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Fanfiction

Aus der Asche - 35. Kapitel / Severus’ schlimmste Erinnerung

von fiirvogel

Wieder einmal erwartete Severus seinen verhasstesten Schüler, Harry Potter, zu einer weiteren zähen Okklumentikstunde. Gottlob würde nachher seine kleine Hexe ebenfalls zu einer Okklumentikstunde kommen. Er hatte angefangen, das so einzurichten. Melody konnte jeweils noch einen angenehmen Schlusspunkt unter den Abend setzen, auch wenn die Okklumentikstunden mit ihr emotional bisweilen auch sehr anstrengend sein konnten.
Severus hatte mit Potters Okklumentikstunde noch nicht einmal begonnen, als Malfoy hereinplatzte und ihm mitteilte, dass Montague, der am Vortag verschwunden war, in einer Toilette wieder gefunden worden sei, jedoch Mühe habe, sich zu artikulieren.
Severus musste nach ihm sehen, schließlich war Montague der Kapitän der Slytherin-Quidditchmannschaft, und es gehörte zu Severus’ Pflichten als Hauslehrer von Slytherin, sich persönlich nach seinem Wohlbefinden zu erkundigen. Er verschob Potters Okklumentikstunde auf einen anderen Abend, entließ den Jungen und eilte in den Krankenflügel. Als er eine Viertelstunde später wieder in den Kerker herunterkam, fand er Potter, der sich im Denkarium seine schlimmsten Erinnerungen ansah – zumindest die Erinnerungen, die in Zusammenhang mit Potter am schlimmsten waren und die er deshalb vor jeder Okklumentiksitzung mit ihm dort deponierte.
Severus war außer sich vor Wut. Wie konnte Potter es wagen! Nie mehr wollte er ihn in seinem Büro sehen. Er jagte ihn wutschnaubend zum Teufel und schlug die Tür hinter ihm zu, dass die Glasgefäße auf den Regalen bedenklich ins Wanken kamen. Severus hatte sich noch nicht beruhigt, als Melody eine halbe Stunde später aus dem Kamin stolperte und ihn fröhlich begrüßte.

Irgendetwas war nicht in Ordnung mit ihrem Vater. Melody hatte es gleich gespürt. Er war wütend, er brodelte richtiggehend. An seinem Verhalten ihr gegenüber merkte sie, dass nicht sie der Grund für seine Wut war; demnach mussten Harry und er aneinander geraten sein. Harry hatte nämlich immer vor ihr Okklumentik …
Melody hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, was wohl der Grund für seine Verstimmung war. Ihr Vater stellte sich vor sie hin, hob fragend eine Augenbraue, und als sie nickte, rief er: „Legilimens!“
Melody leerte ihren Kopf von allen Gedanken und Gefühlen. Sie konnte das schon ziemlich gut, auch wenn letzten Endes doch meistens ihr Vater das Kräftemessen gewann. Heute spürte sie seinen ganzen Zorn. Er war unberechenbar, wenn er wütend war, gnadenlos und brutal ...

Melody sah ihn plötzlich vor sich, schäumend vor Wut, als sie ihm ohne Absicht eine lange Nase angehext hatte. Er kam bebend vor Zorn auf sie zu und packte sie grob am Arm – sie standen in einem Kleidergeschäft, Melody zerrte ihn am Ärmel. „Komm, versuch das T-Shirt, bitte!“ Wütend fauchte er sie an: „Lass mich los!“ – Tom, der sie am Arm festhielt und mit der Hand ausholte , während sie sich, siebenjährig, die Hände über den Kopf hielt und schrie: „Ich hasse dich! Ich hasse dich!“ – der grüne Totenkopf über dem brennenden Haus in Rickmansworth – die Schlange – sie selber, wie sie schreiend aus einem Albtraum aufwacht ...

