von Andromeda Riddle
Danke an sternchen* fürs Kommentar und an HermioneMalfoy fürs Beta-Lesen.
@sternchen*: Ja, ich habe bei der Stelle wirklich lange überlegt, Dracos Sicht der Dinge wäre zu diesen Zeitpunkt wirklich nicht schlecht gewesen. Ich habe mich bei der Szene zu sehr auf Ginnys Sicht fixiert. Ich finde es wirklich schön, dass dir die Stelle trotzdem gefallen hat.
Und wegen Neville: Keine Sorge, Ginny wird sicher bald etwas unternehmen.
Ich hoffe sehr, dass dir die Geschichte auch weiterhin gefällt und dass du auch weiterhin dranbleibst wirst :-)
@alle:Viel Spaß mit dem neuen Kapitel und seid doch bitte so nett und lasst mir wieder ein paar Kommentare da.
Zu ihrer Überraschung hatte sie in dieser Nacht unerwartet gut geschlafen. Besser als in den vergangenen Nächten. Und dies hatte sie nur Draco Malfoy zu verdanken, auch wenn er gar nichts gesagt hatte. Er hatte sie in den Arm genommen und das war das Einzige, dass sie in diesen Moment mehr als alles andere gebraucht hatte. In diesem Augenblick hatte sie wirklich das Gefühl gehabt, dass er für sie da war. Sie hatte sich nicht mehr allein gefühlt und hatte für ein paar Minuten ihre Angst vergessen, aber nun war sie wieder da, noch stärker als je zuvor. Neville ... sie musste ihm helfen. Für Harry konnte sie nichts tun, doch für ihn schon. Es gab eine Chance, es musste irgendeine geben! Ginny wusste nur eines, sie musste etwas unternehmen, sobald wie möglich, aber nicht jetzt. Der Zaubertrankunterricht bei Professor Slughorn hatte gerade begonnen. Sie sollten einen sehr komplizierten Trank zubereiten, sodass es sogar für Ginny eine Herausforderung wurde. Die Schüler hatte bereits ihre Zutaten zusammengesucht und waren inzwischen vollkommen mit ihrem Gebräu beschäftigt, genauso wie Malfoy. Er hatte ganz offensichtliche Probleme mit seinen Schlafbohnen. Jedes Mal, wenn er versuchte sie zu zerschneiden, rutschten sie ihm aus der Hand. Ginny konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Sie vergewisserte sich, dass Professor Slughorn nicht in ihrer Nähe war. Schließlich hatte sie ihn gefunden. Er saß immer noch vorne an seinem Pult. Langsam beugte sich Ginny ihn Malfoys Richtung, sodass ihr Mund direkt an seinem Ohr war.
„Du solltest versuchen die Bohnen zu zerdrücken. Dann tritt der Saft besser raus“, flüsterte sie ihm zu. Er sah sie irritiert an. Sie lächelte nur. „Vertrau mir.“ Malfoy sah noch einmal vollkommen verwirrt in sein Buch, doch dann nahm er sein Messer, aber anstatt zu versuchen die Bohne aufzuschneiden, zerdrückte er sie nun mit der Klinge. Zu Malfoys Überraschung hatte sie Recht. Er sah sie vollkommen verwirrt an. „Woher wusstest du das?“ Ginnys Grinsen wurde noch breiter, als sie den bewundernden Unterton in seiner Stimme hörte. „Harry hat mir letztes Jahr den Tipp gegeben. Auch und bevor ich es vergesse, rühr deinen Trank dieses Mal bitte ein wenig langsamer um, ja?