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Aus der Asche - 22. Kapitel / Wochenende

von fiirvogel

Melody schlief schon wieder, als Severus aus dem Krankenflügel zurückkam. Er deckte sie zu und ging zurück ins Wohnzimmer. Eine Weile ging er rastlos auf und ab. Er blätterte durch die neuste Ausgabe von Potions Today, rückte einen Stapel Fachzeitschriften auf dem Tisch vor dem Gewölbefenster zurecht und stellte ein Buch in ein Regal zurück. Mehr gab es in dem pedantisch aufgeräumten Raum nicht zu tun. Ordnung war Severus sehr wichtig, und er hoffte sehr, dass Melody keine Unordnung in seine Wohnung brachte. Er stellte sich Kinder chaotisch und kopflos vor, und sie hatte schon mehr als genug Unordnung in sein Leben und seine Gedanken gebracht, von den Gefühlen nicht zu sprechen!
Schließlich öffnete er die kleine Bar neben dem Tisch. Es widersprach seinem Grundsatz, Alkohol zu trinken, wenn er nervös war. Andererseits hatte er an diesem Wochenende auch nicht einen üblichen gefährlichen Einsatz für den Dunklen Lord vor sich, sondern ein Wochenende mit seiner dreizehnjährigen Tochter, und er hatte im Moment gerade ein ausgesprochenes Bedürfnis nach einem warmen Feuerwhisky. Deshalb schenkte er sich ein Glas von der klaren, bernsteinfarbenen Flüssigkeit ein und schwenkte gedankenverloren sein Glas, während er aus dem Fenster blickte. Es war – darauf war er sehr stolz – wie auch die Fenster im Labor und im Büro, von außen als Mauer getarnt, so dass er ungestört hinausschauen konnte, ohne dass ihn jemand sah. Er konnte von hier bis zum See hinunterblicken. Er liebte diese Aussicht. Sie gab ihm Ruhe, half ihm, sich zu konzentrieren. Im Sommer störten manchmal die Schüler, die sich hier gerne auf der Wiese niederließen, aber jetzt im Winter war alles ruhig, grau in grau. Auch der See lag still, nur ein leichter Wind kräuselte die oberste Wasserschicht.
Severus ging hinüber in sein Labor. Einen Zaubertrank zu brauen half ihm immer gegen innere Unruhe. Er nahm die kleine Glasphiole mit der Grundsubstanz des Veritaserums aus der Glasvitrine und prüfte die Farbe. Das Elixier war perlmuttfarben geworden und somit bereit zur Weiterverarbeitung. Severus entfachte ein Feuer, hängte den Kupferkessel darüber und goss das Elixier hinein. Es zischte leicht. Dann begann er eine blau-gesprenkelte Jobberknoll-Feder fein zu hacken. Je feiner die Feder gehackt wurde, desto länger hielt die Wirkung des Tranks an. Mangelnde Geduld beim Hacken der Zutaten war einer der häufigsten Fehler der Schüler. Severus hackte, bis die Feder kaum noch mehr als bläulich schimmernder Sand war, schüttete dieses Pulver in das Elixier hinein und ließ die Mischung köcheln, während er den Mondstein vorbereitete.
Es war bereits gegen Mittag, als das Knarren der Durchgangstür Severus aufschreckte. Er sollte sie bei Gelegenheit wieder einmal ölen, dachte er. Melody stand im Türrahmen und lächelte verlegen. „Störe ich?“, fragte sie schüchtern.
„Nein, ich muss dem Trank nur noch eine Prise Knollenblätterpilzsporen beimischen und ihn mit Wasser auffüllen, dann lasse ich ihn 24 Stunden knapp unter dem Siedepunkt ziehen.“
Während er die Pilzsporen aus dem Zutatenschrank holte, hielt Melody den Kopf über den Kessel und schnupperte. Severus beobachtete sie und verkniff sich ein Grinsen, als sie ruckartig den Kopf wieder zurückzog. Sie spürte wohl das große Bedürfnis, von sich zu erzählen, das der Trank in seinen Opfern auslöste.
Sie sah ihn misstrauisch an. „Was ist das?“
„Veritaserum. Es dauert zwar noch eine Woche, bis das Elixier fertig gestellt ist, aber die Wirkung ist bereits jetzt nicht zu unterschätzen.“
Severus goss Wasser nach, legte einen Deckel über den Kessel und räumte die gebrauchten Utensilien weg. Auf einen Wink seines Zauberstabs wurde das Feuer kleiner. Als er die Arbeitsfläche geputzt hatte, warf er einen letzten Blick in den Kessel und meinte zufrieden: „So, das wär’s für den Moment. Nun haben wir ein Mittagessen verdient.“
„Naja, ich habe nicht wirklich viel gemacht heute Morgen“, erwiderte Melody. „Eigentlich habe ich nur gefrühstückt.“
„Du wolltest doch duschen?“
Melody wurde rot. „Ich habe mich nicht getraut“, gab sie zerknirscht zu.
Severus betrachtete sie amüsiert. „Und wie fühlst du dich?“
„Mir tut alles weh. Kopf, Schultern, Rücken, Arm.“
„Pomfrey hat mir ein ganzes Arsenal an Heiltränken und Salben mitgegeben. Soll ich die Prellungen mit etwas Walwurzsalbe einreiben?“
Melody zögerte. Sie sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an, schien alle Für und Wider abzuwägen, nickte dann aber.
„Dann leg dich aufs Bett. Ich komme gleich.“
Severus holte die Salbe, die er zusammen mit den anderen Arzneien von Madam Pomfrey auf den Sekretär gestellt hatte. Melody hatte sich das T-Shirt ausgezogen und lag bäuchlings auf dem Bett. Severus verzog das Gesicht, als er die in verschiedenen Grün-, Blau- und Violetttönen gefärbten Prellungen an Schulterblatt, Rippenbogen und Beckenknochen sah. Er setzte sich auf die Bettkante, nahm etwas von der olivegrünen Paste und schickte sich an, Melodys Schulterblatt einzureiben, doch sie zuckte bei der ersten Berührung zusammen und bekam eine Gänsehaut. Severus hielt sofort inne. „Nicht gut?“, fragte er.
„Du hast kalte Hände“, hörte er ihre gedämpfte Stimme aus dem Kissen.
„Entschuldigung.“ Er rieb die Hände aneinander, bis sie etwas wärmer waren und fuhr fort mit dem Eincremen.
„Besser?“
„Hmm.“