Dann spürte auch Melody Wut hochkommen: Wut darüber, dass sie diese Szenen immer und immer wieder durchleben musste, wo sie doch nichts mehr wollte, als alles zu vergessen! Sie nahm ihre ganze Wut zusammen und stieß ihren Vater mit einer Entschlossenheit und Vehemenz aus ihren Erinnerung zurück, die selbst ihn überrascht haben musste, denn sie spürte ein sonderbares Schwindelgefühl, dann war sie plötzlich von Bildern umgeben, die ihr fremd waren.

Ein kleiner Junge mit zerzausten, schwarzen Haaren, der versuchte auf einen bockenden Besen aufzusteigen – der Teenager Severus, der unter dem Gelächter einer ganzen Traube von Gryffindorschülern, darunter James und Sirius, seine zerrissene Schultasche und deren Inhalt auf dem Boden zusammenklaubte – Liz und Severus auf dem Astronomieturm in einer innigen Umarmung.
Dann sah Melody wieder ihren Vater, sichtlich älter als in den letzten Bildern: Vorsichtig ging er durch eine verwüstete Wohnung und bog um die Ecke in ein Zimmer. Und dort lag eine junge Frau, dieselben dunkelbraunen Haare wie Melody, und Melody wusste instinktiv: Das war ihre Mutter. Melodys Blick blieb an den Blessuren und Verletzung an den schlanken Armen hängen. Dann sank Severus mit einem Keuchen neben Liz zu Boden ... Melody wollte die Augen schließen, als er Liz anfasste und umdrehte, aber sie konnte den Blick nicht abwenden und starrte entsetzt in das Gesicht ihrer toten Mutter ...

Melody drehte sich um und versuchte, aus dieser entsetzlichen Erinnerung ihres Vater zu fliehen, weg, bloß weg aus dieser Wohnung. Plötzlich tat sich der Boden auf und Melody fiel ... Finsternis umgab sie, und eisige Kälte. Endlich sah sie wieder Licht, ein Bild, sie versuchte zu fokussieren, doch es blieb leicht unscharf: es war wieder ihre Mutter. Sie lebte und hielt einen Säugling im Arm, der – oder die, schoss es Melody durch den Kopf – sie aus großen, quecksilbernen Augen gebannt beobachtete und ihr zuhörte. Melody verstand kein Wort, sie lauschte – wie der Säugling – atemlos dem Klang der melodiösen Stimme. Dann drückte Liz den Säugling an sich und Melody spürte, wie sie warme, weiche Arme einhüllten. Sie roch Pfirsich und Apfel und hörte ein Herz schlagen. Liz streckte den Säugling Hanna entgegen, die ihn ihr abnahm. Der Säugling verzog das Gesicht und begann zu wimmern. Liz blickte auf und Melody sah ihr tränenüberströmtes Gesicht. Ihre Lippen zitterten, und der Klang ihrer Stimme bebte. Der Säugling jammerte, als wüsste er, was nun folgen würde. Liz warf einen letzten Blick auf ihr Kind und einen auf ihre Freundin Hanna, dann fasste die den Türgriff, öffnete die Tür und verschwand. Der Säugling begann herzzerreißend zu schreien. Dann wurde alles schwarz und Melody hörte nur noch das Weinen des Säuglings und spürte Angst und grenzenlose Verzweiflung durch sich hindurch wallen.
Endlich sah sie wieder das Gesicht ihres Vaters vor sich. Das Weinen war nicht leiser geworden, und es dauerte eine Weile, bevor Melody merkte, dass sie selber weinte. Sie saß auf dem Boden. Ihr Vater kniete vor ihr. Er war aschfahl ...

