von ChrissiTine
10. Dezember: Weasleys Zauberhafte Zauberscherze
2021
"Daddy, wo sollen die kopflosen Hüte hin?" George Weasley schaute von dem Luftballon auf, den er zum Singen bringen wollte. Er hatte ihn schon mit einigen Sprüchen belegt, bisher hatte er aber leider nur geschafft, dass der Luftballon anfing zu bellen.
Wäre sein Bruder Fred jetzt hiergewesen, dann hätten sie es schon längst geschafft. Fred war immer besser gewesen, wenn es um die Feinheiten gegangen war. George hatte meistens die richtige Richtung gefunden, aber wenn ihr Produkt sich dann nicht genauso verhielt, wie sie es sich vorgestellt hatten, dann hatte fast immer Fred den Fehler gefunden, der Schuld daran war, dass es nicht funktionierte. Er hätte wahrscheinlich sofort gewusst, warum der Ballon bellte und nicht sang, während George jetzt wieder Tage daran herumtüfteln musste, warum es nicht klappte.
"Daddy?"
George runzelte die Stirn. Die Tür zu seiner Werkstatt war aufgegangen, aber es war niemand da. Erst auf den zweiten Blick sah er den kleinen Körper seiner zehnjährigen Tochter in der Tür stehen. Ihr Kopf war verschwunden. George musste grinsen.
"Roxy, du sollst unsere Produkte doch nicht tragen." Amüsiert schaute er zu, wie Roxanne den Hut von ihrem Kopf zog und ihr pechschwarzes Haar schüttelte. Sie grinste ihn schuldbewusst an.
"Entschuldige, Daddy. Ich wollte die Hüte aus dem Lager holen und dabei ist der runtergefallen und ich musste doch sehen, ob er noch funktioniert."
"Tja, er scheint zu funktionieren", erwiderte George und streckte die Hand nach dem Hut aus. Nach kurzem Zögern gab Roxanne ihm ihren Vater. Normalerweise hätte George seiner Tochter den Hut ohne Bedenken geschenkt, aber Angelina würde ausflippen, wenn Roxanne mit einem weiteren Scherzartikel nach Hause kam. Sie war jetzt schon der Meinung, dass das Haus viel zu voll mit dem Zeug war. "Die Hüte kommen ins mittlere Regal, genau über die unsichtbar machenden Handschuhe."
Roxanne nickte folgsam und verschwand wieder aus der Werkstatt, während George sich wieder dem bellenden Luftballon zuwandte. Er griff nach seinem alten Zauberkunstbuch aus der sechsten Klasse und suchte nach dem Spruch, den er gerade verwendet hatte. Vielleicht gab es noch einen ähnlichen, den er ausprobieren konnte. Sonst müsste er wohl oder übel seinen kleinen Bruder Ron fragen, ob der eine Idee hatte.
Nach Freds Tod hatte Ron ihm eine Weile im Laden geholfen. Er hatte nicht sein erfinderisches Geschick und ihm mehr schlecht als recht bei neuen Produkten helfen können, aber er hatte dafür gesorgt, dass der Laden am Laufen blieb, weil George selbst dazu wirklich nicht in der Lage gewesen wäre. Aber manchmal hatte Ron doch einen Geistesblitz gehabt, der dann auch tatsächlich funktioniert hatte. Vielleicht würde das jetzt auch so sein. Und wenn nicht, dann würde Ron wenigstens Hermine fragen, ob die nicht eine Idee hatte. Seine Schwägerin war zwar die Person, die in der ganzen Familie am wenigsten Spaß verstand, aber sie hatte ein erstaunliches Gedächtnis und erinnerte sich an Sprüche, die George schon längst vergessen hatte.
Vielleicht sollte er sich doch jemanden suchen, der ihm bei der Entwicklung neuer Produkte half. In den letzten Jahren hatte er deshalb häufig jemanden eingestellt, aber keiner war wie Fred gewesen und keiner hatte wirklich gute Ideen gehabt. Er hatte alle nach wenigen Wochen wieder gefeuert. Aber seine Nichte Lucy war mehr als entschlossen, bei Weasleys Zauberhafte Zauberscherze einzusteigen und sie war ein wirklich vielversprechendes Talent. George hätte es nicht für möglich gehalten, dass ausgerechnet Percys Tochter Freds Geschick geerbt haben sollte, aber so war es. In den letzten drei Jahren hatte er sie in den Sommerferien immer hier arbeiten lassen und sie sprudelte nur so über vor guten Ideen, die auch noch durchdacht waren (sie hatte wahrscheinlich auch ein bisschen von dem analytischen Verstand ihres Vaters geerbt). George war mehr als bereit, ihr eine Stelle zu geben und hätte sie auch schon jetzt eingestellt, wenn sie ihre Schulausbildung abgebrochen hätte (diesen Wunsch hatte sie schon mehrfach geäußert). Aber Percy war strikt dagegen und auch wenn er es nicht wollte, musste George ihm Recht geben, dass es vielleicht nicht die beste Idee war, die Schule hinzuschmeißen. Wenn sie eines Tages nicht mehr bei ihm arbeiten und sich etwas anderes suchen wollte, dann war es wirklich besser, UTZe vorweisen zu können, sonst konnte man es gleich vergessen.
Also musste er sich wohl oder übel noch über ein Jahr gedulden, bis Lucy hier arbeiten würde, denn sie war erst in der sechsten Klasse.
"Okay, ich hab alles eingeräumt", sagte Roxanne eifrig und kam wieder in die Werkstatt gestürmt. Sie betrachtete den Luftballon interessiert. "Kann er schon singen?"
George schüttelte enttäuscht den Kopf. "Leider nicht, Knallfrosch." Er legte ihr einen Arm um die Schulter, als sie ihre Arme um seine Körpermitte schlang.
"Kann ich dir helfen?", fragte sie aufmunternd.
"Schön wär's", seufzte er. Solange sie nicht zaubern konnte und die Hintergründe nicht verstand, würde sie ihm da leider keine Hilfe sein.
"Ich will doch später mal auch hier arbeiten", fuhr Roxanne fort. "Warum muss ich überhaupt nach Hogwarts? Ich kann doch gleich hier anfangen. Ich brauch die ganzen Noten nicht."
Es machte George unheimlich stolz, dass Roxanne schon so genau wusste, dass sie in seine Fußstapfen treten wollte, nachdem ihm klar geworden war, dass sein Sohn Fred es nicht tun würde. Es nahm es Fred nicht übel, dass er nicht so begeistert von Scherzartikeln war wie er und seine Tochter (irgendwo mussten die Gene seiner Mutter ja durchkommen) und würde auch nie versuchen, ihn trotzdem dazu zu überreden, diese Laufbahn einzuschlagen. Nichts war schlimmer, als wenn die Eltern etwas aus ihren Kindern machen wollten, was die nicht wollten. Er konnte sich noch sehr lebhaft daran erinnern, wie entschlossen seine Mutter gewesen war, dass er und sein Bruder Fred im Ministerium arbeiteten, obwohl es ihnen so überhaupt nicht lag und sie dort totunglücklich geworden wären. Man musste den Kindern ihre Träume lassen und ihnen auch erlauben, sie zu leben. Percy hatte das eingesehen, denn er bestand nur darauf, dass Lucy die Schule zu Ende machte und nicht darauf, ihre Berufswahl zu überdenken. Man sollte sie nicht zu etwas zwingen, was sie nicht wollten. Damit war keinem geholfen.
"Die Noten brauchst du vielleicht nicht", erwiderte George lächelnd. Hugo hatte auch keine guten Noten und trotzdem hatte George ihm versprochen, dass auch er später bei Weasleys Zauberhafte Zauberscherze anfangen konnte. Rons Sohn war ebenso ein Naturtalent wie Lucy. Die beiden würden unzählige Galleonen machen mit ihren vielen Ideen, und wenn später auch Roxanne mit von der Partie war, dann würden die drei nicht mehr zu stoppen sein. George sah es schon vor sich. "Aber du brauchst trotzdem das Wissen. Dein Onkel Fred und ich hätten noch so viele gute Ideen haben können, wenn wir nichts über Zaubertränke und -sprüche gewusst hätten, dann wären die Ideen nur Ideen geblieben und die kopflosen Hüte würde es heute nicht geben. Es tut mir Leid, Knallfrosch, du wirst leider nach Hogwarts gehen müssen. Außerdem dachte ich, du freust dich schon so darauf."
Seit Fred dieses Jahr nach Hogwarts gekommen war, konnte Roxanne es gar nicht mehr erwarten, ihrem großen Bruder dorthin zu folgen. Die beiden hatten eine sehr enge Beziehung und ihr Bruder fehlte ihr sehr.
"Ja schon", erwiderte Roxanne und verzog das Gesicht. "Aber ich finde Schule so langweilig. Und ständig muss man lernen. Ich würde lieber gleich hier arbeiten."
"Aber Schule ist doch noch so viel mehr als nur lernen", widersprach George. Das Lernen hatte den geringsten Teil seiner Schulzeit ausgemacht. "Du findest neue Freunde, erlebst spannende Abenteuer. Du kannst Quidditch spielen, Hagrid besuchen und die Geheimgänge ausprobieren. Und das Essen ist wirklich fantastisch. Du wirst viel Spaß in Hogwarts haben. Versprochen."
"Wirklich?", fragte Roxanne ungläubig.
"Natürlich", versicherte George ihr. "Ich habe es in Hogwarts geliebt. Es war eine super Zeit." Er würde sie um nichts in der Welt missen wollen. Es war die beste Zeit, die er mit seinem Bruder verbracht hatte. "Und du wirst es auch lieben. Da bin ich mir sicher.", fügte er überzeugt hinzu.
"Ich wünschte, ich wäre schon so alt wie Molly", seufzte sie sehnsüchtig. "Die ist schon fertig mit Hogwarts und heiratet den Mann ihrer Träume." Angelina und ihre Märchengeschichten. Die hatten Roxanne völlig verklärt. Für Georges Geschmack war Molly noch etwas zu jung, um sich wirklich schon so ernsthaft an einen anderen Menschen zu binden, aber warum sollte er ihr da reinreden? Die Kleine war stur wie ihr Vater, sie würde das durchziehen. Und wenn es letzten Endes ein Griff in den Kessel war ... jeder Mensch machte Fehler. Das konnte niemand verhindern.
"Freu dich lieber, dass du noch so jung bist", erwiderte er. "Nie wieder wird die Welt für dich so voller Möglichkeiten sein wie jetzt. Das solltest du unbedingt genießen. Du wirst noch früh genug erwachsen werden." Ginny war nur ein Jahr älter gewesen, als Riddles Tagebuch sie besessen hatte. Sie hatte ihre Kindheit verloren und nie wieder zurück bekommen. Genau wie ihre Unschuld. Sie hatte nie wieder so unbeschwert sein können wie vor dem Vorfall. Er war unendlich dankbar dafür, dass es seinen Kindern nicht so gehen würde. Sie konnten so lang wie möglich jung und unschuldig bleiben. Das wahre Leben würde früh genug auf sie warten.
Dafür hatten sie alle gekämpft. Dass ihre Kinder in Frieden leben und in Ruhe zu den Menschen heranwachsen konnten, die sie einmal sein würden. Und dafür war Fred gestorben.
/-/
2041
"Hey, Melanie", begrüßte George die junge Verkäuferin hinter der Kasse. Hugo hatte sie vor mehr als einem Jahr eingestellt. Sie war gerade fertig mit der Schule geworden und hatte noch nicht gewusst, was sie mit ihrem Leben anstellen sollte, also hatte sie erst einmal Geld verdienen wollen. Bisher hatte sie noch nicht gekündigt und alle waren ihr sehr dankbar dafür. Sie hatte eine Engelsgeduld und konnte wunderbar mit nervigen Kunden umgehen. Außerdem war sie ein Organisationstalent und hatte nach und nach den ganzen Laden umgeräumt. Sehr effektiv. Ihre Umsätze waren noch gestiegen.
"Guten Tag, Mr Weasley", erwiderte Melanie mit einem freundlichen Lächeln und wandte sich gleich darauf einer Kundin zu, die vor der singenden Weihnachtsdekoration stand und unetnschlossen die verschiedensten Dinge in die Hand nahm. "Kann ich Ihnen helfen? Suchen Sie nach etwas bestimmten?"
George schlängelte sich vorsichtig zwischen den vielen kleinen Kindern durch, die durch den Laden wuselten und auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk waren. Zu Weihnachten lief das Geschäft besonders gut. Nach mehreren Zusammenstößen erreichte er endlich die Tür, die zur Werkstatt führte. Er klopfte kurz an und trat ohne eine Antwort abzuwarten ein. Sofort trat er wieder einen Schritt zurück, als er einen lauten Knall hörte.
"Ich hab dir doch gesagt, dass das der falsche Trank ist!", fauchte seine Nichte Lucy. Ihre kurzen dunklen Haare standen in alle Richtungen ab und ihr Gesicht war rußverschmiert.
"Das ist der richtige Trank!", widersprach seine Tochter Roxanne genauso erbost. "Nur der Spruch, den du vorhin nicht wieder zurückgenommen hast, ist Schuld. Ich hab dir doch gesagt, dass du besser aufpassen sollst! Wir können es nicht gebrauchen, dass wieder jemand im Krankenhaus landet."
George war mehr als geschockt gewesen, als er gehört hatte, dass bei einem ihrer Experimente etwas so fundamental schief gelaufen war, dass Hugo mit lebensgefährlichen Verletzungen im Krankenhaus gelandet war und beinahe gestorben wäre. Die Krönung des Ganzen war gewesen, dass Hugos Freundin Clara durch den Stress auch beinahe noch ihr Baby verloren hätte. Es war letzten Endes alles gut gegangen, aber es war knapp gewesen. Seitdem hatten sie die Sicherheitsvorkehrungen bei ihren Experimenten um einiges verschärft, damit so etwas nicht noch einmal passierte, aber selbst der Beruf des Scherzartikelerfinders war nicht völlig gefahrlos. George konnte sich noch gut an die Furunkel erinnern, die er und Fred bekommen hatten, als sie ihre Nasch- und Schwänzleckereien damals in Hogwarts getestet hatten. Im Nachhinein war er wirklich beeindruckt davon gewesen, dass sie das Quidditchtraining durchgehalten hatten (und das auch noch mit Angelina als Kapitänin, das war eine Herausvorderung gewesen!).
"Ganz ruhig, Ladies", sagte er beruhigend, als er erkannte, dass das Gespräch zwischen den zwei Frauen durchaus in einen handfesten Streit ausarten konnte.
"Merlin sei Dank", hörte er Hugo seufzen. Überrascht schaute George in die Ecke, aus der Hugos Stimme gekommen war. Er hatte seinen Neffen gar nicht gesehen. George grinste. Es war bestimmt nicht immer leicht, mit zwei so sturköpfigen Frauen zu arbeiten wie Lucy und Roxanne. Aber sie waren ein gutes Team und hatten schon viele Erfolge verzeichnen können - zuletzt ein paar Schuhe, mit denen der Träger mehr als einen Meter über dem Boden schweben konnte.
"Machen sie's dir mal wieder schwer?", fragte George mitfühlend und klopfte Hugo auf die Schulter.
"Du hast ja keine Ahnung", erwiderte Hugo augenverdrehend und warf Lucy und Roxanne einen genervten Blick zu. "Die müssen beide PMS haben. Die streiten sich schon den ganzen Tag."
"Hey, wenn du besser mitarbeiten würdest, wäre das gar nicht notwendig!", sagte Lucy erbost. "Außerdem lenkt die Kleine da oben ziemlich ab."
George schaute nach oben und war sehr erstaunt, als er Hugos kleine Tochter Angela erblickte. Die Kleine saß auf einer Spieldecke und hatte einen Haufen Kuscheltiere um sich herum, mit denen sie friedlich spielte. Außerdem schwebte sie in einer großen Luftblase zwei Meter über dem Boden.
"Was in aller Welt ...?"
"Clara musste heute zu einer Kundin nach Hause und konnte Angela nicht mitnehmen. Also hab ich sie mitgebracht.", erklärte Hugo, als ob es keine große Sache wäre, dass seine elf Monate alte Tochter in einer Blase über ihren Köpfen schwebte.
"Und was macht sie da oben?", wollte George wissen.
Hugo zuckte mit den Schultern. "Da ist sie am sichersten. Die Blase ist unkaputtbar. Sie kriegt normal Luft zum Atmen, aber sonst kommt nichts durch. Keine Dämpfe, keine Gegenstände, nichts. Sie kann nicht runterfallen und sie kann nicht abhauen. Sie knallt nirgendwo dagegen und sie kriegt auch nichts gefährliches in die Finger." Es hatte sie alle geschockt zu hören, was mit Lilys Sohn Robert passiert war. Der Kleine war glücklicherweise völlig in Ordnung und schon wieder so munter wie immer, aber trotzdem ...
"Das klingt wirklich sehr sicher", sagte George beeindruckt. Warum hatte er nicht gewusst, dass es sowas gab? Er hatte so oft Fred und Roxanne hinterherjagen müssen, als die beiden noch Babys gewesen waren, dass er mehrere Kilo abgenommen hatte.
"Mum hat mir von dem Spruch erzählt", erklärte Hugo und zog seinen Zauberstab, als er hörte, wie Angela anfing zu weinen. Er richtete ihn auf die Blase und ließ sie zu sich herunterschweben. Als die Decke auf dem Boden war, ließ er die Blase mit einem Spruch platzen und beugte sich dann herunter, um seine Tochter hochzuheben. "Ich glaube, sie hat volle Windeln. Wenn ihr mich entschuldigen würdet" Er sah sehr glücklich darüber aus, dass er aus dem Raum verschwinden konnte. Manchmal war es wirklich besser, Windeln zu wechseln als Lucy und Roxanne beim Streiten zuzuhören.
"Also, was ist das Problem?" Roxanne hatte ihn heute morgen angerufen und gebeten, dass er doch hier vorbeikommen möge, um ihnen bei einem Problem zu helfen. Vor ein paar Jahren hatte er sich aus dem Geschäft zurückgezogen. Er dachte sich Scherzartikel aus, seit er fünfzehn war. Nach Freds Tod hatte seine Kreativität etwas gelitten, aber es hatte ihm trotzdem noch Spaß gemacht. Seine Kreativität hatte großen Aufwind bekommen, als nacheinander Lucy, Hugo und Roxanne bei den Scherzartikeln eingestiegen waren und es war wirklich super gewesen, mit so vielen kreativen Köpfen zusammen zu arbeiten, aber vor ein paar Jahren hatten seine Ideen ihn plötzlich verlassen. Ihm war nichts mehr eingefallen und er hatte keine Fortschritte mehr bei laufenden Projekten machen können. Er war in einem so kreativen Tief gelandet, dass er keinen anderen Ausweg mehr gesehen hatte, als sich für eine Weile komplett aus dem Geschäft zurückzuziehen. Er hatte sich Sorgen gemacht, was das für Roxanne, Lucy und Hugo bedeuten würde, aber die drei waren wunderbar ohne ihn zurechtgekommen. Er hatte damit angefangen, seine Frau Angelina auf ihren Reisen zu begleiten (sie war die Geschäftsführerin von der Organisation, der die Quidditchmannschaft Holyhead Harpies gehörte und besuchte jedes Match von ihnen), wozu er früher nie genug Zeit gehabt hatte. Es war sehr schön gewesen, wieder so viel Zeit mit Angelina zu verbringen und schließlich hatte er sich schweren Herzens entschlossen, nicht wieder so involviert zu sein bei Weasleys Zauberhafte Zauberscherze. Es war immer noch sein Laden, aber mit dem täglichen Geschäft hatte er nichts mehr zu tun. Allerdings stand er seiner Familie hier immer noch mit Rat und Tat zur Seite.
"Wir wollen so eine Babyblase entwickeln, wie Hugo sie für Angela hat", erklärte Roxanne ihm und warf sich ihre langen Haare über die Schulter. "Die ist ziemlich nützlich", das war sie allerdings, "aber der Spruch ist wahnsinnig kompliziert. Wir haben ihn nicht hingekriegt, den schafft nur Hugo." Da hatte Hugo ja viel mehr von Hermines Zaubertalent geerbt als George gedacht hatte. Er wusste, dass sein Neffe sehr begabt in Zauberkunst war, aber auch Lucy und Roxanne waren nicht gerade untalentiert auf dem Gebiet.
Lucy deutete auf die Blase, die vor ihnen auf dem Arbeitstisch schwebte. "Wir wollen sie so verzaubern, dass sie nicht wieder verschwindet und man die Babys einfach reinsetzen kann mit einem einfachen Spruch. Das ist viel einfacher als ein Laufstall und sowas wie das mit Robbie würde nicht passieren."
"Aber bisher hat noch nichts funktioniert. Entweder ist die Blase geplatzt oder verschwunden. Wir konnten noch nicht mal hineingreifen. Und Hugo ist sauer, dass er heute nicht zu Hause bleiben und auf Angela aufpassen konnte, weil er die Blase für uns ständig neu zaubern muss", fügte Roxanne hinzu.
"Er stellt sich viel zu sehr an", sagte Lucy genervt. "Seit Angela auf der Welt ist, ist er total verweichlicht." Sie verdrehte die Augen. "Nicht, dass er das vorher nicht schon gewesen wäre."
"Er ist fast gestorben und Vater geworden", widersprach Roxanne und nahm Hugo in Schutz. "Sowas kann einen verändern."
Das konnte es allerdings. George erinnerte sich noch daran, wie er sich gefühlt hatte, als er zum ersten Mal Fred im Arm gehalten hatte. Er hatte ein Verantwortungsgefühl gespürt, das er so bisher nicht gekannt hatte. Er war für ein anderes Menschenleben verantwortlich, ein kleines hilfloses Baby, das sich komplett auf ihn verließ. Das veränderte einen Menschen wirklich.
"Kann ich eure Notizen sehen?" Die drei waren viel sorgfäliger, als er es gewesen war. Sie hatten sich eine Flotte-Schreibe-Feder besorgt, die alles aufzeichnete, was sie taten. So konnte man jeden Schritt zurückverfolgen und nachvollziehen, was funktioniert hatte und was nicht.
Roxanne gab sie ihm und George überflog die zehn Seiten. Sie hatten schon einiges von dem ausprobiert, was er auch versucht hätte. Das würde ziemlich knifflig werden. Er zog seinen Zauberstab, griff nach einem der Zauberkunstbücher, die aufgeschlagen auf dem Tisch lagen und machte sich an die Arbeit.
"Woah!" Hugo trat einen Schritt zurück und presste seine Tochter schützend an sich, weil ihn ein lauter Knall begrüßte, als er die Tür zehn Minuten später öffnete. "Soll ich Angela lieber in Sicherheit bringen?", fragte er halb scherzend. Clara würde ihn umbringen, wenn der Kleinen etwas passierte. Und er würde sie alle umbringen, wenn ihr etwas passierte.
George schüttelte den Kopf. "Diese blöde Blase funktioniert ganz anders, als ich gedacht habe", sagte er ratlos. Bisher hatte sie sich noch überhaupt nicht so verhalten, wie er vermutet hatte. Und das schlimmste war, dass er den Spruch ebensowenig hinbekam wie die Mädels. "Kannst du nochmal eine herzaubern?"
Hugo grinste. Er setzte Angela wieder zurück auf ihre Decke und zog seinen Zauberstab. "Passt gut auf!", sagte er und warf den dreien einen amüsierten Blick zu. Er sagte den Spruch und vollführte eine komplizierte Handbewegung, die ihm seine Mum einige Male hatte zeigen müssen, bis er sie richtig hinbekommen hatte. Die Blase erschien wieder und er ließ Angela in die Luft steigen. Da oben war sie wirklich am sichersten bei dem ganzen Chaos hier am Boden.
"Zeigst du mir nochmal die Handbewegung?", fragte George nach. Er hatte bisher noch jeden Spruch hingekriegt, wenn er gewollt hatte. Der hier sollte wirklich kein Problem darstellen. Nach ein paar Versuchen hatte er es auch geschafft. Er wusste doch, dass es funktionierte. "Wo hat Hermine den Spruch überhaupt her?"
Hugo griff nach einem dicken Schinken, der unter den anderen Büchern vergraben war. "Professor Flitwick hat ihr das Buch vor einer Weile gegeben, weil sie für einen Fall recherchiert hat. Sie hat den Spruch zufällig gesehen und mir gezeigt."
George las die Anweisungen durch. "Wow. Da habt ihr euch aber wirklich was schwieriges ausgesucht", murmelte er kopfschüttelnd. Er krempelte die Ärmel hoch. "Da werden wir den ganzen Nachmittag dran arbeiten müssen."
Er hatte sich zwar aus diesem Geschäft zurückgezogen, aber die kleinen Ausflüge hierher machten ihm trotzdem Spaß. Es war ein schönes Gefühl, hin und wieder gebracht zu werden. Und er liebte Herausforderungen. Und wenn das hier keine Herausforderung war, dann würde er einen Besen fressen. Und die schmeckten wirklich nicht gut.
TBC...
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