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Fanfiction

Lack of Revolution - Weihnachten in der Abstellkammer

von astala7

21. Weihnachten in der Abstellkammer

24.November 1993, 16:47 Uhr
Gringotts, Verlies 016

„Bist du verrückt!? Schick mich bloß nicht dahin! Da werde ich garantiert zu Kleinholz verarbeitet!“
„Manchmal muss man eben Opfer bringen“, meinte Cale selbstsicher. „Es ist schließlich Krieg.“
„Aber du kannst doch nicht einfach- He! Das ist unfair!“
„Und tschüss!“
Harrys Dame schlug den meckernden Bauer gnadenlos nieder und fegte ihn vom Spielbrett. Eilig nahm Cales Turm seinen Platz ein.
„Schach“, verkündete der Werwolf stolz.
Harry verzog unglücklich das Gesicht, als seine Figuren eine Schimpftirade über ihn herließen.
„Echt mal, ich hoffe wirklich, dass du niemals ein Heer anführen musst“, höhnte Jasmin, kurz bevor der Jungvampir schachmatt gesetzt wurde.
„Du hättesssst den Springer nehmen müssssen!“, meinte Gomorrha selbstgefällig. Die Schlange, welche inzwischen auf die Länge eines Kurzschwertes angewachsen war, in das sie sich auch verwandeln konnte, lag neben dem Zauberschachspiel und kaute genüsslich auf einem Pferd herum, dass sich schreiend vor ihren Giftzähnen zu retten versuchte.
„Unssssinn, wenn er die letzten drei Züge mit der Dame gemacht hätte, hätte er noch ssssiegen können“, protestierte Sodom, was allerdings kaum hilfreicher war.
„Hat jemand mal noch einen Haargummi?“, fragte Jasmin von der hinteren Ecke des Raumes aus. Cale winkte ein Mal mit seinem Zauberstab – ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk von Harry – und verwandelte einen zerschlagenen Turm in einen hässlichen, flauschig-rosa Haargummi. Harry versuchte ihm jetzt schon seit einer Woche die Grundlagen des Zauberns beizubringen, die er aus Mangel an Schulbildung nie gelernt hatte. Außer Tränke und Kräuter, in denen er wiederum sein Wissen an ihn weitergab, war der Werwolf nämlich in Magie absolut unbewandert.
„Tut mir leid“, meinte er an die junge Vampirin gewandt, die ihre Gruppe erweitert hatte, seit sie sich den Zwielichtigen mehr oder weniger freiwillig angeschlossen hatte, „ist nicht besonders schön geworden.“
„Macht nichts“, entgegnete sie und fing ihn auf. „Das ist schließlich der Sinn der Sache.“
Gomorrha schnaubte leise. „Kannsssst du mir noch einmal erklären, warum ihr Jassssmin lauter kleine Zöpfchen in Sssssoloms Haar flechten lassssst?“
Tatsächlich verbrachten Harry und Jasmin – und Cale, wenn der zu Besuch kam - den Großteil ihrer Freizeit inzwischen in Soloms Verlies (sehr zum Missfallen des besorgten Sirius) und spielten Zauberschach, Snape explodiert oder andere Zauberspiele. Manchmal unterrichteten sie sich hier auch gegenseitig. Harry lehrte Zaubersprüche, Jasmin Selbstverteidigung und Cale Theorie der Tränke und Pflanzen.
Sie hatten gehofft, dass ihre Anwesenheit, ihre Späße und gelegentlichen Kommunikationsversuche Solom irgendwann aufwecken würden. Doch der hing immer noch genauso steif und teilnahmslos in seinen Ketten wie am Anfang. Nicht ein Wort hatten sie aus ihm herauskriegen können.
Deswegen war Jasmin, die diese Schweigsamkeit absolut nicht verstehen konnte, dazu übergegangen, ihn zu ärgern. Am Anfang hatte sie ihn nur beleidigt. Dann hatte sie jedoch einmal den Fehler gemacht, schlecht von Gomora zu reden, woraufhin sie spontan in Flammen aufgegangen war. Das war das erste Lebenszeichen, das sie von dem Veela erhalten hatten. Leider war es kein positives, weswegen Jenande trotzdem darauf bestand, dass er blieb wo er war. Seitdem beschränkte sich Jasmin jedenfalls darauf, ihm kleine Zöpfe in sein inzwischen schulterlanges Haar zu flechten.
Gerade wollte Harry seinen Schlangen diesen Umstand noch einmal erklären – da öffnete sich die Tür zum Verlies. Was schon selten genug vorkam. Dann kam Sirius herein – was erst recht seltsam war. Seit ihrem hässlichen Streit nach der Schlacht um Askaban hatten sie sich immer weniger gesehen. Hauptsächlich deshalb, weil Sirius mit seinen Werwölfen alle Pfoten voll zu tun hatte. Allerdings hieß 'weniger' in diesem Fall trotzdem 'täglich', nur eben nicht stundenlang. Und Harry hatte seinen Paten heute früh schon einmal gesehen.
„Was gibt’s?“, fragte er ihn.
Sirius warf noch einen misstrauischen Blick nach hinten, wo der Wächterdrache schnaufte, bevor er eilig näher kam.
„Probleme“, erwiderte er düster.
Jasmin sah lediglich kurz von ihrer Arbeit auf, doch Cale erstarrte mitten in der Bewegung, als er die Figuren neu auf dem Schachbrett postieren wollte.
„Der Orden hat Remus gefangen genommen. Sie halten uns alle für Todesser und es liegt an dir, sie vom Gegenteil zu überzeugen.“ Sirius drehte einen flachen Gegenstand in den Händen hin und her. In letzter Zeit war er ständig angespannt, aber so nervös hatte Harry ihn selten erlebt.
„Das ist... Also, das sollte eigentlich ein Weihnachtsgeschenk für dich sein. Ist ein Spiegelpaar, das James und ich oft benutzt haben, wenn wir in unterschiedlichen Räumen nachsitzen mussten. Ein bisschen wie Flohreisen mit dem Kopf, nur dass man seine Position nicht verändert und der Spiegel kommt auch durch so ziemlich alle Schutzzauber durch, also... Jedenfalls hat Remus gerade die andere Hälfte abgeholt.“
Harry nahm den Spiegel entgegen und strich einmal ehrfürchtig über den silbernen Rahmen. Dann aber konzentrierte er sich, als er in dem Spiegel doch tatsächlich Remus' statt sein Bild sah.
„Wow, dieses Teil ist ja klasse!“, rief er aus, als der Wolf in dem Spiegel ihm zuwinkte. Er sah müde, aber erleichtert aus.
„Darf ich den jetzt schon haben?“, fragte Harry strahlend an seinen Paten gewandt.
Der zuckte mit den Schultern. „Wenn du willst... Ich... Also, es tut mir leid, dass ich dir nichts von Askaban erzählt habe. Ich hielt es einfach für zu gefährlich.“
Sirius sah ihn unsicher an und Harry verstand nicht, warum er jetzt wieder damit anfing. Bisher hatte Sirius sich nur gerechtfertigt, aber das war das erste Mal, dass er eine Entschuldigung hörte. Das freute ihn – er hielt den Zeitpunkt nur nicht gerade für angemessen, wenn Remus gefangen war.
„Es war trotzdem falsch, dich anzulügen. Und letztendlich hast du uns ja doch geholfen, ich meine, wenn du Luca nicht überzeugt hättest...“ Er stockte. „Ich weiß, dass ich weiß Gott nicht gerade der beste Pate bin. Ich sollte viel mehr Zeit für dich haben und...“
„Sirius, was ist los?“, fragte Harry, damit er endlich aufhörte, so einen Unsinn zu reden.
Der Werwolfanführer ließ die Schultern hängen. „Ich meine nur... Wenn du zurück willst, kann ich das verstehen.“
Harry starrte ihn an. Und dann den Spiegel. Und dann wieder ihn.
„Du denkst, ich will zurück“, vergewisserte er sich dann noch einmal. „Zurück nach Hogwarts?“
Er zuckte mit den Schultern. „Da sind doch alle deine Freunde.“
„Hey! Und wassss ssssind wir?“, fragte die grün blitzende Schlange vom Boden herauf.
„Gomorrha hat recht“, bekräftigte Harry, obwohl er natürlich der Einzige war, der sie hatte verstehen können. „Ich habe... Ich habe jetzt Cale und Jasmin. Und ich kann Solom doch nicht allein lassen. Und dich. Und Luca. Scheiße, wenn ich den allein lasse, bringt deine Freundin ihn doch noch irgendwann um.“
Sirius lächelte schief. Jenande stand mit den Vampiren gerade ziemlich auf Kriegsfuß. Sie hatte Luca nicht verziehen, dass der ihre Mädchen bei Askaban hatte im Stich lassen wollen.
Harry schüttelte lächelnd den Kopf. „Mir gefällt es hier, Sirius. Und mal ganz im Ernst: Ich bin nicht blöd. Ich weiß, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis der Krieg ausbricht. Voldemort ist hinter mir her und damit sind alle meine Freunde in Gefahr. Ron und Hermine sind in Hogwarts in Sicherheit – aber hier brauchen meine Freunde mich.“
„Und es sind Freunde, die sich wenigstens auch selbst zu helfen wissen“, schnaubte Jasmin abwertend. „Nichts gegen Menschen, aber ich glaube wirklich-“
„Du hast es erfasst“, sagte Harry scharf, indem er sich kurz zu ihr umdrehte. „Nichts gegen Menschen! Wir waren schließlich auch mal welche.“
Sie zuckte mit den Schultern und flocht weiter an Soloms Zöpfchen.
„Ich erledige das schon“, sagte Harry an Sirius gewandt und deutete auf den Spiegel.
Dieser nickte erleichtert.
„Harry, du... Du glaubst nicht, was für eine Angst mir das eingejagt hat, als der Orden sich hier meldete. Wenn du gegangen wärst...“
„Hättest du dich an Jenandes Schulter ausgeheult, ich weiß. Wann findet eigentlich die Hochzeit statt?“
Da wurde Sirius doch tatsächlich rot und hatte es auf einmal sehr eilig, aus dem Verlies zu kommen.
Harry grinste nur und wandte sich seinem Weihnachtsgeschenk zu. Er musste einen Wolf vor einem Phönix retten.

