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Aus der Asche - 3. Kapitel / Hogwarts

von fiirvogel

Melody erwachte am nächsten Morgen aus wirren Träumen. Es dauerte einige Minuten, bis sie ihre Umgebung wahrnahm: sie lag in einem langgezogenen Krankenzimmer mit leeren Betten. Wie sie hierher gekommen war, wusste sie nicht mehr. Sie hatte nur losgelöste, unzusammenhängende Bildfetzen in ihrem Kopf: das abgebrannte Haus, Remus, der ihr auf die Beine half und ihr seinen Reisemantel umlegte, Remus, der sie am Arm festhielt, damit sie nicht stolperte, eine verregnete Landstrasse, die Lichter eines Schlosses, ein schmiedeisernes Tor, dann nichts mehr. Melody versuchte sich zu erinnern, doch ihr Hirn schien unter Narkose zu stehen. Es fühlte sich wohlig umnebelt und betäubt an und so, als ob es nicht ganz zu ihrem Körper gehörte.
Melody zuckte zusammen, als plötzlich eine resolute Frau in einem weißen Kittel an ihr Bett trat. Sie erinnerte sich vage daran, dass Remus ihr die Frau vorgestellt hatte. Sie war die Schulheilerin von hier, von dieser Schule. Sie hatte sie mit einem Stab von Kopf bis Fuß untersucht, hatte ihr Fragen gestellt, die sie nicht beantworten wollte und wieder vergessen hatte, und sie hatte ihr einen warmen, nach Honig schmeckenden Saft gegeben.

„Guten Morgen, Melody“, begrüßte die Schulheilerin sie. „Ich hoffe, du hast gut geschlafen und konntest dich etwas erholen.“ Sie legte Melody die Hand auf die Stirn. „Du hast kein Fieber mehr. Gut. Am besten nimmst du noch einmal von diesem Trank gegen die Erkältung.“
Sie reichte Melody eine kleine Glasphiole mit einer dunkelgelben Flüssigkeit. „Der Schulleiter, Professor Dumbledore, möchte dich nach dem Frühstück gerne in seinem Büro sehen. Ich werde dich hinbringen, aber zuerst solltest du etwas essen.“ Auf ein Schnippen ihres Zauberstabs hin schwebte ein Tablett mit Brötchen, Butter, Marmelade und einer Tasse Milch mit Schokolade herbei und landete sanft auf dem Tischchen neben Melodys Bett.
Melody blickte auf das Frühstück, dann wieder zur Schulheilerin und murmelte: „Tut mir Leid, ich glaube, ich habe Ihren Namen vergessen.“
„Pomfrey. Ich bin Madam Pomfrey, mein Kind“, antwortete die Schulheilerin freundlich.
„Madam Pomfrey“, sagte Melody. „Entschuldigung, wo ist Remus?“
Die Schulheilerin lächelte Melody beruhigend zu und antwortete: „Er wird bestimmt bald kommen. Iss jetzt, du kannst es vertragen.“
Melody setzte sich benommen auf. Ihre Arme und Beine fühlten sich seltsam steif an und ihr Kopf schmerzte leicht. Sie nahm lustlos ein Brötchen vom Teller und brach es entzwei. Sie zerkrümelte eine Hälfte, schob sich ein kleines Stück Brot in den Mund und schluckte es mit Mühe hinunter. Als sie Madam Pomfreys vorwurfsvollen Blick sah, sagte sie tonlos: „Ich habe keinen Hunger.“
Die Schulheilerin seufzte. „Vielleicht möchtest du dich zuerst etwas frisch machen“, schlug sie vor. „Dort drüben ist das Bad.“ – Melody folgte mit dem Blick ihrem ausgestreckten Arm – „Du findest alles, was du brauchst. Die Hauselfen haben deine Kleider gewaschen.“
Erst jetzt bemerkte Melody, dass sie nicht mehr ihre durchnässten, schmuddeligen, nach Ruß riechenden Kleider, sondern ein altmodisch wirkendes weißes Spitzennachthemd trug. Sie stand unsicher auf und ging zum Bad hinüber. Dabei fiel ihr auf, dass ihr Fuß nicht mehr schmerzte, den sie sich beim Sprung aus dem Fenster verstaucht hatte. Beim Gedanken an ihr Fenster fühlte sie leichtes Unbehagen in sich aufsteigen, doch ihr Hirn hatte die Erinnerung schnell eingefangen und in die dunkelste Ecke ihres Gedächtnisses zurückgedrängt.

