Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ãœber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

Harry Potter - Auserwählter oder Ausgenutzter? - Harry und die Muggel

von Krabbentaucher

Langsam sickerte die Nachricht in der magischen Gemeinschaft durch, daß Harry Potter, der Bezwinger von Dem, dessen Name nicht genannt werden darf, bei den Muggeln untergekommen war, auch wenn nicht immer Klarheit herrschte, was „bei den Muggeln“ im einzelnen hieß. Einige Hexen und Zauberer wußten sicher, daß es sich um Onkel und Tante von Harry handelte, aber das waren die wenigsten – am ehesten noch diejenigen aus dem unmittelbaren Umfeld um Lily Potter und natürlich, soweit sie überhaupt eingeweiht waren, aus dem Umfeld um Albus Dumbledore. Und dann wären natürlich noch diejenigen, denen Hagrid unter dem Einfluß von Madam Rosmertas im Eichenfaß gereiftem Met etwas erzählt hat – nach der Bemerkung „darf ich nix drüber sagen, lohnt nich', den Job zu riskier'n deswegen“, natürlich.

Den meisten Zauberern war es egal. Sie wußten nur, daß es sich um irgendeine Verwandtschaft handeln mußte. Dadurch wurde vielen erst klar, daß Harry ein Halbblüter ist, wie die Anhänger des Dunklen Lord gern die Zauberer unterscheiden.

Die Muggelwelt ist eine für die Zauberer weitgehend verschlossene Welt, obwohl sie um sie herum existiert. Aber sie ist derart fremdartig, daß Zauberer sie allenfalls als Durchgangsstation für die verschiedenen Teile ihrer eigenen Welt betrachten. Entsprechend dürftig ist das, was aus Harrys „Muggelzeit“, so möchte ich sie mal nennen, bekannt ist.

Zunächst einmal wären da die vereinzelten Sichtungen durch Hexen und Zauberer, die im Tropfenden Kessel oder bei sonstigen Gelegenheiten gern mit dem Satz „ihr ratet nicht, wen ich eben/heute/gestern/vor kurzem getroffen habe!“ angekündigt wurden. Sehr informativ waren die daraufhin folgenden Berichte nie, aber sie machten eins deutlich: Da sämtliche Sichtungen im nördlichen Surrey stattgefunden hatten, mußte Harry auch im nördlichen Surrey leben.

Eine Hexe, Jill Powell, hatte im Jahr 1988 im Tropfenden Kessel den Gästen berichtet, daß sie Harry Potter in einem Bus gesehen habe. Er habe sich in der Begleitung einer dünnen blonden Frau befunden. Die Sichtung erfolgte tatsächlich in der Nähe von Little Whinging.

Ich habe Jill Powell zu dem damaligen Zusammentreffen befragt. „Ich weiß nicht mehr, in welchem Bus von wo nach wo genau das war“, gibt sie zu. „Ich erinnere mich aber noch daran, daß es ziemlich voll war. Ich mußte im Gang stehen und mich mit einer Hand an einer Stange festhalten. Da habe ich weiter hinten einen kleinen Jungen stehen sehen: Schwarze, strubbelige Haare und Brille. Ich habe James Potter kurz auf der Beerdigung seiner Eltern gesehen, müssen Sie wissen. Die Ähnlichkeit ließ keine Zweifel.“ Dann habe sie vorsichtshalber noch einmal genauer hingeguckt, berichtet Jill weiter. „Ich habe tatsächlich die blitzförmige Narbe erkannt, von der immer gemunkelt wurde. Und da habe ich ihm zugewunken.“ Auf meine Frage, ob Harry zurückgewunken hat, antwortet Jill enttäuscht: „Nein, er wirkte ziemlich erstaunt und verwirrt.“

Die Befragung zur Begleitperson fördert nicht viel neues zutage. „Ja, da war eine blonde Frau dabei. Ziemlich dünn, mit einem ziemlich langen Hals. Und sie hatte große Zähne“, fährt Jill Powell fort. „Zuerst habe ich sie gar nicht wahrgenommen. Erst als ich gewunken habe, hat sie mich ärgerlich angesehen und den Jungen – Harry – zur anderen Seite des Gangs gezogen, so daß ich ihn nicht mehr sehen konnte.“