Das Schluchzen schüttelte seine kleine Hexe. Severus hielt ihre Hände fest und fühlte sich nicht in der Lage, etwas zu sagen, was sie hätte trösten können. Auch er hatte Liz nicht verstanden, was wohl daran lag, dass sie in die Erinnerungen eines wenige Wochen alten Säuglings geraten waren, aber allein der hoffnungslose, verzweifelte Klang in Liz’ Stimme war genug gewesen, dass sein Herz sich schmerzhaft zusammengezogen hatte.
Melody sah ihn aus obsidianschwarzen Augen an, in denen sich Liz’ Verzweiflung und ihre Hoffnungslosigkeit spiegelten. Endlich erwachte er aus seiner Starre. Er zog seine Tochter an sich und nahm sie in die Arme. Sie vergrub ihr Gesicht in seiner Robe.
Ein Klopfen brachte ihn abrupt zurück in die Realität. Melody keuchte erschrocken. Severus zog sie mit sich auf die Beine und vergewisserte sich, dass sie stehen konnte, bevor er sie losließ und zwei Schritte zurücktrat. Es klopfte erneut.
Melody wischte sich mit den Handballen die Tränen aus den roten Augen und biss auf die zitternden Lippen. Sie holte tief Luft, richtete sich gerade auf und nickte ihm kaum merklich zu.
„Herein!“, rief Severus, seine Stimme so hart und kalt wie immer. Er war ein Profi!

Melody hatte sich vorgenommen, nicht zur Türe zu blicken. Sie war sich nur zu bewusst, wie aufgelöst sie aussehen musste. Doch als sie Malfoys gedehnte Stimme hinter sich hörte, fuhr sie elektrisiert herum.
„ Draco“, grüßte ihr Vater kühl.
„Entschuldigen Sie, Professor, aber Montagues Eltern sind soeben angeko– ... Oh, wie ich sehe, störe ich!“
Melody verschränkte krampfhaft die Finger ineinander, als sie den hämischen Tonfall hörte. Sie starrte konzentriert auf ein Glas, in dem in einer gelblichen Flüssigkeit zwei konservierte Pixies schwammen.
„Miss Rohan?“
Melody drehte langsam den Kopf zu ihrem Vater und ihre Augen trafen sich.
Papa?
„Sie haben alle Schulkessel geschrubbt?“
Sie antwortete nicht.
„Dann können Sie jetzt gehen.“
Bitte nicht! Schick mich nicht weg!
„Miss Rohan! Ich habe gesagt, Sie können gehen. Los, verschwinden Sie!“
Melody wandte sich betäubt zur Tür und ging an Malfoy vorbei in den Korridor hinaus, ohne noch einmal zurückzublicken. Sie war sich ihrer Umgebung kaum bewusst. Ihre Beine fanden den Weg durch das Schloss hinauf in den Gryffindorturm von alleine. Und wie Harry eine gute Stunde vor ihr, durchquerte auch sie den Gemeinschaftsraum, ohne irgendjemanden um sich herum wahrzunehmen, stieg in den Schlafsaal hinauf, legte sich so wie sie war ins Bett, zog die Decke über den Kopf und rollte sich darunter zusammen.

Melody schlief schlecht: neben der Schlange, Hanna und Tom reihten sich die Bilder ihrer Mutter in ihre Albträume ein. Und plötzlich sah sie sich selber durch Glasscherben, zerfetzte Bücher und zerschlagenes Geschirr waten. Sie trat um eine Ecke und blieb wie angewurzelt stehen. Dort lag reglos eine schwarz gekleidete Gestalt mit schwarzen Haaren, und Melody wusste, ohne dass sie den leblosen Körper umdrehen musste, dass es ihr Vater war. Sie drehte sich um und lief schreiend davon, rutschte auf einem Papier aus und stürzte. Sie erwachte und hielt sich die schmerzende Stirn. Sie war aufgestanden und mit der Stirn in einen der vier gedrechselten Pfosten ihres Himmelbetts geprallt. Sie glitt auf den Boden, Rücken gegen das Bett, und zog die Beine an. So blieb sie sitzen, bis es langsam hell wurde.
Die Szene mit ihrer Mutter kam ihr in den Sinn. Wie war es möglich, dass sie etwas gesehen hatte, an das sie sich nicht mehr erinnern konnte. Woher waren die Bilder gekommen? Sie spürte die Angst und Verzweiflung des Säuglings immer noch tief in sich drin. Waren sie schon immer da gewesen? Waren sie der Grund, weshalb sie sich als Kind vor dem Alleinsein gefürchtet hatte? Der Grund weshalb sie es kaum ertragen konnte, dass Tom ihr gegenüber oft so abweisend gewesen war?
Das Gefühl, alleine gelassen worden zu sein, war kaum zu ertragen. Ihr Vater hätte sie nicht einfach weggehen lassen dürfen! Er hätte Malfoy hinausschicken müssen! Er hätte für sie da sein sollen. Sie hätte ihn gebraucht, mehr denn je. Sie brauchte ihn.