Melody betrat das Bad und blickte sich um. Neben einem Waschtisch lagen frische Tücher und Waschlappen in verschiedenen Farben. Daneben standen diverse Fläschchen unterschiedlich gefärbten Inhalts. Melody öffnete eines nach dem anderen, roch an allen und wählte schließlich einen lilafarbenen Balsam aus, der nach Lavendel duftete. Sie zog das lächerliche Nachthemd aus und stellte sich unter die Dusche. Das warme Wasser wusch Ruß und Staub von ihr. Die Erinnerungen vermochte es nicht wegzuspülen.
Nach dem Duschen betrachtete sie sich teilnahmslos im Spiegel. Sie rubbelte ihre langen Haare, bis sie wild in alle Richtungen standen und bürstete sie, bis die Kopfhaut sich aufgeraut anfühlte. Dann flocht sie auf der rechten Seite drei Zöpfe hinein und blickte sich nach einem Haarföhn um, fand aber keinen. Naja, war ja auch egal.
Sie schlüpfte wieder in ihre eigenen Kleider und fühlte sich dabei wieder ein Stück mehr sie selber. Sogar frische Socken lagen bereit. Nur als sie ihre Hose anzog, war sie irritiert: Jemand, wahrscheinlich eine der Hauselfen, von denen Madam Pomfrey gesprochen hatte, hatte alle Risse und Löcher, auf die sie so stolz gewesen war, geflickt. Man sah nicht einmal mehr, dass die Hose Risse gehabt hatte. Melody trat entschlossen aus dem Bad und sah sich nach Madam Pomfrey um.
„Hätten Sie mir bitte eine Schere?“, bat sie die Schulheilerin.
„Sicher“, lächelte diese. „Und wahrscheinlich möchtest du auch deine Haare trocknen.“ Sie wartete nicht auf eine Antwort von Melody, sondern deutete ihren Zauberstab auf Melodys Kopf und murmelte etwas Unverständliches, worauf Melodys Haare augenblicklich trocken wurden. Dann reichte Madam Pomfrey ihr eine Schere. Trotzig packte Melody ihre Hose und machte ein halbes Dutzend Schnitte und Löcher in den Jeansstoff. Madam Pomfrey beobachtete sie missbilligend. Doch Melody fühlte sich sicherer in den ihr vertrauten Kleidern, und sie hatte heute ein immens großes Bedürfnis nach Sicherheit.
Madam Pomfrey hatte offenbar entschieden, das mutwillige Kaputtmachen von Kleidern zu ignorieren, und meinte mit einem Blick auf Melodys Füße: „Du brauchst noch Schuhe. Versuch diese hier.“
Melody schaute auf die Turnschuhe, die ihr die Schulheilerin hinstreckte. „Die sind viel zu klein“, bemerkte sie.
Madam Pomfrey deutete mit ihrem Zauberstab auf die Schuhe und sprach einen Vergrößerungszauber. „Besser so?“
Melody schlüpfte in die Schuhe hinein und nickte stumm.
„Dann bring ich dich jetzt zum Schulleiter,“ verkündete Madam Pomfrey und erhob sich. Melody folgte ihr aus dem Krankenflügel hinaus in einen langen Korridor. Als sie im Augenwinkel etwas bewegen sah, blieb sie wie angewurzelt stehen und starrte auf das Gemälde an der Wand. Die elegante Picknickgesellschaft hielt inne und starrte unverhohlen zurück. „Was ist?“, fragte eine Frau mit hellblauen Handschuhen. „Hast du nicht gelernt, dass man Leute nicht beim Essen beobachtet?“ Ein plötzlicher Windstoss hob ihr den Hut vom Kopf und wehte ihn rechts aus dem Bild. Mit einem sehr undamenhaften Fluch rannte die Frau aus dem Gemälde hinaus. Melody stand mit offenem Mund da. Madam Pomfrey war etwas weiter vorne stehen geblieben, als sie merkte, dass Melody ihr nicht folgte. Nun kam sie zurück und beobachtete mit Melody zusammen, wie die hellblaue Dame ihren Hut im Nachbarsbild auf einer Kuhwiese wieder aufsetzte und missmutig wieder in ihr eigenes Gemälde zurückstapfte.
„Du hast noch nie bewegte Bilder gesehen, stimmt’s?“, fragte Madam Pomfrey.
Melody schüttelte den Kopf. Sie konnte den Blick nicht von den Kühen wenden, die in ihrem Gemälde friedlich wiederkauten.
„In der Zauberwelt bewegen sich alle Bilder“, erklärte Pomfrey. „Sowohl die gemalten Bilder als auch die Fotografien.“