“ Malfoy sah für einen Moment lang beschämt auf den Boden. Er konnte sich nur zu gut daran erinnern, was bei der ersten Zaubertrankstunde passiert war. Er hatte ganze zehn Punkte Abzug für seinen schlechten Trank erhalten. Sie wusste nicht, wieso Malfoy auf einmal ganz offensichtliche Probleme in Zaubertränke hatte, glaubte aber, dass ihn etwas ablenkte, aber was genau? Was war nur los? Ihre Augen musterten sein Gesicht, dabei blieb ihr Blick an seinen Lippen hängen. Sein Mund bewegte sich, aber die Worte, die er sagte, drangen nicht bis in ihren Verstand vor. Sie war viel zu tief in ihren Gedanken versunken. Bilder tauchten vor ihren Augen auf, Szenen, die sie längst erlebt hatte. Ihre erste Begegnung mit Malfoy. Ja, sie erinnerte sich nur allzu gut daran, an seine Arroganz, seinen Hochmut, an alles. Er hatte sie von Anfang an gehasst, weil sie in seinen Augen eine Blutsverräterin war. Er verachte sie und sie verachtete ihn. Sie hasste ihn und wollte ihm immer am liebsten die Pest an den Hals hexen. Sie waren schon immer Feinde gewesen und der Hass zwischen ihnen hatte sich Jahr für Jahr gesteigert, aber was war jetzt? Hasst er sie noch? Und was war mit ihr? Hasste sie ihn noch? Sie wusste es nicht. Er hatte ihr geholfen, in letzter Zeit immer wieder geholfen. Wieso? Was hatte sich an seiner Einstellung geändert? Er war doch der Gleiche geblieben. Ja, äußerlich, aber innerlich? Nein, etwas hatte sich verändert, es musste sich etwas verändert haben. Wieso konnte es nicht einfach wie vorher sein? Vor einiger Zeit war alles noch in Ordnung gewesen. Sie hatte einen klaren Standpunkt gehabt, aber jetzt hatte sie ihn plötzlich verloren.
„Gin … ähm, ich meine … Weasley, hörst du mir eigentlich zu?!“ Ihr Kopf fuhr augenblicklich hoch. Malfoy sah sie mit einem seltsam fragenden Gesichtsausdruck an. „Ähm, ja … ich … ich meine nein! W -was hast du gesagt?“ Etwas genervt wiederholte er seine Worte. „ Ich habe gefragt: Wieso tust du das alles? Ich meine, wieso hilfst du mir auf einmal so?“ Ginny war mittlerweile genauso irritiert wie er. Sie dachte eigentlich, dass es selbstverständlich wäre, dass er es vielleicht sogar von ihr erwartete. Eine Gegenleistung. „Naja, du hast mir ja auch geholfen und da dachte ich, dass es nur fair wäre, wenn ich jetzt das selbe für die tue“, antwortete sie schlicht. Malfoy wusste nicht, was er drauf antworten sollte, also nickte er nur und widmete sich wieder seinem Zaubertrank. Ginny tat es ihm gleich, aber sie schaffte es nicht wirklich sich wieder richtig zu konzentrieren. Sie war viel zu aufgewühlt um an ihren Zaubertrank zu denken. Sie bemerkte nicht einmal, wie Malfoy ihr einen kurzen Blick schenkte, nichts ahnend, dass sie schon wieder vollkommen ihn ihrer Gedankenwelt war.
Nach dem Unterricht stürmten Zabini und Parkinson sofort auf Malfoy zu und verwickelten ihn auf der Stelle in ein Gespräch. Ginny wollte gerade an den Dreien vorbeigehen, doch sie hielt inne und steuerte danach direkt auf sie zu. Sie musste einfach noch einmal mit ihm reden. Sie wollte es endlich wissen, sie wollte wieder einen klaren Standpunkt haben und um den zu bekommen, brauchte sie Gewissheit.
„Malfoy, ich würde gerne noch einmal mit dir reden“, sagte sie mit ruhiger Stimme. Zabini sah Malfoy verwundert an, während Parkinson Ginny mit einem vernichtenden Blick betrachtete. Oh ja, wenn Blicke wirklich töten könnten ...