Natürlich fragt sich jeder, was Jill Powell über diese Begegnung und ihre Beobachtungen gedacht hat. Doch in diesem Punkt scheint bei ihr Windstille geherrscht zu haben: „Nichts eigentlich. Ich habe mich nur gefreut, Harry Potter getroffen zu haben. Und mit dem Winken wollte ich ihn aufmuntern, schließlich hatte er seine Eltern verloren. Außerdem wußten wir alle, daß er bei den Muggeln aufwachsen mußte, der Arme.“

Leider wollte mir Jill Powell keine Antwort auf die Frage geben, was sie selbst in dem Bus getrieben hat. „Na, mitgefahren“, sagt sie nur ausweichend. Doch ist es sehr ungewöhnlich, wenn eine Hexe mit Verkehrsmitteln der Muggeln unterwegs ist. Ich habe mich deshalb veranlaßt gesehen, etwas zu recherchieren. Leider hat sich dabei herausgestellt, daß Jill Powell trotz ihres ostentativ magischen Aussehens keine besonders gute Hexe ist. Tatsächlich haben meine Ermittlungen in der Abteilung für magisches Transportwesen im Ministerium für Zauberei ergeben, daß Jill Powell viermal durch die Apparierprüfung gefallen ist und danach offensichtlich aufgegeben hat.

Ein Zauberer, der Harry in seiner Muggelzeit gesehen hatte, war Dädalus Diggel. Anfang 1990 berichtete er ebenfalls im Tropfenden Kessel, Harry Potter gesehen zu haben. Ein Besucher der Gaststätte, der ungenannt bleiben möchte, hat mir erzählt, daß Diggel Harry in einem nicht näher bezeichneten Muggelladen irgendwo in Surrey getroffen und ihn gegrüßt habe. „Er hat gesagt, daß wohl eine knochige Frau und ein anderer, sehr dicker Junge dabei gewesen war. Die Frau soll wohl schnell die beiden Jungen an die Hand genommen und aus dem Laden gezogen haben.“

Diggel selbst stand für ein Interview nicht zur Verfügung. Das verwundert nicht, ist doch bekanntgeworden, daß er Mitglied des Orden des Phönixordens ist. Vermutlich war er damals Anfang 1990 von Dumbledore zusammengefaltet worden, weil er überhaupt irgendwelche Hinweise auf Harry Potter gegeben hat. Schließlich war er einer der Zauberer, die von Dumbledore ausgenutzt wurden und ihm hörig waren. Und mit seiner Geschichte hat Diggel Dumbledores Plan gefährdet, Harry von der magischen Welt fern zu halten. Jetzt will Diggel offensichtlich seine Treue zum Orden und zu Dumbledore – obwohl dieser schon seit einem Jahr tot ist – beweisen und nichts von dem preisgeben, was er an möglicherweise finsteren Machenschaften weiß.

Das waren die beiden prominentesten Sichtungen. Andere Berichte waren so vage, daß sie gar nicht verwertbar waren. „Habe ihn damals mal gesehen, schon lange her, weiß aber nicht mehr, wann und wo“, ist noch die beste Antwort.

In dieser Situation mag ein durchschnittlicher Journalist aufgeben. Im Gegensatz dazu begreife ich derartig dünne Informationslagen nicht als Hindernis, sondern als Ansporn, das zu tun, wozu Journalisten da sind: Eigene Ermittlungen anzustellen!

Einen Ansatzpunkt hat Harry Potter selbst geliefert. Er hat sich unter seinen Mitschülern immer wieder ziemlich herabsetzend über seine Familie geäußert und dabei „Ligusterweg Nummer vier“ und „Little Whinging“ genannt.