Madam Pomfrey führte Melody zahllose Treppen hinauf und Korridore entlang, in denen viele solcher Gemälde hingen, bis sie vor einem Wasserspeier standen. „Schokoladenfrosch“, sagte Madam Pomfrey, worauf der Wasserspeier den Weg auf eine Wendeltreppe freigab, die sich von selber spiralförmig aufwärts zu winden begann, als die beiden die erste Stufe betraten. Oben angekommen, klopfte Madam Pomfrey mit einem Türklopfer gegen eine große Holztüre, die von selbst aufschwang und den Blick auf einen geräumigen, hellen Raum freigab. Madam Pomfrey schob Melody über die Schwelle, und diese schaute sich verwundert um. Ringsum an den Wänden hingen Portraits, deren Bewohner alle zu schlafen schienen. Auf Tischen und Regalen standen sonderbare Geräte, einige surrten, andere rauchten still vor sich hin. Vor ihr, hinter einem großen Schreibtisch, stand ein alter Mann mit langem, weißem Bart und lebhaften, blauen Augen, die sie durch eine Halbmondbrille freundlich ansahen. „Ah, Melody Rohan. Komm herein. Ich hoffe, du hattest Zeit zu frühstücken.“
„Zeit hatte sie“, antwortete Madam Pomfrey spitz.
Dumbledore sah die Schulheilerin an, nickte ihr zu und entließ sie mit einem Dank.
„Soll ich noch etwas zu essen bringen lassen?“, wandte er sich wieder an Melody. Sie schüttelte nur wortlos den Kopf.
„Nun, dann darf ich mich vorstellen: Ich bin Professor Dumbledore, der Schulleiter von Hogwarts, Schule für Hexerei und Zauberei. Das hier“ – er zeigte auf eine streng wirkende Hexe mit spitzem Hut – „ist Professor McGonagall und dort drüben“ – er zeigte auf einen Mann mit schwarzen Haaren, dunklen Augen und einem abweisenden Gesichtsausdruck – „steht Professor Snape, der Zaubertränkelehrer.“ Melody zuckte zusammen, als ihre Augen dem durchdringenden, schwarzen Blick begegneten. Schnell drehte sie den Kopf und sah Remus etwas im Hintergrund neben der Türe stehen.
„Remus Lupin kennst du bereits“, schloss Dumbledore seine Vorstellungsrunde. Melody war erleichtert, wenigstens ein Gesicht zu sehen, das sie kannte, wenn auch erst seit gestern.
Dumbledore bedeutete ihr, sich zu setzen, und auch die anderen nahmen Platz, Remus links, Professor McGonagall rechts von ihr. Professor Snape setzte sich etwas in den Hintergrund und ließ sie nicht aus den Augen.

