von ChrissiTine
Valentinstag
"Ich hab zum ersten Mal Quidditsch gespielt, als ich fünf war. Auf einem Besen bin ich mit zwei Jahren zum ersten Mal geflogen."
"Mhm." Lily nickte desinteressiert und verfluchte im Stillen Sarah, dass sie sie überredet hatte, mit dieser quidditschfanatischen Schlaftablette Robert McRagert auszugehen - und das an einem Valentinstag. Seit einer geschlagenen Stunde saßen die beiden nun schon in den drei Besen. Lily hatte ihn überreden können, nicht zu Madame Puddifoot's Café zu gehen. Am Ende wäre er sonst nur auf falsche Gedanken gekommen, was Lily allerdings unbedingt verhindern wollte.
Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte Lily sich mit einem Buch im gemütlichen Gemeinschaftsraum vergraben und ihre Ruhe gehabt, aber nein, Sarah fand, dass sie James immer noch viel zu sehr hinterhertrauerte und sich endlich wieder auf andere Jungs konzentrieren sollte. Deshalb hatte sie Jack angeheuert, auf die letzte Minute ein Date zu besorgen und er hatte leider nur noch diesen Robert auftreiben können, eine sehr schlechte Wahl, wie Lily fand. Nicht mal die Maulende Myrthe hätte sich für diesen Jungen begeistern können - tot oder lebendig.
Und leider sah dieser Junge auch nicht gut aus, er hatte für sein Alter noch extrem viele Pickel und eine extrem scheußliche Brille, die ihm nicht halb so gut stand wie James seine Brille.
Da war er schon wieder. James. An was Lily auch dachte, immer noch tauchte er in ihren Gedanken auf. Und sie wusste nicht, was sie dagegen tun konnte, absolut nichts.
Und das jetzt die Tür des Pubs aufging und James Potter mit einem ziemlich deprimierten Gesichtsausdruck hereinkam, machte nichts besser.
"Potter ist ein ziemlich guter Sucher."
"Was?" Lily schreckte aus ihren Gedanken auf und starrte Robert an, der wohl ihrem Blick gefolgt war.
"Er ist ein ziemlich guter Sucher.", wiederholte Robert und nickte in James' Richtung.
"Ja, ich denke schon.", sagte Lily leicht verwirrt.
"Aber auch als Jäger war er sehr gut, nicht so gut wie ich, aber gut. Hab ich dir eigentlich schon erzählt, was mein persönlicher Rekord an Toren bei einem Spiel gewesen war?"
"Nein.", sagte Lily mit so einem uninteressierten Ton in der Stimme, dass sie sich wunderte, dass Robert überhaupt nicht merkte, wie sehr sie sich langweilte. Ihr Blick schweifte immer wieder - ob jetzt bewusst oder unbewusst war völlig egal - zu James. Er sah ziemlich traurig aus und so, als ob er diese Nacht kaum Schlaf bekommen hatte.
Die Trennung von Emily schien ihm ziemlich zugesetzt zu haben. Und dass das Ende ihrer Beziehung einen Tag vor dem romantischsten Tag des Jahres war, machte alles noch schlimmer. Bestimmt hatten die Beiden irgendetwas aufwendiges und tolles zu ihrem sehr wahrscheinlichen Date geplant, und jetzt war alles ins Wasser gefallen.
James tat Lily sehr Leid, wie er so einsam und verlassen bei seinem Butterbier an einem kleinen Tisch in der Ecke saß. Sie wünschte, sie hätte ihm helfen können, aber sie saß ja bei diesem extrem einschläfernden Quidditchidioten fest.
Sie seufzte.
"Ja, ich weiß, für uns aus Hufflepuff ist die Saison bis jetzt nicht gut gelaufen. Es ist sehr nett von dir, dass du Mitleid mit uns hast, normalerweise sind die Gryffindors ja nicht so.", sagte Robert lächelnd.
"Mhm." Lily nickte abwesend und beobachtete James weiter. Nach zehn Minuten stand er auf, zahlte sein Butterbier und verließ mit hängendem Kopf die drei Besen.
Und ihr reichte es jetzt auch. Entgültig. Dieser Robert hatte ihre Nerven genug strapaziert. Sie stand auf.
"Ich geh' mich mal eben frisch machen.", sagte sie zur Erklärung und ging in Richtung Toilette. Auf dem Weg traf sie auf Hagrid, der gerade den Pub verlassen wollte. Sie versteckte sich hinter ihm, was bei Hagrids Größe nicht besonders schwierig war und kam unbemerkt hinaus auf die Hauptstraße. Sie zog schnell ihren Umhang über. Es war schließlich erst Februar und noch ziemlich kalt.
Sie duckte sich und schlich an den drei Besen vorbei, damit Robert sie nicht zufällig entdeckte, der jetzt Madame Rosmerta zulaberte.
In Gedanken entschuldigte sich Lily bei der Frau, aber sie hätte keine weitere Minute darin ausgehalten, nicht, ohne ihn ordentlich zu verhexen.
Sie sah sich um. Wohin konnte James gegangen sein? Er wollte sicher nicht unter Menschen sein, also fielen alle Geschäfte schon einmal weg.
Die Heulende Hütte.
Das war eine gute Möglichkeit, dort könnte er womöglich sein.
Lily kuschelte sich fest in ihren warmen Mantel und machte sich auf den Weg zu dem schaurigsten Spukhaus Englands.
Und tatsächlich, da stand er. An einen Zaun gelehnt und mit leerem Blick auf die Hütte starrend.
"Hey!", rief sie gegen den Wind. Er hörte sie trotzdem und wandte den Kopf. Ein klitzekleines Lächeln erschien auf seinem Gesicht.
"Hi.", sagte er mit leiser Stimme.
"Was machst du hier oben?" Lily ging näher zu ihm.
"Nachdenken."
"Und über was?", fragte sie neugierig und lehnte sich neben ihm an den Zaun.
"Alles und nichts."
"Aha.", meinte sie. Beide schwiegen eine Weile und sahen zu der Hütte. Schwerer Schnee lag auf dem Dach und um das baufällige Gebäude waren sehr viele Spuren im Schnee zu sehen.
"Wie geht es Remus?", fragte das rothaarige Mädchen.
"Ganz gut. Er erholt sich gerade. Wenn Schnee liegt, wird er in der Nacht sehr übermütig. Und Padfoot schließt sich dann leider immer an. Er kann besser im Schnee laufen als ich, meine Hufe sinken sehr viel leichter ein als seine Pfoten.", erzählte James.
Lily nickte. Das war verständlich. "Und wie geht es Peter?"
"Üble Grippe. Er wurde in den Krankenflügel verlegt, weil es ihm so schlecht geht, dem armen Kerl."
"Und Sirius?"
"Nachsitzen. Hat es bei McGonagall mal wieder zu weit getrieben."
"Und Emily?" Lily konnte sich diese Frage einfach nicht verkneifen, sie wollte hören, wie James die Geschichte darstellte.
"Keine Ahnung.", sagte er bitter.
"Was?" Sie bemühte sich, einen überraschten Ton in ihre Stimme zu bringen.
"Wir haben uns gestern getrennt." Eine Traurigkeit schwang in James' Stimme mit, die sie vorher noch nie wargenommen hatte.
"Wie das?" Lily wollte unbedingt den Grund erfahren, warum sich eines der Traumpaare Hogwarts' trennen sollte.
"Sie hat mir nicht vertraut."
"Was!" Damit hatte sie nicht gerechnet.
"Sie hat mich am Donnerstagabend zu Remus gehen sehen und wollte wissen, wohin ich gegangen bin. Ich hab ihr gesagt, dass das einen Freund von mir betrifft und ich es ihr nicht sagen kann. Dann hat sie mir erzählt, dass sie mir nicht vertraut."
"Und warum sagst du ihr dann nicht einfach, was das Geheimnis von Remus ist?"
"Weil es sie nichts angeht."
"Aber wenn es deine Beziehung retten würde, würde es Remus bestimmt nichts ausmachen, wenn du es Emily erzählst." Lily wusste selbst nicht, warum sie das sagte, aber es tat ihr weh, schrecklich weh, James so leiden zu sehen und sie wollte ihm unbedingt helfen.
"Das kann ich Remus nicht antun. Er weigert sich strikt, es einem Mädchen zu erzählen, dass er sehr gerne hat, warum sollte ich es dann meiner Exfreundin sagen?"
"Weil dir etwas an ihr liegt?"
James nickte. "Es liegt mir sehr viel an Emily, aber es liegt mir noch mehr an meiner Freundschaft zu Remus. Er vertraut mir. Und selbst wenn er sagen würde, dass es ihm nichts ausmacht, wenn Emily es weiß, dann stimmt das nicht. Es macht ihm sehr viel aus, auch wenn er es wahrscheinlich nie zugeben würde. Und so traurig es auch klingt, ich glaube das ist mir diese Beziehung zu Emily nicht wert."
"Aber du vermisst sie."
"Natürlich tue ich das. Und es wird auch noch eine ganze Weile wehtun, aber auch das geht vorrüber. Ich hab es ja auch geschafft, über dich hinweg zu kommen.", sagte er leise.
"Wie hast du das eigentlich hingekriegt?", wollte Lily wissen. Diese Frage stellte sie sich nun schon seit Monaten.
"Keine Ahnung. Es heißt doch, die Zeit heilt alle Wunden. Wieso willst du das wissen?"
Lily wurde rot. "Nun ja... es gibt da einen... Jungen... ich versuche nun schon eine ganze Weile... über ihn hinweg zu kommen... und, na ja, bis jetzt... hat es noch nicht geklappt.", erklärte sie ihm stotternd.
"Ist es Robert?"
Lily sah ihn überrascht an. "Nein, der Typ war Sarahs Idee, und zwar eine von ihren schlechten. Der hat nur Quidditch im Kopf, für ihn scheint es nichts anderes auf dieser Welt zu geben."
Wieder erschien dieses kleine Lächeln auf seinem schönen Gesicht. "Jaah, seine Interessen sind tatsächlich etwas einseitig."
"Mehr als nur einseitig. Ich mag Quidditch, aber ich möchte mich doch nicht stundenlang mit einem Jungen nur darüber unterhalten. Und das am Valentinstag."
"Jaah, ihm fehlt irgendwo der Sinn für das Romantische. Ich wundere mich, dass er überhaupt mit dir ausgegangen ist."
"Das tue ich auch. Na ja, es war Sarahs Idee, die hat Jack dazu überredet, dass er Robert überredet. Ich wünschte sie hätte es gelassen, aber sie meint, dass ich mich zu sehr zurückgezogen habe.", erklärte Lily.
"Da hat sie auch Recht. So weit ich das beurteilen kann, jedenfalls.", meinte James. "Keine Sorge, du wirst auch irgendwann über diesen Jungen hinwegkommen."
Lily seufzte. "Das hoffe ich sehr."
"Das muss ja wirklich ein toller Junge sein, wenn du schon so lange versuchst, über ihn hinweg zu kommen."
"Das ist er wirklich."
"Und es besteht keine Möglichkeit, mit ihm zusammen zu kommen?"
"Ich hab's mal gehofft, aber er hat jetzt eine andere Freundin, da hätte ich keine Chance.", sagte Lily traurig.
"Das tut mir Leid." James sah sie mitfühlend an. Er wusste genau, was in ihr vorgehen musste, er hatte sich schließlich zwei Jahre so gefühlt, weil Lily ihn immer wieder abgewiesen hatte. Dann warf er einen Blick auf seine Armbanduhr. "Wir sollten zurückgehen, es gibt bald Abendessen. Und was sind wir denn für Schulsprecher, wenn wir zu spät kommen?" James versuchte ein Grinsen, dass ihm allerdings ziemlich missglückte.
Lily fühlte sich etwas besser, weil sie James dazu gebracht hatte zu lächeln, auch wenn es ein recht klägliches Lächeln war. Es hielt jedoch nicht lange an, denn als sie durchgefroren mit den anderen Hogwartsschülern in die Eingangshalle kamen, trafen sie auf Emily, die anscheinend genauso wie James unter der Trennung litt.
Die Brünette warf Lily einen wütenden Blick zu und rauschte in die Große Halle, mit Tränen in den Augen. James sah ihr traurig hinterher und Lily bemerkte Robert, der sich suchend umsah.
Schnell versteckte sie sich hinter James, der ziemlich erstaunt darüber war, dass die Schulsprecherin sich von hinten an ihn drückte. Aber er erblickte Robert ebenfalls und verstand Lilys komische Aktion.
/-/
Kurz darauf setzte sich Lily mit sehr erhöhtem Herzschlag neben Sarah auf die Bank.
"Na? Wie war dein Date mit Robert?", fragte Sarah neugierig.
"Langweilig.", antwortete Lily und nahm sich ein paar Bratkartoffeln.
"Und wieso grinst du dann so?"
"Ich hab mich eine Weile mit James unterhalten."
"Was?" Sarah hatte fast ihren Krug mit Kürbissaft umgestoßen, als sie sich abrupt zu ihrer Freundin umgewandt hatte.
"Na ja, er hat sich gestern von Emily getrennt und war allein in Hogsmeade. Und er sah verdammt traurig aus. Ich hab ihn einfach etwas aufgeheitert."
"Lily, du glaubst doch nicht etwa, dass du noch Chancen bei ihm hast, oder?", zischte Sarah Lily zu.
"Nein, ich wollte einfach... für ihn da sein.", antwortete sie.
"Das hoffe ich. Du steigerst dich sonst nur in etwas rein, weil du denkst, du könntest doch noch mit ihm zusammen sein. Ich dachte du bist schon über ihn hinweggekommen, jedenfalls ein bisschen."
"Bin ich auch. Könnten wir bitte das Thema wechseln?"
"Na schön.", meinte Sarah.
/-/
Am anderen Ende des Tisches saßen zwei der vier Rumtreiber und stocherten beide ziemlich missmutig in ihrem Essen herum. James, weil ihm die Begegnung mit Emily zu schaffen machte und Sirius, weil ihn die Strafarbeit bei McGonagall ziemlich geschafft hatte. Der Frau fielen auch immer neue Möglichkeiten ein, ihn zu quälen.
"Warum bist du eigentlich vorhin zusammen mit Evans aus Hogsmeade aufgetaucht, Prongs?", fragte Sirius.
"Wir sind uns zufällig begegnet.", erzählte James.
'Zufällig, hm?', dachte Padfoot leicht grinsend. Lily konnte manchmal ziemlich gerissen sein. Vielleicht hatte sie noch nicht alle Hoffnung für James und sie aufgegeben, und vielleicht war das auch ganz richtig so.
A/N: Und wie üblich wieder die Antworten auf eure Kommentare:
felix_feicies: Jeder hat das Recht, mal gemein zu sein. Ich gestehe, dass ich es in der FF auch bin. Du darfst also beruhigt sein.
PunkigesHarryPotterGirl: Die FF ist wie geschrieben schon beendet. Ich hab leider nur nicht sehr viel Zeit, die neuen Chaps online zu stellen, deshalb dauert es manchmal ein paar Tage.
Puttchen: Ja, da geb ich dir Recht, das würde Lily sehr aus der Bahn werfen. Aber ich denke ich kann dich beruhigen, eine Komplikation dieser Art wird nicht vorkommen.
Hanami: Es freut mich, wenn dich meine FF etwas aufheitert, selbst wenn das hier nicht die fröhlichsten Kapitel sind.
Tinco: Oh, so viel Lob, hab ich das überhaupt verdient? Ich bin schon ganz rot geworden. Vielen Dank, dass dir diese FF so gut gefällt, das freut mich wirklich. Die Schreibwut bei dieser FF wird mich aber nicht mehr packen, da ich sie schon beendet habe, nach elf Kapiteln, die jetzt nur nicht alle auf einmal kommen, wo würden denn sonst die Meinungen zu den einzelnen Kapiteln bleiben? Ich hab aber schon ein neues Projekt, das ich hier auch bald veröffentlichen werde, keine Sorge. Und bis das hie hier abgeschlossen ist, dauert es auch noch etwas. Also vielen, vielen Dank für deinen Kommentar, ich freu mich wirklich drüber.
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