Melody ließ das Frühstück aus. Sie stand in der Eingangshalle und brachte es nicht fertig, auch nur einen einzigen Schritt in die lärmige Halle zu setzen. Ihr Magen zog sich beim bloßen Gedanken, sich dort in die aufgeregt diskutierende Masse Schüler setzen zu müssen, schmerzhaft zusammen. Sie stieg hinauf in den dritten Stock und wartete im Westflügel vor Flitwicks Klassenzimmer darauf, dass die Stunde begann. Betäubt saß sie zuhinterst im Klassenzimmer und starrte vor sich hin. Kein Wort nahm sie von dem, was Flitwick erzählte, auf. Ihre Gedanken wanderten ruhelos immer wieder zurück zu den Erinnerungen, die sie am Abend vorher ausgegraben hatte.
Lindsay, Mariah und Nora hatten aufgegeben zu fragen, was los war. Melody schien weit weg und hörte sie offensichtlich nicht. Die drei nahmen sie einfach in die Mitte und lotsten sie zu Umbridges Klassenzimmer zu ihrer Stunde Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Sie wollten das Zimmer soeben betreten, als Malfoy, Crabbe und Goyle herauskamen. Melody blieb stehen, als sei sie vom Blitz getroffen worden.
„Na, hast du alle Schulkessel geschrubbt?“, fragte Malfoy sie lachend.
Melody hörte kaum, was er sagte. Sie nahm nur den höhnischen Tonfall wahr. Mehr brauchte es nicht, sie heute aus der Fassung zu bringen. Sie machte kehrt und rannte davon. Mariah lief ihr hinterher, doch Melody verschwand hinter einem Wandvorhang, rannte eine versteckte Treppe hinauf und brauchte eine gute Viertelstunde, bis sie wieder wusste, wo sie sich befand. Sie ging eilig zurück zum Gryffindorturm, leerte den Inhalt ihrer Schultasche aufs Bett, stopfte stattdessen ihre Mütze, ihren CD-Player und die drei CDs hinein. Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und eilte durch das leere Schloss – der Unterricht hatte längst begonnen – nach draußen. Sie stopfte die Stöpsel in die Ohren, stellte die Musik so laut sie konnte und lief los. Gottlob war der CD-Player immun gegen Erschütterungen, seit ihr Vater ihn manipuliert hatte. Das fehlte in der Muggelwelt noch: das portable, erschütterungsfreie Abspielgerät für Musik.
Melody rannte ziellos drauflos und hatte bereits den halben See umrundet, als es zu regnen begann. Sie schloss die Augen und spürte die Regentropfen über ihr Gesicht wandern. Sie breitete die Arme aus und drehte sich zur Musik. Allmählich fiel ein Teil der Spannung von ihr ab. Sie spürte den Rhythmus durch sich hindurchfließen und sah Matthew vor sich. Bei ihm wäre sie jetzt gerne. Sie vermisste ihn.
Als sie das gegenüberliegende Ufer des Sees erreicht hatte, setzte sie sich, inzwischen tropfnass, ans Ufer. Durch eine Regenwand hindurch konnte sie knapp die Umrisse des Schlosses erkennen. Wie lange sie es noch aushalten würde, Malfoy Tag für Tag zu begegnen? Seine Stimme zu hören, seine blonden Haare zu sehen? Wie lange sie wohl noch Tag für Tag Theater spielen konnte? Melody nahm einen Stein in die Hand und schleuderte ihn ins Wasser.