„Verschwinde! Weder ich noch Draco wollen uns mit einer Blutsverräterin wie dir unterhalten!“, zischte Parkinson. Ginny erwiderte ihren Blick. Sie konnte Parkinsons Hass nur allzu deutlich spüren, er war zum Greifen nahe, doch bevor sie sich gegenseitig an die Gurgel gehen konnten drängte Malfoy sich zwischen die beiden Mädchen. „Danke Parkinson, aber ich entscheide immer noch selbst mit wem ich mit gerne unterhalte! Und jetzt verschwinde und hör auf mir auf die Nerven zu gehen!“ Parkinson sah ihn kurz fassungslos an. Seine Worte hatten sie wie Schläge getroffen, aber dies schien Malfoy nicht im Geringsten zu stören. Ja, er hatte wirklich ein wahnsinnig großes Ego. ‚Arme Parkinson, sie hat mit Malfoy keinen guten Fang gemacht‘, dachte Ginny bitter. Malfoy war einfach unverbesserlich. Es sah aus als wollte die Slytherin etwas erwidern, doch dann rannte sie einfach in Richtung ihres Gemeinschaftsraums. Zabini zog die Augenbrauen hoch und musterte Ginny einen Augenblick, sagte jedoch nichts, sondern schlug nach einer Welle ebenfalls Parkinsons Richtung ein. Ginny glaubte aber zu hören, wie er etwas vor sich her murmelte.
Erst nach einiger Zeit bemerkte Ginny, dass sie und Malfoy nun vollkommen alleine waren. Hastig richtete sie sich an ihn. „Sag Mal, behandelst du deine Freunde immer … so?“ Er sah sie spöttisch an. „Was interessiert es dich, du kannst sie doch nicht im Geringsten leiden. Außerdem geht mir Parkinsons Verhalten langsam wirklich auf die Nerven, die ganze Zeit über hängt sie an mir, wie eine lästige Doxy.“ Ginny zog die Augenbrauen hoch. Manchmal war Malfoy wirklich ein absoluter Idiot und sie hatte ernsthaft gedacht, dass er sich verändert hätte. Vielleicht hatte sie sich getäuscht. „So denkst du also über deine Freundin? Wie nett.“ Malfoy schüttelte nur den Kopf. „Sie ist nicht meine Freundin. Zumindest bin ich nicht mit ihr zusammen, wenn du das meinst. Meine Eltern wollen zwar, dass ich sie heirate, aber eines schwör ich dir: Das wird nie in Leben passieren!“ Das brachte Ginny nun wirklich nicht weiter. Das Malfoy vorhatte sich seinen Eltern zu widersetzen, das hätte sie nie von ihn erwartet. „Und wieso willst du sie nicht heiraten? Ich meine damit, sie scheint dir mehr als verfallen zu sein.“ Er schnaufte verächtlich. „Sie ist nicht mir sondern meinen Geld verfallen! Das ist alles was sie will. Sie ist schon lange hinter meinen Familiennamen her. Die Tatsache, dass sie Reinblüterin ist, nutzt sie dabei natürlich auch völlig schamlos aus.“ Ginny fand das sich das alles viel zu übertrieben anhörte, aber wenn sie genauer überlegte ergab dies alles Sinn. Vielleicht war das Leben eines reinblütigen Malfoys doch nicht so einfach, wie sie zu Anfang gedacht hatte. Die Ansichten ihrer Familie waren niemals durch und durch reinblütig gewesen. Vielleicht war das auch besser so. Die Tatsache, dass jemand nicht in einen Menschen, sondern nur in seine Mitgift verliebt war, tat weh.
Es dauerte nicht lange, da holte Malfoys Stimme sie wieder in die Wirklichkeit zurück. „Aber warum erzähl ich dir das eigentlich alles? Kommen wir lieber gleich zum Thema. Weshalb wolltest du mit mir sprechen? Oder war das schon alles?“ Ginny schüttelte den Kopf. Es war Zeit, ihm endlich die Frage zu stellen, von der sie sich schon so lange eine Antwort erhoffte.