Diese Adresse wird von Lucius Malfoy bestätigt: „Als ich und meine Familie gegen ihren Willen gezwungen waren, dem Dunklen Lord unseren Landsitz für seine Versammlungen zur Verfügung zu stellen, hatte ich auch Gelegenheit, Einzelheiten zu hören. Dazu gehörte auch, daß der Aufenthaltsort von Harry Potter während der Sommerferien thematisiert wurde. Das war selbstverständlich, denn wegen des Schutzzaubers mußte Potter einmal im Jahr in das Haus seiner Muggeltante zurückkehren, obwohl er – was ich sehr gut verstehe – nicht begeistert davon war, bei den Muggeln zu leben.“

Der weitere Ansatzpunkt ist natürlich Petunia Dursley selbst, ist doch allenthalben bekannt, daß Lily Potter eine Muggelschwester hat.

Es war schwieriger, mit den Dursleys in Kontakt zu treten, als zunächst gedacht. Wo soll man nach ihnen fragen? Welchen Ort soll man aufsuchen, um sie zu treffen? Schließlich ist bekannt, daß der Phönixorden die Dursleys unter seine Kontrolle gebracht hat, als Harry Potter untergetaucht ist. Ich war also gezwungen, mich an den Anhaltspunkt zu halten, den ich hatte: Die Adresse, an der Harry seit 1. November 1981 untergebracht war.

Es war der dritte Tag nach Harrys endgültigem Sieg über Den, dessen Name nicht genannt werden darf, als ich erstmals den Ligusterweg Nummer vier in Little Whinging, Surrey, aufgesucht habe. Allerdings öffnete beim ersten Mal niemand die Tür. Es liegt auf der Hand, daß ich deshalb sehr besorgt war, waren doch ziemlich viele Todesser geflohen und könnten auf Rache sinnen, auf Rache wenn schon nicht an Harry Potter, dann an jenen, die ihm bis Ende Juli 1997 ein Überleben und letztlich in diesem Jahr den endgültigen Sieg über ihren Herrn ermöglicht haben. Selbstverständlich habe ich mir sofort Zutritt zum Haus verschafft. Zu meiner grenzenlosen Erleichterung konnte ich aber feststellen, daß nichts passiert war. Vielmehr lag das Haus verwaist da.

Im Haus herrschte eine merkwürdige Atmosphäre. Da war zum einen natürlich ein gewisser Muff, der daher rührt, daß das Haus mehr als neun Monate lang nicht bewohnt war. Zum anderen hatten seine Bewohner aber auch sehr viel zurückgelassen. Es war noch sehr viel Kleidung da, in der Küche befand sich noch das ganze Geschirr und die Küchenausstattung, die vielen Geräte, die der Unterhaltung der Muggel dienen, waren ebenfalls noch vorhanden.

Aber es war auch deutlich, daß jemand vor mir dagewesen sein muß. Jemand, der nach etwas gesucht hat. Denn die Schränke standen offen, ihr Inhalt war teilweise herausgezogen worden. Der Jemand war offensichtlich an Informationen interessiert, denn jeder Schreibtisch im Haus – es gibt drei: einen großen im Elternschlafzimmer und zwei kleinere in den Kinderzimmern – war völlig ausgeleert worden.

Wieder ist es „Großbritanniens freigesprochenster Todesser“, der Hinweise gibt: „Der Dunkle Lord hat seinerzeit versucht, Potter bei seinem endgültigen Auszug aus dem Muggelhaus abzufangen. Ich betone noch einmal, daß ich nicht dabei war. Als das gescheitert war, hat er ein Kommando in Marsch gesetzt, das überprüfen sollte, ob der Zauber auf dem Haus gebrochen war. Und wenn das der Fall sein sollte, dann sollte das Kommando nach Hinweisen suchen, aus denen sich Potters möglicher Aufenthaltsort ergibt.“ Und das Ergebnis? „Nichts.“

Natürlich war mir schon bei meinem ersten Aufenthalt im Haus bewußt, daß meine Leser wissen wollen, wie Harry Potter gelebt hat, wie das Haus beschaffen war. Das ist für mich eine Zwickmühle, denn einerseits bin meinen Lesern verpflichtet. Andererseits bin ich immer bemüht, die Privatsphäre anderer zu achten und nicht auf dem Altar der Reportage um jeden Preis zu opfern. Dergleichen überlasse ich unseriösen Sensationsjournalisten. Letztlich mußte ich mich aber doch zugunsten einer gewissen Chronistenpflicht bekennen und schildere Harrys Lebensumstände bei den Muggeln unter möglichster Beachtung seiner Privatsphäre.

