, endlich loszulaufen. „Eins -“, zählte ich also los und beobachtete amüsiert, wie Lily sofort in Startposition ging. Und nein, sie kniete sich nicht auf den Boden - Tisch.
„Zwei -“, fuhr Lily fort.
„DREI!“, rief ich, stieß mich ab und rannte los.
Es war unglaublich.
Ich gab alles, das Ende des Tisches kam immer näher und näher und es machte so Spaß, es war toll, unsere Schritte hallten in der leeren, großen Großen Halle und ich sprang.
Landete auf dem nächsten Tisch, lief weiter. Bemerkte nicht einmal, dass ich lachte, bemerkte nicht, wie schnell ich an das Ende dieses Tisches kam. Ich rannte einfach immer weiter, kam irgendwann an Lily vorbei, erhaschte einen Blick auf ihr strahlendes Gesicht, bevor wir schon wieder einander vorbei waren.
Ich realisierte gar nicht, dass irgendwann ein Ende kommen musste; als ich schließlich am letzten Tisch angekommen war, wäre ich am liebsten weitergelaufen, einfach gesprungen, immer und immer weiter.
Euphorisch drehte ich mich zu Lily um, die gerade auf den letzten Tisch sprang. Ich sah sie schon fallen - und an unserem Abschlussball im Krankenflügel liegen - und tatsächlich verlor sie kurz das Gleichgewicht, doch sie fing sich gerade wieder. Ohne meinen Blick zu bemerken lief sie; ihr rotes Haar wehte hinter ihr, ihr Gesicht strahlte und man sah ihr auf dem ersten Blick an, dass sie alles gab, alles.
Und trotzdem hatte sie haushoch verloren. Als sie endlich ankam, stand ich schon lange mit verschränkten Armen an meinem Ziel. Als Lily schließlich stehenblieb, dabei schon wieder fast vom Tisch fiel (was für ein Wunder, dass es bei einem „fast“ geblieben war. Danke, Merlin!), schaute sie zu mir herüber. Ihren Blick quittierte ich nur mit einem leicht arroganten Grinsen, doch sie schien nicht einfach im Stande, sich über ihre Niederlage zu ärgern. War wohl auch für sie langsam zu offensichtlich. „Mist“, bemerkte sie trotzdem, doch sie schien wirklich nicht sehr in ihrem Stolz gekränkt, als sie zu dem nächsten Tisch in meine Richtung sprang. „Ich war trotzdem gut.“
„Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr an“, stichelte ich grinsend und sprang ebenfalls auf den zweiten Tisch in der Mitte, näher zu ihr.
Gespielt böse guckte Lily mich an. „Irgendwann, James. Irgendwann kommt der Tag, an dem du einsehen wirst, dass du gar nicht so toll bist, wie du denkst.“
„Ich glaube, auf den Tag kannst du noch länger warten, als auf den Tag, an dem du mal schneller bist als ich.“ Noch ein Sprung meinerseits und wir standen endlich auf demselben Tisch.
„Also nicht mehr lange“, prophezeite Lily siegessicher und grinste mich an, als sie einen Schritt auf mich zumachte.
„Ich glaube, wir haben unterschiedliche Zeitvorstellungen. Das wäre für mich definitiv 'lang'.“ Ich legte meinen Arm um ihre Hüfte, nur leicht, und zog sie näher an mich heran. Beobachtet fasziniert, wie sie sich umschaute, dann wieder meinem Blick begegnete, sich gleich wieder umguckte, sich die Leere der Großen Halle einprägte. Absolutes Glück zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab und ich konnte nicht anders, als mit ihr zu strahlen.
„Irgendwie komme ich mir gerade so klein vor“, sagte Lily, so ehrlich wie immer, und lachte leicht.
„Kein Wunder, wenn man vor dem großen James Potter steht“, neckte ich sie. Meine Hand legte sich an ihre Wange, mein Daumen strich sanft über ihre Haut.
