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Fanfiction

Aus der Asche - 41. Kapitel / Ein neues Zuhause

von fiirvogel

1. April 2012

Liebe alle,
nun wäre es also soweit: 300 Seiten nach dem Start stehen wir vor dem letzten Kapitel dieser Geschichte (das ist kein Aprilscherz ;o). Ich möchte euch, liebe Leserinnen und Leser, ganz herzlich für eure Treue danken und für die vielen schönen Reviews, die mich immer wieder motiviert haben weiter zu schreiben (wer noch keinen Review geschrieben hat und gerne noch seine Meinung loswerden möchte, bitte sehr: Das ist die letzte Gelegenheit!)
Es war für mich ein unvergessliches Abenteuer, diese Story zu schreiben! Dazu habt ihr alle maßgeblich beigetragen! Ich kann mir noch gar nicht vorstellen, was nach dem Ende dieser Geschichte kommt, ich glaube, ich werde Snape und Melody sehr vermissen (und eure Kommis auch)! Etwas, was mir beim Schreiben während der letzten Monate immer klarer geworden ist, ist, dass ich weiter schreiben möchte. Ich weiß noch nicht was (doch, ich habe natürlich Ideen, aber die verrate ich hier nicht!), aber nicht zuletzt euer tolles Feedback hat mich ermutigt weiter zu machen. Ich möchte gerne einmal etwas Eigenes schreiben, meine eigene Fantasywelt konstruieren. Euch FF-Lesern bleibe ich aber bestimmt treu: ihr werdet hier sicher wieder einmal etwas von mir lesen, wenn auch nicht mehr in dieser Länge. Vielleicht habt ihr ja Anregungen und Wünsche??
Ich möchte die letzte Gelegenheit nutzen, um meiner Beta Anne zu danken: du hast mich nun monatelang begleitet und ich war sehr froh darum. Ich weiß, du hattest viel Arbeit und ich möchte dir hier noch einmal ganz herzlich danken. Ein weiterer Dank geht an meinen Mann und meine Mädels, die mich immer wieder einmal entbehren mussten, wenn ich geistig in einer komplett anderen Welt unterwegs war.
Der Liedtext, den ich in diesem Kapitel zitiere, ist von Roma Downey. Das Lied heißt „My little angel“ und ist von einer Mutter für ihr Kind. Der Text ist wunderbar, ich liebe ihn: Er sagt aus, was ich für meine Kinder empfinde. Und wie könnte es anders sein, bekam ich die CD von einer wunderbaren Frau, der ich dieses letzte Kapitel widmen möchte: Mami, ich wünsche dir alles, alles Liebe und Gute zum Geburtstag! Dass du, die nie freiwillig etwas an einem Bildschirm lesen würde, meine Geschichte über all die Monate hinweg online mitverfolgt hast, das macht mich enorm stolz und glücklich. Danke!


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41. Kapitel / Ein neues Zuhause

Zur Abendessenzeit apparierte Severus mit Matthew und Melody nach Bawburgh. Marietta empfing sie mit selbstgemachter Pizza, aber Matthew entschuldigte sich und legte sich hin. Severus hatte in der Eile „vergessen“, ihm den Antischwindel-Trank zu verabreichen und so war ihm beim Apparieren sterbenselend geworden, wie Severus schadenfroh registrierte.
Melody erzählte Marietta und Patrick von Hogwarts, von ihrem Unterricht, den Lehrern, Geistern und natürlich vom Abschlussfest und dem Konzertauftritt. Severus lehnte sich zufrieden im Stuhl zurück und hörte ihr amüsiert zu: Sie plapperte unbekümmert drauflos. Das tat sie selten, und er wusste, sie war mehr als erleichtert, dass er ihr nicht mehr böse war wegen letzter Nacht.
Es kostete Severus zwar einige Überwindung, aber schließlich erlaubte er Melody, bei Matthew auf der alten Couch zu übernachten. Er selber machte einen ausgedehnten Abendspaziergang, da er das große Bedürfnis hatte, alleine zu sein. Er hatte in den Frühlingsferien den Punkt „Neues Zuhause suchen“ auf seiner geistigen Vater-To-Do-Liste notiert, und die Zeit dafür war jetzt reif. Als er zurückkam, fand er Patrick in seiner Werkstatt. Er schaute ihm eine Zeit lang beim Werken zu und drehte dabei in Gedanken vertieft eine Schraube zwischen den Fingern hin und her.
„Was ist, Severus?“, fragte Patrick ohne aufzublicken.
„Ich werde mit Melody morgen früh weggehen.“
„Wohin?“
„Nicht allzu weit. Ich möchte mit ihr ein Haus anschauen. Wir werden aber im Lauf des Tages zurückkommen, wenn wir dürfen.“
„Ein Haus?“, fragte Patrick erstaunt.
„Wir brauchen endlich ein Zuhause.“