Das Haus ist, obwohl ein Einfamilienhaus, recht groß. Es ist zweigeschossig und liegt in einer Wohngegend, wie sie ein Zauberer kaum je betritt, denn sie ist ganz und gar auf die selbst mir nicht vollständig bekannten Bedürfnisse der Muggel zugeschnitten. Hier reiht sich Einfamilienhaus an Einfamilienhaus, wobei die Häuser völlig gleich aussehen. Jedes Haus verfügt über eine Einfahrt mit Garage dahinter. Dennoch stellen die örtlichen Muggel ihre Autos lieber vor der Garage auf der Einfahrt als in der Garage ab. Lediglich die Gärten, von denen die Häuser umgeben werden, sind etwas individueller gestaltet. Allerdings nicht sehr individuell, denn kennzeichnend ist bei allen Gärten ein penibel gemähter Rasen und die völlige Abwesenheit von Nutzpflanzen.

Lediglich der Garten der Dursleys stach hervor, jedenfalls bei meinem ersten Besuch. Er war vollkommen verwildert. Zuerst hatte ich gedacht, daß sich hier der magische Einfluß von Harry Potter ausgewirkt hätte, doch dann hatte sich Mrs Dursley beklagt, daß der Garten gelitten habe in ihrer Abwesenheit.

Im Haus befinden sich die üblichen Möbel, so daß daraus zu schließen ist, daß Muggel nicht wesentlich anders leben als wir, von gewissen Unterhaltungs- und Zerstreuungsgeräten einmal abgesehen. Jeder Zauberer kennt sicher die eigenartigen Kästen, die es in einigen Muggelläden zu kaufen gibt. Diese Kästen leuchten und zeigen sich bewegende Muggel, die Nachrichten verlesen, und bewegliche Szenen verschiedener Art, während doch Muggelbilder bekanntermaßen dadurch gekennzeichnet sind, daß sie sich überhaupt nicht bewegen. Diese Kästen stehen jedenfalls in den Schaufenstern und wurden schon von dem einen oder anderen Zauberer kopfschüttelnd betrachtet. Drei solcher Kästen befanden sich im Hause Dursley: Einer im Wohnzimmer, einer in der Küche und einer in einem der Kinderzimmer.

Dieses Kinderzimmer gibt übrigens gewisse Rätsel auf, denn dort stand eine merkwürdige Maschine, an der es Hebel, Seilzüge, Gewichte und Griffe gab, sonst aber nichts, was auf irgendeine Funktion hinwies, ein Produkt etwa, das damit produziert werden kann. Die Maschine wirkte auf mich, als sei sie nur dazu da, daß man daran zieht.

Von besonderem Interesse ist natürlich Harrys Zimmer. Nicht aus voyeuristischen Gründen natürlich, sondern um der genauen und richtigen Rekonstruktion der Ereignisse nicht zuletzt der Geschichtsschreibung willen. Schließlich wußte ich schon bei meinem ersten Besuch, welche Verantwortung auf meinen Schultern lastet: Da das Zimmer mit Sicherheit verändert werden wird, nachdem Harry nicht zurückkehren wird, werde nur ich der Nachwelt berichten können, wie der authentische Eindruck war, wie es ausgesehen hat.

Es war einfacher, Harrys Zimmer zu identifizieren als gedacht: Offenbar vor seinem Aufbruch hatte er verschiedene Sachen zurückgelassen, und dazu gehören Zauberbücher und Umhänge. Sie lagen weit verstreut im Zimmer, wobei ich nicht sagen kann, ob Harry so unordentlich ist wie sein Haar oder ob die Todesser auch hier gewühlt haben.