Unfassbar. Es war so unglaublich unfassbar. Dass mich ihre einfache Nähe immer noch so aufwühlte. Dass da Stromschläge und Feuerwerke in mir waren, bei einer so einfachen Berührung. Es war krank, und doch liebte ich es so sehr, dass ich lieber in eine Irrenanstalt kam, als darauf verzichten zu müssen, ehrlich.
„Du bist genauso unausstehlich, wie vor sieben Jahren“, stellte Lily fest. Ihre Worten standen im vollkommen Gegensatz zu meinen Gedanken und irgendwie fand ich das ziemlich lustig; schließlich wusste ich, dass es ihr genau so ging. Hätte sie es sonst schon länger als ein halbes Jahr als feste Freundin von dem unausstehlichem James Potter ausgehalten?
„Und du geisteskrank“, entgegnete ich schlicht. „Dann betätigen wir mit dieser Beziehung wohl beide eine soziale Hilfsorganisation.“
Es war so perfekt. So perfekt.
Konnte es etwas Besseres geben, als auf diesen langen Haustischen zu stehen, vollkommen allein in dieser prunkvollen Halle, den klaren Himmel über uns, Wettrennen zu veranstalten und diskutieren und uns beleidigen zu können, wie immer, einfach immer?
Einfach wir zu sein. Albern, kindisch und streitsüchtig.
Es war perfekt. Wirklich.
„Hey, wir sollten üben“, bemerkte Lily plötzlich, als wäre ihr gerade etwas eingefallen. Und ihrem breiten Grinsen nach war das einer ihrer geisteskranken Ideen. Irgendwie wusste ich nicht so Recht, ob ich mich freuen oder Angst haben sollte, als sie sich auch schon ein wenig von mir gelöst hatte. „Komm. Tanzen“, löste sie dann das große Geheimnis um ihre Idee und hielt mir ihre Hand hin.
Einen Moment war ich davon überzeugt, sie falsch verstanden zu haben, irgendeine andere Bedeutung von Tanzen nicht zu kennen, doch als sie nicht begann, mich auszulachen, weil ich hereingefallen war, begriff ich, dass das ihr Ernst war. Ihr voller Ernst.
Tanzen.
Hier.
Auf einem Tisch.
Allein.
In der Großen Halle.
Wow. Genial. Unglaublich. Das war - wow. Wie kam sie nur immer auf diese Ideen?
Ich versuchte, die Begeisterung über diesen übergeschnappten Einfall mit einem einfachen Grinsen zu überspielen. „Wusstest du, dass der Mann nie abschlagen darf?“, fragte ich dann, nahm ihre Hand sanft in meine. Mein Arm lag ja noch um ihre Hüfte; ich schob ihn lediglich etwas höher, so, wie es sich für die Tanzstellung gehörte.
„Achso, du machst das nur aus Höflichkeit?“ Grinsend legte Lily ihre linke Hand auf meinen Oberarm.
„Natürlich“, entgegnete ich nur, ließ bei diesem Wort den Sarkasmus deutlich hindurch scheinen. Dann wollte ich schon den ersten Schritt machen, als mir etwas Entscheidendes einfiel. „Wir brauchen Musik.“
„Nicht unbedingt“, befand Lily und zuckte mit den Schultern.
„Wir singen was“, beschloss ich kurzerhand. „Kennst du ein Lied mit einem 3/4 - Takt?“
Doch anstatt ernst genommen zu werden, lachte Lily nur los. „Singen?!“
Ich zuckte die Achseln. „Ja. Oder willst du ohne Begleitung tanzen?“
Misstrauisch starrte Lily mich an. „Du kannst entscheiden“, sagte sie vorsichtig, als könne sie selbst kaum glauben, dass sie das mir überließ. Ausnahmsweise, wohlgemerkt.