Severus wälzte sich lange Zeit unruhig im Bett hin und her. Es war ihm beim Gedanken an das, was ihn am nächsten Tag erwartete, mulmig. Mitternacht war schon lange vorbei, als er endlich eindöste und zu träumen begann ...

Severus schritt vorsichtig den schmalen, gewundenen Feldweg entlang. Blätter raschelten leise unter seinen Füssen. Es war stockdunkel, der Himmel mit Wolken verhangen. Die Luft feucht und kühl. Es roch nach Rauch.
Schließlich stand er vor dem Gartentor. Es hing schief in den Angeln und ächzte, als Severus es aufstieß. Er ging weiter durch einen verwilderten Vorgarten auf die Häuserruine zu. Rauch stieg aus den Trümmern. Severus schloss für einen Moment die Augen in der Hoffnung, das Bild würde sich auflösen, aber es verschwand nicht. Er duckte sich unter einem herunterhängenden Balken hindurch und betrat das Haus, oder das, was davon übrig war. Es war gespenstisch still, als beträte er ein Grab. Er beeilte sich, zur hinteren Tür hinaus in den Garten zu gehen. Die Tür stand offen und unmittelbar davor lag ein Mann im Gras. Mit offenen Augen und geöffnetem Mund. Mit sonderbar verrenkten Gliedern und schmerzverzerrtem Gesicht. Er rührte sich nicht und starrte Severus anklagend an. Severus wollte einen Schritt zurück machen, als plötzlich etwas Eiskaltes nach seinem Bein griff ...


Severus schreckte stöhnend aus dem Albtraum hoch und griff nach seinem Zauberstab. „Vade retro!“, keuchte er. Dann war er schlagartig ganz wach. Sein Schutzzauber hatte jemanden getroffen. Eine Gestalt flog durch den Raum und prallte an die gegenüberliegende Wand.
„Lumos!“
Severus blickte verdutzt auf seine Tochter, die auf dem Boden lag und sich mit beiden Händen den Kopf hielt.
„Papa ... Ich ... Was machst du?“, wimmerte sie verwirrt.
„Melody, das tut mir Leid! Ich dachte ...“ Er eilte hinüber und half ihr auf die Beine. „Was machst du hier? Ich dachte, du wolltest bei Matthew auf der Couch schlafen.“ Seine Stimme klang vorwurfsvoll.
Melody setzte sich benommen aufs Bett. Sie hielt sich immer noch den Kopf und bewegte probehalber ihre Schultern. „Autsch. Das war heftig. Das hat weh getan ...“
„Ich habe gerade etwas geträumt. Du hast mich zu Tode erschreckt, Melody! Was machst du hier?“
„Ich hatte einen Albtraum“, flüsterte sie kleinlaut.
Er schüttelte seufzend den Kopf. „Findest du nicht, du bist zu alt, um bei deinem Vater unter die Decke zu kriechen, wenn du schlecht träumst?“
Sie sah ihn irritiert an. „Am Morgen hast du noch gesagt, ich sei zu jung, um mit einem Jungen ins Bett zu gehen. Und jetzt bin ich zu alt, um mit einem –“
„Denk den Satz nicht zu Ende, junge Dame“, drohte Severus.
Melody versuchte zu grinsen, schaffte es aber nicht. „Ich habe von der Schlange geträumt. Und von Bellatrix und Malfoy. Ich wollte dich nicht erschrecken.“
„Du hast eiskalte Füße.“
„Das habe ich immer ... Tut mir Leid.“
Severus ließ sich mit einem Seufzer zurück aufs Bett fallen. „Dann steck sie unter die Decke“, knurrte er und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er sich insgeheim freute, dass seine Tochter bei ihm Schutz suchte, wenn sie aus einem Albtraum aufschreckte.
Sie kuschelte sich zufrieden an ihn. Er strich sich ihre kitzelnden Haare aus dem Gesicht und lächelte: Sie war seine kleine Hexe! Und das würde sie auch bleiben, Jungen hin oder her.
Mit Schlafen war es allerdings vorbei. Der Traum warf düstere Schatten über ihn, der nächste Tag lag ihm wie ein Stein im Magen und Melody lag dermaßen unbequem auf seinem Arm, dass er das Gefühl hatte, seine Finger seien von der Blutversorgung abgeschnitten. Außerdem schmerzte das Dunkle Mal, wie so oft in den letzten Tagen. Der Dunkle Lord rief nach ihm, aber er würde nie mehr zurückkehren.
Severus strich sich erneut kitzelnde Haare aus dem Gesicht und zog seine Beine etwas von den kalten Füssen seiner Tochter zurück. Dann beobachtete er, wie das Zimmer langsam heller wurde. Es musste noch sehr früh am Morgen sein. Melody schlief. Er versuchte vorsichtig, seine Finger zu bewegen, und als ihm das nicht gelang, zog er langsam den Arm unter ihrem Kopf hervor. Allzu tief konnte sie nicht geschlafen haben, sie war schlagartig wach, als ihr „Kissen“ weg war, und drehte sich verschlafen zu ihm um.
Er hob nur die Augenbrauen und bewegte vorsichtig die Finger. Melody streckte sich und grinste schuldbewusst.
„Wie spät ist es?“, gähnte sie.
„Es ist Sonntag“, antwortete er schmunzelnd. Melody kicherte leise.
Severus setzte sich entschlossen auf. „Komm, ich möchte dir etwas zeigen. Zieh dich an, wir machen einen Spaziergang.“
Als sie eine Viertelstunde später vor der Haustüre standen, fragte Melody: „Sollten wir nicht einen Zettel schreiben, damit sich Marietta keine Sorgen macht?“
„Patrick weiß, dass wir einen Ausflug machen. Ich habe gestern Abend mit ihm gesprochen ... Komm mit.“

