von ChrissiTine
James' Erklärung
Lily nickte benommen.
James richtete sich mühsam auf und ging langsam die letzten Meter auf Lily zu. Er musterte sie, weiterhin besorgt.
"Bist du sicher, das es dir gut geht?", fragte er ein zweites Mal. Lily nickte wieder. Gedanken schwirrten in ihrem Kopf umher. Sie versuchte das eben erlebte zu begreifen, zu verstehen, aber das war gar nicht leicht für sie.
Sie wäre fast einem Werwolf zum Opfer gefallen, einem Monster, das frei auf dem Schulgelände herumlief. Sie sah immer noch diese scharfen Zähne vor sich, konnte immer noch diesen ekelerregenden Atem riechen. Sie schauderte.
Sie wäre jetzt tot, wenn der Hirsch nicht gewesen wäre.
Wenn James nicht der Hirsch gewesen wäre.
James.
James.
James war ein Hirsch, ein Animagus. Ein nicht gemeldeter Animagus.
Und er hatte sie gerettet. James Potter hatte sie gerettet. Vor einem Werwolf. Einem gefährlichen blutrünstigen Werwolf.
Wieder sah sie dieses Bild von dem Monster vor ihren Augen. Meinte immer noch das Heulen hören zu können. Sah immer noch den Speichel aus dem Maul tropfen und diesen Blick aus den gierigen bernsteinfarbenen Augen. Den Augen, die ihr so bekannt vorkamen. Genau wie die des Hirsches.
Der Hirsch war James. Die Augen, die ihr so bekannt vorgekommen waren, waren seine Augen gewesen. Die Augen von James. Die Augen, die sie mit besorgtem Blick musterten.
Wen kannte sie, der bernsteinfarbene Augen hatte? Ihr fiel niemand ein. Außer Remus. Aber Remus war nicht der Werwolf. Er konnte gar nicht der Werwolf sein. Das war Blödsinn.
Sie schüttelte leicht den Kopf, um ihren Gedanken Nachdruck zu verleihen.
"Es geht dir doch nicht gut?", fragte James sie.
"Nein.", murmelte Lily.
"Nein?", versicherte er sich.
"Doch.", antwortete Lily, die sich der Frage erst jetzt bewusst geworden war.
"Doch?", fragte James jetzt verwirrt.
"Doch. Es geht mir gut.", versuchte sie klar zustellen. Sie wollte aufstehen, aber plötzlich durchfuhr Lily ein starker Schmerz und sie zuckte zusammen.
James bemerkte das und beugte sich mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht über sie.
Erst jetzt bemerkte Lily, dass sich eine große Wunde über ihren Oberkörper zog. Ihre Bluse war praktisch zerfetzt und vollgesaugt mit Blut. Ihrem Blut. Nur ihr BH war ganz geblieben, allerdings trug auch er starke Spuren von Blut. Wenn er nicht dagewesen wäre, dann wäre es Lily jetzt sehr peinlich. Sie wäre praktisch halbnackt vor James Potter gewesen, obwohl, sehr viel angezogener war sie jetzt auch nicht.
Aber James schien gar nicht zu bemerken, dass das Mädchen seiner Träume mit fast nacktem Oberkörper vor ihm lag. Er musterte die Wunde und zog dann kurz entschlossen seinen Umhang aus. Lily hatte keinen an, sie trug nur ihre Bluse, dass heißt, sie hatte sie getragen, denn jetzt war sie ja in ihre Einzelteile zerlegt worden.
Nachdem James seinen Umhang ausgezogen hatte, begann er damit, sein weißes Hemd aufzuknöpfen.
Lily beobachtete ihn verwirrt. "Was soll das denn?" Er sah sie kurz an und machte weiter.
"Du hast eine üble Wunde. Man sollte sie verbinden, bevor du hier noch verblutest.", erklärte er sachlich. Er legte sein Hemd ab und zu Lilys Erstaunen trug er nichts darunter.
Sie starrte auf seinen Oberkörper und fühlte sich wieder wie gelähmt. Sie fühlte, wie ihr das Blut in die Wangen kroch und wollte sich zwingen wegzusehen, aber sie konnte nicht.