„Kennst du ein Lied?“, überlegte ich, wobei es bei mir eher an den Texten scheiterte. Mist. „Sonst müssen wir eins erfinden“, schlug ich, von meiner eigenen Idee begeistert, vor.
Lily lachte schon wieder; diesmal richtig hysterisch. „Merlin. Komm, fangen wir einfach an“, beschloss sie grinsend.
„Man. Angst, dass ich bei deiner Stimme die Flucht ergreifen könnte?“ „Wenn du unbedingt singen willst, bitte.“ Lily lachte und einen Moment konnte konnte konnte ich es einfach nicht fassen, dass ich, ausgerechnet ich, James Potter, dieses Glück hatte. Das war so unfair, wenn man Pad bedachte, der mich in dieser Hinsicht nur so schwer verstehen konnte, oder Moony, der seine Gefühle nie zeigte, oder Wormy, der seine letzte Enttäuschung in Sache Liebe erst hinter sich hatte. Und ausgerechnet ich sollte dieses Glück haben, ich sollte mit einem Mädchen, das wie geschaffen für mich war, das mir zeigte, wer James Potter eigentlich war und dem es immer gelang, mich wieder zum Lachen zu bringen, mich aufzumuntern, auf Tischen tanzen.
Ich sah sie an, unsere Blicke begegneten sich und einen Moment lang - sah ich wieder alles davon. Alles was noch werden konnte, vielleicht werden würde. Mit uns. Warum sollte das mit dem Zusammenziehen nicht klappen? Warum?
Da waren Bilder, so viele, sie überrumpelten mich regelrecht. Doch dann schluckte ich, sie verschwanden, verharrten nur noch als Erinnerung und vorsichtig machte ich den ersten Schritt.
Lily's Fuß folgte und - Wir tanzten. Ganz einfach.
Einen Walzer, ohne uns gegenseitig auf die Füße zu treten. Ohne Musik, die uns begleitete. Und auf unserem Haustisch.
Ich schaute Lily an und es platzte. Da war so viel in mir, so viel was leuchtete, so viel das Funken sprühte, dass ich nur lachen konnte, um all diese Gefühle nach draußen zu lassen. Es dauerte nicht lange, und auch Lily fiel in mein Lachen ein.
„Das ist so irre. Das ist perfekt“, sagte sie und ja, das war es. Perfekt und vollkommen, typisch wir und deswegen eigentlich ganz normal und für alle Anderen doch anders, vielleicht verrückt-anders, für uns aber schlicht und einfach gut-anders. Warum verdammt im Strom schwimmen, dem Leben zusehen und sich nach Anderen richten, wenn da doch so viel mehr wartete? Was sprach denn dagegen, warum sollte es verboten sein auf einem Tisch Walzer zu tanzen?
Ich überlegte, wie viele andere Mädchen bei so etwas überhaupt mitmachen würden, geschweige denn, die auf diese Idee kommen würden.
Ich glaube, das Ganze beschränkte sich dann doch so ziemlich auf das Mädchen vor mir. Und ich war so froh, so froh, behaupten zu können, dass ich seit einem halben Jahr, mehr sogar, schon mit Lily Evans zusammen war, obwohl es teilweise echt an Folter grenzte. Es verging kein Tag ohne mindestens einen Streit - war schon ein Wunder, wenn es bei diesem einen blieb - und keine Woche ohne die Frage, warum ich mir das alles antat. Und es verging meistens keine Stunde, und ich wusste es wieder. Dann war alles endlich wieder da, all die Gründe, warum ich mit Lily zusammen war. Weil ich sie liebte. Weil sie aus Fenstern sprang, weil sie mich dazu brachte, in Weihnachtsferien auf Betten herumzuspringen, weil sie mit mir Walzer auf den Haustischen tanzte, weil sie Gefühle in mir weckte, von denen ich nicht einmal eine Ahnung gehabt hatte, dass ich sie überhaupt fühlen konnte. Weil sie Lily Evans war. Und mich dazu brachte, James Potter zu sein.
