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Fanfiction

Totgeburt - Totgeburt

von Noble Scarlet

21. Dezember 1926

„I choose not to feel a thing,
Sanctity a breath away.
Just a breath away.”


Das Zimmer wurde nur durch das schwache, blass goldene Licht der untergehenden Sonne erhellt. Das grüne Sofa, das dunkle Holztischchen und die vereinzelten, wie zufällig platzierten, Sessel mit dem ebenfalls grünen Bezug, warfen lange Schatten über den dicken Perserteppich an die gegenüberliegende Wand. Das grosse Fenster, durch welches das Licht des späten, bitter kalten Nachmittags fiel, war schmutzig und Tropfen von Schmelzwasser glitzerten auf dem Glas. Fast war ihr, als erzählte das schmutzige Fenster, hinter dem ein verlassener Garten mit kahlen Bäumen lag, von ihrem Leben. Genau wie der kalte, verrusste Kamin zu ihrer Rechten. Sie fror entsetzlich, trotz der braunen Wolldecke, die sie sich über die Beine gezogen hatte. Die Kälte war unangenehm, besonders an so einem einsamen Wintertag wie diesem und bei ihrem Zustand. Trotzdem schlich sich ein kleines, ganz kurzes und völlig fehl am Platze wirkendes, Lächeln auf ihre rissigen, farblosen Lippen. Mit einer Hand strich Merope Gaunt zärtlich über ihren runden Bauch.
Die Kälte, ja die Kälte machte ihr eigentlich doch nichts aus. Denn die Kälte war alles, was sie noch hatte, alles was sie noch fühlen konnte. Alles, was sie sich noch zu fühlen wagte. Denn all die anderen Empfindungen waren zu viel für sie und für das Kind sowieso. Die Kälte und das Kind, sie waren alles, was übrig geblieben war. Sie waren das Einzige, was von ihrem Traum, mit Tom Riddle ein gemeinsames Leben zu führen, übrig geblieben war. Sie hatte beschlossen ihn dem Einfluss des Liebestrankes nicht länger auszusetzen, denn sie war sich sicher gewesen, sein Herz längst gewonnen zu haben. Und sie war sich sicher gewesen, dass er mit seinem guten Wesen und dem grossen Ansehen niemals ein Kind im Stich lassen würde. Aber offenbar hatte sie sich verschätzt. Offenbar war sie wirklich zu hoffnungsvoll gewesen. Jetzt sass sie also hier in dem kalten Salon seines Elternhauses.
Nachdem die Wirkung des Liebestrankes nachgelassen hatte, war er ausser sich gewesen. Er hatte sie gezwungen in den Wagen zu steigen und sie waren hierher zurück gefahren. Zurück in die Gegend, von der Merope geglaubt hatte, sie für immer hinter sich gelassen zu haben. Natürlich hatte es nicht lange gedauert, bis diese Cecilia von seiner Rückkehr erfahren hatte. Merope zwang sich nicht zu schluchzen.
Nein, das war zu viel! Sie durfte diese Gefühle nicht zulassen!
Wie hatte er sie nur verlassen können? Wie hatte er sie nur ohne mit der Wimper zu zucken einfach für eine Schwindlerin abtun können? Hatte sie sich wirklich so sehr in ihm geirrt? Er hatte sie doch geheiratet! Er war mit ihr weggezogen! Und jetzt war das alles also wertlos. Nicht sie hatte sein Herz gewonnen, sondern der Liebestrank.
Aber warum, warum nur hatte es nicht funktioniert? Sie war von reinstem Blut! Sie war eine Gaunt, eine der letzten direkten Nachfahren des grossen Salazar Slytherins! Sie war eine Hexe! Warum nur, wollte er sie nicht?
Zu der Verzweiflung, der Enttäuschung und der Trauer kam nun auch noch Wut hinzu. Wut auf ihn, auf diese dumme Cecilia und Wut auf sich selbst. Vater hatte Recht gehabt! Muggeln durfte man niemals vertrauen! Sie verstanden ihre Welt und die Zauberei nicht im Geringsten. Nein, sie versuchten erst gar nicht sie zu verstehen! Wie hatte sie sich nur einbilden können, dass Vater sich irrte? Nun, zugleich liebte sie Tom zu sehr, als dass sie ihm seine Abstammung hätte vorwerfen können. Aber sie versuchte verzweifelt einen Grund dafür zu finden, dass er sie nicht lieben wollte.
Aber nein, sie durfte nicht weiter darüber nachdenken. Je mehr Gedanken sie zuliess, desto stärker brodelten die Gefühle in ihr. Sie keuchte leise, als sie einen Fusstritt ihres Kindes fühlte.
Nein, um des Kindes Willen würde sie sich zusammenreissen. Das Kind, Toms Kind, durfte nicht unter ihren Fehlern leiden. Aber was sollte sie tun? Wo sollte sie hin? Sie hatte Blutschande begannen, nach Hause und zurück zu ihrem Vater würde sie nicht gehen können. Das Kind würde zu sehr leiden, wenn er es überhaupt am Leben lassen würde. Solchen Gefahren würde sie es niemals aussetzten. Es war Toms Kind! Niemand würde ihm Schaden zufügen! Niemand würde es ihr wegnehmen!
Sie kniff die Augen zusammen und versuchte all diese Gedanken und Gefühle zu stoppen. Sie griff nach der Kälte, nach diesem leeren Gefühl. Es war, als wäre nichts mehr in ihr. Sie entspannte sich etwas.