Er führte Melody aus dem Dorf hinaus einen immer schmaler werdenden Feldweg entlang. „Vorsicht“, warnte er und hielt sie am Arm fest, als sie über eine Wurzel stolperte. Schließlich blieben sie vor einem rot-weißen Absperrband und einer Verbotstafel stehen.
„Der Weg ist eine Sackgasse“, erklärte sie. „Da dürfen wir nicht weiter. Die Gemeinde hat hier offenbar vor vielen Jahren giftige Abfälle entsorgt. Der Boden ist verseucht.“ Sie zeigte auf die Tafel.
„Hat das Marietta gesagt?“
„Nein, Hanna. Wir gingen hier oft spazieren. Und Matthew und ich durften immer nur bis hierher vorgehen. Hier mussten wir umkehren. Es sei gefährlich, sagte Hanna immer.“
Severus machte einen großen Schritt über das ausgebleichte Absperrband hinweg und ging unbeirrt weiter.
Melody folgte ihm zögernd. Der Weg wurde immer schmaler, ein gewundener Feldweg, der zwischen Büschen und Hecken hindurch führte und schließlich vor einem rostigen, beinahe komplett von Gras überwucherten Gartentor endete. Dahinter konnte man die Reste eines Hauses sehen.
„Bei Merlin“, murmelte Melody. Severus zwang sich, ruhig zu atmen, bevor er den Blick von der Ruine löste und seine Tochter ansah.
„Ist das ...?“, fragte sie leise. „Lebten hier meine Großeltern?“
„Das war ihr Haus“, antwortete er knapp.
Melody zögerte einen Augenblick, dann griff sie nach dem Gartentor und stieß es unter sichtlicher Anstrengung und gegen den Widerstand von allem, was in den letzten 13 Jahren hier gewachsen war, auf. Sie spürte ein eigenartiges Kribbeln in den Fingern und betrat die Wildnis hinter der verfallenen Gartenmauer. Nach ein paar vorsichtigen Schritten, blieb sie stehen und sah zurück.
„Kommst du nicht mit, Papa?“
„Ich kann nicht, Melody.“
„Bitte!“
„Das ist eine Blutschranke“, erklärte Severus geduldig. „Da kommt nur eine Cartney durch.“
„Ich will aber nicht alleine gehen.“
Dann komm her. Du musst mich einladen.“
Als Melody wieder vor ihm stand, sprach er langsam die Zauberformel. „Kannst du dir das merken?“
„Sicher. Invito sangui–“
„Warte, noch nicht. Zuerst das Blut.“
Er zog sein Messer aus der Hosentasche und klappte die silberne Klinge auf. Ohne weitere Erklärung nahm er Melodys Hand und zog einen Schnitt über ihre Handfläche. Sie sog schmerzhaft die Luft ein und wollte ihm die Hand entziehen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
„Es tut gleich nicht mehr weh“, versprach er und ließ ihre Hand los. Melody ballte sie zur Faust. Severus beobachtete sie und zog sein Messer dann über die eigene Handfläche. Blut trat hervor.
„Kannst du die Formel noch?“
Melody nickte stumm.
„Dann gib mir die Hand.“
Sie streckte ihm still die blutverschmierte Hand hin. Er lächelte sie aufmunternd an und presste seine Handfläche auf ihre. Blut tropfte ins Gras. „Jetzt, Melody, die Formel ...“, forderte er sie ruhig auf.