„Wo ist Miss Rohan?“ Severus hatte beunruhigt festgestellt, dass seine Tochter fehlte. Seine Stimme klang hart und kalt wie immer, wie er aus Miss Duncans Reaktion herauslas. Sie sah nervös auf den Boden.
„Tut mir Leid, Professor, wir wissen es nicht.“
„So, Sie wissen es nicht.“ Seine Lippen kräuselten sich. „Und ich dachte, in Gryffindor wird Freundschaft und Loyalität so hoch gehalten ...“, fügte er mokant an. „Wenn Sie Miss Rohan treffen, richten Sie ihr aus, sie solle sich unverzüglich bei mir melden. Ich dulde es nicht, dass jemand dem Unterricht unentschuldigt fernbleibt.“
Miss Duncan nickte stumm und knibbelte an ihrem Umhang herum.

Melody blieb verschwunden. Severus machte am Nachmittag persönlich einen Kontrollgang durch das Schloss, vom Krankenflügel bis hinauf zum Astronomieturm, aber ohne Erfolg. Den Nachmittagsunterricht mit den Fünftklässlern war geeignet, seine Stimmung auf den absoluten Tiefpunkt zu bringen: eine ganze Stunde lang musste er Potters und Malfoys Visagen ertragen. Er gab der Klasse als Kollektivstrafe für seine schlechte Laune eine besonders lange Hausarbeit, auch wenn ihm bewusst war, dass er sie anschließend würde korrigieren müssen.
Die Schüler stöhnten unisono: sie standen kurz vor ihren ZAG-Prüfungen und schienen in Arbeit zu ertrinken. Sogar Granger, die normalerweise regelrecht um Aufgaben bettelte, wurde rot. „Sir, könnten wir die Arbeit nicht verschieben, bis wir die Prüfungen abgeschlossen haben? Wir haben momentan ziemlich viel zu tun.“
„Tut mir Leid, Miss Granger, wenn Sie mit Ihrer Arbeit überfordert sind, sollten Sie in Erwägung ziehen, das eine oder andere Fach aufzugeben“, antwortete er eiskalt. „Sie haben Zeit bis Montag. Zwei Rollen Pergament ... Und: gebrochene Arme, Fieberschübe und Todesfälle in der Familie werden als Ausrede nicht akzeptiert!“ Damit entließ er die murrende Klasse. Ihr Unmut verschaffte ihm einen gewissen Grad an Befriedigung, wenn auch nicht viel.
Als er sich zur Abendessenzeit wie gewohnt an seinen Platz am Großen Tisch gesetzt und seinen Teller gefüllt hatte, ließ er den Blick über die vier Haustische gleiten. Keine Spur von seiner Tochter. Granger sah ihn fragend an, er erwiderte den Blick mit zusammengekniffenen Augen.
„Severus?“ Minerva setzte sich neben ihn und faltete ihre Serviette auseinander. „Ich habe gerade mit Hagrid gesprochen.“ Sie beugte sich näher zu ihm und senkte die Stimme. „Er hat Melody gefunden. Sie sitzt am See, auf der anderen Seite. Er konnte sie nicht dazu bewegen mitzukommen.“
Severus überlegte nicht lange. Er knallte die Gabel auf den Teller, nickte Minerva zu und verließ die Große Halle in langen Schritten. Sie war am See, hatte wohl den ganzen Tag dort gesessen. Was hatte sie sich dabei gedacht? Worauf wartete sie? Wollte sie, dass er sich Sorgen machte und sie suchen ging? Bei diesem Gedanken hätte er beinahe kehrt gemacht. Sollte sie doch auch noch die Nacht draußen verbringen! Oder würde sie aufgeben, wenn die Sonne erst untergegangen war und es kühl wurde? Aufgeben? Eine Cartney? Kaum! Und mit dem Snapschen Temperament, das sie unleugbar in sich trug, schon gar nicht!