„Wieso hast du mir geholfen? Gestern und damals im Verteidigungsklassenzimmer?“ Er schien wirklich sorgfältig über seine Antwort nachzudenken.
Was sollte er ihr schon sagen? Es war vollkommen instinktiv gewesen. Er hätte sie bei den Carrows verpfeifen können, aber er hatte es nicht getan. Der Grund war ihm klar, aber er konnte es ihr doch nicht sagen, das wäre vollkommen idiotisch. Im Nachhinein fragte er sich wirklich, ob er es bereute sie gerettet zu haben. Was würden seine Eltern dazu sagen? Sicherlich wären sie nicht sonderlich begeistert. Sie hasste ihn, sie war ein Feind von ihm, eine Blutsverräterin, nicht mehr und nicht weniger. Er hatte alles vermasselt, seine Familie war bei dem dunklen Lord in Ungnade gefallen und er machte alles nur noch schlimmer, indem er Potters kleiner Freundin half. Wieso sollte er ihr auch die Wahrheit sagen? Es gab keinen Grund dazu. „Ich weiß es nicht.“ Es war eine Lüge und es war ihm egal. Sie wollte doch eine Antwort und sie hatte sie bekommen.
Das alles brachte Ginny nicht weiter. Sie versuchte herauszufinden, ob er log. Sein Ton verriet nichts, absolut gar nichts. Vielleicht sagte er die Wahrheit, auch wenn es in ihren Ohren wie eine Lüge klang. „Du hattest es den Carrows sagen können“, bohrte sie weiter. Er nickte nur gleichgültig. „Ja, hätte ich.“
„Wieso hast du es nicht getan? Irgendeinen Grund muss es doch geben.“ Malfoy sagte nichts. Ginny sah etwas in seinem Gesicht. War es Scham? Weswegen? Plötzlich schoss ihr etwas durch den Kopf. Ein Gedanke, der etwas Licht auf die Sache warf. Er hatte keine Angst vor den Carrowas, aber vor dem Töten und genau das verlangten die Carrows, Morden ohne Skrupel. Sie trat einen Schritt näher an ihn heran, sodass sie nun nur noch wenige Zentimeter von ihm entfernt stand. „Nur weil ein Mensch es nicht schafft zu foltern und zu töten, heißt das nicht, dass es etwas Schlechtes ist“, flüsterte sie. Sie könnte fühlen wie sein warmer Atem ihren Hals streifte. „Für einen Todesser schon“, erwiderte er, „ER hat mich auserwählt.“
„Vielleicht bist du ja gar kein so schlechter Mensch, wie ER geglaubt hatte“, sagte Ginny. Nein, er war kein schlechter Mensch. Wie alle anderen hatte er auch eine gute Seite und Ginny war die Erste, die sie entdeckt hatte. Langsam beugte sie sich zu ihn hinüber. Sie konnte spüren, wie sich ihre Nasenspitzen berührten. Doch kurz bevor sich seine Lippen auf ihre legten, fuhr er zurück. Ein leises Stöhnen entwischte ihm. „Was ist los?“, fragte Ginny besorgt. Malfoy sagte nichts, sondern musterte aufmerksam seinen linken Unterarm. Sie legt eine Hand auf seine Schulter. „Geht es dir nicht gut?“
„Doch, alles in Ordnung. Ich muss nur kurz weg“, sagte er mit unterdrückten Atem. Ginny fühlte wie ihr der Stoff seines Hemdes entgleitete und konnte gerade noch sehen, wie er die Wendeltreppe hinaufhetzte. Ohne auch nur zu überlegen folgte sie ihm.