Es klappte! Severus war sich nicht sicher gewesen, ob noch andere Zauber gegen Fremde auf dem Grundstück lagen, aber die Blutschranke schien neben dem Muggleabwehr-Zauber der einzige Schutz zu sein. Er holte seinen Zauberstab hervor und heilte den Schnitt auf Melodys Hand, dann den auf seiner eigenen.
„Gut gemacht, kleine Hexe“, sagte er anerkennend und wuselte ihr durch die Haare.
Sie duckte sich. „Papa, lass das!“
Dann ging sie neugierig weiter, betrat die Ruine und verschwand. Severus atmete einige Male tief durch, verscheuchte die Schatten der Vergangenheit, die sich hartnäckig in sein Bewusstsein schoben, duckte sich unter einem herabhängenden Balken hindurch und betrat das Innere der Ruine ... Es sah nicht anders aus als draußen. Das Haus war komplett überwachsen, mitten im ehemaligen Wohnzimmer stand eine kleine Birke.
„Können wir hier wohnen?“, fragte Melody aufgeregt.
Severus verzog das Gesicht. „Es gehört dir“, antwortete er ausweichend. „Sehr wohnlich sieht es aber nicht aus, oder?“
Melody blickte sich seufzend um und schüttelte den Kopf. „Hast du das Haus gesehen, als es noch stand?“, wollte sie wissen.
„Nein, es war ausgebrannt, als ich das erste Mal herkam.“
Melody sah ihn einen Augenblick nachdenklich an, dann fuhr sie mit ihrer Entdeckungstour fort. Severus lehnte sich gegen die Birke und beobachtete sie dabei. Ihm war unwohl. Er musste es hinter sich bringen, er musste sich seinem Albtraum stellen, und seiner Schuld. Er holte noch einmal tief Luft, dann trat er aus der Ruine nach draußen, dort wo früher der Garten gewesen war, dort wo damals Liz’ Vater tot im Gras gelegen hatte, die anklagenden Augen auf ihn, Severus Snape, gerichtet, auf ihn, der ihn hätte retten sollen, der ihn hätte verteidigen müssen. Es wäre seine Pflicht gewesen, diesen Muggel, der sich gegen Zauberer nicht wehren konnte, der der Folter der Todesser wehrlos ausgeliefert war, zu schützen, ihn, den einzigen Muggel, der Severus je Eindruck gemacht hatte und der ihn vorbehaltlos aufgenommen hatte, als seine Tochter Liz ihn mit nach Hause gebracht hatte. Severus ächzte unter seiner Schuld und schloss die Augen. Da schob sich eine warme Hand in seine. Er öffnete die Augen nicht, atmete aber tief durch und drückte die Hand seiner Tochter.
„Papa, es ist alles gut“, nuschelte sie und legte den Kopf an seinen Arm. „Der Garten ist wunderschön. Schau!“
Langsam öffnete Severus die Augen und ließ den Blick über die Wildnis gleiten.
„Ist es nicht schön hier?“, fragte die kleine Hexe noch einmal.
Severus nickte.
„Gefällt es dir auch?“
Severus nickte erneut.
„Glaubst du, dass du hier glücklich sein könntest?“, fuhr sie mit ihrem Verhör fort.
Er blickte auf sie hinunter und sie strahlte. „Hmm“, brummte er. „Wenn du da bist, werde ich es bestimmt schaffen, hier glücklich zu sein.“
„Dann werde ich immer da sein, wenn du hier bist“, antwortete sie entschieden und zog ihn in den Garten hinaus.
Sie begann das Grundstück der Grenzmauer entlang abzuschreiten und zu begutachten. Severus setzte sich auf die Steinbank, die unter einem alten Nussbaum stand. Die Bank war in der Mitte gesprungen, aber stabil.
„Hier gibt es Dämonskraut“, rief Melody. „Und Knallerbsen. Und das hier ... Papa, ist das ein Zappelveilchen?“ Sie brachte eine gelbliche Blume, die sich wild hin und her drehte und ihr aus der Hand springen wollte.
„Ja, das ist eine, und eine besonders Wilde. Du solltest diese Blumen nicht ausreißen, Melody.“