*

S C H U L L E I T E R H E T Z T M A S S E N A U F
Albus Dumbledore, Schulleiter der Hogwarts Schule für Hexerei und Zauberei und bekannter Freund der Halbblüter nimmt die dunklen Kreaturen in Schutz, die im ganzen Land für Unordnung sorgen. Die Vielzahl von Angriffen auf unbescholtene Bürger sei nicht etwa das Werk von blutrünstigen Vampiren und langfingrigen Werwölfen, sondern das Werk der entflohenen Todesser. Tatsächlich geht Dumbledore so weit zu behaupten, dass Er, dessen Name nicht genannt werden darf, längst zurückgekehrt ist und die Todesser gegen die Menschheit führt. Die Zaubererwelt solle sich auf einen erneuten Krieg gefasst machen und die Hilfe der dunklen Kreaturen suchen, was die einzige Möglichkeit wäre, das drohende Übel abzuwehren. Dass es erst eben jene Kreaturen waren, die die Todesser aus Askaban befreiten, hat der bereits über hundert Jahre alte Mann scheinbar vergessen.
„Dass Sie-wissen-schon-wer zurück ist, ist natürlich vollkommener Unsinn“, meint Fudge auf einer öffentlichen Pressekonferenz. „Dafür gibt es keinerlei Beweise, nicht einmal Indizien. Dumbledore ist ganz einfach diesen gefährlichen Kreaturen gegenüber zu nachsichtig. Er ist berühmt dafür, sich Sie-wissen-schon-wem entgegen gestellt zu haben, aber jetzt wird er langsam alt und paranoid. Er sieht hinter jeder Ecke nur noch Todesser. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er solchen Unsinn behauptet.“
Weitere Informationen Seite 2: Der Junge der lebt – auf Kosten des menschlichen Blutes?
Sowie Seite 3: Plötzlicher Lehrerwechsel in Hogwarts – Remus Lupin in dunkle Werwolfgeschäfte verwickelt

3.Dezember 1993, Tagesprophet

*

Lieber Ron,
es ist etwas Schreckliches geschehen!
Gestern Nacht wurden wir angegriffen. Sie kamen ganz plötzlich und aus heiterem Himmel. Dunkle Gestalten in schwarzen Umhängen. Sie haben Feuer im Feld entzündet und Zauber geschossen, aber die Schutzbanne haben gehalten. Dein Dad war noch auf der Arbeit zur Spätschicht und ich war mit Bill und Charlie allein zu Haus. Du weißt ja, sie sind erst seit drei Tagen wieder zu Hause, als sie das mit Du-weißt-schon-wer erfahren haben und – oh Ron! Es war schrecklich! Da waren auf einmal Dementoren! Ich wusste gar nicht, dass er jetzt schon Dementoren auf seiner Seite hat! Ich weiß nicht, was passiert ist, ich wurde ohnmächtig. Die Schutzzauber wirken nicht gegen Dementoren, Charlie hat es noch rechtzeitig geschafft, den Orden zu informieren. Aber als ich im Mungos aufgewacht bin... Oh Schatz, es ist so furchtbar! Sie haben Bill, meinen Bill... Die Dementoren... Er redet und isst nicht mehr und die Heiler sagen, es ist zu spät.
Wir holen euch alle übers Wochenende nach Hause. Ich liebe dich.
Mum