Harrys Zimmer ist das kleinere der beiden Kinderzimmer. Die Möbel, in denen der große und berühmte Held der Zauberwelt gewohnt hat, sind einfach. Vor dem Fenster, von wo aus man einen Blick auf die Straße und die Häuser gegenüber hat, steht ein simpler Schreibtisch mit einem Drehstuhl davor, auf dem Schreibtisch befindet sich eine Lampe. An die Wand rechts daneben ist das Bett gerückt, zwischen dem Bett und dem Schreibtisch findet ein Nachttisch Platz. An der Wand dem Fenster gegenüber stehen ein Schrank und ein Regal, an der Wand dem Bett gegenüber eine Kommode. Der Boden besteht aus Holzbohlen, auf denen, soweit ich sehen konnte, ein einfacher Teppich liegt.

Von den verstreuten Sachen abgesehen gibt es keine persönlichen Hinweise auf den Jungen, der hier gelebt hat. Keine Poster von Quidditch-Mannschaften, keine Fotos von Mitschülern, nicht einmal ein Wimpel der Hausmannschaft, in der Harry so lange als Sucher gespielt hat und deren Kapitän er schließlich geworden war. Geradezu mönchisch.

Man könnte den fehlenden Glanz als Beweis dafür nehmen, daß es Harry furchtbar schlecht getroffen hat mit den Muggeln. Doch um ehrlich zu sein, ist das Zimmer nicht nur mit allem Notwendigen ausgestattet, es ist auch größer als die Zimmer, die gleichaltrigen Jungen in Zaubererfamilien häufig zur Verfügung stehen. Hier drängt sich der Verdacht auf, daß Harry es übertrieben hat, wenn er berichtet hat, wie schlecht es ihm bei den Dursleys doch ging.

Eine Geschichte mußte ich aber noch überprüfen: Harry hatte unter seinen Mitschülern irgendwann mal erwähnt, zumindest zeitweise in einem Schrank unter der Treppe einquartiert gewesen zu sein. Ich habe diesen Schrank gefunden. Er war voller Schuhe und Schirme. Irgendeine Art von Bettstatt gab es dort nicht. Auch insoweit scheint Harry maßlos übertrieben zu haben.

Als ich jedoch einige Tage später noch einmal im Ligusterweg nachschaute, waren die Dursleys zurück. Zumindest Mrs Dursley stand für ein Interview zur Verfügung.

„Ich – wir wollten es ihm abgewöhnen“, gibt sie sich von Anfang an auskunftsfreudig. „Diese ganze schreckliche Zauberei. Diese Sache, wegen der wir ein fürchterliches Jahr hinter uns haben. Was hat es dem Jungen gebracht? Nichts als Scherereien.“ Man muß zugeben, daß das eine wirklich schwere Jugend für einen Zauberer gewesen sein muß. Harrys Geschichten scheinen nicht völlig aus der Luft gegriffen zu sein. Von daher ist es kein Wunder, wenn Harry sich schlecht behandelt fühlt.

Doch wie war Harry so als Kind? „Immer aufsässig“, berichtet Mrs Dursley. Nun, man mag es ihm nachsehen, daß er sich gegen die auflehnt, die ihn nicht zaubern lassen. Doch ist es wirklich nur das? Nein, sagt Petunia Dursley. „Er war ein regelrechter Spielverderber. Zum Beispiel als unser Sohn Dudley – er ist ungefähr in seinem Alter – Geburtstag hatte, es mag der fünfte gewesen sein oder sogar schon der neunte, ich weiß es nicht mehr, da hat Harry immer wieder versucht, bei allen Spielen zu gewinnen. Dabei wußte er schon damals, daß unser Dudley ein sensibles und verletzliches Kind ist. Er hat ganz gezielt versucht, den Geburtstag damit zu verderben.“

Hier zeigt sich schon ein Wesenszug, der leider immer wieder durchbrechen sollte: Harry Potters Ehrgeiz und eine permanente Neigung, im Mittelpunkt stehen zu wollen. Aber hat er sich wenigstens sonst zurückgehalten? „Als meine Schwägerin mal da war“, – von der noch im Zusammenhang mit Harrys drittem Hogwarts-Jahr zu reden sein wird, möchte ich einfügen – „hat er sich mit ihrem Hund angelegt. Ich hasse diese Viecher, aber hier hat es der Junge eindeutig übertrieben. Aber zum Glück hat der Hund Harry einen Baum hochgejagt. Geschah ihm recht, daß er dann auf dem Baum sitzen mußte.“

So langsam bekommt das Bild von den Muggeln, die Harry unterdrücken, Risse. Es mag schon sein, daß die Dursleys versuchten, ihn am Zaubern zu hindern. Aber hatte es Harry nicht selbst herausgefordert? Er war selbstsüchtig, gönnte einem Geburtstagskind nicht seinen Geburtstagsspaß und ärgerte unschuldige Tiere. Man möchte kaum glauben, daß aus diesem schwierigen Kind dereinst der selbstlose Kämpfer für die Muggelstämmigen, Hauselfen und die Zauberer im allgemeinen werden sollte.

Doch war Harry wirklich auch ein Kämpfer für die Muggel?

Eine Nebenbemerkung von Petunia läßt aufhorchen, und diese Bemerkung ist geradezu sensationell. „Dauernd hatten wir Ärger wegen ihm. Einmal kam er mit einem blauen Brief von der Schule nach Hause. Er hatte doch tatsächlich das Toupet seines Lehrers blau gefärbt“, entrüstet sich Harrys Muggeltante. „Von der Grundschule aus haben sie nur geschrieben, daß sie nicht wüßten, auf welchem Weg das passiert war, aber mir war es natürlich klar: Magie.“

Das ist schon ein anderes Kaliber als das, was Zaubererkinder sonst so an mehr oder weniger unbeabsichtigten Zeichen ihrer magischen Kraft zeigen. Während in jenen Fällen mal eine Blumenvase schwebt oder die Kinder für Muggel ganz erstaunliche Kletterkunststücke vollbringen, liegt im Fall des noch ganz jungen Harry Potter ein gezielter Angriff auf einen Muggel vor.

Und es geht noch weiter: Petunia Dursley beklagt sich auch, daß Harry nicht einmal vor seinen eigenen Verwandten Halt gemacht hat. „Es war an Dudleys elftem Geburtstag. Wir waren zusammen im Zoo. Er war auch dabei. Wenn man diesen Jungen einmal -“, sie betont dieses Wort, „- mitnimmt! Der Junge hat eine Scheibe von einem Terrarium weggehext und eine riesige, bösartige Würgeschlange auf Dudley gehetzt. Ein Wunder, daß mein armer Sohn überhaupt noch lebt.“

Dieser Angriff scheint für sich zu sprechen und dafür, daß hier ein Schwarzmagier am Werk war, der seine Zauberkraft ganz gezielt zum Quälen von Muggeln einsetzt wie ein... Todesser! Doch wollen wir nichts überstürzen. Da fehlt noch eine Stimme – die des Opfers.

Harry Potters gleichaltriger Cousin, Dudley Dursley, wenn auch Muggel, so doch immerhin selbst Neffe einer Hexe, ist ein großer, kräftiger und gutmütiger Junge oder, wie man jetzt wohl sagen muß, junger Mann. Zugleich ist er auch ein wenig schüchtern, wie ich ihn kennengelernt habe. Als ich mich als Hexe einer magischen Tageszeitung vorgestellt habe, wirkte er sehr vorsichtig und mißtrauisch. Ich mußte ihn außerhalb des Hauses ansprechen, denn als Mr Vernon Dursley, Harrys Onkel, nach Hause kam, hat er mich rausgeworfen und gebrüllt: „Verschwinden Sie! Ich habe die Nase voll von diesem Pack! Als ob dieses vermaledeite Jahr nicht schon schlimm genug gewesen wäre!“ Abschließend forderte er mich auf, auch ja seine Familie in Ruhe zu lassen.