Sie sah seinen braungebrannten Oberkörper und seine Muskeln, die sie bei jeder Bewegung von ihm genau erkennen konnte. Er war von Kratzern und kleinen Blutspuren übersäht, aber das störte den Gesamteindruck keineswegs. Ein Schauer lief ihr über den Rücken und sie konnte jetzt genau verstehen, warum so viele Mädchen in Hogwarts sagten, dass James gut aussah. Er sah verdammt gut aus, und selbst das kam Lily noch wie eine Untertreibung vor.
Ein Kribbeln machte sich in ihrem Bauch breit, als sie seine warmen Hände auf ihrer Haut fühlen konnte. Sie hatte gar nicht wahrgenommen, dass er ein Stück von seinem Hemd abgerissen hatte.
James hatte eine Hand auf ihren Rücken gelegt und versuchte sie nun vorsichtig aufzurichten.
Lily stöhnte vor Schmerz, hielt aber tapfer durch. Erst jetzt konnte sie den starken Schmerz fühlen, der sich rasend schnell in ihrem Körper ausbreitete, genau wie dieses Bauchkribbeln, das sie verspürte, seit er sie berührt hatte. Und wieder war sie froh, noch ihren BH zu tragen.
James nahm sich einen Streifen seines Hemdes und wickelte es sanft um ihren Bauch und ihre Rippen, da, wo sich die Wunde befand. Auch der weiße Stoff sog sich voll mit roter Flüssigkeit.
"Autsch.", entfuhr es ihr, als James etwas stärker auf diese Stelle drückte.
"Entschuldige.", murmelte er. Lily erschauderte, als sie seine Stimme hörte. Was war bloß los mit ihr? Das konnte nur der Schock sein, der sie zu diesem Verhalten veranlasste.
"Moony hat sich aber ganz schön gehen lassen.", sagte James leise, als er noch einen Blick auf ihre Wunde warf.
Da war er schon wieder, dieser Name. Und diesmal regte sich etwas in Lilys Gehirn. Sie hatte diesen Namen heute schon einmal gehört. Beim Frühstück. Sie hatte in der großen Halle in der Nähe von Sirius und James gesessen.
"Kannst du mir mal den Kürbissaft reichen, Moony?", hatte Sirius gefragt. Und Remus hatte genickt und ihm den Krug gereicht. Moony. Also verbarg sich hinter diesem Namen doch Remus. Dann musste er der Werwolf sein. Es gab keine andere Erklärung. Alle Rumtreiber bis auf Remus waren heute Nacht losgezogen, nur er hatte gefehlt, und wenn die ganze Gruppe etwas unternahm, dann fehlte er nie.
Außerdem war er häufig krank, sehr viel öfter als andere Schüler. Jeden Monat, fiel Lily jetzt auf, und wenn sie es überprüfen würde, wäre klar, dass es immer zum Vollmond so war.
Also war Remus der Werwolf. Der ruhigste und vernünftigste des Quartetts war ein Werwolf, barg eine Bestie im Inneren, hätte sie heute fast getötet.
Aber er konnte nichts dafür, dessen war Lily sich sicher. Sie erinnerte sich daran, in der dritten Klasse gelesen zu haben, dass Werwölfe zu Vollmond nie Herr ihrer Sinne waren. Dass sie nach ihren animalischen Trieben handelten. Und Remus hatte es sich sicherlich nicht ausgesucht, ein Werwolf zu sein, wenn er denn einer war.
"Remus war der Werwolf, oder?", fragte Lily leise und sah James in die Augen. Dieser blickte sie überrascht an und nickte langsam.
"Woher weißt du davon?", wollte er wissen.
"Ich bitte dich, James. Das war doch ziemlich offensichtlich", behauptete Lily. "Er war immer zu Vollmond krank. Und heute sind nur du, Black und Pettigrew aus dem Schloss gegangen, obwohl ihr meistens zu viert auftretet. Und Moony.", fügte sie noch hinzu. Das musste nicht erklärt werden, James hatte sie genau verstanden.
Langsam erkannte Lily Wut in seinen haselnussbraunen Augen, die sie sich aber nicht erklären konnte. Warum sollte James wütend sein? Und auf was?
"Du bist uns also gefolgt?", fragte er sie langsam. Lily nickte, sie vermutete wage, in welche Richtung sich das ganze entwickeln würde.
"Bist du dir eigentlich im Klaren, wie gefährlich das Ganze war? Er hätte dich töten können."
"Ich habe ja nicht ahnen können, dass ihr unterwegs zu einem ausgewachsenen Werwolf wart.", verteidigte sich Lily.
"Wieso bist du uns eigentlich gefolgt?"