„Melody“, begann Dumbledore, als sich alle gesetzt hatten. „Remus hat mir erzählt, wie er das Haus seiner Cousine gestern vorgefunden und dich getroffen hat. Ich möchte dich bitten, uns zu berichten, was vorletzten Abend geschehen ist? Ich weiß, das ist nicht einfach, aber ich muss dich dennoch bitten, uns über die Geschehnisse in Kenntnis zu setzen. Du wirst dich danach besser fühlen.“
Melody sah Dumbledore an, als habe sie ihn nicht richtig verstanden. Sie suchte nach Worten, öffnete den Mund, schloss ihn wieder und schüttelte schließlich den Kopf. Ihr Blick wanderte ruhelos im Raum herum.
„Möchtest du etwas trinken“, unterbrach Dumbledore ihr verzweifeltes Ringen nach Worten, „einen Tee vielleicht.“
Melody nickte und fand endlich ihre Stimme wieder. „Ein Tee wäre super“, murmelte sie.
Auf Dumbledores Schreibtisch erschienen aus dem Nichts eine Kanne Tee, eine Zuckerschale, ein Kännchen mit Milch und eine Porzellantasse. Melody schluckte leer. Das alles war ihr mehr als unheimlich.
Dumbledore sah Melody prüfend in die Augen und fragte: „Schwarz, mit viel Zucker?“
Melodys Augen weiteten sich: „Woher wissen Sie das?“
„Nun“, meinte Dumbledore mit einem selbstzufriedenen Schmunzeln. „Das war nur gut geraten ...“ Er blickte Melody mit schalkhaft glitzernden Augen an. Melody runzelte die Stirn. Ob er in ihren Augen lesen konnte? Vorsichtshalber senkte sie den Blick; sie wollte nicht wissen, was er sonst noch alles darin entdecken könnte.

Als Melody eine Tasse heißen, schwarzen Tee vor sich hatte und löffelweise Zucker hineinschaufelte, warf Minerva McGonagall ihrem Lehrerkollegen Severus Snape einen vorwurfsvollen Blick zu, als wäre er dafür verantwortlich. Obwohl ihm die Umstände äußerst unangenehm waren, musste er sich ein Lachen verkneifen. Was den Tee betraf, schien Miss Rohan den gleichen Geschmack zu haben wie er. Von ihrer Kleidung und Frisur hingegen konnte er das wahrlich nicht behaupten. Sie trug eine blaue Hose, die x-fach Risse und Löcher aufwies, und einen braunen Kapuzenpullover mit zu langen, an den Rändern ausgefransten Ärmeln. Während sie die Haare auf der einen Seite offen trug, hatte sie auf der anderen Seite drei schiefe Zöpfe hineingeflochten. Eine widerspenstige Strähne hing ihr ins Gesicht.
Melody stellte ihre Tasse hin, strich die Strähne hinters Ohr, von wo sie sogleich wieder nach vorne ins Gesicht fiel. Sie blickte auf den Boden und holte Luft. Dann begann sie zu erzählen, stockend erst, dann fließender, aber so leise, dass Severus mit dem Stuhl näher rücken musste, um sie zu verstehen. Während Melody von ihrem Gespräch mit Hanna und vom Überfall berichtete, zupfte sie unentwegt mit den Fingern an den zerschlissenen Stellen ihrer Hose herum. Als sie erzählte, wie der Todesser seinen Zauberstab gegen sie hob und „Crucio“ rief, brach ihre Stimme ab. Sie hustete und zog die Nase hoch, fuhr sich mit dem Handrücken übers Gesicht und blickte sich hilflos im Raum um, als suche sie etwas, woran sie sich festhalten konnte. Es herrschte betretenes Schweigen.
Einen Moment noch zögerte Melody, dann nahm sie den Faden der Geschichte an der Stelle auf, an welcher der Fremde den Fluch wieder von ihr genommen hatte. Für die Schmerzen und Qualen dazwischen hatte sie keine Worte. Als sie erzählte, wie der Maskierte den Zauberstab zum zweiten Mal hob und plötzlich rückwärts gegen die Schranktür prallte und dort unbeweglich mit offenen Augen liegen blieb, unterbrach sie Severus.
„Du hast einen bewaffneten erwachsenen Zauberer mit einem Schockzauber belegt?“, fragte er scharf.
Melody schüttelte heftig den Kopf. „Nein, das war ich nicht“, wehrte sie sich. „Ehrlich. Ich habe nichts gemacht.“ Hilfe suchend sah sie zu Lupin hinüber und dann zu Dumbledore. Er musterte sie nachdenklich und fragte: „Geschieht das öfters? Dass unerklärliche Dinge geschehen, wenn du sehr wütend bist oder große Angst hast?“
Melody zögerte und antwortete dann widerstrebend, den Blick auf den Boden geheftet: „Manchmal. Als mich einmal zwei Jungen auf dem Schulhof bedrohten, fiel einem von ihnen ein Blumentopf auf den Kopf. Ein anderes Mal begann der Schreibtisch des Lehrers zu brennen. Alle sagten, ich sei es gewesen, weil ich ihn so wütend angeschaut hatte.“
„Da können wir uns ja auf etwas gefasst machen“, meinte Severus kühl. Dumbledore jedoch bedeutete Melody fortzufahren.
„Einmal, als ich meine Mutter im Gedränge in der Stadt verloren hatte, stand ich plötzlich wieder zuhause im Vorgarten und wusste nicht mehr, wie ich dahin gekommen war. Tom war rasend wütend, weil ich einfach alleine nach Hause gegangen war, während sie mich überall in London gesucht hatten.“