Er ging hinauf bis zum 7. Stock und blieb vor einer leeren Wand stehen. Ginny versteckte sich außerhalb seiner Sichtweite und beobachtete von dort aus das Geschehen. Malfoy schloss seine Augen. Ginny wartete, aber es dauerte nicht lange bis eine Tür wie aus den Nichts auftauchte. Ehe sich Ginny versah, war Malfoy auch schon in ihr verschwunden. ‚Der Eingang zum Raum der Wünsche!‘, schoss es ihr durch den Kopf. Ginny kam aus ihren Versteck und rannte zu der Tür, doch bevor sie sie erreichen konnte, löste sich der Eingang auf und ließ wie vorher eine leere, weiße Wand zurück. Es war sinnlos. Ginny wusste nicht, woran Malfoy gedacht hatte. Er war verschwunden im Raum der Wünsche. Ihr blieb nichts anderes übrig, als auf seine Rückkehr zu warten.
Mit hastigen Schritten eilte Draco zu dem Portrait von Dumbledores Schwester. Er wusste, er durfte keine Zeit verlieren. Jemanden, der so mächtig war, ließ man nicht einfach warten. Er schlüpfte hindurch und rannte den Gang entlang, bis er schließlich beim Eberkopf angelangt war und von dort aus nach Malfoy Manor apparierte.
Draco war erleichtert als er endlich wieder Boden unter seinen Füßen hatte. Er sah sich um. Er war wieder hier. Sein letzter Besuch war zwar noch nicht so lange her, aber dennoch schien eine halbe Ewigkeit vergangen zu sein. Mit fließenden Schritten ging er weiter bis zu dem Herrenhaus seiner Eltern. Kaum vor der Tür angekommen, stürmte seine Mutter heraus und umarmte ihn. „Draco, du bist wieder hier!“ Er nickte und drückte seine Mutter mit sanfter Gewalt von sich, als er bemerkte, dass sein Vater nun ebenfalls in der Tür erschienen war. „ER will dich sprechen.“ Die Stimme seines Vaters klang wirklich heißer. Als sich Draco nach seinen Worten nicht in Bewegung versetzte, fügte er hinzu: „Sofort!“ Draco hörte die Panik in dem strengen Ton seines Vaters heraus und er wurde sich der Ernsthaftigkeit seiner Worte bewusst. Hastig nickte er und ging schweigend hinter seinem Vater her. Narzissa sah den Beiden mit einen verängstigten Gesichtsausdruck nach.
Sein Vater hielt erst vor einer großen schwarzen Holztür am Ende des Ganges inne. Draco schluckte leise, ihm wurde bewusst, was jetzt kam. „Du musst alleine hinein gehen“, sagte sein Vater. Draco nickte und klopfte an der Tür, zuerst ganz leicht, dann aber fester. Er ließ seine Hand erst sinken als er ein 'Herein' hörte. Langsam griff er nach der Türklinke und sah noch einmal zu seinen Vater, doch dieser starrte nur auf den Boden unter seinen Füßen. Draco wandte sich wieder der Tür zu. Vorsichtig drückte er die Klinke hinunter und trat ein. Es war dunkel im Zimmer, aber dennoch hell genug um eine hochgewachsene Gestalt am Fenster erkennen zu können. Plötzlich bekam es Draco mit der Angst zu tun. ER war hier und ER war wütend. Das könnte nicht gut ausgehen. „Schließ die Tür.“ Draco rollte ein kalter Schauer über den Rücken, das passierte ihn immer, wenn sein Meister sprach. Seine Stimme war unheimlich, grausam, grässlich und vor allem unmenschlich hoch. Alleine seine Gegenwart ließ einen innerlich erstarren und seine Augen, man sagte es seien die einer Schlange. Draco ging seinem Befehl nach und schloss die Tür, sodass der Raum nur noch düsterer wirkte. „Komm näher.“ Alles in Draco sträubte sich dagegen, aber ihn blieb keine andere Wahl, er musste gehorchen. Er ging näher an die Gestalt heran, knapp 3 bis 4 Schritte von ihr entfernt blieb er stehen. „Draco Malfoy, knie nieder!“ Hastig ließ Draco sich auf die Knie nieder und richtete seinen Blick auf den Boden. Ja, Demut und Unterwürfigkeit, dass war es, was man den dunklen Lord entgegenbringen musste.