Die Luft war feucht, es hatte den ganzen Tag über immer wieder schubweise geregnet. Severus schritt rasch aus. Endlich entdeckte er Melody am Ufer des Sees. Sein Ärger war auf dem halbstündigen Marsch dahingeschmolzen. Er war erleichtert, seine Tochter gefunden zu haben. Nichtsdestotrotz stellte er sich in seiner ganzen, imposanten Größe vor sie hin. „Du warst heute nicht im Zaubertränkeunterricht. Was hast du als Entschuldigung vorzubringen?“
„Ich hatte keine Lust“, antwortete seine kleine Hexe ehrlich. Sie sah ihn nicht an, starrte unentwegt auf den See hinaus, als sähe sie den Riesenkraken, der dort seine Tentakel in den letzten Sonnenstrahlen sonnte, zum ersten Mal.
„Das ist keine Entschuldigung!“
Melody antwortete nicht.
„Miss Rohan. Cartney. Snape. Ich erwarte, dass du mich ansiehst, wenn ich mit dir spreche“, sagte er streng.
„Ich hatte Angst“, antwortete sie rasch, ohne den Blick vom Kraken zu nehmen.
„Wovor?“, fragte Severus verwirrt. „Vor mir?“
„Vor mir selber. Ich war wütend, weil du mich gestern Abend einfach weggeschickt hast. Und ich wusste nicht, ob ich ruhig und gleichgültig in deinen Unterricht sitzen konnte ... Ich weiß, dass ich nicht wütend sein darf. Du konntest gestern nicht anders reagieren, als Malfoy kam. Es gibt wichtigere Dinge als ... mich.“ Sie schluckte.
Severus runzelte die Stirn. „Für andere ja“, antwortete er. „Für mich nicht! Deine Zukunft ist für mich das Wichtigste, was es gibt. Ich hatte noch nie soviel Grund, mich gegen die dunklen Mächte einzusetzen, wie seitdem ich dich kenne. Aber ich werde bei meiner Aufgabe und in meiner Rolle nicht immer Rücksicht auf deine Befindlichkeit nehmen können. Das weißt du, Melody.“
Sie nickte, klaubte eine Hand voll Kieselsteine zusammen und warf sie ins Wasser.
Severus bemerkte erst jetzt, dass sie klitschnass war. Die Haare hingen ihr ins Gesicht, der Umhang triefte. Er zog den Zauberstab und sprach einen Trocknungszauber. Melody zeigte keine Reaktion. Sie starrte immer noch ins Wasser. Severus setzte sich neben sie auf den Boden.
Melody beachtete ihn nicht. Sie blickte gedankenverloren hinaus über das Wasser des Sees. „Ich wusste nicht, dass du sogar Erinnerungen zutage fördern kannst, an die ich mich gar nicht mehr erinnere“, murmelte sie schließlich tonlos.
Severus wog seine Worte genau ab, bevor er antwortete. „Alles, was wir jemals erlebt haben, ist irgendwo in unserem Unterbewusstsein gespeichert. Gerade tragische Erlebnisse brennen sich in unser Gedächtnis ein, auch wenn wir uns ihrer nicht mehr bewusst sind. Erinnerungen, Erfahrungen und Erlebnisse prägen unsere ganze Persönlichkeit, bestimmen im Unbewussten unsere Handlungen ... Die Erfahrung, von den Eltern verlassen zu werden, gehört sicher zu den schrecklichsten und prägendsten Erlebnissen im Leben eines Menschen.“
„Ich will keine Okklumentikstunden mehr machen.“
Severus antwortete nicht.
„Ich will nicht mehr!“, insistierte Melody.
„Ich weiß“, antwortete Severus schlicht.
„Und ich will Malfoy nicht mehr sehen. Ich will, dass er Hogwarts verlässt und ich ihn nie mehr sehen muss. Ich will, dass diese Träume aufhören, dass die Bilder verschwinden. Ich will nachts ruhig schlafen können. Und ich will“, – sie blickte ihn zum ersten Mal an – „dass du mich nie mehr wegschickst, wenn ich dich brauche. Und dass du mich jetzt ein bisschen festhältst.“
Severus verzog das Gesicht zu einem Lächeln. „Ein bisschen viele Wills“, knurrte er und zog sie erleichtert an sich. Sie kuschelte sich mit einem Seufzer in seine Arme und beobachtete wieder den Riesenkraken, der sich genüsslich an der Wasseroberfläche räkelte.


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