„Fertig“, beschied er schließlich, als er den ganzen Rücken eingerieben hatte. „Sieht übel aus.“
„Danke“, brummte Melody. „Fürs Einreiben und für die Blumen.“
„Gern geschehen“, gab ihr Vater zurück und ging ins Bad hinüber, um sich die Hände zu waschen. Melody streifte sich schnell das T-Shirt wieder über und rieb noch etwas Salbe auf ihren rechten Ellbogen. Anschließend rollte sie das rechte Hosenbein hoch. Sie bedachte den Bluterguss auf ihrem Schienbein eines kritischen Blicks und trug auch hier Salbe auf. Ihr Vater stand im Türrahmen und sah ihr zu.
„Ich sehe schrecklich aus“, meinte sie zerknirscht.
„Wie eine Farbpalette“, antwortete ihr Vater trocken.
Melody verzog das Gesicht zu einem Lächeln. „Den schlimmsten Schlag hat mein Hinterkopf abgekriegt, aber da können wir keine Salbe draufschmieren.“
„Ich könnte dir höchstens die Haare wegrasieren, wenn du willst. Dann kannst du Salbe drauf tun.“
Melody furchte die Stirn. Meinte er das ernst? Sie warf ihm einen Wage-es-nicht-Blick zu. Seine Mundwinkel zuckten leicht. Melody war erleichtert, sie grinste.
„Du hättest es mir zugetraut?“, fragte er.
„Sicher“, antwortete sie freimütig. „Ich bin seit bald fünf Monaten bei dir im Unterricht. Mir reichte eine Woche, um zu lernen, dass du zu allem fähig bist.“
„Und obwohl du wusstest, dass ich zu allem fähig bin, hast du es riskiert, mir einen Nasenwachsfluch anzuhexen?“, fragte er lauernd.
Melody sah verlegen zu Boden. „Das war nicht allein meine Schuld. Du hast mich provoziert. Du warst richtig gemein, weißt du? Außerdem habe ich dir den Nasenwachsfluch nicht angehext. Ich konnte das gar nicht. Nicht einmal, wenn ich gewollt hätte, hätte ich gewusst wie. Es geschah einfach ... Ich dachte einen Augenblick lang, dass du mich umbringst.“
„Das dachte ich im ersten Moment auch“, gab ihr Vater trocken zurück und wechselte dann abrupt das Thema: „Hast du Hunger? Lassen wir uns etwas vom Mittagessen bringen?“
Melody nickte. Sie merkte erst jetzt, dass sie Hunger hatte.