Selbst wenn diese Worte darauf schließen lassen, daß auch Vernon Dursley unter Harrys Magie zu leiden hatte, verteidigt Dudley seinen Cousin: „Harry hat mich gerettet. Vor drei Jahren. Vor den Dementören.“ Er meint natürlich Dementoren, aber was soll man von einem Muggel erwarten. Es ist immer schwierig, mit ihnen zu kommunizieren.

Aber wie war das mit der Schlange? Nicht so schlimm, meint Dudley: „Die ist einfach abgehauen. Hat mir nichts getan. Und Harry hat es nicht mit Absicht gemacht. Damals wußten wir ja noch nicht, daß er ein Zauberer ist.“ Dieses „wir“ irritiert ein wenig, denn Tante und Onkel wußten natürlich von Harrys wahrer Natur. Das „wir“ kann sich daher nur auf Dudley und Harry selbst beziehen.

Wird Harry dadurch entlastet, daß er nicht wußte, daß er zaubern kann? Nicht wirklich, meint ein ungenannt bleiben wollender Zauberer der Gesellschaft gegen Schwarze Magie: „Zaubererkinder neigen in Situationen der Anspannung dazu, magisch auf sich selbst oder Gegenstände in ihrer unmittelbaren Nähe einzuwirken. Auch wenn die Anwendung von Magie nicht gezielt erfolgt, so spiegelt sie doch wieder, was diese Kinder wollen.“ Und da hat Harry mehr getan, als nur auf einen Gegenstand einzuwirken. Er hat dafür gesorgt, daß eine immerhin nicht ungefährliche Schlange in unmittelbarer Umgebung seiner Familie freigekommen war. Bedenken wir, daß â€“ und hier greife ich mir selbst vor – Harry Potter ein Parselmund ist. Und was seinen Muggellehrer angeht, hat er dafür gesorgt, daß er der Lächerlichkeit preisgegeben wurde, soweit das bei einem Muggel möglich ist. Es ist nicht auszuschließen, daß sich darin Harrys Gesinnung zumindest zu jener Zeit zeigt.

„Ich habe ihn immer geärgert, als ich noch nicht wußte, daß er ein Zauberer ist“, erzählt Dudley Dursley. „Und Mum und Dad haben ihn auch nicht gut behandelt. Haben ihn immer schlechter behandelt als mich.“

Dieses Eingeständnis rundet das Bild ab und macht es klar. Harry Potter hatte tatsächlich eine äußerst negative Einstellung zu den Muggeln – denken wir schon an die Versuche der Eheleute Dursley, seine Magie zu unterbinden – und lebte diese auch unbewußt aus, indem er seinem Lehrer das Toupet blau zauberte und indem er seinen Cousin Dudley entweder auf magische Weise mit der Schlange verschreckte oder ihm den Geburtstag vermieste. Aber er hat sich nicht gegen die Muggel gewandt, weil sie Muggel sind. Er hat sich einfach gegen diejenigen gewandt, die ihn schlecht behandelt haben – und ein Muggellehrer, der ganz sicher unterschwellig gespürt hat, daß er es mit einem Zauberer zu tun hatte, wird sich Harry gegenüber auch nicht gut verhalten haben.

Es ist Harry hoch anzurechnen, daß er von seinem damaligen Muggelhaß weggekommen ist. Nur einmal, im Sommer 1993, sollte er noch einmal einen Muggel schädigen. Davon wird noch die Rede sein. Doch danach war der Haß überwunden. Niemals wieder wurde berichtet, daß Harry einem Muggel ein Leid angetan hätte.

Mit dieser positiven Wendung könnten wir dieses Kapitel schließen, würde sich nicht eine Frage aufdrängen: Warum hat Dumbledore Harry den Dursleys geradezu aufgedrängt? Diese Frage wurde im vorangegangenen Kapitel scheinbar erschöpfend beantwortet. Doch ist da noch etwas?