Wir tanzten, ohne Musik, und doch hatte ich eine klare Musik im Ohr. Eine schöne, fantastische Melodie, ein ausgereiftes, unvorstellbar perfektes Stück. Ein Walzerlied, nur für uns komponiert, ein Text, der von einem Märchen handelte, von unserem Märchen.
Es war mehr als perfekt. Es war atemberaubend. Und ich war so so so stolz, dass ich heute Abend mit dieser Begleitung zum Ball gehen würde, dass ich es nach langer Arbeit schließlich durchgesetzt hatte. Eigentlich sollte ich Wehmut empfinden, eigentlich sollte ich traurig sein, bei dem Gedanken an den letzten Abend in Hogwarts, an den Abschlussball, der mir immer so weit weg erschienen war, aber es war einfach unmöglich, irgendein anderes Gefühl als Glück zu empfinden. „In ein paar Stunden müssen wir den Ball eröffnen“, bemerkte ich; meine Stimme war aus irgendeinem Grund leise, als wolle ich die stille Musik um uns herum nicht übertönen.
„Und dann ist es vorbei.“ Lily sah mich an und biss sich auf die Lippe, eine Geste, die mir schon so vertraut war.
„Und dann fängt es eigentlich erst an.“ Ich schluckte, als kurz die Angst vor der Zukunft aufflimmerte, als mir bewusst wurde, dass ich nicht wollte, dass irgendetwas anfing, dass alles eigentlich so bleiben sollte, wie es war. Ich wollte weiterhin jeden Tag in die Große Halle gehen können und mir mit Lily Wettrennen auf den Tischen liefern können.
Und doch konnte ich nichts tun. Ich war machtlos und musste es einfach hinnehmen, dass heute der letzte Tag hier in Hogwarts war, in dem Schloss, dass mehr als ein Zuhause geworden war.
Ich will nicht, war das Einzige, was Platz hatte in dem Wirrwarr meiner Gedanken, ich will nicht. Ich wollte nicht, dass das endete. Ich wollte nicht, dass Lily und ich jemals zu tanzen aufhörten, ich wollte nicht hier raus, ich wollte nicht.
Und so tanzten wir weiter, in einer Welt gefangen, die nur uns gehörte, in einem Märchen. Und ich mochte Tanzen noch nicht mal sonderlich, und doch kam es mir nicht einmal in den Sinn, aufzuhören, nicht, wenn ich mit Lily tanzte und das Lied in unseren Köpfen kein Ende kannte.
Lily's Lächeln ließ mich explodieren. Wortwörtlich. Ich wusste nicht mehr, wo mir der Kopf stand, ich war kurz davor, anzuhalten, auf den nächsten Tisch zu springen und wieder ein Wettrennen zu machen, nur um all die Energie, all diese Gefühle in mir loszuwerden, die Feuerwerkskörper; und doch war mir nichts ferner, als die Vorstellung, mich von Lily zu lösen. Sie schüttelte ein wenig den Kopf, als würde sie mir sagen wollen, wie verrückt das alles war, aber das war nur gut so. Also dass es verrückt war. Denn ab dem Tag, an dem wir zwei Menschen, die auf Tischen tanzten, mit hochgezogenen Augenbrauen anschauten und der Gedanke „wie albern“ in unseren Köpfen auftauchte, wäre mein Leben absolut nicht mehr lebenswert.
Und so erwiderte ich Lily's Lächeln, unfassbar und einfach nur glücklich. Als hätte ich nach tagelanger Suche endlich unter Schutt und Asche eine Sonnenblume gefunden; meine Sonnenblume.
Unfassbar wie-
Plötzlich räusperte sich jemand, doch ich nahm es gar nicht richtig war, war viel zu gefangen in unserem Tanz. Doch Lily blieb automatisch stehen, drehte sich um - und sah unserer Hauslehrerin, McGonnagal, ins Gesicht.