„Nenne mir einen Grund, Draco.“ Zum ersten Mal wagte er es, seinen Kopf ein klein wenig zu heben, sodass er einen kurzen Blick auf das Gesicht seines Meisters werfen könnte. Aber als die roten Augen auf seine grauen trafen, sah er schnell zu Boden. Er wagte es nicht ihn die Augen seines Meisters zu blicken. „E-einen Grund, Herr? Wo für??“ Dracos Stimme zitterte, die Angst nahm immer mehr Besitz von seinen Körper, aber er durfte es seinen Meister nicht merken lassen, doch es war so schwer, wie sollte man den mächtigsten Zauberer seiner Zeit anlügen? Er merkte es wirklich, er merkte es immer. Dracos Gedanken kehrten wieder in die Realität zurück und er erschrak, als er merkte, wie nahe ihm der dunkle Lord gekommen war. „Einen Grund, weshalb ich dich noch am Leben lassen sollte. Du hast wieder versagt? Nicht wahr? Du weißt nicht, wo sich Potter befindet. Sag mir, Draco, wieso solltest du mir noch von Nutzen sein?“ Draco schloss die Augen. ER hatte Recht, was konnte er jemandem wie IHN noch nutzen? Er hatte wieder versagt, nun würde er sterben. So hatte er sich sein Ende definitiv nicht vorgestellt. Er hätte sich gar nicht erst auf das Ganze einlassen sollen. Es war seine eigene Schuld gewesen, das wusste Draco nur zu gut. Er hatte alles vermasselt, er hatte Weasley geholfen, aber stattdessen hätte er sich eher auf seine Aufgebe konzentrieren sollen. Weasley … Ginny Weasley … Potters Freundin, ja, das war es!
„Mylord, ich … bitte gebt mir noch eine zweite Chance.“ Der dunkle Lord zog seine nicht vorhandenen Augenbrauen in die Höhe. „Wieso sollte ich das tun? Du würdest es sowieso wieder vermasseln!“ Draco schüttelte hastig den Kopf. „Nein, ich versichere es Euch! Da gibt es diese Weasley, Ginny Weasley, sie ist Potters Freundin und sie bedeutet ihm sehr viel. Wenn ich es schaffe ihr Vertrauen zu gewinnen, dann wird sie uns sicherlich in die Falle gehen, wenn ihr sie in Eurer Gewalt habt, wird Potter sofort zu Euch kommen, um ihr zu helfen. Bitte glaubt mir!“ Draco wollte nicht sterben, doch gleichzeitig schämte er sich für das, was er hier tat, aber es war die einzige Möglichkeit. Der dunkle Lord überlegte, nach einiger Zeit lächelte ER. Doch es war alles andere als ein fröhliches Lachen, es war unecht, kalt und einfach nur wahnsinnig. „Ginny Weasley also ... nun, Draco, so wie es aussieht, könntest du dich doch noch als nützlich erweisen. Aber sag mir, wann wirst du damit anfangen ihr Vertrauen zu gewinnen?“ Auf einmal löste sich Dracos ganze Anspannung. Er durfte leben, weiter leben, aber es hatte auch seinen Preis. „Ich habe schon damit begonnen.“ Das Grinsen seines Meisters, wurde mit diesen Worten nur noch breiter. „Sehr schon, aber dir ist doch bewusst, dass ich dich für dein Versagen immer noch bestrafen muss. Crucio!“
~*~
Ungeduldig stand Ginny da und drehte ihren Zauberstab in der Hand. Malfoy war nun schon seit drei Stunden weg. Es wurde bereits Dunkel. Sie ließ sich auf den Boden nieder und sagte leise: „Lumos!“ Licht schoss aus der Spitze ihres Zauberstabes hervor. Erwartungsvoll sah sie zur Wand, doch es tauchte keine Tür auf. Sie blieb weiterhin leer. Was tat er bloß da drin?