Plötzlich flog mit lautem Krachen die grosse Holztür zum Salon auf. Erschrocken fuhr Merope aus dem Sessel auf, die braune Decke rutschte auf den Boden.
„Ich fasse es nicht!“, keifte eine aufgebrachte Frauenstimme, „Sie ist immer noch hier?!“
Eine wütende, blonde Frau mit feinen Gesichtszügen und stahlblauen Augen schritt auf sie zu, packte sie am Oberarm und zerrte sie in Richtung Tür. Merope wusste nicht wie ihr geschah. Erschrocken taumelte sie hinter der Frau her und presste schützend die Hände auf ihren dicken Bauch.
„Raus! Raus mit dir du elende Schlange! Du Schmarotzerin! Mit meinem Verlobten! Was fällt dir ein meinen Verlobten zu heiraten! Die Pest wünsche ich dir an den Hals, du widerliche Hexe! Als ob er so etwas wie dich jemals freiwillig geheiratet hätte!“
Merope reagierte nicht auf die Beschimpfungen, sie war wie versteinert, die Frau stiess sie in den geräumigen Hausflur.
„Liebling, bitte. Du kannst sie doch nicht bei diesem Wetter vor die Tür setzten.“
Auf der Treppe erschien Tom Riddle, seine dunklen Augen blickten gehetzt von Cecilia, seiner Verlobten, zu Merope und auf ihren Bauch. Er war noch viel blasser, als gewöhnlich, sein weisses Gesicht bildete einen krassen Kontrast zu seinem vollen, glänzend schwarzen Haar.
„Und ob ich kann!“, zischte Cecilia, „Ich lasse doch nicht diese Prostituierte mit ihrem Bastard hier in unserem Haus wohnen! Bist du verrückt? Du hast doch selbst gesagt, dass du sie nicht willst! Du bist zu mir zurückgekommen und jetzt willst du sie nicht rauswerfen?!“
„Du weißt, dass ich nur dich liebe. Aber Cecilia, sie ist schwanger! Und bei diesem Wetter-“
„Ja, und was glaubst du, wie ich mich dabei fühle? Dieses Kind! Das sollte unser Kind sein! Ich will, dass sie verschwindet!“
„Bitte...“, flüsterte Merope und fiel auf die Knie, das Kind strampelte wie verrückt, „Bitte... Tom...“
Sie sahen sich an. Toms Blick war unergründlich. Kurz lag er auf ihrem Bauch, Merope sah ihn flehend an, Tränen brannten in ihren Augenwinkeln. Er schien mit sich zu ringen. Dann verdüsterte sich seine Miene, sein Mund bekam einen harten Zug.
„Nein“, sagte er bestimmt und Merope wusste, dass er damit ihr Schicksal besiegelte, „Ich kenne dich doch gar nicht. Cecilia hat Recht. Ich wollte immer nur sie heiraten, wie das mit dir passiert ist, ist mir ein Rätsel. Diese Heirat lässt sich schnell rückgängig machen. Das habe ich dir schon gesagt. Verschwinde von meinem Grundstück und wag es nicht und jemals wieder zu belästigen!“
Cecilia öffnete die Haustür und deutete in die Dämmerung hinaus. Es schneite.
„Na los, mach das du raus kommst!“
„Tom! Tom, bitte! Unser Kind!“
Cecilia bugsierte sie aus der Tür.
„Nein.“
Merope sah noch, wie Tom seinen schönen Kopf schüttelte, das Kind schien wild um sich zu treten, ihr blieb kurz die Luft weg vor Schmerzen, dann fiel die Tür mit einem endgültigen Knall ins Schloss.
Die Kälte, die nun einsetzte, war so eisig und so tiefgreifend, dass Merope kurz fürchtete ihr Kind sei zu Eis geworden. Sie fühlte nichts mehr. Nur noch die Kälte. Alles andere war wie ausgerissen, zurückblieb kalte und unendliche Leere. Wie sollte es jetzt weitergehen? Merope raffte sich auf. Es musste weitergehen, nicht unbedingt für sie, aber sicher für das Kind. Im Kopf überschlug sie kurz ihre Möglichkeiten. Es gab nicht viele. Zurück zu ihrer Familie konnte sie unmöglich, Freunde hatte sie keine. Sie war ganz allein. Alles was sie besass waren die Kleider, welche sie trug, ihren zerschlissenen Wintermantel, ihren Zauberstab und das Medaillon Slytherins. Geld hatte sie keines. Wie sollte sie an Geld kommen? Sie musste ja Essen und irgendwo eine Bleibe finden! Sie griff sich an den Hals und ertastete die goldene Kette des Medaillons. Natürlich!
Der verzweifelte Plan war ihre letzte Hoffnung. Boring&Burkes in der Nocturngasse war ihre einzige Möglichkeit an Geld zu kommen und er Winterkälte zu entkommen. Merope warf einen letzten Blick auf das Haus hinter sich. Hier endete ihr Tram von einem liebevollen und sorglosen Leben. Wenn sie Tom liebte, so musste sie ihn nun loslassen. Sie liebte ihn zu sehr, als dass sie ihn länger durch Magie hätte zwingen können sie zu wollen. Lieber wollte sie, dass er glücklich wurde. Nur für das Kind würde es schwer werden, so ganz ohne Vater... Merope wandte sich dem Gehweg zu, welcher vom Haus wegführte. Sie verdrängte alle Gedanken, die Gefühle liess sie nicht länger zu. Lieber griff sie nach der überschaubaren, leeren Kälte. Sie legte wieder eine Hand auf den Bauch, schloss die Augen und disapparierte.


31. Dezember 1926

„Blacken the cursed sun,
Blacken what's yet to be done.
Blacken because you know,
There is no tomorrow. “

Der Himmel war grau. Es war bitterkalt, das Eis und der Schnee knirschten unter ihren löchrigen Stiefeln. Sie fror und zitterte am ganzen Leib. Ihre Haare hingen ihr strähnig in das bleiche Gesicht, ihre Finger waren blau vor Kälte und das Hungergefühl brachte sie schier um den Verstand. Verzweifelt blieb sie vor einem der unzähligen Geschäften in der Londoner Innenstadt stehen und blickte in das Schaufenster, hinter welchem sich das Neujahrsgebäck stapelte. Das Medaillon hatte weniger Geld abgeworfen, als sie gehofft hatte. Das Geld hatte für ein paar Nächte in einer heruntergekommenen Unterkunft gereicht. Aber die letzten drei Nächte hatte sie draussen in der Kälte, in Hauseingängen und in der Untergrundbahn verbracht. Gegessen hatte sie nur ein Stück Brot, welches sie von einer gutherzigen Muggelfrau bekommen hatte.
Merope war am Ende. Sie hatte nichts und niemanden mehr, völlig ziellos irrte sie durch die Stadt, vorbei an wohlgenährten, warm gekleideten und beschäftigten Leuten, die keinen Blick für die junge Hexe übrig hatten. Sie hatte keine Kraft mehr, in ihr war nicht als Kälte und unendliche Leere. Sie hatte versucht ein paar Zauber zu wirken, aber sie schaffte es nicht. Wahrscheinlich hatte sie ihre Zauberkräfte verloren, es hätte sie nicht verwundert. Das Kind hatte auch nicht mehr getreten, seit Tagen nicht mehr. Aber es war Toms Kind! Sie musste weitergehen, für das Kind. Jeder Schritt war eine Qual, sie fühlte ihre Finger nicht mehr und vor Hunger war ihr über und schwindlig. Völlig erschöpft trat sie durch ein eisernes Doppeltor in einen leeren Hof, auf dessen gegenüberliegenden Seite sie ein recht düsteres, wuchtiges Gebäude mit einem hohen Gitterzaun ringsum erkannte. Sie wankte auf das Gebäude zu. Vielleicht hatte sie ja noch ein letztes Mal Glück und die Leute dort würden ihr etwas zu Essen geben. Sie quälte sich die paar Stufen zu Eingangstür empor. An der Tür war ein kleines Schildchen befestigt, ein längerer Name und Waisenhaus standen darauf, aber Merope schenkte dem keine Beachtung. Sie hob ihre zitternde Hand und klopfte an die Tür, dann sank sie ganz ausgelaugt auf der Stufe zusammen. Mit einem Mal durchzuckte sie dieser unglaubliche Schmerz. Feuer loderte durch sie, Blitze schienen durch ihren Bauch zu zucken. Sie stiess einen Klagelaut aus und krümmte sich. Die Welt drehte sich, immer wieder durchzuckte sie dieser Schmerz, die Pausen dazwischen wurden schnell kürzer. Merope wusste, dass sie in den Wehen lag. Sie schaffte es nicht mehr aufzustehen. Die Schmerzen waren zu stark. Was wenn niemand kam? Was wenn in diesem Haus gar niemand wohnte? Niemand würde ihr helfen! Tränen rannen ihr über die Wangen, sie stöhnte vor Qual.
„Hilfe“, keuchte sie, „Hilfe! Bitte, Hilfe! HILFE!“
Sie weinte und schrie. Die Qualen der letzten Tage schienen sich mit einem Mal zu entladen. Trauer, Wut, Schmerz, Enttäuschung, Verzweiflung und Panik durchströmten sie zeitgleich und schienen ihren Körper u zerreissen. Die Wehen wurden immer stärker. Das Kind! Toms Kind! Sie durfte es nicht verlieren, nicht Toms Kind!
„Hilfe!“