Dumbledore wußte durch Berichte seiner „Untergebene“ Lily Potter, daß ihre Schwester Petunia Dursley, aber auch deren Ehemann Vernon Dursley, Magie und Zauberer aus tiefstem Grunde ablehnt. Er hat dennoch dafür gesorgt, daß die Eheleute Dursley nicht „nein“ sagen konnten, als es darum ging, Harry bei ihnen unterzubringen. Und er hat gewußt, daß die Dursleys Harry schlecht behandeln würden.

Es entsprach also nicht nur Dumbledores Kalkül, Harry durch die Weiterführung von Lily Potters Schutzzauber zu schützen und ihn außerdem für eigene Zwecke von der magischen Gemeinschaft zuverlässig fernzuhalten. Vielmehr gehörte es zum Plan von Dumbledore, daß Harry von seinen Muggelverwandten schlecht behandelt wurde, so schlecht, daß sich in Harry ein erheblicher Haß gegen Muggel aufbauen und Bahn brechen würde. Harrys unbewußte, oder sagen besser: unterbewußte Muggelmißhandlungen waren ein Zeichen dafür, daß der Plan aufging. Der angebliche Muggelfreund und -beschützer Albus Dumbledore war drauf und dran, heimlich, still und leise einen Muggelfeind heranzuziehen.

Wenn wir uns in Erinnerung rufen, daß Dumbledore einst mit Grindelwald Pläne entwickelt hat, die Zauberer aus ihrem verborgenen Dasein herauszuführen, den Muggeln ihren Platz in der neuen Ordnung zuzuweisen und selbst die Macht an sich zu reißen, dann wird offenkundig, wieso der Träger des Merlinordens erster Klasse Harry die harte Zeit bei den Dursleys, die selbst übrigens von Anfang lieber in Ruhe gelassen worden wären, zugemtutet hat. Man stelle sich nur vor: Ein Zauberer, an dem Der, dessen Name nicht genannt werden darf, gescheitert war, steht ausschließlich unter der Kontrolle des Mannes, der zuerst gemeinsam mit einem Freund die Macht an sich reißen und die Muggel niederwerfen wollte und der dann diesen Freund aus dem Weg geräumt hat – wäre ein solcher Zauberer nicht ein hervorragendes Werkzeug?

Die Möglichkeiten sprechen jedenfalls für diese Annahme. Harry war während seiner Zeit bei den Dursleys dem Einfluß der magischen Gemeinschaft zuverlässig entzogen. Dann wäre er nach Hogwarts gekommen, wo er sofort dem Zugriff Dumbledores ausgesetzt gewesen wäre und von diesem hätte geformt werden können. Wenn nicht Du-weißt-schon-wer wiedergekehrt wäre – oder nach dessen erneutem Sturz –, hätte Dumbledore den dann sicher populärsten und berühmtesten Zauberer des zwanzigsten Jahrhunderts für die Niederwerfung der Muggel einsetzen können. Großartiger Überzeugungsarbeit hätte es nicht bedurft, denn der Haß auf Muggel war in Harry schon gesät.

So stellt sich Dumbledores Eingreifen und seine Rolle bei Harrys zehn Jahre langem Verschwinden nicht nur als Schutzmaßnahme für einen armen Waisenjungen dar, sondern als Neuausrichtung eines alten finsteren Plans. Und dabei hat der angebliche Muggelfreund Dumbledore auch noch Muggel mißbraucht und selbst ins Unglück gestürzt: Die Dursleys nämlich.

Der Plan hätte aufgehen können. Harry hatte die Dursleys gründlich satt, und als er elf Jahre alt wurde, kehrte er in die magische Gemeinschaft zurück. Damit begann die nächste Phase von Dumbledores Plan: Die Formung von Harry.

Davon ahnte Klein-Harry jedoch nichts, als er in die magische Gemeinschaft zurückkehrte. Wie sich das gestaltete, wird nunmehr darzustellen sein.


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Twitter
HPXperts-Shop
DVD: Game of Thrones - 4. Staffel
[DVD] [Blu-ray]
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Moody ist ein Revolverheld mit Zauberstab. Er hat die Guten vor so vielen Dämonen bewahrt, dass er völlig durchgedreht ist.
Brendan Gleeson über seine Rolle