"Ich habe euer Gespräch gestern am See mitangehört und dachte mir, dass ihr sicher ein paar Regeln brechen wollt und ich wollte euch aufhalten." Das stimmte zwar nicht ganz, war Lily aber lieber, als zugeben zu müssen, dass sie einfach nur neugierig gewesen war.
"Ach, und da hat sich unsere Miss Regelfanatisch dazu entschlossen, uns hinterher zu schleichen, selber ein paar Regeln zu brechen, übrigens, obwohl sie nicht wusste, was wir vorhatten, und sie sich eigentlich denken konnte, dass es gefährlich wird?", sagte James eine Spur lauter. Es war auch einfach nur verantwortungslos, was Lily getan hatte.
"Ja, ganz genau, dazu hat sich die Miss Regelfanatisch entschlossen. Du bist Schulsprecher, James, Schulsprecher! Du solltest anderen ein Vorbild sein und sie nicht noch zum Regelbrechen anstiften."
"Warum sollte ich? Du bist Vorbild genug für uns beide. Und wenn ich mich nicht täusche, dann hast du genauso viele Regeln gebrochen wie ich."
"Oh, nein, James. Ich bin kein nicht gemeldeter Animagus. Ich habe vielleicht gegen die eine oder andere Schulregel verstoßen, aber ich habe nicht das Zauberergesetz gebrochen."
"Und was hätte ich den Paragraphenheinis bitte sagen sollen? Hallo, ich möchte ein Animagus werden, damit ich meinem Freund, dem Werwolf beistehen kann, obwohl ich eigentlich nichts davon wissen darf?" James und Lily wurden bei jedem Satz lauter.
"Das wäre doch schon mal ein Anfang gewesen. Denn was ihr tut, war illegal. Ihr könntet in Askaban landen, wenn das jemand heraus findet."
"Ach, willst du uns etwa verraten, Evans?" James' Stimme hatte einen aggressiven Ton angenommen.
"Das wäre vielleicht das Beste, Potter. Vielleicht würde euch das endlich klar machen, dass ihr nicht mit allem durchkommen würdet." Lily sah ihn entschlossen an. Ihr war gar nicht aufgefallen, dass sie wieder ihre Nachnamen benutzten.
"Das würdest du nicht tun.", meinte James plötzlich sehr leise. Im Vergleich zu ihrer vorherigen Lautstärke konnte man es sogar als Flüstern bezeichnen.
"Ach, und wieso nicht, Potter? Traust du mir das nicht zu? Wenn das so ist, dann hast du dich aber gewaltig geschnitten.", sagte Lily in unverminderter Lautstärke.
"Weil es Remus bloßstellen würde.", sagte James ruhig.
"Was?", fragte sie verwirrt. Dieser Satz hatte sie aus dem Konzept gebracht.
"Ich weiß, dass du mich und Sirius nicht magst und uns für aufgeblasene Idioten hälst, aber ich dachte du magst Remus."
"Was hat Remus mit der ganzen Sache zu tun?"
"Er ist der Grund, warum wir Animagi geworden sind. Und wir müssten ihn als Grund nennen, und genau das wollten wir verhindern. Es würde bekannt werden. Es würde bekannt werden, dass wir Animagi sind. Sowas macht schnell die Runde. Und dann würde auch jeder wissen, warum wir das sind. Und Remus möchte nicht, das jemand von seinem Geheimnis erfährt, und das wäre zwangsläufig so."
"Aber warum will er nicht, dass man erfährt, was er ist?"
"Lily. Jetzt bist du aber naiv. Glaubst du, wenn alle wissen würden, dass Remus ein Werwolf ist, dass sie in ihm dann noch den Menschen und nicht nur die Bestie sehen würden?"
Lily schüttelte halbherzig den Kopf, aber ihr war klar, dass James Recht hatte.
"Und du hast in Remus auch, direkt nachdem du es herausgefunden hattest, das Monster gesehen."
"Nein.", sagte Lily leise und viel zu schnell, sie wusste, dass James wusste, dass er mit dieser Vermutung ins Schwarze getroffen hatte. Sein nächster Satz bestätigte es.
"Oh doch, und du weißt es auch."
"Aber wirklich nur im ersten Moment. Remus bleibt Remus, ob er jetzt einmal im Monat zum Werwolf wird oder nicht.", sagte sie, um sich und auch Remus zu verteidigen.