Weitere Minuten vergingen. Aber nach einiger Zeit erfühlte sich Ginnys Hoffnung. Die Tür tauchte wieder auf. Sie machte sich bereits auf Malfoys Reaktion gefasst, doch es geschah etwas ganz anders. Etwas das Ginnys Herz zum Stillstand brachte.
Draco Malfoy war von Oben bis Unten mit seinem eigenen Blut übersehen. Er schwankte. Ginny rannte zu ihm und versuchte ihn mit Hilfe ihres Armes zu stützen. „Was ist passiert? Wie ist das geschehen?“, fragte Ginny ängstlich. Malfoy schnauzte sie nur an. „Das geht dich gar nichts an!“
„Gut, ich bring dich in den Krankenflügel.“ Malfoy schüttelte den Kopf und versuchte sie wegzustoßen, doch sie ließ nicht nach. „Nein, ich komm zurecht!“ Ginny funkelte ihn wütend an. „Ja, das sieht man“, erwiderte sie sarkastisch. Malfoy sagte nichts mehr, sondern ließ sich kommentarlos von ihr davon schleifen.
Vollkommen außer Atem ließ Ginny ihn auf das Bett neben Neville im Krankenflügel fallen. Malfoy stöhnte bei der Berührung mit dem Bett qualvoll auf. Sie setzte sich neben ihn. Ihr Kopf fuhr erst hoch, als sie plötzlich Schritte hinter sich hörte. Madam Pomfrey kam herein und richtete sich sofort an Ginny. „Miss Weasley? Was wollen sie denn um diese Uhrzeit noch hier? Mister Longbottem schläft bereits.“ Ginny schüttelte den Kopf und rutschte zur Seite um den Blick auf Malfoy freizugeben.
„Du lieber Himmel! Wirklich langsam frage ich mich, warum ausgerechnet Sie jedes Mal jemanden Neues anschleppen.“ Ja, diese Frage hatte sie sich inzwischen ebenfalls gestellt. „Können Sie ihm helfen?“, fragte Ginny. Die Heilerin fing an Malfoy zu mustern. „Nun diese Wunden sehen ganz nach einem Crutiatus-Fluch aus. Aber ja, ich kann ihm helfen.“ Einen Crutiatus-Fluch? Aber von wem? Er war alleine im Raum der Wünsche gewesen. Oder etwa nicht?
„Wie lange wird es dauern bis er wieder gesund ist?“ Madam Pomfrey überlegte. „Ungefähr zwei Tage.“ Ginny nickte. Zumindest eine gute Nachricht. „Und was ist mit Neville?“ Die Heilerin sah sie wieder mit dieser unergründlichen Mine an. „Es steht nicht gut, was Ihren Freund betrifft. Ich habe es geschafft seine Blutung zu stoppen, aber das hält nicht lange an. Aber keine Sorge, so schnell gebe ich Mister Longbottem nicht auf.“ Na wenigsten eine, die noch Hoffnung hatte. Ginny sah zu Malfoy. Er war eingeschlafen. „Könnte ich bitte bei ihm bleiben? Nur für heute Nacht. Ich bitte Sie!“ Madam Pomfreys Mund öffnete sich, doch als sie Ginnys verzweifelten Blick begegnete schloss sie ihn wieder und nickte. Ginny lächelte. „Danke.“
„Aber sagen sie es niemanden!“, ermahnte sie die Heilerin. Ginny nickte dankbar. Madam Pomfrey lächelte zurück und ging nach einiger Zeit wortlos davon.
Ginny war froh, dass sie nun mit Neville und dem schlafenden Malfoy alleine war. Nun hatte sie endlich einmal Zeit in Ruhe nachzudenken, über das was Malfoy zu ihr gesagt hatte und über das was beinahe zwischen ihnen passiert wäre. Er hatte sie gerettet und er bereute es nicht, zumindest hoffte Ginny dies. Aber eines wusste sie genau: Draco Malfoy hatte zwei Seiten, genauso wie Ginny selbst.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel