von ChrissiTine
3. Dezember: So ein Theater
"Morgen, meine Süße" Scott White küsste seine Freundin Nymphadora Lupin auf die Wange und setzte sich neben sie. Er klaute einen Streifen Speck von ihrem Teller und biss ab. "Du bist heute aber schon früh auf."
"Ich hab gestern den Aufsatz für Astronomie nicht fertig gekriegt, weil ich so müde war.", erwiderte sie und brachte ihren Teller in Sicherheit. "Ich bin vor zwei Stunden aufgestanden, um ihn fertig zu schreiben." Sie seufzte. "Wer hätte gedacht, dass Astronomie in der sechsten Klasse so viel schwieriger wird?" Schon in der ersten Klasse hatte sie eine Leidenschaft für Astronomie entwickelt. Es war so unglaublich spannend, zu beobachten, was da oben im Himmel vor sich ging. Der einzige Nachteil war, dass der Unterricht immer um Mitternacht stattfand und sie sich deshalb mittlerweile dauermüde fühlte, besonders, weil bei den UTZ-Kursen der Unterricht zweimal in der Woche stattfand.
"Das wundert dich?", erwiderte Scott und strich ihr ein paar pinke Haarsträhnen aus der Stirn, die sie vergeblich mit pusten aus dem Weg hatte schaffen wollen. Er hatte sie schon unzählige Male gefragt, warum sie ihr Haar nicht einfach um ein paar Zentimeter kürzte, wenn es sie so störte - als Metamorphmagus war das schließlich kein Problem - aber sie hatte nur gemeint, dass es ihr so gefiel. "Dann solltest du mal Zaubertränke erleben. Wir wollen nach Weihnachten damit anfangen, den Vielsafttrank zu brauen. Hast du eine Ahnung, wie schwierig das wird? Professor Erlberg hat erzählt, dass bei einem der Schüler aus dem letzten Jahr sogar ein Kessel in die Luft geflogen ist!"
Dora lachte. "Und du glaubst, damit kannst du mich beeindrucken? Mein Dad könnte den Trank im Schlaf brauen. Und Großtante Hermine hat den Trank sogar mal in der zweiten Klasse gebraut. In der zweiten Klasse, Scott! Wenn eine Zweitklässlerin das schafft, dann wirst du großer starker Sechsklässer das ja wohl auch hinkriegen."
Scott verdrehte die Augen. "Mach mir nur Mut, Dora, mach mir nur Mut. Schlimm genug, dass ich mich am liebsten in der Abteilung deines Dads bewerben würde und er mich hasst, jetzt lässt du das auch noch so einfach klingen, dass ich wie der letzte Idiot dastehen werde, wenn ich den Trank nicht hinkriege. Der Mist macht ein Viertel meiner Gesamtnote aus!" Scott war ein großartiges Talent was Zaubertränke betraf (auch wenn er häufig daran zweifelte) und Dora hatte eigentlich gehofft, dass diese Tatsache ihren Dad besänftigen würde, aber auch nach sieben Monaten hatte er ihre Beziehung noch nicht akzeptiert. Aber vielleicht würde er sich ja in den Weihnachtsferien endlich Scott gegenüber erwärmen können. Das wäre zu schön.
Dora lehnte sich zu ihm und küsste ihn zärtlich. "Ich bin die letzte, die behauptet, dass Zaubertränke einfach ist", sagte sie besänftigend. Sie war zu der großen Enttäuschung ihres Dads in den ZAGs ganz knapp bei Zaubertränke durchgefallen. Sie hatte sich wirklich bemüht, aber es war nun mal einfach nicht ihr Ding. Sie hatte unbedingt gut in dem Fach sein wollen, weil ihr Dad schließlich einer der führenden Zaubertrankbrauer des Landes war und seine Forschungen auf der ganzen Welt sehr interessiert beobachtet wurden, aber sie war einfach nicht geschaffen für Zaubertränke. Ihr Dad hatte es akzeptiert, aber Leid tat es ihm trotzdem, das konnte sie ihm ansehen. Und ihr kleiner Bruder Remus erwies sich bisher auch nicht gerade als eine Leuchte in dem Fach. Deshalb würde Scott doch hervorragend in ihre Familie passen. Er hatte die gleiche Leidenschaft für Zaubertränke wie ihr Dad und darüber mussten sie einfach irgendwann einen Draht zueinander finden. "Du weißt, dass ich nicht mal einen Schrumpftrank hingekriegt habe."
"Dafür aber einen sehr guten Trank gegen Schluckauf", wandte Scott grinsend ein.
Dora schlug ihn auf den Arm. "Du weißt genau, dass ich das überhaupt nicht gewollt habe. Ich weiß auch nicht, wie aus dem Schrumpftrank dieser Trank gegen Schluckauf geworden ist. Ich hab mich genau an die Anweisungen gehalten!"
"Gut, dass du deinem Dad nie bei der Arbeit geholfen hast", erwiderte Scott neckend.
"Du sagst es", bestätigte Dora. Im Grunde war sie heilfroh, sich nicht mehr mit Zaubertränke herumschlagen zu müssen. Selbst wenn sie einen ZAG in dem Fach bekommen hätte, hätte sie den Kurs trotzdem nicht weitergemacht. So war es nur einfacher gewesen, es ihrem Dad zu sagen.
"Dora!" Überrascht drehte sie sich um, als sie ihren Namen hörte. Ihr Cousin Jeremy Cooper, der Sohn von Tante Molly, saß am Ravenclawtisch und bedeutete ihr mit wilden Gesten, zu ihm zu kommen. Sie verdrehte die Augen. Wenn er nochmal ihre Hilfe in Astronomie wollte ... das konnte er vergessen.
"Frag lieber, was er will", flüsterte Scott ihr zu. "Sonst hört er nicht auf zu fuchteln. Und wir haben keine Ruhe."
Seufzend stand Dora auf und ging zum Ravenclawtisch. Jeremy hörte sofort auf, wild zu gestikulieren. Trotzdem hatte er seine kleine Schwester Michelle schon an der Nase getroffen, die zu deren Entsetzen sofort anfing zu bluten. Wütend trat sie ihrem Bruder auf den Fuß. "Du Idiot!", zischte sie, während sie mit einer Serviette versuchte, die Blutung zu stillen.
"Ach komm, hör auf zu jammern. Meine Nase hat schon so oft geblutet, davon stirbt man nicht gleich.", sagte Jeremy uninteressiert und sprang auf. "Di!", rief er laut, als er sah, wie seine Cousine Diana Malfoy die Große Halle betrat. "Komm her!"
Dora hatte mittlerweile ihren Zauberstab gezogen. "Episkey!" Michelles Nasenbluten hörte sofort auf und sie nahm die mit Blut durchtränkte Serviette wieder runter.
"Danke, Dora", sagte sie erleichtert. "Ich wollte wirklich nicht gleich in der Früh zu Madam Pomfrey gehen."
"Kein Problem", sagte Dora schulterzuckend. Tante Rose hatte ihr den Spruch vor Jahren beigebracht. Er war schon häufig sehr nützlich gewesen.
"Was ist denn los, Jer?", fragte Diana verwirrt, als sie die kleine Gruppe erreicht hatte. "Ich hab Remus versprochen, dass ich heute am Gryffindortisch mit ihm esse."
"Der kann auch gleich herkommen", sagte Jeremy sofort und sprang jetzt auf die Sitzbank, damit er Doras kleinen Bruder Remus finden konnte. "Remus!", brüllte er durch die ganze Halle. "Komm her!"
Dora sah besorgt, wie Remus doch tatsächlich zu überlegen schien, Jeremy einfach zu ignorieren. Sie warf ihm den auffordernsten Blick zu, zu dem sie als große Schwester fähig war, damit er auch ja zu ihnen kam. Jeremy hatte mittlerweile sowieso schon die ganze Aufmerksam der Großen Halle auf sich gezogen. Und jetzt war die Zeit gekommen, in der die meisten Schüler zum Frühstück kamen. Sie konnte praktisch die ganzen Augenpaare fühlen, die sie neugierig beobachteten. Wenn die berühmte Weasley-Familie so ein Theater veranstaltete, dann musste wohl etwas aufregendes passiert sein.
Was Dora dazu brachte, sich zu fragen, was der Grund dieser Veranstaltung war. Es musste tatsächlich irgendwas passiert sein, wenn Jeremy so einen Lärm machte und alle Familienmitglieder, die in Hogwarts waren, zusammentrommelte.
"Was soll das denn?", fragte Remus genervt, als er schließlich auch ihren Tisch erreicht hatte. "Ich hab gerade noch das letzte Rührei bekommen." Er schaute über seine Schulter und erblickte seinen besten Freund Flynn, der sich über Remus' Teller beugte. "Wenn du das Ei auch nur anrührst, dann wirst du das bereuen, das schwöre ich dir!", rief er drohend. Schuldbewusst zog Flynn sich wieder zurück. "Also, was ist?", wandte sich Remus schroff an Jeremy. Dann fiel sein Blick auf Diana. "Wir waren doch schon vor zehn Minuten zum Frühstück verabredet.", sagte er vorwurfsvoll.
Diana schaute ihn entschuldigend an. "Ich hab noch meine Schlussfolgerung für den Verwandlungsaufsatz überarbeitet. Ich hab nicht auf die Uhr gesehen. Tut mir Leid."
"Ich verzeih dir, wenn ich abschreiben darf", sagte Remus großzügig. Dora verdrehte die Augen. Sie hätte etwas gesagt, wenn sie nicht genau gewusst hätte, dass Diana ihn nicht abschreiben lassen würde.
"Das ist doch jetzt völlig egal", unterbrach Jeremy die beiden. "Sind wir jetzt alle da?"
"Frank fehlt noch", wandte Michelle ein und schaute Jeremy böse an. Sie hatte völlig Recht. Wie konnte Jeremy nur seinen kleinen Bruder vergessen?
"Wo bleibt der Zwerg denn?", fragte Jeremy, dem Michelles Blick völlig entgangen war. Dora warf Scott einen flehenden Blick zu, aber der zuckte nur grinsend mit den Schultern und beobachtete das Spektakel weiterhin amüsiert aus der Ferne. Er mischte sich nur sehr ungern in ihre Familienangelegenheiten ein.
"Ich hab ihn vorhin im Gemeinschaftsraum gesehen", erwiderte Diana. "Er hat gesagt, er kommt gleich." Tatsächlich war Frank mittlerweile schon angekommen. Er hatte noch klatschnasse Haare, wahrscheinlich hatte er gerade geduscht. Als Erstklässler brauchte man eine Weile, bis man den Dreh raus hatte.
"Was ist denn hier los?", fragte er überrascht, als er den ganzen Auflauf sah. Erschrocken schaute er zu seinen großen Geschwistern. "Ist jemand gestorben?"
Dora hatte diese Möglichkeit noch gar nicht bedacht. Hoffentlich nicht. Ihre Urgroßeltern waren nicht mehr die Jüngsten ... Aber wenn dem so wäre, dann hätte Jeremy doch bestimmt kein solches Theater veranstaltet.
"Quatsch", erwiderte Jeremy und warf seinem kleinen Bruder einen verächtlichen Blick zu. "Es ist nichts schlimmes."
"Gut", hörte Dora Remus erleichtert seufzen, bevor er wieder ein lautes und warnendes "Flynn!" durch die Halle brüllte.
"Jetzt hör doch mit deinem blöden Rührei auf!", sagte Michelle genervt. "Du kannst was von unserem Tisch haben, wenn dein Leben davon abhängt." Sie hielt ihm eine Schüssel voll mit Rührei unter die Nase, die Remus perplex in die Hand nahm.
"Also was ist los?", fragte Dora Jeremy jetzt. Sie hatte sich so auf ein ruhiges Frühstück mit Scott gefreut. Anfangs hatte sie es zwar nicht so gesehen, aber mittlerweile wusste sie es sehr zu schätzen, dass sie die einzige aus ihrer Familie hier in Hufflepuff war. Dort hatte sie ihre Ruhe vor genau diesem Theater. Es war herrlich.
Jeremy hielt eine sehr schön verzierte Karte in die Luft. "Mum hat die mit der Post geschickt. Sie und Dad feiern ihren 20. Hochzeitstag und wollen, dass ich euch alle dazu einlade."
"Dafür holst du uns her?", fragte Remus ungläubig. "Du spinnst doch!" Er drehte sich auf dem Absatz um und ging mit dem Rührei wieder zurück zum Gryffindortisch.
"Hey!", rief Jeremy Remus hinterher und versuchte, Diana aufzuhalten, die ihrem Cousin folgte. "Was soll denn das?", fragte er verwirrt, als auch der Rest der Gruppe sich aus dem Staub machte. "Dora!", rief er ihr hinterher. "Warum verschwindet ihr alle? Freut ihr euch denn gar nicht?"
"Wir haben die Einladungen alle schon gestern bekommen", erwiderte Dora schulterzuckend. "Deine Eule muss sich wohl verflogen haben."
TBC ...
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