Kurz darauf saßen sie einander schweigend am Tisch gegenüber. Melody griff herzhaft zu.
„Du hast Appetit“, stellte ihr Vater fest.
Melody nickte, schluckte hinunter und sagte: „Hackbraten gehört zu meinen Lieblingsessen.“
„Hackbraten, hm? Und sonst ... Ich meine, was isst du noch gerne?“
„Pizza, die Fajitas bei Shanleys ... Schokolade ...“
„Das hast du definitiv von deiner Mutter“, meinte ihr Vater kopfschüttelnd.
Er beobachtete sie dabei, wie sie umständlich das Gemüse zerkleinerte. „Wie geht es deiner rechten Hand? Immer noch kein Gefühl?“, erkundigte er sich.
„Gefühl schon ... Es schmerzt bei jeder Bewegung bis ins Schlüsselbein.“
„Madam Pomfrey hat mir eine Salbe für deinen Arm mitgegeben . Außerdem solltest du noch“ – er langte zum Sekretär hinter sich – „das nehmen.“ Mit diesen Worten stellte er zwei Phiolen vor sie auf den Tisch. Melody trank ohne zu protestieren, obwohl der eine Heiltrank unheimlich bitter schmeckte.

Eine Weile schwiegen beide. Melody hatte viele Fragen, eine unpassender als die andere. Sie hätte zu gerne gefragt, was mit Malfoy geschehen würde und weshalb ihr Vater sich für ihn stark gemacht hatte, aber das Thema schien ihr ein Mienenfeld zu sein, das sie nicht zu betreten wagte. Ein anderes Mienenfeld war die Frage nach den Gründen, weshalb ihr Vater ihre Mutter verlassen hatte. Zudem interessierte sie, wer ihr Vater war, wie er zu seiner gefährlichen Mission als Agent für Dumbledore gekommen war und was diese Aufgabe beinhaltete, aber sie war sich fast sicher, dass sie auf diese Fragen keine Antwort bekommen würde.
Als sie das Schweigen nicht mehr länger aushielt, meinte sie mit Blick aus dem Fenster: „Du hast von hier eine schöne Aussicht.“
„Ich mag sie. In klaren Nächten kann man mit etwas Glück die Einhörner am Waldrand beobachten.“
„Die würde ich gerne einmal aus der Nähe sehen“, meinte Melody sehnsuchtsvoll. „Sie müssen wunderschön sein.“
„Das sind sie.“

Als sie mit dem Essen fertig waren, lehnte sich Melody erschöpft zurück. Ihr Vater stand auf und nahm ein Buch aus einem der zahllosen Bücherregale, die praktisch die gesamten Wände des Wohnzimmers einnahmen.
„Wow“, meinte Melody. „Du hast viele Bücher. Hast du sie alle gelesen?“
„Fast alle. Hier ... Begegnungen mit magischen Tieren, darin findest du die Einhörner, falls sie dich interessieren.“
Melody nahm das Buch in die Hand und begann darin zu blättern. „Danke“, sagte sie, als sie wieder aufblickte. „Und die anderen Bücher, darf ich mir die auch ansehen?“
Ihr Vater überlegte einen Augenblick und erwiderte schließlich: „Professor Sprout hat mir erzählt, dass du dich für magische Pflanzen und Heilkräuter interessierst. Dann wirst du dort drüben an der Wand neben dem Kamin bestimmt etwas finden. Diese Bücher hier drüben“ – er deutete auf eine Glasvitrine – „sind nicht für dich!“
„Was sind das für welche?“
„Tief schwarze Magie“, antwortete Snape und seine Augen blitzten gefährlich. „Allein das Lesen kann einen unbedarften Leser das Leben kosten. Du bleibst von der Vitrine fern, verstanden?“
Melody spürte einen kalten Schauer und nickte hastig. Sie legte sich mit dem Buch auf die Couch und begann zu lesen, gab allerdings nach einer Viertelstunde bereits wieder auf, weil das Lesen ihre latenten Kopfschmerzen verstärkte. Sie beschränkte sich darauf, die Bilder zu betrachten. Auch nach fünf Monaten in der Zauberwelt faszinierten sie die bewegten Zauberbilder immer noch.
Ihr Vater hatte sich einen Stapel Schülerarbeiten aus dem Büro geholt und saß am Tisch. Ab und zu knurrte oder schnaubte er beim Korrigieren unwillig und tauchte schwungvoll die Feder in die rote Tinte. Melody beobachtete ihn verstohlen über den Rand des Buches hinweg. Sie hatte schon einige von ihm korrigierte Arbeiten in der Hand gehalten. Aber sie hätte sich nie vorstellen können, dass sie einmal hier liegen und ihn dabei beobachten würde, wie er die allseits gefürchteten, verletzenden Kommentare unter die Arbeiten seiner Schüler schrieb. Wenn das meine Mitschüler wüssten, schoss es ihr durch den Kopf, und sie versteckte ihr Gesicht rasch wieder hinter dem Buch.

Nach dem Abendessen, bei dem Melody kaum noch sitzen konnte, trug ihr Vater noch einmal Walwurzsalbe auf ihren Rücken auf und rieb ihren rechten Arm mit der speziellen Tinktur, die ihm Madam Pomfrey mitgegeben hatte, ein. Während er den Salbentiegel wieder verschloss, bewegte Melody probehalber ihre Finger und schüttelte frustriert den Kopf. Es kribbelte, und sie hatte kaum Gefühl in den Fingerkuppen. Ob ihre Hand wirklich wieder besser würde? Und was, wenn nicht? Wenn sie jetzt nie mehr Gitarre spielen konnte? Oder die Kopfschmerzen nicht mehr weggingen? Oder wenn sie nie mehr ruhig schlafen konnte?
Sie musste an Malfoy denken und ihr wurde eiskalt. Es würde sich nicht vermeiden lassen, ihm zu begegnen, wenn sie wieder mit dem Unterricht beginnen würde. Hoffentlich verlor sie nicht die Beherrschung und brach in Weinen aus, wenn sie ihn sah. Er hätte sicher Freude daran! Wahrscheinlich war er stolz auf das, was er gemacht hatte. Für ihn hatte der Vorfall keinerlei Konsequenzen. Für sie schon. Viele! Sie wäre beinahe gestorben. Wenn ihr Vater nicht gewesen wäre und ohne zu zögern sein Leben für sie aufs Spiel gesetzt hätte, sie hätte nicht überlebt.

Severus stellte die Heiltinktur für den Arm auf den Nachttisch. Melody schien tief in Gedanken versunken. Sie stand starr da und blickte irgendwohin, als sähe sie etwas, was hinter den dicken Steinmauern lauerte. Dann drehte sie sich plötzlich hastig um und sah ihn mit großen, funkelnden Augen an.
„Was?“ fragte er etwas unwirsch, weil er ihren verstörenden Blick nicht deuten konnte.
„Danke!“, sagte sie schlicht. „Danke!“ Dann umarmte sie ihn ganz fest. Severus erschrak. Einem ersten Impuls folgend wollte er zurückweichen.
„Du hast mir das Leben gerettet“, nuschelte Melody irgendwo auf Höhe seiner Brust. Severus wusste nicht, was er erwidern sollte. Er strich ihr über die Haare, und der Anflug eines Lächelns umspielte seinen Mund. Er fühlte sich seit dem animae iunctae lebendiger als je zuvor, als trüge er seither einen kleinen Teil von ihr, von ihrer Spontaneität und ihrer unschuldigen Neugier in sich. Ihre Offenheit entwaffnete ihn. Er gab ihr einen gehauchten Kuss auf den Scheitel, löste ihre Arme und verließ das Zimmer.

Er hatte es sich gerade auf der Couch gemütlich gemacht und war in eine Zeitschrift vertieft, als Melody im Pyjama ins Wohnzimmer zurückkam. Sie blieb zaghaft stehen. Er blickte auf und zog fragend eine Augenbraue hoch. Melody lachte nervös und zog ihrerseits eine Augenbraue hoch. Dann setzte sie sich neben ihn und streckte ihm den Discman hin.
„Meinst du, du kannst das zum Funktionieren bringen?“, fragte sie hoffnungsvoll.
Severus drehte das Gerät hin und her und fuhr prüfend mit seinem Zauberstab darüber. Melody beobachtete ihn gespannt. Dann reichte sie ihm die CD. „Ich habe mich noch nicht getraut, Matthew zu schreiben. Er möchte sicher wissen, wie mir die Aufnahme gefällt, aber ich konnte sie ja noch gar nicht anhören.“
„Ich werde es mir anschauen“, versprach Severus und legte das Gerät auf den Couchtisch. Melody lächelte und gähnte herzhaft.
„Du solltest schlafen gehen“, bemerkte er.
„Ich weiß, aber ich möchte nicht.“
„Das hast du in Bawburgh schon gesagt. Willst du aus Prinzip nicht schlafen, wenn du es offensichtlich nötig hast?“
„Es gibt vieles, was dagegen spricht, schlafen zu gehen“, antwortete sie vage.
Severus betrachtete sie erneut mit skeptisch hochgezogener Braue. „Und was spricht dagegen?“, fragte er langsam.
„Ich träume, wenn ich schlafe. In den letzten Nächten eigentlich nur Schreckliches. Ich fürchte mich vor dem Schlafen ... Und außerdem sitzt du gerade auf meinem Bett.“
„Das ist nicht dein Bett, das ist meine Couch.“
„Schon, aber ...“
„Du kannst im Bett schlafen. Da ist mehr als genug Platz.“
Melody nickte müde. Dann legte sie die CD neben den Discman auf den Couchtisch und stand auf. „Dann gute Nacht ...“
Severus blickte ihr nach. Er überlegte kurz, ob er ihr einen Trank für traumlosen Schlaf verabreichen sollte, sah dann aber davon ab und wandte sich wieder dem CD-Player zu. Es war nicht allzu schwierig, diese Muggel-Geräte mit Magie statt Strom zum Laufen zu bringen. Er mochte sie nur prinzipiell nicht.

Melody legte sich ins Bett und zog die Decke bis zum Nasenspitz hoch. Sie schloss die Augen und lauschte, aber abgesehen vom gelegentlichen Knacken des Feuers im Kamin war kein Geräusch zu hören. Sie drehte sich auf die Seite, rollte sich zusammen und schlief wider Erwarten sehr bald ein. Sie schlief anfangs ruhig und fest, bis sie zu träumen begann ... Mit hartnäckiger Zuverlässigkeit schlich sich die Schlange in ihren Schlaf. Mit feurigen, gelben Augenschlitzen und aufgesperrtem Maul. Mit nach hinten gebogenen Giftzähnen und gespaltener Zunge. Sie glitt lauernd um Melody herum, immer im Kreis und immer näher heran, bis Melody schwindlig wurde. Panische Angst schwappte wie Lava durch ihr Nervensystem und ließ sie erstarren. Dann schnellte die Schlange vor und senkte ihr die Zähne mitten ins Gesicht. Melody schrie.

Severus fuhr elektrisiert aus dem Schlaf hoch. Jemand hatte geschrien. Jemand war in Lebensgefahr! Er packte den Zauberstab, der immer bereit lag. „Lumos“, rief er und blickte sich nach einem möglichen Feind um, bis er merkte, dass seine Tochter schrie.
„Melody!“ Er ließ den Zauberstab fallen und packte sie an den Armen. „Melody! Wach auf.“ Er schüttelte sie grob, bis sie die Augen öffnete und ihn mit offenem Mund völlig entgeistert anstarrte. Sie keuchte erschrocken.
„Atmen, Melody“, sagte er so ruhig er konnte. „Einatmen, ausatmen. Es ist alles in Ordnung. Dir kann hier nichts passieren.“
Melody holte Luft. Es dauerte eine Weile, bis die Erstarrung von ihr abfiel und sie ausatmete. Sie sank regelrecht in sich zusammen und zitterte. Severus sah sie beunruhigt an. Seine Stirnfalte vertiefte sich, als er ihr die Hand auf die Stirn legte. „Du hast Fieber“, stellte er fest. „Ich gebe dir etwas dagegen.“
Als er Anstalten machte aufzustehen, schlossen sich ihre Finger um sein Handgelenk, und sie schüttelte vehement den Kopf. „Geh nicht weg!“
Sie zog die Knie an und starrte in die Dunkelheit. Ihre Augen schwammen in Tränen. Sie glitzerten im Schein, den das Kaminfeuer durch die Türe warf. Als sie blinzelte, stahl sich eine Träne aus dem Augenwinkel und zog eine Spur über ihre Wange. Eine zweite Träne hing ihr in den Wimpern.
Severus beobachtete sie abwartend.
Melody biss auf die Lippen. Eine Weile saß sie reglos da, dann schluckte sie und holte Luft. Severus konnte die Abdrücke ihrer Zähne auf der Unterlippe sehen.
„Die Schlange ... sie kommt, sobald ich schlafe. Ich sehe ihre Augen, die schwarzen, geschlitzten Pupillen in den gelben ... Augen. Ich sehe ihr auf– aufgerissenes Maul mit den ge– gebogenen Zähnen. Sie lauert immer irgendwo. Sie ver– folgt mich. Sie ist so, so ... so groß, sie ist riesig. Und plötzlich fä– fällt sie über mich her und beisst zu.“ Ihre Stimme erstarb. Sie keuchte, als bekäme sie keine Luft mehr, dann ließ sie sein Handgelenk los und verbarg ihr Gesicht in den Händen.
Severus fühlte sich gerade, als könnte er selber nicht mehr atmen. „Ist ja gut, ist ja gut ... Melody, beruhige dich. Ganz ruhig“, sprach er mit sanfter Stimme auf sie ein. „Hier gibt es keine Schlange. Dir passiert hier nichts. Du hast nur geträumt.“
Er zog sie an sich und legte die Arme um sie. Nur geträumt!, dachte er bitter. Er wusste, wie mächtig Träume sein konnten. Melody drückte sich an ihn und begann haltlos zu schluchzen. Er hielt sie fest und wartete, dass sie sich beruhigte.
Schließlich begann sie stockend von dem Traum zu erzählen, der sie in der Nacht zuvor aufgeschreckt und hier in den Kerker hinuntergetrieben hatte: von Malfoy und Hanna und Tom, der tot auf dem Boden lag und sich plötzlich in eine Schlange verwandelte.
„Die Bilder verfolgen mich“, flüsterte sie. „Ich träume ständig davon, wie Tom dort auf dem Boden lag und sich schreiend wälzte, und wie Hanna kopfüber im Wohnzimmer in der Luft hing, schluchzend und unnatürlich in die Länge gezogen. Und die drei vermummten Gestalten, die darum herum standen und lachten. Und ich konnte nichts tun. Ich konnte nicht ... Es geschah einfach nichts. Ich konnte nichts geschehen lassen. Ich rannte weg und ließ sie im Stich ... Manchmal sehe ich im Traum das grüne Zeichen über dem Haus, diesen Totenkopf und die Schlange, und ich sehe die Flammen aus dem Dach schlagen und stelle mir vor, dass sie da vielleicht noch gelebt haben und bei lebendigem Leib verbrannt sind. Und ich kauerte nur hinter einem Busch und konnte mich nicht bewegen. Warum bin ich nicht zum Haus zurück gelaufen? Ich hätte nachschauen müssen. Vielleicht hätte ich sie retten können. Ich hätte sie retten müssen. Ich hätte irgendwas tun müssen! Irgendwas! Irgendwas ...“

Severus spürte einen Stich in der Brust. Dieselben Gedanken hatte er sich seit jenem Tag, an dem Liz’ Eltern von Todessern ermordet worden waren, tausend Mal gemacht. Warum hatte er gezögert? Warum war er nicht auf der Stelle zu ihrem Haus nach Bawburgh appariert, als er erfuhr, dass sie in Gefahr waren? Warum hatte er sich nicht persönlich vergewissert, dass sie in Sicherheit waren? Er wusste, er würde es sich nie verzeihen können, dass er in jenem Moment den Mut nicht gehabt hatte hinzugehen und nach ihnen zu schauen ...
Von seinen eigenen, seit Jahren nagenden Schuldgefühlen übermannt, packte Severus Melody gröber an den Schultern, als er beabsichtigt hatte, und zwang sie, ihn anzusehen.
„Melody, du hörst mir jetzt zu. Es ist nicht deine Schuld! Was auch immer geschehen ist und du gemacht oder nicht gemacht hast, du kannst nichts dafür, dass Hanna und Tom umgebracht worden sind. Nichts, hörst du mich?!“
Melody wollte wegblicken, aber Severus’ Augen hielten ihre unerbittlich fest. „Glaub mir, du hättest nichts tun können für Hanna und Tom. Das waren drei erwachsene Todesser, ein Killertrupp. Verstehst du denn nicht? Es ist ein Wunder, dass du das Haus lebend verlassen konntest. Hanna und Tom hättest du nicht helfen können.“
„Aber –“
„Melody! Es. Ist. Nicht. Deine. Schuld! Du kannst nichts dafür. Hör auf, dir Vorwürfe zu machen.“
„Vielleicht hätte ich –“
„NEIN!“ Severus brüllte sie so laut an, dass Melody heftig zusammenzuckte. Seine Augen blitzten, ihre waren angstgeweitet.
„Entschuldige“, beeilte er sich zu sagen. Und nach einer Ewigkeit, in der sie einander mit angehaltenem Atem in die Augen schauten, wiederholte er noch einmal leise: „Du kannst nichts dafür, Melody. Dich trifft absolut keine Schuld.“
Melody nickte langsam.
„Soll ich dir einen Trank holen, damit du heute Nacht keine weiteren Albträume mehr hast?“
Sie schüttelte stumm den Kopf und fuhr sich mit den Händen erschöpft übers Gesicht. „Bleibst du heute Nacht bei mir?“
„Ich war schon vorher da“, antwortete er ruhig. Er streckte sich auf dem Bett aus und machte es sich wieder bequem.
Seine Tochter seufzte müde. Sie legte ihren Kopf auf seine Brust und schmiegte sich an ihn. Er strich ihr vorsichtig über den Rücken, bis er spürte, dass die Anspannung allmählich von ihr abfiel.

Severus konnte lange nicht mehr einschlafen. Er traute sich nicht, sich zu bewegen, weil er seine Tochter nicht aufwecken wollte, und lauschte regungslos ihren regelmäßigen Atemzügen. Er hatte vorhin ihre panische Angst gefühlt, als wäre es seine eigene. Sein Puls raste noch immer. Er spürte seine Jahre alte, drückende Schuld, seine ohnmächtige Wut gegenüber den Dingen, die er nicht mehr ändern konnte, seinen Hass auf sich selber für alles, was er getan hatte, für die vielen falschen Entscheidungen in seinem Leben ... Falsche Entscheidungen hatten seinen Lebensweg gepflastert, so schien es ihm. Und er hatte sie teuer bezahlt, jede einzelne. Er hatte das Wertvollste verloren, was er je hatte: Liz. Und seine Selbstachtung.
Er hatte sich seither bemüht, niemandem Anlass zu geben, ihn zu mögen, niemanden so nahe an sich herankommen zu lassen, als dass sie hätten sehen können, wer er war und wie sehr er sich selber verachtete für seine Vergangenheit. Niemanden! Aber Melody hatte sich ohne es selber zu merken in den letzten Monaten in seine Gedanken und Gefühle geschlichen. Er hatte keine Sekunde gezögert, sein Leben aufs Spiel zu setzen, als sie vor vier Tagen nach Luft rang und um ihr Leben kämpfte. Es war eine der wenigen guten und richtigen Entscheidungen seines Lebens gewesen.
Und jetzt? Wie weiter? Melody war so nahe an ihn herangekommen: Würde sie ihn durchschauen? Würde sie herausfinden, wer – oder was – er gewesen war? Was er alles getan hatte? Die Vorstellung jagte ihm kalte Schauer über den Rücken. Er zog sie noch etwas enger an sich. Er würde sie nie mehr hergeben. Er hätte sich nicht träumen lassen, dass er noch einmal eine solche Chance bekäme. Es war mehr als er verdient hatte. Und dieses Mal würde er keine Fehler mehr machen. Keinen einzigen. Er würde seine Tochter beschützen, mit seinem Leben verteidigen, ihr alles beibringen, was sie wissen und können musste, und er würde dafür kämpfen, dass die Welt, in die sie hineingeboren worden war und die ihr bereits in dreizehn Jahren soviel genommen hatte, ihr eine sichere und glückliche Zukunft bieten konnte. Das würde seine Schuld etwas mindern und den Fehlern seiner Vergangenheit wenigstens einen gewissen Sinn abringen.


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