Sie kämpfte gegen die Ohnmacht, die Kälte wollte ihre Schmerzen verdrängen, wollte sie in die Leere ziehen, sie vergessen lassen...
Die Tür hinter ihr öffnete sich.
„Hallo? Miss! Miss, hören sie mich?“
Merope öffnete die Augen, eine junge Frau, nicht älter als sie selbst, mit brauen Haaren und eine ältere Dame mit weisser Schürze beugten sich über sie.
„Mein Kind...“, flüsterte Merope gequält, „Bitte...“
Dann wurde es wieder dunkel um sie.

Einige Minuten später kam sie wieder zu sich. Sie lag in einem Bett, eingehüllt in weisse Decken. Die Wehen waren jedoch nicht wieder abgeklungen, sofort fühlte sie die Schmerzen wieder.
„Aah, das Kind...“, stöhnte sie und richtete sich im Bett auf. Sofort wurde der stechende Schmerz zu einem Feuersturm in ihrem Unterleib.
„Sie müssen sich hinlegen, Miss.“
„Nein, das Kind! E-es, es kommt! Bitte!“
Merope erkannte die junge Frau, welche sie vor der Tür gefunden hatte.
„Oh, in Gottes Namen! Natürlich! Die Hebamme ist schon auf dem Weg, Miss. Aber sie dürfen nicht aufstehen, legen sie sich hin. Ihre Fruchtblase ist schon draussen geplatzt und sie verlieren Blut!“
„Das Kind!“, Meropes Augen weiteten sich erschrocken.
Sie hatte für mehrere Minuten das Bewusstsein verloren, die Kälte und der Hunger in den letzten Tagen hatten sie an ihre körperlichen Grenzen gebracht. Was, wenn dem Kind etwas passiert war? Was, wenn es tot war?!
„Es wird alles gut, Miss“, beruhigte sie die junge Frau, „Die Hebamme wird gleich hier sein. Alles wird gut.“
Es musste gut werden. Sie musste dieses Kind zur Welt bringen. Toms Kind... Die Angst machte sie ganz wirr. Wo war sie hier? Wer waren diese Leute? Würden sie ihr wirklich helfen?
Dass sie eine Hexe war, dass sie in dieser Situation in ein Zaubererhospital hätte gehen können, dass sie ihren Zauberstab hätte benutzen können, das war alles nebensächlich. Sie hatte ja sowieso keinen Zauber mehr zu Stande gebracht. Es war Toms Kind. Sie hatte sich so sehr auf ein Leben mit ihm eingestellt, dass sie schon fast vergessen hatte, wer und was sie wirklich war. Und sowieso, es war Toms Kind. Sie würde ihr Leben sowieso ändern müssen und das Vergangene hinter sich lassen. Denn ihr Kind würde ganz bestimmt auch ein Muggelkind sein, ganz wie Tom. Egal was ihr Vater auch sagen mochte, das durch Inzest verschmutzte magische Blut ihrer Familie konnte doch unmöglich noch gegen Toms Muggelblut wirken. Sie war ja selbst Jahre lang als Squib beschimpft und behandelt worden. Sie wusste ja auch nicht wirklich viel über Magie und hatte nicht allzu viel davon beherrscht. Ihr Blut konnte also wirklich nicht so stark sein. Es war also völlig egal, dass sie nicht mehr zaubern konnte. Sie würde es nie wieder tun müssen.
Merope schloss die Augen und lehnte sich zurück in die Kissen. Sie streichelte ihren schmerzenden Bauch und wieder lächelte sie ihr deplatziertes Lächeln. Es würde schon alles gut gehen. Sie musste nur daran glauben. Sie ächzte leise und biss die Zähne zusammen. Sie fühlte Schweiss auf ihrer Stirn und ahnte nicht, dass sie sich wieder einmal täuschte. Und zwar in allem.
Die Tür zu ihrem Zimmer wurde aufgerissen und die junge Frau kam mit einer rothaarigen, etwas molligen Frau mittleren Alters herein. Die Hebamme war eingetroffen und mit ihr kamen die qualvollsten Stunden in Merope Gaunts kläglichem Leben.

Erschöpft liess sie ihren Kopf auf die Kissen fallen.
„Geschafft, Miss!“, jubelte die Hebamme und sogleich setzte das Schreien eines Neugeborenen ein, dessen Lungen sich erstmals entfalteten um die Luft dieser Welt zu atmen. Die Luft einer Welt, die es irgendwann in Angst und Schrecken versetzten würde.
„Ein Junge! Es ist ein Junge!“, rief die junge Frau aufgeregt, welche die Hebamme hereingebracht hatte, danach die ganze Zeit im Zimmer geblieben war und sich als Mrs Cole vorgestellt hatte.
„Hoffentlich sieht er aus wie sein Papa“, sagte Merope leise und hob den verschwitzten Kopf um ihn sehen zu können.
Er war wunderschön. Sie lächelte glücklich, sank zurück und hob eine Hand. Die Hebamme drückte ihn ihr in die Arme.
Dieser Junge, dieser wunderschöne Junge war Toms Sohn. Er hatte seine Augen und seine Lippen! Ja, sogar seine Nase! Merope war überglücklich. Doch zugleich trübte eine dumpfe Vorahnung ihre Freude. Sie konnte sie fühlen, die Kälte, welche nach ihr griff.
Toms Sohn... Aber Tom wollte sie nicht. Tom liebte sie nicht. Tom hatte sie vor die Tür gesetzt. Sie war ganz allein.
Merope keuchte wieder, als sie einen erneuten Stich im Unterleib fühlte. Sie krümmte sich wieder und der Junge begann zu weinen.
„Oh, nein bei allen Heiligen! Miss!”, stiess die Hebamme hervor und Mrs Cole schaute ebenfalls fürchterlich erschrocken.
Merope erkannte sofort den Grund für ihren Schrecken. Die weissen Decken über ihr, waren mit einem Mal blutdurchtränkt. Merope schlug sie zurück, ihr Sohn schrie lauter, überall war Blut. Frisches, warmes, rotes Blut. Merope wusste nun sicher, was geschehen würde. Die Kälte war nun ganz nah und ihre Erschöpfung unendlich gross. Sie hatte so lange durchgehalten! Sie hatte ihren Sohn geboren, er war trotz der Kälte, trotz des Hungers, trotz ihrer Verzweiflung am Leben. Das war das Wichtigste. Er lebte, Toms Sohn lebte. Sie schloss die Augen und liess sich fallen. Die Angst der letzten Tage fiel von ihr ab.
„Miss? Meine Güte, Mrs Stanley, schicken sie nach dem Pfarrer!“, sagte Mrs Cole zu der Hebamme, „Ich fürchte das schlimmste! Ihr Puls ist ja ganz schwach!“
Merope wusste, dass sie loslassen durfte. Toms Kind lebte, sie durfte aufhören sich zu sorgen. Ausserdem hatte sie ganz einfach keine Kraft mehr. Sie hatte nicht die Kraft weiterzukämpfen. Sie schaffte es einfach nicht. Sie wollte nicht noch mehr durchmachen. Alles was ihr Vater ihr prophezeit hatte, war eingetreten. Ja, es war irgendwie traurig, aber sie musste zugeben, dass er Recht gehabt hatte. Und Tom... Tom wollte sie nicht.
Es war alles umsonst gewesen, sie hatte keine Kraft mehr.
„Nein“, flüsterte sie plötzlich.
Auch wenn sie sich geirrt hatte, auch wenn sie diesen Mann umsonst liebte, sie war doch noch eine Gaunt. Ein letzter Rest Stolz steckte noch irgendwo in ihr. Es sollte nicht ganz alles umsonst gewesen sein. Sie würde nicht zulassen, dass ihr Sohn umsonst geboren worden war. Sie würde nicht zulassen, dass Tom und die Welt diesen Jungen einfach vergessen würden.
„Sein Name...“, presste sie hervor und griff mit zittrigen Fingern nach Mrs Coles Hand, welche neben dem Bett stand und sich nun zu ihr hinabbeugte. Sie hörte aufmerksam zu. Merope fühlte das Gewicht ihres Sohnes, welchen sie mit dem rechten Arm leicht an sich drückte. Er war ganz ruhig geworden, als fühlte er ihre Erschöpfung.
Die Kälte griff nach ihrem Bewusstsein. Sie zwang sich ihren letzten Wunsch zu sprechen. Der einzige Wunsch, der ihr jemals erfüllt werden sollte:
„Sein Name ist... Tom, n-nach seinem Vater. U-und, Vorlost nach meinem V-vater“, sie schöpfte ein letztes Mal Atem, „Riddle.“
Nachdem sie ihren letzten Wunsch über ihre, nun schon weissen, Lippen gebracht hatte, wurde ihre Hand in jener Mrs Coles schlaff. Ihr Arm rutschte von ihrem Sohn und ihr Kopf kippte zur Seite.
Merope Gaunt gab alle Hoffnung auf, sie gab sich selbst auf. Ihre Aufgabe war erfüllt. Mit einem leichten, wieder fehl am Platze wirkenden, Lächlen warf sie sich in die Arme der solange ersehnten, alles vergessen lassenden, leeren Kälte.
Ihre Leiche wurde noch am selben Tag weggetragen und auf einem unbekannten Friedhof beigesetzt. Ihr Sohn jedoch lebte, wie sie es sich erhofft hatte. Doch ihr Wunsch, wonach ihr geliebter Tom ihren Sohn einige Jahre später finden und bei sich behalten sollte, wurde wie all die anderen in ihrem Leben nicht erfüllt. Sie hatte sich geirrt. Weder hatte der Muggel Tom Riddle sie jemals geliebt, noch hatte sie einen Muggeljungen geboren. Ihr Vater hatte auch dieses Mal Recht behalten: Das reine Blut setzte sich durch.
Im Fall von Tom Vorlost Riddle ganz nach Geschmack seines Grossvaters.
Merope Gaunt hatte ihrem Namen alle Ehre gemacht. Sie hatte geboren um zu sterben. Eine Geburt, die den Tod brachte.
Voldemort.

Ende


~*~


Hallo liebe Leser/innen,

Die Idee zu diesem Oneshot ist mir spontan gekommen. Ich fand Merope Gaunt schon immer sehr interessant, ihre Geschichte in Harry Potter und der Halbblutprinz hat mich damals auf ihre eigene Art und Weise berührt. Ausserdem fragen wir uns ja alle immer wieder gerne, wie Voldemort zu dem wurde, der er ist. Es gibt Leute, die behaupten, dass die Art unserer Geburt und die Zeit davor unser Leben massiv prägen können. In diesem Oneshot spekuliere ich darauf, dass genau das in Voldemorts Fall passiert ist. An alle Mütter, die diesen Oneshot lesen: Verzeiht, falls ich die Schmerzen einer Geburt irgendwie vollkommen falsch beschrieben habe. Da habe ich bisher noch keine Erfahrung, ich entschuldige mich, falls die Beschreibung irgendjemanden empört haben sollte. ;-) Ansonsten freue ich mich über eure Feedbacks! Ich hoffe der Oneshot hat euch gefallen, schreibt mir eure Meinung.

Und für alle, die das interessiert: Die Songtextzeilen zu Beginn der Textabschnitte stammen aus dem Song „Blacken the cursed sun“ von Lamb of God.

Hier findet ihr meinen Fanfiktion Theard.
Hier findet ihr meine neuste, längere Fanfiktion „Lorbeerzweige“ und hier geht's zu meinem Oneshot über die Maulende Myrthe „Ein letzter Blick“.

Eure Noble Scarlet


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