Die Blume sprang ihr aus der Hand. Melody bückte sich und versuchte sie wieder aufzuheben, strauchelte allerdings über eine der Wurzeln des Nussbaums. Mit den Händen suchte sie Halt am Stamm. Ein Kribbeln ging durch ihre Finger und ihren ganzen Körper, dann bewegte sich die große Wurzel, über die sie gestolpert war, zur Seite. Darunter erschien ein Hohlraum, in dem eine Schatulle lag.
Melody schluckte und hob die Schatulle auf.
„Papa“, flüsterte sie aufgeregt. „Hast du das gesehen?“
Ihr Vater drehte sich mit gerunzelter Stirn zu ihr um und starrte die Schatulle an. Er warf einen Blick auf den Hohlraum und die Wurzel, die sich gerade wieder darüber schob, dann rückte er zur Seite, sodass Melody die Schatulle neben ihn auf die Bank stellen konnte.
Er zog seinen Zauberstab hervor und fuhr damit prüfend über das Holzkästchen.
„Öffne es“, meinte er schließlich, behielt den Zauberstab allerdings in der Hand.
Melody versuchte, das Scharnier zu öffnen. Es ging nicht.
„Es ist für dich“, meinte ihr Vater überzeugt. „Sag deinen Namen. Vielleicht springt es dann auf.“
„Melody. Melody Snape.“
Ihr Vater schüttelte den Kopf. „Nein, doch nicht Snape. Rohan. Oder Cartney ...“
„Melody Rohan ... Melody Cartney.“
Nichts tat sich. „Den ganzen Namen, alles zusammen“, schlug ihr Vater vor.
„Melody Eileen Rohan Cartney ... Snape.“

Endlich sprang der Deckel einen Millimeter auf. Melody wollte ihn aufreißen, aber ihr Vater hielt sie zurück. „Vorsicht, man weiß nie, was einen erwartet, wenn man eine Kiste öffnet. Geh einen Schritt zurück.“
Er schob langsam den Zauberstab unter den Deckel und hob ihn vorsichtig an. Darin lagen zwei kleine Glasphiolen.
„Was ist das?“, fragte Melody neugierig. Sie stand wieder dicht neben ihm und streckte die Hand nach den Phiolen aus. „Zaubertränke?“
„Erinnerungen“, antwortete ihr Vater und lehnte sich erleichtert zurück. „Das sind Erinnerungen. Für dich.“
Melody starrte ihn mit offenem Mund an. „Erinnerungen? Von meinen Großeltern?“
„Du warst doch noch gar nicht auf der Welt, als sie starben“, gab er zu bedenken.
„Dann sind die Erinnerungen ... von meiner Mutter?“ Ihre Stimme war nur noch ein heiseres Flüstern. Sie keuchte und versuchte ruhig zu atmen. Ihre Augen verengten sich, ihr Kinn bebte, sie hatte die Hände zitternd ineinander verschränkt.
„Vermutlich.“ Severus versuchte, ruhig zu bleiben, aber auch er spürte eine beklemmende Nervosität in sich. Er legte ihr beruhigend die Hand auf den Arm.
Ihre Augen schienen zu schwimmen. „Wie können wir sie ansehen?“, fragte sie flüsternd.
„Wir brauchen ein Denkarium.“
„Ein was?“
„Ein Denkarium. Komm, ich weiß, wo wir eines finden.“ Er klappte den Deckel der Schatulle zu und reichte sie Melody. „Lass sie ja nicht fallen! Komm.“ Er hielt sie am Arm fest und versuchte zu disapparieren, aber auch nach so vielen Jahren lag noch ein Apparierschutz über dem Grundstück. Innerlich aufstöhnend machte er sich auf den Rückweg durch die Ruine, den Vorgarten und das Gartentor. „Wir gehen nach Hogwarts zurück“, erklärte er knapp, bevor er Melody am Arm festhielt und disapparierte.

Eine Viertelstunde später standen die beiden in Dumbledores Büro. Er hatte ihnen das Denkarium auf seinen Schreibtisch gestellt und sich zurückgezogen. Melody schaute fasziniert auf das runenverzierte Steinbecken.
Ihr Vater nahm die Schatulle, öffnete sie und entnahm ihr eine der beiden Phiolen.
Melody beobachtete ihn mit offenem Mund. „Und jetzt?“
Ihr Vater öffnete die Phiole und ließ die silberne Flüssigkeit in das Denkarium tropfen. Im Becken bildeten sich bunte Farbwirbel. Melody lehnte sich näher, um genauer hinzusehen.
„Jetzt ... tauchen wir in die Erinnerung ein“, erklärte ihr Vater. „Kopf voran.“
Melody war etwas mulmig zumute, als sie ihren Kopf über die Schale beugte. Als sie mit der Nasenspitze die Flüssigkeit im Denkarium berührte, spürte sie einen starken Sog, der sie in den Farbwirbel hineinzog und schließlich unsanft in einem kleinen Raum abstellte.

Es war ein kleines Zimmer mit nichts darin als einem Schrank, einer Kommode und einem Bett. Auf dem Bett saß, die Beine unterschlagen, eine Gitarre auf dem Schoß – Liz. Vor ihr auf der Decke lag der Säugling, den Melody in einer ihrer eigenen ersten Erinnerungen gefunden hatte, und schaute Liz aus staunenden, quecksilbernen Augen an. Die junge Frau spielte die Melodie eines Wiegenlieds, das Melody vage vertraut vorkam. Dann strich sie die langen Haare hinter die Ohren und begann ein neues Stück zu spielen. Sie sang dazu ...

Oh, my little angel,
You are the flesh and blood
Of my flesh and my blood.
It was God who breathed life into you
And, for me ...
That was His greatest gift of all.

And now as I watch you sleeping,
I'm still lost in wonder
At the miracle of your birth,
And lost for words to describe
The blessings you have brought me.

Where once my life seemed sometimes
empty and futile,
Now you fill me up and give me reason to live.
In a world full of suspicion, dishonesty and distrust
You, my little angel, are an open book:
When I am weak ... you give me strength.
When I am drifting ... you are my anchor.
Yesterday I found you weeping over a broken doll,
And I wanted to cry as I held you in my arms,
And when the day comes that I find you weeping
over a broken heart,
I know I'll want to die, but ...
I'll still be here to comfort you.
Oh, my little angel,
What'er befalls you in the years ahead,
May the Lord above, who gave you to me,
Hold you in the hollow of His hand.

Liz hob den Blick und lächelte Melody an, und Melody wäre unter ihrem Blick zu Boden gesunken, wenn ihr Vater nicht hinter ihr gestanden und sie gehalten hätte. Dann war der Augenblick vorbei und Liz blickte wieder auf den Säugling. Der Raum war erfüllt von Traurigkeit, Wehmut und Liebe.

Plötzlich löste sich die Szenerie auf und Melody fand sich unvermittelt wieder in Dumbledores Büro. Sie schaffte es nicht, ihren Vater anzusehen. Sie spürte, sie würde zu weinen anfangen. Sie schaute sich im Raum um als suchte sie etwas, woran sie sich festhalten konnte. Ihr Blick fiel auf den Phönix, der ruhig auf einer Stange saß und sie aus geheimnisvollen Augen wissend anschaute. Er schien zu lächeln und Melody biss auf ihre zitternde Unterlippe. Sie spürte die Hand ihres Vaters, die beruhigend über ihren Rücken strich, schluckte und atme tief durch.
„Möchtest du die zweite Erinnerung anschauen oder brauchst du eine Pause?“
„Nein, keine Pause“, erwiderte sie knapp.
Ihr Vater hielt den Zauberstab an die Oberfläche des Denkariums. Er zog die Erinnerung als silbernen Faden wieder aus dem Becken und gab sie vorsichtig zurück in die leere Phiole, bevor er sie sorgsam wieder verschloss.
Melody nahm die zweite Phiole aus der Schatulle und zog mit einiger Mühe den Kork heraus. Dann hielt sie die Phiole über das Denkarium und beobachtete, wie die silberne Flüssigkeit ins Becken floss und sich in bunte Farbwirbel auflöste. Sie beugte sich darüber und hatte einen kurzen Augenblick das Gefühl, Blumenduft einzuatmen, dann berührte ihre Nase die kühle Oberfläche und sie wurde in eine weitere von Liz’ Erinnerung hineingesogen ...

Severus tauchte ebenfalls ins Denkarium hinein. Sein Herz schlug heftig gegen die Rippen und er registrierte kurz, dass ihm das Atmen nicht ganz so einfach fiel wie normalerweise.

Er stand wieder im Garten von Cartneys Haus und drehte sich nach dem Haus um; es war nichts als eine Ruine, aber der Garten wirkte noch nicht ganz so verwildert. Liz kam aus dem Haus, ging an Melody und ihm vorbei, ohne sie anzusehen, und setzte sich auf die Steinbank unter dem Nussbaum. Sie wischte mit der Hand einige Nüsse und Blätter von der Bank neben sich und sagte: „Setz dich, Melody.“
Melody blickte ihn verunsichert an. „Setz dich“, sagte er ruhig und trat näher. Er selber ging neben ihr in die Hocke, um mit den beiden Hexen auf Augenhöhe zu sein. Etwas in ihm zog sich schmerzhaft zusammen, als er die beiden nebeneinander vor sich sitzen sah: Melody, ein Kind aus Fleisch und Blut, und Liz, ein Schatten der Vergangenheit. Und doch sahen sie sich so ähnlich! Melody schaute ihn nervös an und er legte beruhigend seine Hand auf ihre. Liz wartete eine Weile still, den Blick irgendwo jenseits der fassbaren Welt, dann zog sie ein Pergament aus der Tasche, rollte es aus, räusperte sich und begann zu lesen:


Liebe Melody,
ich habe mir das alles aufgeschrieben, damit ich nichts vergesse oder durcheinanderbringe. Du bist jetzt fünf Monate alt. Ich habe dich vor 159 Tagen bei Hanna gelassen, und es vergeht kein Tag, keine Stunde, in der ich nicht voller Sehnsucht an dich denke. Ich habe gedacht, es wäre das Beste, dich bei Hanna zu lassen. Du bist dort in Sicherheit, und ich weiß, dass Hanna dich liebt, als wärst du ihr eigenes Kind.
Dich wegzugeben, dich zurückzulassen war die schwierigste Entscheidung meines Lebens und das Schlimmste, was ich je machen musste. Das Leben ohne dich ist leer und kalt. Und es gibt nur einen einzigen Grund, weshalb ich morgens aufstehe und meiner Aufgabe als Aurorin nachkomme, einen einzigen Grund, weshalb ich esse, atme und lebe: Wenn all das vorbei ist, wenn alle dunklen Magier hinter Schloss und Riegel sind, werde ich zurückkommen und bei dir bleiben, für immer. Daran halte ich mich bei jedem Atemzug fest.
Ich habe deinem Vater nichts von der Schwangerschaft erzählt. Ich dachte, dass er damit nicht umgehen könnte und mich verlassen würde, deshalb bin ich ihm zuvor gekommen. Aber ich bin mir nicht mehr sicher, ob es richtig war. Ich habe ihm nicht die Möglichkeit gegeben, darüber nachzudenken und zu entscheiden, welchen Weg er gehen wollte. Ich denke oft an ihn. Ich frage mich, wie er reagieren würde, wenn er dich sehen könnte.
Sobald sich die Situation in der Zauberwelt beruhigt hat, werde ich zu ihm gehen und mit ihm sprechen. Ich werde dich mitnehmen. Ich bin fast sicher, dass er dir, wenn du ihn anlächelst, nicht wird widerstehen können. Vielleicht wird dann alles gut. Dann können wir alle wieder zusammen sein. Wir können eine Familie werden, du und er und ich. Wir können in Hogsmeade ein Häuschen kaufen. Von dort kann dein Vater nach Hogwarts gehen, wo er unterrichtet, und wir können ihm jeden Abend bis zum Schloss entgegengehen und ihn abholen. Ich stell mir vor, wie du auf ihn zurennst und wie er dich auffängt und durch die Luft wirbelt ...
Ja, das sind die Gedanken, an denen ich mich festhalte, jeden Tag, jede Stunde, jeden Atemzug. Aber ich weiß, dass wir noch weit davon entfernt sind, dass noch viel Arbeit im Kampf gegen das Böse auf ihn und mich, auf uns alle wartet. Und für den Fall, dass alles anders kommt und ich dich nicht mehr wiedersehen kann, habe ich Hanna hierher auf das Grundstück meiner Eltern eingeladen und ihr das Versprechen abgerungen, mit dir hierher zurückzukommen, wenn du alt genug bist, die Wahrheit zu erfahren.
Das ist das Haus deiner Großeltern. Sie sind im Kampf gegen die dunklen Magier gestorben. Dein Vater macht sich deswegen Vorwürfe. Er denkt, dass es seine Schuld war, aber das war es nicht: Deine Großmutter und dein Bruder waren hervorragende Kämpfer, auch wenn sie letztendlich unterlegen waren. Ich führe ihren Kampf fort, und ich weiß, dass dein Vater, auf seine Weise, dasselbe macht. Das Haus und das Grundstück hier gehören dir. Ich habe sie auf deinen Namen übertragen lassen. Die Besitzurkunde liegt sicher verwahrt in der Zauberbank Gringotts im Verließ 368. Der Schlüssel für das Verließ ist hier ...“