„Mc-Gonnagal“, brachte ich heraus.
„Mr Potter. Miss Evans“, sagte McGonngal und lächelte leicht zu uns herauf. „Genießen sie ihren letzten Tag?“
„Wonach sieht es denn aus, Professor?“, entgegnete ich, und jetzt schlich sich doch leise Wehmut in meine Stimme. Die letzten Akkorde in meinem Kopf verklangen.
Zu meiner Überraschung schien es McGonnagal jedoch nicht einmal in den Sinn zu kommen, irgendein Anzeichen von Schock zu zeigen. Hatte sie etwa schon mehrere Schüler dabei erwischt, wie sie auf dem Gryffindortisch Walzer tanzten?
Unwahrscheinlich.
Ich starrte sie an, wartete darauf, dass sie versuchte, uns Nachsitzen aufzubrummen, doch sie lächelte nur. Und als sie ansetzte, etwas zu sagen, hatte ich nicht den Eindruck, dass sie uns zum Pokale schrubben verdonnern wollte.
Doch ich würde es nie erfahren, denn Lily schien nicht einmal zu bemerken, dass ihre Lehrerin etwas sagen wollte.
„Ja - Ja, tun wir, könnten... Könnten Sie vielleicht ganz kurz noch mal rausgehen? Nur - für fünf Minuten oder so?“, fragte sie unsicher, ihr Lächeln vorsichtig.
„Was genau wird das jetzt?“, raunte ich Lily fragend zu, doch mehr als ein „Warte“, bekam ich nicht als Antwort.
Zumindest war ich nicht der Einzige, der verwirrt schien. Doch trotz ihrer Verwunderung lächelte McGonnagal gönnerhaft.
„Fünf Minuten, Miss Evans. In dieser Halle gibt es heute noch viel zu tun.“ Dann zwinkerte unsere Verwandlungslehrerin mir zu, drehte sich um und verschwand ohne ein weiteres Wort hinter den prächtigen Türen.
„Danke!“, rief Lily ihr noch hinterher, bevor sie sich mit einem Strahlen auf dem Gesicht zu mir umdrehte. Eine halbe Sekunde lang sahen wir uns an, und ich erwartete schon, dass sie mit einem neuen Lebensziel ankam, zum Beispiel, auf dem Lehrertisch Hampelmänner zu machen, doch sie überraschte mich damit, dass sie sich einfach nur streckte und ihre Lippen grinsend auf meine legte, und ich musste ebenfalls grinsen. Diese Situation... Genau dieses fiktive Bild hatte ich damals im Kopf gehabt, am Anfang des Schuljahres, im Herbst, als Lily aus diesem Fenster im zweiten Stock geklettert war und sich nicht getraut hatte, von diesem Wandvorsprung herunter zu springen (trotz Polster, dass sie unten durch einen Zauber erwartete). Also war ich zu ihr hoch geklettert und hatte versucht, sie mit Worten dazu zu bringen, mit Beispielen, die an Haaren herbei gezogen waren.
„Ganz ruhig, Lily... Stell dir einfach vor, du würdest auf einem Tisch stehen und da runter springen wollen, okay?“,
Lily lächelte und allein dieses Lächeln munterte mich wahnsinnig auf. Wir würden das hinkriegen. „Warum sollte ich von einem Tisch springen?“
Sie ging darauf ein. „Weil... wir beide auf dem Tisch stehen... und ich dich... gerade... ähm... k-“ In Gedanken stolperte ich über das Wort 'küssen', entschied mich kurzerhand doch für ein Anderes, weil ich ganz genau wusste, dass dieses Wort nur für eine große Auseinandersetzung sorgen würde.„k...itzeln will und dann bleibt dir ja gar keine andere Wahl als zu springen“, schloss ich also, stolz auf meine logische Folgerungen.

Ja, damals war das alles nur eine theoretische Vorstellung gewesen. Damals hatte ich das Wort 'küssen' umgangen, um unser Verhältnis zueinander nicht zu verschlimmern. Damals hatte ich nur davon träumen können, irgendwann einmal auf einem Tisch zu stehen und Lily zu küssen.
Und jetzt?
Hatte Lily sogar mich geküsst. Und es war so perfekt, sie war so perfekt, trotz ihrer ganzen Macken. Ich zog sie näher an mich, so nah, dass kein Strohhalm mehr zwischen uns gepasst hätte, ich vertiefte den Kuss, wir vertieften den Kuss, Lily's Hand verschränkte sich mit meiner, die Andere fuhr in meine Haare und ich explodierte, zum wiederholten Male. Ich explodierte vor Glück, weil das, was zwischen uns war, so gewaltig und wundervoll und anders und gut-anders und funkelnd und besonders war, dass wir es auch nach Hogwarts schaffen würden, mussten, dass mir meine sonstigen Sorgen alle lächerlich und albern und überholt vorkamen, weil etwas Anderes doch gar nicht möglich war.
Und ich war Lily so dankbar, so furchtbar dankbar dafür, dass sie McGonnagal rausgeschickt hatte, ich war McGonnagal dankbar, weil sie herausgegangen war und ich war Merlin dankbar für diese Welt.
Diese fünf Minuten kamen ohne Frage unter die TOP 3 der besten fünf Minuten meines Lebens.
Ich löste meine Lippen von Lily's, nur auf zwei Zentimeter. „Ich liebe dich“, sagte ich, so ehrlich, weil es einfach die Wahrheit war, eine Wahrheit, die so schön war, wie ein einzelner Regentropfen, so klar und rein.
Und als ich diesen kurzen Abstand zwischen uns wieder überbrückte und ihre Lippen mit einem Kuss verschloss, da war ich mir absolut sicher, dass der letzte Tag in Hogwarts nicht würdiger hätte ablaufen können. Ich war mir sicher, dass Lily und ich die ersten Schüler waren, die auf diesen Haustischen Walzer getanzt hatten und ich war mir so sicher, dass es auch nach Hogwarts klappen würde, ich wusste es.
Denn es leuchtete in mir. Alles. Weil da überall Wunderkerzen waren, die heller leuchteten als das hellste Feuer, heller als die Sonne.
Sie versprühten Funken und das sollte eigentlich nichts Neues sein, weil diese Wunderkerzen immer immer da waren, wenn Lily so nah war; und doch blieben sie ungewohnt und neu und wunderschön und ich wünschte mir nichts mehr, als dass es für immer so blieb.
Denn dann bräuchte ich keine Angst vor der Zukunft mehr zu haben. Wenn ich mir nur endlich sicher sein konnte, dass das mit Lily auch nach Hogwarts noch klappte, war alles in Ordnung, war alles wundervoll. Auch wenn sich alles ändern sollte und nur unsere Beziehung dieselbe blieb, die durchgehende Konkurrenz, die ständigen Streitereien, die verrückten Aktionen und die atemberaubenden Gefühle - dann würde wenigstens ich derselbe bleiben. Solange nur unser Walzer auf den Tischen, über dem Boden der Tatsachen, nicht endete, war alles Andere nebensächlich. Solange wir uns nur zu einer Melodie, die Anderen stumm erschien, drehen konnten, solange und so oft wir wollten, war alles, alles egal.
Und mehr wollte ich von der Zukunft wirklich nicht.


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Uuuuuuund?
Na? Hat’s euch gefallen? Gut? Schlecht? Lesenswert?
Wie wär’s denn mit einem kleinen Kommi...? ;) Also, es gäbe da zwei Mädchen, die würden sich abartig darüber freuen. !! :D
Viele Grüße,
Ollo und Flollo! <3


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