Dumbledore sah sie gütig lächelnd an. „Du bist eine Hexe, Melody, und verfügst zweifellos über ein großes magisches Potential“, erklärte er. „Du brauchst dich dafür weder zu schämen, noch musst du Angst davor haben. Wichtig ist, dass du lernst, diese Kraft in dir zu kontrollieren und gezielt einzusetzen. Dafür sind wir heute hier. Auch deine Mutter Liz war, wie du inzwischen weißt, eine Hexe und ging hier zur Schule. Sie war eine talentierte, kluge und mutige Magierin.“
Während er erzählte, in welch schwierigen Zeiten Liz aufgewachsen war und gelebt hatte, hörte ihm Melody gebannt zu und kaute dabei unentwegt auf einer Haarsträhne herum. Severus verdrehte die Augen und blickte ärgerlich weg. Am liebsten hätte er sie zurechtgewiesen: erst fingerte sie die ganze Zeit an den Rissen in ihrer Hose herum und nun kaute sie auf ihren Haaren. Bei ihrem Anblick wurde sogar er, sonst äußerlich die Ruhe selbst, nervös.
Als Dumbledore mit seinen Ausführungen geschlossen hatte, meinte er: „Ich schlage vor, dass du hier in Hogwarts bleibst und die Ausbildung beginnst, die deine Mutter absolviert hat. Ich bin überzeugt, dass Liz das so gewollt hätte.“
Melody blickte Dumbledore zweifelnd an und schaute dann erneut Hilfe suchend zu Lupin hinüber. Dieser nickte ihr aufmunternd zu. „Als dein nächster Verwandter“, meinte er mit einem kurzen Seitenblick zum Zaubertränkelehrer, „kann ich Professor Dumbledore nur zustimmen ... Welche anderen Optionen gibt es denn? Ich kann dich nicht zu mir nehmen.“
„Was ist mit meinem Vater?“, fragte Melody. „Vielleicht könnte ich zu ihm ziehen.“
„Zu deinem Vater?“ fragte Dumbledore überrascht.
Severus schluckte leer, und Remus hätte schwören können, dass er noch bleicher wurde, als er sonst schon war. Er erhob sich und trat an eines der Fenster, kam dann auf Melody zu und fixierte sie mit seinen stechenden Augen: „Was weißt du über deinen Vater?“
Melody zuckte zusammen und wich seinem Blick aus. „Ich weiß, dass er lebt ...“, murmelte sie. „Ich habe Hanna nach ihm gefragt.“
„Und sie hat dir gesagt, dass er lebt?“
Melody schluckte und schüttelte den Kopf: „Es war mehr die Art, wie sie es nicht gesagt hat ...“
Severus wandte sich ab und setzte sich wieder hin.

Dumbledore blickte Melody nachdenklich an und sagte schließlich: „Meinst du nicht, dass ein Vater nichts mehr möchte, als dass sein Kind in Sicherheit aufwachsen kann? Und dass es eine gute Ausbildung absolviert und die Möglichkeit bekommt zu lernen, wie es sich gegen Angreifer wie diese Todesser wehren kann? Wo auch immer dein Vater sein mag, er ist bestimmt damit einverstanden, dass du hier bist.“ Melody war nicht überzeugt, aber sie traute sich nicht, etwas dagegen einzuwenden. Remus hatte Recht: was für Alternativen gab es schon. Sie nickte ergeben; sie war müde und hatte Kopfschmerzen.
„Sehr schön“, meinte Dumbledore plötzlich und klatschte in die Hände. „Dann wäre noch die Frage zu klären, in welches Haus du kommst.“
„Haus?“
„Minerva“, wandte sich Dumbledore an Professor McGonagall, „Wärst du so freundlich, den Sprechenden Hut zu holen?“
McGonagall ging zu einem Schrank hinüber und holte einen großen, schäbigen Spitzhut hervor und erklärte Melody: „Die Schule wurde von vier mächtigen Zauberern gemeinsam ins Leben gerufen. Jeder von ihnen gründete ein Haus, für das er die Schüler aussuchte, die ihm am besten geeignet schienen. Es gibt Gryffindor, Ravenclaw, Hufflepuff und Slytherin. Ich selber bin die Hauslehrerin von Gryffindor; Professor Snape“, – sie warf Snape einen herausfordernden Blick zu – „ist der Hauslehrer von Slytherin. Der Sprechende Hut teilt alle Schüler in ein Haus ein, das fortan sein Zuhause und seine Familie ist. Gutes Benehmen und gute Leistungen bringen dem eigenen Haus Punkte, schlechtes Benehmen kann zu Abzug der Hauspunkte führen.“
Damit schien sie alles Wichtige gesagt zu haben. Melody hatte noch viele Fragen, doch sie schluckte sie hinunter, als ihr McGonagall den Hut auf den Kopf setzte. Er war so groß, dass er ihr über die Augen rutschte. Melody hörte mit einem Mal eine hohe Stimme in ihrem Kopf. War das der Hut, der zu ihr sprach?
„Wen haben wir denn da?“, fragte die Stimme. „Was für eine Überraschung! Und so unerwartet ... Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Ich sehe viel Kraft und Ehrgeiz –“.
Melody schüttelte den Kopf. Ich glaube, du irrst dich, dachte sie. Sie fühlte sich weder stark noch ehrgeizig.
„Doch, doch“, beharrte der Hut – es war wohl tatsächlich er, der sprach – „Ich sehe Kraft, Ehrgeiz, und auch Mut.“
Mut könnte ich brauchen, dachte Melody. Ja, Mut wäre gut.
„Mut suchst du?“, fragte die Stimme in ihrem Kopf. „Den wirst du in einem Haus sicher finden: in GRYFFINDOR“.
Das letzte Wort musste er laut gesagt haben, denn der Hut wurde von Melodys Kopf gehoben, und McGonagall sah sie stolz strahlend an. Auch Remus nickte ihr zufrieden zu. Snape blickte finster drein.
Als McGonagall den Hut wieder in den Schrank zurückgelegt hatte, wandte sich Dumbledore wieder an Melody. „Der Unterricht hat vor zwei Wochen begonnen, aber ich denke nicht, dass es für dich ein Problem sein wird, das Verpasste aufzuholen. Zuerst bräuchtest du aber noch Schulmaterial und -kleidung, Zaubertränkezutaten, Bücher ... und natürlich einen Zauberstab.“
„Einen was?“ Melody war entsetzt. „Ich will keinen! Sie sind ... sie sind ... die Männer haben ...“ – sie sah Dumbledore flehentlich an – „Sie haben getötet mit ...“
Dumbledore sah sie stirnrunzelnd an. „Ein Zauberstab ist nicht per se eine gefährliche Waffe“, erklärte er. „Es kommt auf den Träger an und auf dessen Absichten.“ Und als hätte er plötzlich eine brillante Idee, drehte er sich zu Snape um und fragte mit listigem Blick: „Severus, würdest du Melody bitte einen Moment deinen Zauberstab leihen?“
Snape sah aus, als würde er es vorziehen, den Schulleiter zu ermorden, aber er zog seinen Zauberstab aus einer Innentasche seiner Robe und reichte ihn Melody, die ihn vorsichtig in die Hand nahm. Sie spürte sogleich ein starkes Kribbeln den Rücken hinunter und eine Wärme, die sich im ganzen Körper ausbreitete.
„Na los“, munterte sie Dumbledore auf. „Beweg ihn etwas.“
Melodys Hand zitterte. Sie macht ohne Überzeugung einen unbeholfenen Schlenker mit der Hand, worauf rote Kringel aus dem Stabende in die Luft flogen. Melody erschrak dermaßen, dass sie den Zauberstab beinahe fallen ließ. Dumbledore applaudierte: „Hervorragend. Sehr schön. Dann wäre alles geklärt. Remus wird dich morgen nach dem Frühstück abholen und mit dir nach London gehen, um alles Nötige zu besorgen. Und übermorgen kannst du mit deinem Unterricht in der ersten Klasse beginnen.“

Als sei dies das Stichwort zum allgemeinen Aufbruch gewesen, erhoben sich alle. Remus öffnete die Tür. Melody machte Anstalten, ihm zu folgen, da hörte sie eine kalte Stimme hinter sich: „Meinen Zauberstab bitte, Miss Rohan“. Sie zuckte zusammen und gab Snape eilig den Zauberstab zurück. Dieser wischte ihn demonstrativ an seiner Robe ab und steckte ihn wieder ein.

Melody und Remus traten von der sich nun abwärts drehenden Wendeltreppe auf den Korridor hinaus. Rundherum war es ruhig. Melody spürte einen pulsierenden Schmerz in ihrem Kopf. Sie hatte seit dem Erwachen eine wohlige Dumpfheit gespürt, als befände sie sich in Trance. Alles um sie herum hatte unreal gewirkt. Sie hatte einfach nur funktioniert, erzählt, Fragen beantwortet. Doch nun, als sie durch diesen Korridor lief und den Widerhall ihrer Schritte hörte, fiel dieses Taubheitsgefühl, das sie seit vorgestern schützend eingehüllt hatte, ohne jede Vorwarnung von ihr ab. Mit einem Schlag war alles wieder da, jede Erinnerung, messerscharf und kaum zu ertragen: die Angst, die Wut, die Ohnmacht, die unheimlichen Schmerzen, die Verzweiflung ... Bilder, die sich in ihre Seele eingebrannt hatten, drehten sich in ihrem Kopf: Hanna, wie sie kopfüber in der Luft hing, die Angst in ihren Augen, Tom, der sich in Qualen am Boden wand. Hannas verzweifeltes Flehen, Toms Schreie, das Lachen der Todesser. Es traf Melody völlig unvorbereitet und mit solcher Wucht, dass ihr schwindlig wurde und die Umgebung vor ihren Augen verschwamm. Sie taumelte und ging mit einem gequälten Keuchen in die Knie.
Erschrocken drehte sich Remus um und kniete neben ihr nieder. Er versuchte, sie zu beruhigen, doch Melody brachte keinen einzigen zusammenhängenden Satz mehr heraus. Sie versuchte Luft zu holen, doch ihr Atem kam nur noch keuchend, dann traten ihr die so lange zurückgehaltenen Tränen in die Augen. Sie begann zu wimmern, zu schluchzen und völlig unkontrolliert am ganzen Körper zu zittern.
Remus wollte ihr aufzuhelfen, doch sie hatte nicht mehr die Kraft aufzustehen; sie schlang die Arme um die Beine, vergrub das Gesicht und wiegte sich selber weinend hin und her. Das einzige Wort, das Remus zwischen ihrem Schluchzen heraushörte, war „Nein, Nein, Nein“.
Wie lange sie da am Boden kauerten, konnte Remus später nicht mehr sagen. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Endlich traten McGonagall und Snape in eine Diskussion vertieft von der Wendeltreppe auf den Korridor heraus. Snape blieb wie angewurzelt stehen und legte die Stirn in Falten. McGonagall eilte Remus zu Hilfe. Gemeinsam schafften sie es, Melody soweit zu beruhigen und auf die Füße zu stellen, dass sie sie in den Krankenflügel zurückbringen konnten. Snape ging wortlos hinter ihnen her, verließ sie auf dem ersten Stock und rauschte eiligst die Treppe in die Eingangshalle hinunter, ohne sich noch einmal umzublicken.

Madam Pomfrey verabreichte Melody einen Beruhigungs- und Schlaftrunk und ordnete Bettruhe an. Das musste sie ihrer Patientin nicht zweimal sagen. Melody zog sich die Decke über den Kopf und rollte sich darunter zusammen. Der Schlaftrunk breitete sich warm in ihr aus und beruhigte ihre Gedanken. Einen Augenblick später fiel sie in einen erlösend traumlosen Schlaf.
Etwas unschlüssig stand Remus da, doch McGonagall beruhigte ihn: „Du kannst ruhig gehen. Ich schaue nach ihr. Sie ist ja jetzt“, – sie konnte sich ein triumphierendes Grinsen nicht verkneifen – „eine Gryffindor.“
„Snape war stocksauer“, bemerkte Remus.
„Er war enttäuscht. Aber er wird sich daran gewöhnen.“
Remus sah skeptisch aus, aber er sagte nichts.

Melody schlief bis spät in den Nachmittag hinein. Als sie aufwachte, blieb sie einen Moment mit geschlossenen Augen liegen. Sie vergrub das Gesicht im Kissen und lauschte in die Stille hinein. Sie wünschte sich, für immer so liegen bleiben zu können. Doch dann hörte sie eine Türe und Schritte und schlug die Augen auf. McGonagall trat an ihr Bett. „Och, Sie sind wach, Miss Rohan“, sagte sie mit mütterlicher Wärme. „Schauen Sie, ich habe Ihnen jemanden mitgebracht.“ Sie deutete auf drei Schüler. „Das sind Hermine Granger und Ron Weasley. Sie sind in der fünften Klasse und die Vertrauensschüler von Gryffindor. Und das ist ihr Freund Harry Potter.“
„Hi“, murmelte Melody und versuchte zu lächeln.
Ron sah sie erwartungsvoll an. Alle schienen auf eine Reaktion von ihr zu warten.
„Hi“, murmelte sie noch einmal. Mehr fiel ihr nicht ein.

Harry grinste. Er hatte, seit er in der Zauberwelt lebte, niemanden mehr getroffen, der bei seinem Namen nicht bewundernd oder ängstlich auf die Narbe auf seiner Stirn blickte. Ron schien das zu schockieren, aber er selber war froh darüber, wieder einmal einen Menschen vor sich zu haben, der keine Vorurteile gegen ihn hatte.

Hermine fragte Melody, ob sie ihr den Gryffindorturm zeigen sollten, doch Madam Pomfrey erlaubte es nicht. Melody war erleichtert: sie fühlte sich weder stark genug noch in der Stimmung, durch dieses unheimliche Schloss zu streifen. Stattdessen setzten sich die drei an ihr Bett und erzählten von Hogwarts, von den Geistern, den Lehrern, von Filch, den Treppen, die sich bewegten, von Gryffindor und den anderen Häusern. Als Abendessenzeit war, scheuchte Madam Pomfrey die drei aus dem Krankenflügel. Hermine versprach, Melody am nächsten Morgen vor dem Frühstück abzuholen, dann war Melody wieder mit Madam Pomfrey alleine, die mit Argusaugen darüber wachte, dass sie ihren Teller leer ass.


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