Liz ließ das Pergament sinken und langte in ihren Umhang. Sie öffnete die Hand und da lag ein altertümlicher, großer Schlüssel. Sie streckte die Hand aus und sagte: „Nimm ihn, Melody. Er gehört dir.“
Severus sah seine Tochter an. Sie schaute ihn aus großen Augen mit angehaltenem Atem an. „Nimm ihn, Melody“, wiederholte er Liz’ Worte.
Da streckte seine kleine Hexe zaghaft die Hand aus. Sie zitterte leicht. Als ihre Finger sich um den Schlüssel schlossen, legte Severus seine Hand über ihre. Für einen kurzen, magischen Wimpernschlag hielt er die Hände der beiden Hexen, die für ihn die Welt bedeuteten, in seinen. Dann zog Liz ihre Hand zurück, stand auf, ging durch ihn hindurch zum Haus zurück und verschwand.


Melody keuchte erschrocken, sprang auf und wollte hinter ihr herlaufen, aber Severus hielt sie zurück. „Das ist eine Erinnerung, Melody“, mahnte er sie. „Sie wird gleich zu Ende sein.“
Sie vergrub ihr Gesicht in seiner Robe und hielt sich an ihm fest, während er spürte, wie er in die Luft gehoben wurde und kurz darauf wieder in Dumbledores Büro stand.
Severus konnte kaum atmen. Er versuchte, die Arme seiner Tochter zu lösen, doch sie klammerte sich mit aller Kraft an ihn und wollte nicht loslassen. Sie schluchzte. Severus legte seine Wange auf ihre Haare und wiegte sie hin und her. Ihm war flau im Magen. Liz hatte zu ihm zurückkommen wollen. Sie hätten eine Familie werden können, Melody, Liz und er. Sie hätten alle drei zusammen in Hogsmeade gelebt, und Liz und Melody hätten nach einem langen Arbeitstag an den Toren von Hogwarts auf ihn gewartet. Er hätte die Kleine hochgehoben und sie auf seinen Schultern nach Hause getragen ...
Endlich ließ ihn Melody los. Severus merkte erst jetzt, dass sie die Hand zur Faust geballt hatte. Langsam löste sie die Finger. In ihrer Hand lag der Schlüssel. Sie starrte ihn eine halbe Ewigkeit lange an, dann blickte sie zu ihm hoch. Graue Schleier voller Traurigkeit lagen über ihren obsidianschwarzen Augen. „Das ist Magie ...“
Severus nickte. „Das war deine Mutter. So etwas konnte nur sie. Sie war eine hervorragende Hexe und eine außergewöhnliche Frau ...“

ENDE


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