von Dreamcatcher
Wie eine Furie raste Hermine durch die Gänge, schlitterte um die Ecken, rannte ein paar Erstklässler um, brüllte der aus einem ihrer berühmten Nickerchen schreckenden fetten Dame („Bist du von Sinnen, junge Dame?“) das Passwort zu und erschien mit roten Wangen und zerzausten Haaren im Portraitloch.
Harry, der gerade mit einer Reisigschere seinen Feuerblitz gepflegt hatte, schnitt sich vor Überraschung in den Finger. Ron, der in einem Sessel und einer äußerst umständlichen Haltung, nur wenige Zentimeter mit der Nasenspitze von einem Stapel Hausaufgaben entfernt, eingedöst war, gab einen leisen Schnarcher von sich und knallte mit dem Kopf auf die Tischplatte.
„Au ... Hermine! Was ist los, hat dich irgendwas gebissen? Ich hoffe, es war ein Hauself!“
„Nein, Ron“, entgegnete Hermine schnippisch und ließ ihre aus allen Nähten platzende Tasche vor dem Kamin fallen.
„Wo warst du überhaupt?“, fragte Harry, während er sich ein Taschentuch um den linken Zeigefinger wickelte.
„In der -“
„Bibliothek“, ergänzte Ron. „Um diese Zeit? Hermine, es ist fast elf Uhr, du weißt, wann Ausgangssperre ist?“
„Es war aber wichtig“, entrüstete sich Hermine und schnappte sich ihre Waschtasche, die sie per accio-Zauber in den Gemeinschaftsraum kommandiert hatte. „Und jetzt entschuldigt mich bitte, ich brauche dringend ein Bad.“
Ron glubschte sie an, als wäre sie von Sinnen geworden.
„Ehem ...“
„Was?“
„Heute ist unser erster Schultag, und okay, wir haben massig Hausaufgaben aufgekriegt und so weiter, aber ... hey, du machst dich schon wieder total heiß deswegen, rennst für Stunden in die Bibliothek ...“
„Und was bitte ist daran falsch?“
„Hermine, es ist unser - erster - Schultag! Und du willst schon wieder ne Nachtschicht einlegen!“
Hermine funkelte ihn wütend an.
„Erstens, Ronald, solltest du auch mal mit dem Lernen anfangen. Du bist jetzt in der fünften Klasse und langsam solltest du bemerkt haben, wofür wir das alles hier machen. Zweitens, kümmer dich um deinen eigenen Kram. Drittens, sag mir jetzt sofort das Passwort zum Bad der Vertrauensschüler!“
Harry und Ron tauschten Blicke.
„Du warst doch im Vertrauensschüler-Abteil und hast dir die Passwörter aufgeschrieben!“
Hermine lief rot an.
„Sieh dir meine Tasche an - ich brauche mindestens eine halbe Stunde, um das Teil zu finden!“
„Okay okay“, erwiderte Ron hastig und machte eine abwehrende Handbewegung. „Das Passwort ist Limonenduft.“
„Fabelhaft!“, entgegnete sie, machte auf dem Absatz kehrt und rauschte durch das Portraitloch wieder nach draußen.
Hermine kam schlitternd vor der unauffälligen Tür im fünften Stock zum Stehen. Sie erinnerte sich, das Harry einmal von diesem Bad gleich neben der Statue von Boris dem Bekloppten geredet hatte.
„Limonenduft!“, sagte sie eilig. Alles, was sie sich jetzt nicht leisten konnte, war von Snape oder irgend einem anderen Lehrer aufgegabelt zu werden.
Die Tür öffnete sich und sie trat ein. Der Raum war groß und in schönen Farben gefließt. Die Meerjungfrau im farbigen Glasfenster, die bis eben noch mit ihrer großen Schwanzflosse gespielt hatte, warf ihr einen affektierten Blick zu und strich sich schwungvoll ihr goldenes Haar über die Schulter. Erleichtert stellte Hermine fest, dass das große Bassin noch bis oben mit Wasser und tänzelnden Schaumkronen gefüllt war - offenbar hatten ihre Vorgänger das Wasser nicht abgelassen. Vielleicht war das auch eine der unzähligen Aufgaben der Hauselfen, dachte sie erbost.
Sie nahm sich eines der flauschigen, weißen Handtücher vom Stapel, band sich ihre Haare hoch und schlüpfte aus ihren Sachen. Dann stieg sie die silberne Leiter hinunter und ließ sich seufzend zwischen den glitzernden Schaumbergen in das warme Wasser gleiten. Einige Sekunden lang lag sie mit geschlossenen Augen da und entspannte sich, als plötzlich jemand sagte: „Ich bin so umsichtig und mache des Anstands halber mal auf mich aufmerksam.“
Hermine riss die Augen auf. Diese Stimme kannte sie. Diese Stimme kannte sie nur zu gut. Das Blut gefror ihr in den Adern. Das durfte nicht wahr sein, das konnte es einfach nicht!
Wie vom Donner gerührt und langsam, so langsam, dass sich das Wasser um sie her kaum bewegte, drehte sie sich nach dem Urheber der Stimme um.
Ihre ungeheuerliche Vermutung bestätigte sich. Ihr Grauen wuchs. Nur wenige Meter neben ihr, halb von einem Schaumhügel verdeckt, die Arme lässig auf den Beckenrand liegend und das unverkennbare Blondhaar aus dem Gesicht gestrichen, befand sich ihre lebende Horrorvorstellung.
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Okay, das war eher ein potentielles Einstiegskapitel, ich hätte auch gleich mit der Tür ins Haus fallen können, aber ein paar Dinge mussten geklärt werden!^^
Über FB würde ich mich rieeesig freuen!
Dreami
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