"Lily, ich weiß das und ich weiß auch, dass du es weißt. Das musst du mir nicht extra sagen. Aber die Sache ist nun mal die, dass es viele andere Menschen nicht wissen. Und die werden sich auch nicht die Mühe machen, Moony kennen zu lernen, weil sie nicht bereit sind, in ihm den Menschen zu sehen."
"Aber das kann man doch gar nicht wissen!", brauste Lily auf. Was war das denn für eine Einstellung?
"Remus weiß es. Er hat diese Erfahrung sehr oft gemacht. Er ist ein Werwolf, seit er mit vier Jahren gebissen wurde, und die Reaktionen auf diese Tatsache waren eindeutig. Deshalb verheimlicht er es auch. Weil er nicht will, dass die Leute wissen, was er ist und ihm nur noch in Angst und Schrecken begegnen."
"Aber so vereinsamt man doch schrecklich. Und man verliert das Vertrauen in die Menschen."
"Ich sage nicht, dass seine Einstellung richtig ist. Ich versuche dir nur zu erklären, wie sie ist. Anfangs hat er nicht mal uns vertraut."
"Das wundert mich gar nicht.", murmelte Lily.
"Hey!", rief James, gespielt beleidigt. "Er hätte uns besser vertrauen sollen. Denn als Sirius sein Geheimnis herausgefunden hatte, hätte es beinahe tödlich für ihn geendet."
"Was?" Lily sah James erstaunt an. "Wie das?"
"Er ist Remus einmal gefolgt, bis zu Heulenden Hütte. Dort hat er mitbekommen, wie er sich verwandelt hat und ist ihm gerade so entwischt. Unterwegs ist er noch auf mich gestoßen. Am Ende sahen wir sehr viel schlimmer aus als du jetzt."
"War das damals in der zweiten Klasse, als du und Sirius so verletzt wart und allen erzählt habt, dass ihr es beim Duellieren etwas übertrieben hattet?", erinnerte sich Lily. James nickte.
"Was hätten wir den sonst erzählen sollen? Und Madame Pomfrey ist wirklich super. Hat keine Fragen gestellt, aber das tut sie eigentlich nie."
"Woher weißt du das?"
James lächelte verschmitzt. Lily erschauderte. "Wir hatten schon die eine oder andere Verletzung und sie hat nie irgendwelche Fragen gestellt."
"Das war wahrscheinlich auch besser so. Sonst wärt ihr sicher schon von der Schule geflogen."
"Bestimmt schon mehr als fünfzig Mal.", bekräftigte James.
"Ich frage lieber nicht wieso."
"Das ist auch besser. Und nur zu deiner eigenen Sicherheit.", nickte er. Langsam begann James zu frösteln und sah sich nach seinem Umhang um. Sein Hemd hatte er fast verbraucht, um Lily zu bandagieren. Sie warf noch einen Blick auf seinen Oberkörper. Erst jetzt besah sie sich die Wunden genau.
"Dich hat er aber auch ganz schön erwischt."
"Hä?" James sah auf und bemerkte Lilys Blick. "Die sind nicht schlimm. Ich hatte schon sehr viel schlimmere. Er hatte es auf dich abgesehen. Wenn ich ein Hirsch bin tut er mir nichts."
"Und wieso tut er dir als Hirsch nichts?"
"Weil ein Werwolf Tieren grundsätzlich nichts tut, außer er wird wirklich von ihnen angegriffen."
"Aha.", nickte Lily und versuchte es zu verstehen. James hatte inzwischen seinen Umhang in der Dunkelheit wieder gefunden und sah zu ihr.
"Willst du ihn haben?" Sie hatte außer der Bluse nichts angehabt. Aber Lily schüttelte den Kopf.
"Du hast schon dein Hemd geopfert. Und dir muss kalt sein." James winkte ab.
"Ich bin vom Quidditch her abgehärtet. Unsere früheren Kapitäne haben uns gezwungen, bei Wind und Wetter zu trainieren, als von daher..." Er hielt ihr den Umhang hin aber sie schüttelte entschlossen den Kopf. Er hatte ihr schon ihr Hemd gegeben, sie wollte nicht, dass er halbnackt durch das Schloss lief, weil er ihr seine Kleidungsstücke gegeben hatte, und das obwohl sie sich ganz alleine in diese Situation gebracht hatte.
"Na schön." James seufzte ergeben und zog sich seinen Umhang an.
"Wieso seid ihr eigentlich Animagi?", fragte Lily jetzt. James hatte zwar nicht gesagt, dass Pettigrew und Black welche waren, aber ihr war klar, dass es so sein musste. Warum sonst wären heute alle drei zu Remus gegangen?
"Was meinst du?"
"Ein Animagus zu werden ist verdammt schwierig. Ich hab Professor McGonagall in der dritten Klasse gefragt, als wir das Thema durchgenommen haben, und sie hat mir gesagt, dass sie fast ein Jahr dazu gebraucht hat."
James nickte. "Es war auch verdammt schwierig. Wir haben drei Jahre dazu gebraucht, es zu lernen."
"Und warum? Nur weil es illegal ist, kann nicht der Grund gewesen sein, auch wenn das bestimmt seinen Reiz hatte, wie ich euch kenne. Aber drei Jahre sind eine verdammt lange Zeit."
"Wem sagst du das? Aber ich hab es dir doch schon erklärt. Remus greift keine Tiere an. Also können wir als Tiere bei ihm sein."
"Aber warum solltet ihr als Tiere bei ihm sein? Das macht doch keinen Sinn.", fragte Lily zweifelnd.
"Oh doch, Lily, es macht Sinn. Ist dir nie aufgefallen, wie zerkratzt Remus früher immer zurückgekommen ist, nachdem er einmal im Monat verschwand?" Lily schüttelte den Kopf. "Ist auch kein Wunder. Du hast dich nicht mit Remus beschäftigt. Das soll kein Vorwurf sein.", fügte er noch hastig hinzu, als sie protestierend den Mund öffnete. "Wir hätten es wahrscheinlich auch nicht bemerkt, wenn er nicht unser Freund gewesen wäre."
"Aber wie könnt ihr ihm denn nun helfen?", wollte Lily wissen. James kam vom Thema ab.
"Der natürliche Trieb eines Werwolfs ist, andere Menschen zu verletzen und zu beißen. Das ist so und das kann man nicht abstellen. Vielleicht wird es in ein paar Jahren ein Mittel dafür geben, es laufen bereits Forschungen im Mungos, aber momentan gibt es einfach kein Mittel für einen Werwolf, das einem die Verwandlung irgendwie leichter machen würde. Und da Remus diesen natürlichen Trieb als Werwolf nicht ausleben kann, also keine anderen Menschen beißen und verletzen, beißt und kratzt er sich selbst. Du musst wissen, dass Remus eigentlich die Heulende Hütte nicht verlassen darf, um nicht Gefahr zu laufen, auf andere Lebewesen zu treffen. Und je älter er wurde desto schlimmer wurden seine Verletzungen. Er sah jeden Monat schrecklicher aus, also haben wir nach einem Weg gesucht, ihm zu helfen. Wir haben unzählige Bücher gewälzt, bis wir auf eines gestoßen sind, in dem stand, dass Werwölfe andere Tiere nicht verletzten und sie wahrnehmen konnten. Und wir wussten, dass Remus uns auch als Menschen, und zwar als seine Freunde wahrnehmen konnte, aber er konnte uns nur soweit wahrnehmen, dass ihm irgendwo in seinem Gehirn etwas gesagt hat, dass er uns kennt. So ähnlich hat er das jedenfalls geschildert. Und dann haben wir in der Bobliothek zufällig eines über Animagi gefunden. Menschen, die sich in Tiere verwandeln, aber deren Gehirn auf menschlicher Basis bleibt und die nadere Tiere normalerweise sofort als Zauberer erkennen. Und wenn das der Fall war, dann konnte uns Remus als Werwolf auch erkennen. Und seitdem wir dieses Buch gefunden hatten, haben wir verbissen versucht, Animagi zu werden, weil wir Remus so helfen konnten."
"Deshalb habt ihr in der dritten Klasse alle Fragen von Professor McGonagall beantworten können, obwohl so viel überhaupt nicht in dem Lehrbuch stand." Lily konnte sich endlich einen Reim auf diese Geschichte machen.
"Ja, sie war ganz schön misstrauisch und hat uns nach dem Unterricht sogar einmal gefragt, woher wir das Ganze wussten. Ich glaube sie hat vermutet, dass wir etwas in dieser Art vor hatten. Aber beweisen konnte sich nicht und ich denke, dass sie nicht geglaubt hat, dass wir es tatsächlich hinbekommen würden."
"Das hätte ich auch nicht geglaubt.", sagte Lily. "Das ist wahnsinnig schwierige Magie. Ich hätte nicht geglaubt, dass ihr sie tatsächlich beherrscht."
"Wir hätten auch aufgegeben, wenn es nicht für Remus gewesen wäre. Er hat immer so fürchterlich gelitten. Er hat zwar nichts gesagt, aber sein Gesichtsausdruck, wenn er am Tag nach Vollmond wieder gekommen ist, war Erklärung genug."
"Und Remus hat nicht versucht euch davon abzubringen? Ich hatte nicht den Eindruck, dass er vom Regelbrechen so angetan war."
James lachte auf. "Nein, Moony ist fast so ein wandelndes Regelbuch wie du. Er hätte es niemals gutgeheißen, dass wir etwas so illegales tun. Deshalb haben wir es auch heimlich getan. Ich meine, es auch vor Remus verheimlicht.", erklärte James. Das sie es heimlich taten, war ja klar, das Ministerium hätte sonst sehr scharf reagiert. "Wir wollten Moony nicht enttäuschen, falls es nicht klappen sollte. Aber es hat geklappt. Und seit wir bei seinen Verwandlungen dabei sind, oder sagen wir mal, kurz darauf zu ihm kommen, hat er sich nicht mehr selbst verletzt."
"Aber warum?" Lily war das irgendwie suspekt.
"Weil er unsere Anwesenheit spüren konnte. Weil wir ihn daran erinnert haben, wer er war und nicht was er war. Sein Gehirn war nicht mehr komplett ausgeschaltet, er hat in gewisser Weise Kontrolle über sein Handeln, deshalb hat er sich nicht mehr so verletzt wie vorher, und seit wir die Heulende Hütte verlassen und durch den Wald ziehen, hat er sich überhaupt nichts mehr getan, da er Ablenkung genug gehabt hat."
"Aber das ist doch trotzdem sehr gefährlich. Was, wenn ihr jemandem begegnet wärt?"
"Bis jetzt war das noch nie der Fall. Um diese Zeit treibt sich normalerweise kein Schüler mehr hier rum. Und selbst wenn, du siehst ja, dass wir ihn aufhalten konnten." Lily nickte.
"Aber es ist trotzdem gefährlich.", beharrte Lily. Jetzt nickte James.
"Aber es hilft Remus. Es macht ihm das Leiden leichter. Es macht ihn auch nicht so verzweifelt. Und würdest du Remus nicht helfen wollen? Du bist in gewisser Weise auch ein Freund von ihm, ihr versteht euch doch gut."
"Ich würde ihm schon gerne helfen wollen.", stimmte Lily zu.
"Siehst du, Lily. Und wir können ihm helfen. Außerdem passen wir schon auf, dass nichts passiert.", versicherte James ihr. Es war natürlich immer noch leichtsinnig. Und bis jetzt war noch nie etwas passiert, bis auf die Sache mit Snape. Aber das hatte einen anderen Grund, und von dem Ganzen sollte Lily wohl besser nicht wissen. "Und du kannst Remus helfen, indem du sein und unser Geheimnis für dich behällst." James sah Lily ernst an. Sie nickte.
"Ich schwöre, dass ich euer Geheimnis für mich behalten werde.", sagte sie in würdevollem Ton. Sie wusste, dass sie es tun würde, für Remus und auch irgendwo für James. Dieser nickte befriedigt.
In diesem Moment hörten sie ein Rascheln aus dem Unterholz und sahen in die Richtung, aus der es kam.
Ein großer struppiger Hund kam auf sie zugerannt und blieb hechelnd vor Lily und James stehen. Auch er begann sich zu verändern und in der nächsten Sekunde kniete ein atemloser Sirius Black vor ihnen.
--------------------------------------------------------------------------------
A/N: So, das war das nächste Kapitel. Das Gespräch ist wirklich so ähnlich geworden, wie ich es mir vorgestellt habe:
Am Anfang stand Lily unter Schock und hat James einfach machen lassen, dann sind sie in ihr altes Verhaltensmuster gefallen und haben sich ganz kurz etwas gestritten, aber durch James Ernsthaftigkeit haben sie schnell wieder damit aufgehört. Denn wenn es um seine Freunde geht versteht James keinen Spaß mehr und er hat Lily alles so ausführlich erklärt, weil er nicht wollte, dass sie das Schlechte in Remus sieht, weil sie wusste, dass Remus und Lily eine Art freundschaftliche Beziehung hatten und er diese nicht kaputtmachen wollte. Außerdem hegt er noch gewisse Sympathien für Lily.