Brief von Molly Weasley an Ronald Weasley, 10. Dezember 1993

*

25. Dezember 1993, 08:07 Uhr
Fuchsbau

Es war das traurigste Weihnachtsfest, das Harry jemals erlebt hatte. Vor drei Tagen hatte er einen Brief von Hermine erhalten. Er war mit einer Woche Verspätung eingegangen, weil Hermine, die keine Ahnung hatte wo er sich befand, ihn auf Dumbledores Rat hin an das Black-Anwesen adressiert hatte. Dort hatte er eine ganze Weile darauf gewartet, gefunden zu werden, bis Cale ihn schließlich entdeckt und Harry gebracht hatte. So hatte er von dem Anschlag auf die Weasleys erfahren und das seine Freunde ihn jetzt dringend brauchten. Allerdings wollten seine anderen Freunde ihn auch nicht so einfach gehen lassen. Es war darauf hinausgelaufen, dass Harry die Einladung, über Weihnachten im Fuchsbau zu bleiben, zwar angenommen, aber auch Jasmin und Cale mitgebracht hatte. Eigentlich hatten sie vorgehabt, mit Solom zusammen zu feiern, in der vagen Hoffnung, den leblosen Veela doch noch irgendwie aufzuwecken. Aber da dieser sich schon wochenlang nicht mehr rührte, hatten sie sich schließlich für den Fuchsbau entschieden.
Der Familie eines Opfers, das den Kuss des Dementors erhalten hatte, war es freigestellt, denjenigen in Ruhe sterben zu lassen oder mithilfe von Pflege und Zaubern weiter am Leben zu erhalten. Die Weasleys hatten sich für Letzteres entschieden.
An diesem Morgen saßen sie alle stumm und mit gesenktem Blick am Tisch. Das Weihnachtsessen war großartig, aber etwas salzig. Vermutlich hatte Molly beim Kochen viel geweint.
Harry und Jasmin sahen in ihren schwarzen Kapuzenumhängen, die sie vor der Sonne schützten, selbst wie zwei Dementoren aus. Bill saß stumm und mit leerem Blick neben seiner Mutter und rührte sein Essen nicht an. Seine Mutter musste ihn füttern und ihm immer wieder auf den Rücken klopfen, um den Schluckreflex auszulösen. Die anderen Familienmitglieder vermieden es, sie anzusehen. Bill hatte die meisten Geschenke bekommen, aber das schien er gar nicht bemerkt zu haben.
Nach dem Essen boten sich Cale und Jasmin (die von Cale mitgeschleift wurde) freiwillig an, den Garten zu entgnomen. Harry, Ron und Hermine blieben, um beim Abwasch zu helfen und Charlie zog seinen Bruder hinaus, um ihm beim Baden zu helfen.
„Es ist... Es ist schön, dass du da bist, mein Junge“, brachte Molly tapfer heraus und lächelte Harry zu.
„Ich war schon viel zu lange nicht mehr hier“, meinte Harry schulterzuckend.
„Oder in Hogwarts“, fügte Ron hinzu. „Wann kommst du endlich wieder zurück?“
Harry starrte ihn für einen Moment an. Man sah Ron an, dass er wütend und verletzt war, es aber zu unterdrücken versuchte.
„Nach dem Krieg. Vielleicht“, antwortete Harry einsilbig.
„Krieg!“, höhnte Ron, „Du weißt ja gar nicht, was der echte Krieg ist! Du hast ja keinen Bruder, der nicht spricht und nicht isst und-“
„Ron!“, wies ihn Hermine scharf zurecht. „Das ist nicht fair! Wir wissen ja gar nicht, was Harry bisher schon alles passiert ist...“
„Ja, weil er uns nichts erzählt!“
„Kinder, bitte, nicht streiten. Nicht heute“, bat Molly leise und sofort biss sich Ron auf die Zunge.
„Schon gut“, meinte Harry und legte den Teller beiseite, den er abgetrocknet hatte. „Es stimmt ja. Ich habe mich ewig nicht gemeldet. Es ist einfach so, dass ich... jetzt ein anderes Leben lebe und andere Prioritäten setze. Es tut mir leid, ich weiß, dass ich euch dadurch verletze und vernachlässige. Aber ich fürchte, das wird sich auch in Zukunft kaum ändern.“ Dann sah er Ron direkt an. „Und ich weiß sehr wohl, wie das ist. Ich kenne einen Veela, ein bisschen älter als ich, der mir ein guter Freund geworden ist. Aber seit er aus Askaban raus ist und... Und dann auch noch kurz danach seine Schwester von Todessern umgebracht wurde.... Seitdem hat er jeden Lebenswillen verloren. Er benimmt sich ganz ähnlich wie Bill. Cale und ich kümmern uns um ihn. Er hat noch seine Seele, aber, keine Ahnung, er benutzt sie irgendwie nicht. Er isst nur, wenn wir es ihm aufzwingen. Er wäscht sich nur, wenn wir ihm androhen, es sonst selbst zu tun. Ansonsten hängt er einfach nur da, wie eine Puppe. Wir wissen, dass er noch zuhört, wenn wir mit ihm reden, weil er einmal Jasmin in Brand gesteckt hat, als sie was Gemeines zu ihm sagte. Aber dieses Lebenszeichen war vor einem Monat und seitdem kam nichts mehr... Ich weiß, dass es noch Hoffnung für ihn gibt und das macht es wohl nur halb so schlimm. Schön ist es trotzdem nicht.“
Kurz herrschte Schweigen auf diese Offenbarung hin. Dann fiel Molly Weasley ihm weinend um den Hals. Immer wieder schluchzte sie Entschuldigungen und Dankesworte und wie schrecklich das alles sei und heulte Harry den ganzen Umhang voll. Der war zuerst ein bisschen verdutzt, dann aber tätschelte er der kleinen Frau behutsam den Rücken. Ron schaute verlegen zur Seite.
„Das... Das ist okay für uns, Harry“, sagte Hermine schließlich, als Molly ihn losgelassen hatte. „Wir haben akzeptiert, dass du jetzt... anders bist. Aber wir möchten, dass du weißt, dass wir trotzdem immer deine Freunde bleiben werden und du jederzeit zu uns zurückkommen kannst.“
Harry rang sich ein Lächeln ab. „Danke, Hermine. Wirklich. Ich würde euch ja gerne auch mal zu mir einladen, aber ich fürchte, in Hogwarts seid ihr sicherer.“ Menschen wurden in Gringotts, wo sich immer noch all jene Zwielichtigen versammelten, die keine andere Bleibe gefunden hatten oder neu aus dem Ausland hergekommen waren, zwar geduldet. Aber in die umfassenden Trainingsprogramme, in die sich Harry ebenfalls bald einschreiben wollte, wurden sie nicht eingebunden. Niemand kümmerte sich dort um sie oder sah nach ihnen, solange sie keinen Ärger machten. Es war vielleicht sicher, aber nicht sehr spaßig.
„Tut mir leid, was ich vorhin gesagt habe“, meinte dann auch Ron zerknirscht. „Ich find's nur... einfach blöd dass du jetzt...“ Er fuchtelte hilflos mit den Armen rum.
„Ich weiß“, sagte Harry nachsichtig lächelnd. „Aber das ist nun einmal nicht zu ändern...“

*

03. Januar 1994, 21:00 Uhr
Gringotts

Thorok spielte nervös mit einem Kugelschreiber. Er ließ den Stift zwischen seinen langen Fingern hin und her wirbeln, sehnsüchtig den Beginn der Besprechung erwartend. Ihm gegenüber saß Luca, ein Bild der Ruhe selbst, die Arme auf den Ellenbogen auf dem Tisch abgestützt, die Hände ineinander gefaltet und das Kinn darauf abgelegt. Seine Augen starrten den Kobold unverwandt an, da es nichts anderes gab, das er hätte anstarren können.
Dann klopfte es ein Mal an die Tür. Nun, eigentlich war es eher ein dumpfes Pochen, als wäre etwas nicht allzu Schweres dagegen geprallt. Beide Anführer sahen auf und zur Tür hin, doch die blieb verschlossen. Schließlich erhob sich Luca und zog die Tür auf. Des Gleichgewichts beraubt fiel ihm Jenande in die Arme. Die Veela gab einen überraschten, Sirius einen knurrenden Ton von sich, bevor er seine Liebste wieder zu sich zog.
Luca, der sich denken konnte, was die beiden da draußen getrieben hatten, hob nur kommentarlos eine Augenbraue und setzte sich wieder auf seinen Platz. Jenande kicherte, strich ihre Kleidung glatt und folgte seinem Beispiel zusammen mit Sirius.
„Da wir ja nun endlich alle vollzählig sind, sollten wir mit der Besprechung beginnen“, meinte Thorok und verkniff sich eine schnippische Bemerkung. Ein solches Verhalten gehörte bei den beiden Verliebten praktisch schon zur Tagesordnung.
„Der Dunkle Lord setzt sich in Bewegung“, begann Luca, die Geschehnisse der letzten Monate zusammen zu fassen. „Seit dieser Werwolf unsere Pläne zunichte gemacht und von seiner Rückkehr berichtet hat-“
„Hey! Remus hat überhaupt niemandem berichtet, jedenfalls nicht freiwillig!“, verteidigte Sirius seinen Freund. „Sie hätten es früher oder später sowieso herausgefunden.“
„Wer hätte was herausgefunden?“, fragte Thorok. Da die Rebellion sein Volk lediglich tangierte und er noch eine Bank zu führen hatte, führte er wenig Absprachen mit den anderen Anführern außerhalb der großen Versammlungen und war nicht immer auf dem neusten Stand der Dinge,
„Es existiert ein Widerstandsorden der Lichtzauberer gegen den Dunklen Lord, genannt der Orden des Phönix“, erklärte Luca gelangweilt. „Albus Dumbledore steht ihm vor. Sirius und sein Freund Remus Lupin gehörten mal dazu, haben sich aber seit Askaban nicht mehr mit ihnen getroffen. Der Orden hat deswegen Lupin verhört und herausgefunden, dass der Dunkle Lord wieder da ist.“
„Und die haben es sofort an die Presse weitergegeben“, kombinierte Thorok.
„Richtig“, bestätigte Jenande. „Welche genau so gehandelt hat, wie Canis Majoris es vorausgesehen hat: Unter Einfluss des Ministeriums verleumdet die Presse neben uns jetzt auch diesen Orden. Infolgedessen ist die Zahl der Terroranschläge auf Zivilisten und Lichtzauberer extrem gestiegen. Die Todesser haben keine Angst, bestraft zu werden.“
„Aber das ist noch nicht alles. Harry Potter zufolge hat der Dunkle Lord jetzt auch die Dementoren auf seiner Seite. Was nicht weiter verwunderlich ist. Ohne Askaban hat das Ministerium nichts mehr, was es ihnen anbieten kann“, meinte Luca.
„Er sammelt also Verbündete und macht die ersten Babyschritte“, fasste Thorok zusammen.
„Babyschritte, das gefällt mir! Der kleine Lord macht Babyschritte...“
„Das ist nicht lustig“, ermahnte Jenande ihren Liebhaber streng. „Es werden Menschen getötet.“
Sirius gab sich Mühe, angemessen beschämt drein zu sehen.
„Jedenfalls müssen wir jetzt beschließen, was wir wegen dem kleinen Lo- äh, ich meine, wegen dem Dunklen Lord unternehmen“, meinte Thorok und hüstelte einmal.
„Oder ob wir uns zuerst die Presse vornehmen“, warf Luca ein. „Es schwächt die Moral unserer Leute, wenn sie als grausame Eroberer und nicht als tapfere Rebellen dargestellt werden. Der Tagesprophet wird vom Ministerium erpresst. Aber nichts beeinflusst die Menschen mehr als Geld. Wir könnten ebenfalls einen gewissen Einfluss geltend machen.“
„Und unsere Schulden noch mehr hochtreiben?“, erwiderte Jenande mit nichts als unverhohlener Verachtung für den Vorschlag – wenn auch wahrscheinlich nur, weil er von Luca kam. „Dann wird der kleine Lord seine Gegenwart nicht mehr verheimlichen und der Krieg geht sofort los. Wollen wir das?“
„Hey, du hast kleiner Lord gesagt!“, zog sie Sirius grinsend auf.
„Hab ich nicht!“
„Hast du wohl! Und das ist cool – lasst uns das als zukünftiges Pseudonym benutzen. Der Scheißkerl soll wissen, dass wir keine Angst vor ihm haben - vor dem kleinen Lord!“
Jenande legte nachdenklich den Kopf schief und Thorok grinste sogar ein klein wenig, aber Luca rollte nur mit den Augen.
„Es wird zweifellos irgendwann zum Krieg kommen“, erklärte Thorok dann. „Wir sollten uns die Möglichkeit freihalten, ihn dann zu beginnen, wenn wir das wollen. Noch sind nicht alle Vorbereitungen getroffen. Wir müssen auch erst alle Zwielichtigen aus der Bank rausbringen und verteilen, bevor es losgeht. Sonst stirbt hier drin die Hälfte der gesamten Streitmacht, wenn die Bank angegriffen wird, so sicher sie auch sein mag. Aber es gibt noch einen Grund, warum ich den Krieg gerne verzögern würde.“
„Was für einen?“, wollte Sirius wissen.
Der Kobold nestelte kurz an seinem Gürtel herum, an dem ein kleiner Stoffbeutel festgemacht war. Er zog den Gegenstand daraus hervor und präsentierte der Runde einen kleinen Trinkpokal. Der goldene Kelch war mit allerlei blauen Edelsteinen verziert und am Rand zierte ihn eine kleine Inschrift: 'Helga Hufflepuff'.
Die drei Anführer sahen den Kobold fragend an und dieser begann zu erläutern:
„Nachdem Bellatrix Lestrange und ihr Ehemann Rodolphus in den Kämpfen um Askaban ohne benannte Erben verstorben sind, ist die Familie Lestrange ausgestorben und der Besitz geht an die nächsten Verwandten über – die Blacks.“ Er sah Sirius vielsagend an. Dieser wollte gerade erwidern, dass er mit seiner verfluchten Cousine überhaupt nichts zu tun haben wollte, doch Thorok sprach bereits weiter. „Wie es nach der Erbschaftsverteilung üblich ist, haben meine Mitarbeiter den Inhalt des Verlieses genau inspiziert. Dabei wurde auch dieser Kelch gefunden, den ich heute gern persönlich überreichen möchte. Die Lestranges haben vor allem Geld und magische Artefakte bei uns hinterlegt und deshalb kam es mir merkwürdig vor, dass dieser Kelch, offensichtlich ohne jegliche Magie, dabei war – auch wenn er einst einer der größten Hexen ihrer Zeit gehörte. Ich ließ ihn also von meinen Mitarbeitern genauer untersuchen. Das Verfahren dauerte einige Wochen, aber schließlich fanden wir heraus, was es ist. Nämlich ein Horkrux.“
„Ein was?“, fragte Jenande ratlos.
Luca's Miene jedoch verdüsterte sich, als wisse er, was das zu bedeuten hatte. „Ich nehme nicht an, dass es Lestranges war?“
„Mit Sicherheit kann das natürlich nicht gesagt werden. Wenn ja, könnte das ihren Wahnsinn erklären. Andererseits war sie die treuste Todesserin überhaupt...“
„Würde mich bitte jemand aufklären?“, verlangte Sirius zu wissen.
„Ein Horkrux ist ein tief schwarzmagischer Gegenstand“, erklärte der Kobold. „Er enthält ein Stück der Seele desjenigen, der den Zauber ausführt. Um ein Seelenstück in einem beliebigen Gegenstand zu versiegeln, muss man ein Menschenopfer bringen. Dann jedoch ist es theoretisch möglich, dass das Seelenstück das gesamte Wesen der ursprünglichen Person abspeichert und zwar zu dem Zeitpunkt, da es hergestellt wird. Die Magie kann auf eine andere Person übergreifen, wenn die sich lange genug in der Nähe des Horkrux aufhält und eine emotionale Bindung dazu aufbaut. Es ist sogar eine vollständige Übernahme möglich, sodass ein Doppelgänger der Person erschaffen wird. Oder, anders gesagt, wenn der ursprüngliche Besitzer des Horkrux stirbt, kann er dennoch wieder zurückkehren. Er ist unsterblich.“
„Wenn der kleine Lord davon wusste... hat er garantiert einen gemacht. Aber er würde nicht wollen, dass seine Todesser auch unsterblich werden. Bellatrix wusste wahrscheinlich gar nicht, was sie da hatte“, flüsterte Sirius.
„Also ist der kleine Lord unsterblich... bis man den Horkrux zerstört, richtig?“, vergewisserte sich Jenande.
„Korrekt. Leider ist es sehr schwer, diese Teile zu zerstören. Es sind bisher nur zwei Methoden bekannt: Basiliskengift und Dämonenfeuer. Letzteres ist viel zu gefährlich hervorzubringen, auch für den Anwender und ersteres sehr selten und sehr teuer.“
„Aber warum sollte der kleine Lord seinen Horkrux ausgerechnet in einem Verlies in Gringotts verstecken? Und dann auch noch in Bellatrix'?“, fragte sich Sirius laut. „Ich meine, der ist doch normalerweise schlauer. Er hätte ahnen müssen, dass er im Falle des Todes der beiden verloren gehen könnte.“
„Wo versteckt man ein unsterbliches Stück seiner Seele?“, fragte Luca rhetorisch. „Entweder an einem sicheren Ort oder an einem, an dem keiner sucht. Der Dunkle Lord wird sich nicht mit dem zweitbesten zufrieden geben. Nichts für ungut, aber den Ruf des sichersten Ortes in Großbritannien hat immer noch Hogwarts. Und dort wird garantiert niemand danach suchen.“
„Vielleicht ist er deswegen da nicht rangekommen“, vermutete Jenande.
„Er ist mal da zur Schule gegangen“, warf Sirius dem entgegen. „Harry hat mir mal erzählt, dass er diese Kammer des Schreckens geöffnet hat, genau wie-“ Er erblasste.
„Was? Was ist los, Canis Majoris?“
„Das Tagebuch!“, brachte Sirius hervor. „Harry hat von einem Tagebuch erzählt, das eine Schülerin dazu gebracht hat, die Kammer erneut zu öffnen und den Basilisken darin freizulassen. Er meinte, in dem Tagebuch wäre eine Erinnerung vom kleinen Lord drin gewesen, aber er hätte es zerstört, indem er einen Zahn von dem toten Basilisken benutzt hätte. Ein Tagebuch wäre perfekt, um eine emotionale Bindung aufzubauen!“
„Also hat der kleine Lord nicht nur einen Horkrux gemacht“, stellte Thorok fest. „Das hatte ich befürchtet.“
„Woher kam das Tagebuch?“, wollte Luca wissen.
„Keine Ahnung... Von den Malfoys, wenn ich mich recht entsinne.“
„Also das Tagebuch von den Malfoys, mit Basiliskengift zerstört. Und der Kelch von den Lestranges. Gibt es im inneren Zirkel noch jemanden, dem er so etwas hätte anvertrauen könnte?“
„Nicht, dass ich wüsste...“
„Dann ist es nicht auszuschließen, dass in Hogwarts noch einer ist. Entweder etwas Emotionales wie ein Buch, ein Spiegel oder vielleicht sogar ein Kleidungsstück, oder ein wertvolles, historisches Artefakt, wie dieser Kelch.“
„Ein Buch wohl eher nicht. Zweimal derselbe Gegenstand ist unwahrscheinlich“, meinte Sirius. „Aber die Frage ist doch, wie viele von den Dingern müssen wir suchen, bevor wir den Typen endlich umbringen können?“
„Höchst wahrscheinlich drei“, meinte Thorok. „Einer würde eigentlich genügen. Die Tatsache, dass es mindestens zwei sind, deutet auf eine Doppelsicherung hin. Theoretisch könnten es unendlich viele sein, da sich der kleine Lord ja nicht gerade ziert, Leute umzubringen. Aber alle guten Dinge sind drei. Drei ist eine magische Zahl und wir sind uns ja fast sicher, dass noch eines in Hogwarts ist.“
„Dann stellt sich uns nur noch die Frage, wie zum Teufel wir an einen Basilisken kommen sollen“, schlussfolgerte Jenande.
„Hat Harry nicht ein paar Basilisken...?“
„Das sind Brasil-Basilisken, keine echten.“
„Dann müssen wir eben auf den zurückgreifen, der in Hogwarts ist“, schlug Luca vor. „Du sagtest doch, er sei bereits tot, oder?“
Sirius nickte. „Ich habe keine Ahnung, was mit der Leiche geschah, aber vermutlich liegt sie da immer noch.“
„Wunderbar. Die Weihnachtsferien sind ja gerade erst zu Ende. Harry soll sofort aufbrechen und wieder am laufenden Schuljahr teilnehmen. Dort soll er so schnell wie möglich das Basiliskengift besorgen und nach dem dritten Horkrux suchen.“
„Moment!“, fuhr der Werwolf auf, „Wann hast du das beschlossen? Harry will hier bleiben! Er hat seine Kampfausbildung gerade erst wieder aufgenommen!“
„Dann wird er sie eben unterbrechen müssen. Es ist die einfachste Lösung, die wir haben“, meinte Luca.
„Dir liegt doch ein Scheiß an Harry! Der letzte Horkrux hat eine verdammte Riesenschlange auf ihn losgelassen.“
„Genau deswegen soll er ja gehen. Schließlich hat er sich erfolgreich dagegen zur Wehr gesetzt, oder etwa nicht?“
„Liebling, ich muss diesem blutsaugenden Scheusal ausnahmsweise mal Recht geben“, beschwichtigte ihn Jenande. „Im Grunde ist das eine perfekte Möglichkeit – vorausgesetzt, die Schule nimmt ihn noch einmal auf.“
Höchst widerwillig musste Sirius dem nachgeben und so wurde es beschlossen: Harry Potter würde wieder nach Hogwarts zurückkehren.

*

27. Januar 1994, 04:25 Uhr
Gringotts

„WO IST DIESER VERFLUCHTE BLUTSAUGER!? WENN ICH DEN IN DIE FINGER KRIEGE, DER IST SOWAS VON TOT!“
Luca verzog gequält das Gesicht und lauschte auf die stapfenden Schritte draußen auf dem Gang. Wenn eine Veela, die zu den elegantesten und schönsten Wesen überhaupt auf Erden zählte, stapfte, dann sollte man zusehen, dass man so schnell wie möglich das Weite suchte. Andernfalls bedeutete das jede Menge Flammen für denjenigen, auf den sie wütend war und alle, die zu nah bei ihm standen.
Unglücklicherweise war Luca diesmal derjenige und die einzige Möglichkeit, die er gesehen hatte, sich vor seiner übellaunigen Verbündeten zu retten ohne einen Kampf zu provozieren, war eine kleine Abstellkammer gewesen, in die er sich notgedrungen gequetscht hatte. Da diese Tat allein schon sein Ego verletzte, war er nicht imstande Rücksicht darauf zu nehmen, dass sich bereits jemand in dem kleinen Raum befand.
Seine Nase sagte ihm, dass es ein Werwolf war. Ein weiblicher, um genau zu sein, dem er hastig eine Hand über den Mund legte, damit er nicht schrie. Einige Sekunden lang verhielt der Wolf sich auch ganz still. Aber genau in dem Augenblick, als die wutschnaubende Veela direkt vor ihnen hinter der Tür sein musste, fing er auf einmal zu zappeln an. Luca hatte seine liebe Mühe mit ihm, denn mit seinen herumfuchtelnden Armen drohte er, einige Blecheimer und Besenstiele umzustoßen und eine Menge verräterischen Lärms zu machen. Er schlug und trat und biss ihm in seine Hand, aber Luca hielt ihn unerbittlich fest, bis die Schritte und das zornige Geschrei verstummt waren. Dann erst ließ er den Wolf los.
„Whhhaaaah!“, machte dieser und wollte einen Satz zurück machen, drohte jedoch in einen Haufen Wischmöppe zu fallen. Luca hielt ihn gerade noch rechtzeitig am Arm fest, bevor er stürzte, was nicht besonders schwer war. Sie standen hier auf engstem Raum in der kleinen Kammer.
„Was zum Henker sollte das?“ Jetzt wurde er gleich vom nächsten Weibsbild angefaucht. Na großartig. „Du hättest mich beinahe erstickt!“
„Nichts für ungut. War ein Notfall.“
Luca versuchte in der absoluten Dunkelheit der Kammer etwas zu erkennen, doch selbst seine vampirischen Augen brauchten zumindest ein kleines bisschen Licht. Hier drin war er blind.
„Dürfte ich dann erfahren, was der ehrenwerte Herr hier will?“, fragte der Wolf, nachdem er wieder einigermaßen zu Atem gekommen war. Die entsprechenden Geräusche sagten ihm, dass er sich den Staub von den Kleidern klopfte.
„Ich vermute mal, dasselbe wie du“, gab er zurück. „Mich verstecken.“
„Ach ja, und vor wem?“
„Dasselbe könnte ich dich fragen.“
„Ich hab aber als erstes gefragt. Das hier ist meine Abstellkammer, ich war zuerst hier!“
Luca stutzte kurz – und dann spürte er ein merkwürdiges Gefühl in seiner Brust. Das Bedürfnis, zu lachen. Naja, oder eher amüsiert zu glucksen. Seltsam. Das hatte er lange nicht mehr gehabt.
„Wenn es dich so brennend interessiert – ich bin auf der Flucht vor einer Furie von Frau, die mich rösten will.“
„Ach ja?“, kam die Antwort skeptisch zurück. „Was hast du angestellt, Vampir?“ Anscheinend war der Geruchssinn seines Gegenübers ebenfalls recht gut. Was bei einem Wolf zu erwarten war – erst recht auf diese Distanz. Luca hätte nur die Hand auszustrecken brauchen, um ihn zu berühren.
„Ich habe von einer Veela getrunken, die ihr unterstellt war. Was eigentlich keine große Sache sein sollte – es ist klar im Bündnisvertrag vermerkt, dass Vampire sowohl von Werwölfen als auch von Veela trinken dürfen, wenn diese einverstanden damit sind.“ Und das Mädchen war mehr als einverstanden gewesen. Schließlich war er der Anführer der Vampire und genoss überall großen Respekt. So sauer Jenande auch auf ihn war, aus irgendeinem Grund empfand sie es unter ihrer Würde, Luca's erste Entscheidung bei Askaban, die Veela zurückzulassen, öffentlich zu machen. Der Vampir hatte jedoch ganz stark Sirius Black im Verdacht, der sie garantiert dazu überredet hatte, damit das Bündnis nicht brach.
„Ich seh' da nichts Illegales dran“, meinte auch der Wolf und Luca konnte sich ziemlich gut vorstellen, wie er die Stirn runzelte.
„Ist es auch nicht. Sonst würde ich mich der Strafe nicht auf diese Weise entziehen. In einer Stunde hat sie sich wieder beruhigt.“
Kurzes Schweigen.
„Also?“, fragte er dann seinerseits.
„Also was?“
„Warum bist du hier?
Wenn er schon so ausgefragt wurde, wollte er wenigstens wissen von wem.
„Ob du's glaubst oder nicht, aber ich hab das Putzmittel gesucht“, behauptete der Wolf.
„Tatsächlich?“
„Tatsächlich.“
„Lüg mich nicht an.“ In den Worten lag keine Drohung, keine Anklage. Luca hatte keinen Grund, dem Wolf böse zu sein. Aber er mochte es nicht, wenn man ihn anlog.
Tief sog der Vampir die Luft ein. Waren da Spuren von Angstschweiß zu riechen? Das leise Rascheln von nervösen Bewegungen zu hören? Irgendetwas, das ihm Aufschluss über den Grund des Hierseins seines unbekannten Zellengenossen gegeben hätte? Ja, da war... Salz. Schwach und getrocknet, aber vorhanden.
„Du hast dich hier versteckt, damit niemand deine Tränen sieht“, schlussfolgerte er.
Ein Schnauben. „Deswegen kann ich euch Vamps nicht leiden.“
Luca blinzelte einmal. Vamps?
Kurze Stille. Dann ein Rascheln und blechernes Scheppern, als der Wolf sich in dem viel zu engen Raum auf den Boden setzte. Sein Knie berührte kurz das seine, wahrscheinlich hatte er die Arme um sie geschlungen.
„Ich war dabei“, murmelte er und ein leises Geräusch verriet ihm, dass er den Kopf an die Wand lehnte und zu ihm aufsah – obwohl seine Augen in der Finsternis kaum mehr erkennen dürften als seine.
„In Askaban“, vervollständige Luca den Gedanken. Vage erinnerte er sich an den Krisenbericht. „Es gab nur zwei weibliche Wölfe... Einen aus dem Rettungsteam, der getötet wurde und einen Gefangenen.“
Wenn der Wolf sich wunderte, dass er die Zahlen so genau kannte, dann ließ er es sich nicht anmerken.
„Ich war... Ich hab noch Verwandte außerhalb“, drang die Stimme aus der Dunkelheit zu ihm vor. „Eigentlich gehöre ich zu einem Rudel in Cornwall. Hab nur auf der Durchreise im Hauptquartier vorbei geschaut.“
„Zur falschen Zeit am falschen Ort.“
„...genau. Ich war mit meinem Partner unterwegs, der...“
Da war er wieder, der Salzgeruch. Frisch diesmal.
„Ich träume immer noch von ihm.“ Ein ersticktes Flüstern.
Luca wusste, dass Werwölfe bei ihren Liebesaffären von 'Partnern' redeten. Die beiden hatten sich sehr nahe gestanden.
„War er unter den Razziatoten?“, fragte der Vampir und bemühte sich gar nicht erst, irgendwelches falsches Mitgefühl in seine Stimme zu legen. Doch der Wolf schien das nicht zu bemerken. Oder vielleicht doch, denn eine Weile lang gab es nur unterdrücktes Schluchzen. Luca überlegte, ob er einfach verschwinden sollte. Er wollte ja offensichtlich nicht, dass jemand ihn weinen sah, sonst wäre er nicht hier. Aber dann sprach er doch weiter:
„Nein, er war... Er hat mit mir überlebt. Und dann kam Askaban. Und der Mond. Und ich ha-habe...“ Er brauchte nicht weitersprechen.
Wider Erwarten regte sich nun doch etwas wie Mitgefühl in dem Vampir. Das war eine ungewöhnlich grausame Geschichte. Er hätte den Wolf getröstet, wenn er nicht von so vielen Vampiren gewusst hätte, die ein ebensolches Leid durchlebt hatten – Jahrhunderte lang. Ihn selbst eingeschlossen.
„So etwas... So etwas kann man nicht verstehen“, brachte der Wolf unter Tränen hervor. „Wie das ist, wenn du aufwachst und den Geliebten tot siehst und du weißt, dass es deine Schuld ist, dass du der Mörder bist... Kannst du dir das vorstellen?“
Es war eine rhetorische Frage. Der Wolf erwartete keine Antwort. Deswegen gab ihm Luca auch keine, sondern stellte eine Gegenfrage:
„Kannst du dir vorstellen, wie das ist, wenn deine geliebte Person Selbstmord begeht? Und du weißt, dass du der Grund dafür bist? Jahrzehnte, Jahrhunderte lang zuzusehen, wie die Person langsam aber sicher abstirbt, bis nichts mehr übrig ist außer Wahnsinn und du bist Schuld und kannst nichts tun und willst nichts tun, weil alles was du bringst, nur neuer Tod ist?“
Das Schluchzen erstarb. „Ich... Ich nehme an, das ist auch nicht angenehm.“
„Es ist die Hölle“, erwiderte er kalt.
Stille.
Dann:
„Was ist passiert?“
Luca schwieg. Er war nicht sicher, ob er darüber reden wollte. Er wusste, dass er sollte, dass er es längst hätte machen können und dies war vielleicht die beste Gelegenheit, nun, wo es endlich vorbei war. Einem unbekannten Wolf sein vampirisches Herz ausschütten, sich dem Erzfeind seiner Art anvertrauen, jemandem, der ihn überhaupt nicht kannte und von dem er nichts wusste, als das er ebenfalls großes Leid durchlebt hatte. Und der eine Stimme brauchte, an der er sich festklammern konnte, ein größeres Leid als seines, das sein Elend hinfort wischte und unwichtig machte.
Scheiß drauf.
„Sie war eine Pfarrerstochter. Aus Frankreich. Ich kam mindestens einmal die Woche abends in diese Kirche. Die Mauern hatten Einbuchtungen, in denen die Heiligenstatuen standen. Hinter ihnen ließ sich leicht ein Opfer verbergen, das vom Blutverlust geschwächt war. Die Kirche war in dieser dörflichen Gegend der einzige Ort, an dem man zu gewissen Zeiten sicher sein konnte, jemanden anzutreffen. Damit war ich der größte Gotteslästerer der Welt... und doch verliebte sie sich in mich. Die vielen Regeln und das Gefängnis der Heiligkeit waren ihr zuwider. Sie liebte ihre Familie, aber sie wollte Freiheit. Ich konnte sie ihr geben. Ich konnte ihr alles geben, wenn sie auf das Licht verzichtete. Und sie wollte es. Wie oft hat sie mich angefleht, sie zu verwandeln! Aber ich zögerte. Ich wartete und wartete und ihre Furcht davor, alt zu werden und ohne mich zu sterben, wuchs mit jedem Jahr.
Ihr Vater war nicht dumm. Es gefiel ihm nicht, dass seine Tochter mit einem unverheirateten jungen Mann ausging und so stellte er Nachforschungen an. Irgendwann zählte er eins und eins zusammen und schon hatten wir die Inquisition am Hals.“ Er schwieg für einen Moment, als er sich an die aufgebrachten Dörfler erinnerte, die schreiend und mit Fackeln bewaffnet hinter ihnen her gejagt waren. Er selbst hätte ihnen leicht entkommen können, aber sie, so zart und zerbrechlich, stolperte immer wieder über ihre wunden Füße.
„Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie uns finden würden. Und da... verwandelte ich sie schließlich doch.“ Er atmete einmal tief durch. Der Fehler, den er damals begangen hatte, würde ihn zweifellos ebenfalls in seinen Träumen verfolgen – wenn er denn noch welche hätte. Stattdessen kamen die Erinnerungen, wenn er bei vollem Bewusstsein war. Und das war weitaus schlimmer.
„Wir entkamen, aber von da an war es zwischen uns nie mehr so wie früher. Erst wurde sie kalt und gleichgültig. Ich brachte ihr alles bei, was ich wusste, aber trotzdem tötete sie immer Menschen, um zu trinken. Nie wurde sie satt.
Dann kamen die Vampirgesetze. Wir mussten uns im Schatten halten, während die Zaubererwelt immer offener wurde. Trotzdem gerieten einige von uns immer wieder in die Hexenverfolgungen hinein. Im Grunde war es lächerlich. Als ich hörte, dass sie sich hatte fangen lassen... Ich dachte, sie wäre des Lebens überdrüssig. Ich dachte, sie hasse mich dafür, dass ich sie verwandelt hatte. Das tat sie – aber sie handelte aufgrund dessen anders, als ich es erwartet hätte.
Sie lehnte meine Hilfe ab. Ich war dabei, ich stand neben ihrem Scheiterhaufen, ich kämpfte mich durch die Menge, während die Menschen darauf warteten, dass die Sonne endgültig über den Horizont kroch.
Und dann lachte sie.“
In Europa war das der Anfang der organisierten dunklen Vampire. Begonnen mit diesem einen, schrecklichen Ereignis. Später folgten andere Gruppen ihrem Beispiel.
Luca brauchte drei Anläufe, bis er weitersprechen konnte.
„Sie kamen von allen Seiten. Kaum fünf Minuten vor Sonnenaufgang, als die Menschen es am wenigsten erwarteten. Sie kamen von überall her, ihre Verbündeten und sie veranstalteten ein Massaker unter den Sterblichen. Sie schlachteten sie ab und badeten in ihrem Blut. Sie sprang von ihrem Scheiterhaufen und mit einer einzigen Bewegung riss sie drei Menschen die Köpfe ab. Es war... unvorstellbar schrecklich. Ich stand nur da und sah zu.
Seitdem hat sie ihre Anhänger um sich geschart und die Menschen wie Vieh gejagt. Schließlich schloss sie sich sogar dem Dunklen Lord auf dieser Jagd an... Bis sie vor Askaban von ihm verraten und getötet wurde.“
Der Atem des Wolfes war ruhiger geworden. Luca's Inneres jedoch war aufgewühlt, voller längst verdrängt geglaubter Emotionen.
„Ihr Name war Sariel...“, flüsterte er kaum hörbar.
Der Wolf hatte ihn nicht unterbrochen. Jetzt aber tastete eine schlanke Hand nach ihm und Luca zuckte heftig zusammen, als er die für Werwölfe von ihm bisher so untypisch geglaubten zarten Finger in seiner Hand spürte.
„Warum hat sie dich gehasst?“, fragte der Wolf leise.
Der Vampir schluckte einen Kloß hinunter, der sich auf einmal in seinem Hals gebildet hatte.
„Sie war schwanger, als ich sie verwandelte. Sie hasste mich, weil ich ihr Kind getötet habe.“
„Aber... Ich dachte, Vampire können keine Kinder zeugen.“
„Können sie auch nicht.“
„Oh.“
Die zarten Finger drückten leicht seine Hand. Ohne es wirklich zu wollen erwiderte er den trostspendenden Druck.
Was tat er hier eigentlich? Hielt Händchen mit einem Wolf in einer Abstellkammer. Irgendetwas war doch an diesem Bild verkehrt. Aber es fühlte sich so gut an, dass ihm nicht einfallen wollte, was.
„Wusstest du, dass Werwölfe eine viermal höhere Reproduktionsrate als Menschen haben?“, fragte der Wolf unvermittelt.
Luca schüttelte den Kopf, auch wenn die Geste ungesehen blieb.
„Innerhalb eines Rudels werden oft Zwillinge oder Drillinge geboren. Die meisten Wölfinnen, die ihre Welpen außerhalb des Rudels zur Welt bringen, haben nur Totgeburten. Das Kratzen und Beißen, wenn sie versuchen, allein zu Vollmond niemanden zu verletzen, bringt die Kinder um. Aber ich hatte Glück. Ich hatte mein Rudel und meinen Partner. Und immer wenn ich jetzt von ihm träume, frage ich mich oft, was unsere Kinder wohl geworden wären.“
Ihre Worte linderten Lucas Schmerz, wenn auch nur ein wenig. Er hatte Dekaden Zeit gehabt, über Sariel hinweg zu kommen. Sie aber hatte ihren Geliebten und ihre Kinder verloren. Sie hatte sie selbst getötet. Dagegen wirkte selbst seine Geschichte weniger grässlich.
„Zweifellos ein paar nervige Kläffer“, antwortete Luca leise.
Der Wolf gab etwas von sich, das ein Lachen hätte sein können, wenn er es nicht in Tränen erstickt hätte. „Ja, wahrscheinlich hast du Recht...“
Sie hatte seine Hand noch immer nicht losgelassen.
Luca's Gedanken schweiften ab. Nach kurzer Zeit überprüfte er seine innere Uhr und schüttelte dann ihre Hand ab.
„Es ist kurz vor sechs. Der große, böse Vampir kehrt jetzt in seinen Sarg zurück.“
„Was ist denn das hier, wenn kein dunkles und stickiges Grab?“, fragte der Wolf und griff wieder nach seiner Hand. „Bleib doch einfach hier. Ich bin ohnehin müde.“
„Du willst doch wohl nicht zwischen ein paar alten Besenstielen einschlafen?“
„Ich könnte, wenn ich mich an dich lehnen darf.“
Luca stutze. Das war doch verrückt. Aber schon spürte er ein weiches Gewicht an seinem Körper und ein paar Arme, von denen er sich widerstrebend zu Boden ziehen ließ. So saßen sie beide beieinander, die Beine ausgestreckt zwischen einem Wirrwarr aus Besen gefangen, ihr verführerisch duftender Hals an seine Schulter gelehnt.
„Unsere Geheimnisse, die bleiben hier, in diesem Sarg“, flüsterte sie. „Wir nehmen sie mit ins Grab.“
„Ja“, sagte er mit rauer Stimme und versuchte, nicht allzu sehr an das Blut zu denken, das durch ihre Adern rauschte. Die Sonne musste draußen inzwischen aufgegangen sein. Er hatte die Gelegenheit verpasst, zu verschwinden. Doch aus irgendeinem Grund fühlte er sich in diesem leidgeschwängerten Grab viel sicherer als in seinem abgedunkelten Zimmer mit dem harten Bett.
Scheiß drauf.


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Sie ist eindeutig der Wolf im Schafspelz, also überhaupt nicht so 'pink', wie sie aussieht.
David Barron, ausführender Produzent