Also ich muss sagen, ich hab noch nie so viele Kommentare nach zwei Kapiteln für diese FF bekommen, ich bin wirklich gerührt. Es freut mich, dass sie euch allen anscheinend gut gefällt und hoffe wirklich, dass auch die nächsten Kapitel wieder euren Erwartungen entsprechen.
Und wieder meine Antworten auf eure Kommentare:
hedwig_nr1: Mir gefällt das zweite Kapitel auch besser als das erste. Ich muss hier gar nicht mehr weiterschreiben, ich hab die FF schon vor ein paar Monaten abgeschlossen, aber weil ich diese Seite entdeckt habe, wollte ich wissen, was ihr hier so von ihr haltet und es freut mich, dass sie euch zu gefallen scheint.
judy: Ich stimme deiner Rede wegen Sirius und James als Machos zu, ich mag es auch lieber, wen sie schon etwas erwachsener rüberkommen, schließlich war Voldemort zu ihrer Zeit auf dem Höhepunkt seiner Macht und sie können ja wohl nicht nur Unsinn im Kopf gehabt haben, obwohl sie manchmal natürlich schon noch Blödsinn gemacht haben.
marsali: Ob makaber oder nicht, ich hab genau die gleiche Meinung und ich liebe auch solche Stellen, wo insbesondere Lily das Geheimnis der Freunde herausfindet, deshalb ist das auch der Ansatz dieser FF, ich mag es einfach, auch besonders dann, wenn die Freundschaft der vier zum Vorschein kommt.
rachelhp: Ich mag solche Stellen auch, deshalb hab ich dem Problem auch mehrere Kapitel gewidmet. Und ich hab die FF schon abgeschlossen, das heißt, dass ihr nicht sehr lange auf ein neues Kapitel warten müsst. Und es freut mich, dass dir meine FF gefällt.
Anso: Hey, wir treffen uns auch schon auf den verschiedensten Seiten. Es freut mich, dass du mir auch hier einen Kommentar geschrieben hast und dass dir mein Schreibstil und meine FF gefällt. Tja, Lily ist eben neugierig, aber das passt denke ich gut zu ihrem Charakter und jetzt sieht sie halt mal, was sie davon hat.
felix_feicies: Oh, du hast Gänsehaut bekommen? Jetzt fühl ich mich aber geehrt, denn genau das wollte ich auch erreichen. Und das mit dem im anderen Licht sehen war ebenfalls meine Absicht, denn die FF heißt ja es gibt mehr als wir sehen und Lily sieht momentan in James nur den Angeber. Mit diesem Kapitel wollte ich erreichen, dass sie auch mehr sieht, deshalb der Name der FF.
jesse: Oh Mann, ich werd ja ganz rot bei dem ganzen Lob, es freut mich, dass ich eine gewisse Spannung habe aufbauen können. Ja, es war knapp, aber eigentlich war ja klar, dass nichts passiert, denn sonst hätte ich mir den rest der FF schenken können. Aber es freut mich, dass ich anscheinend die richtige Stimmung rübergebracht hab, wenn du schon dem ersticken nahe bist.
Lyra18: Ja, das war haarscharf, aber wo bliebe denn sonst die Spannung? Und wozu sind die Jungs denn da, wenn nicht dafür, unschuldige Leute vor Remus' Schicksal zu bewaren. Aber er hat ja selbst gesagt im dritten Buch, dass er seinen Freunden manchmal fast entwischt wäre. Das war eben eine von vielen solcher Erlebnisse. Es freut mich, dass du dich schon auf die nächsten Kapitel freust.
Dúril: Ich hoffe, dass ich dich nicht enttäusche. Aber danke für dein Lob, ich versuche meistens die Geschichte richtig zum weiterlaufen zu bringen. Freut mich, dass es dir gefallen hat.
Feuerflügel: Es freut mich, dass sie dir gefällt und ich hoffe, dass das Kapitel und auch die nächsten deinen Anforderungen gerecht werden.
Drachenbeinchen: Es freut mich, dass dir die FF gefällt und auch mein Schreibstil und eben alles. Wenn ich mal etwas mehr Zeit hab, werd ich mir auch deine FF anschauen.
Babse: Schön, dass es dir gefallen hat, ich hoffe bei diesem Kapitel ist es auch so.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel