von Myrina
Nachdem das grüne Licht um uns verschwunden ist, komme ich dazu, dich näher zu betrachten.
Du liegst vor mir, unschuldig, ängstlich – und ich spüre Gelächter in mir aufsteigen.
Du sollst der Retter ihrer Welt sein, derjenige mich zu töten, ihre letzte Hoffnung?
Du reichst deinem Vater gerade bis an die Knie, aber sollst der Auserwählte sein?
Du bist derjenige, den sie um Hilfe rufen werden, wenn die Welt um sie zugrunde geht.
Du bist derjenige, dem sie folgen werden, wo auch immer du sie hinführen wirst.
Du bist derjenige, nach dem sie fragen werden, wenn es Schlachten zu schlagen gibt, wenn Entscheidungen getroffen und Opfer gebracht werden müssen.
Du bist derjenige, dem sie zuhören werden, wenn sie Ratschläge brauchen, Ansporn, Mut, Kampfesreden – und du musst immer die richtigen Worte finden.
Du bist derjenige, auf dem die Hoffnung deiner Welt ruht, unbeachtet der Tatsache, dass du zu jung bist, um deine Aufgabe überhaupt verstehen zu können.
Sie werden dich für alles verantwortlich machen was passiert, jeder Fehler, jeder Tote, jeder Sieg und jede Niederlage.
Du wirst nie die Chance bekommen eine Kindheit zu haben, wirst von Anfang an die Last der Prophezeiung tragen müssen.
Sie werden dich verehren, solange du tust, was sie erwarten, dann aber werden sie dich hassen, weil sie nicht verstehen können, dass du ihren Anforderungen nicht gewachsen bist.
Sie erwarten von dir, dass du deine Unschuld aufgibst und mich tötest, egal welchen Schaden dass bei dir auslöst.
Du bist ihr Retter, ihr Held, ihr Heiliger – ihr Märtyrer.
Aber du wirst scheitern, bevor du wissen wirst, vor welche Aufgaben sie dich gestellt haben.
Du bist niemand, nur ein kleiner Junge, der mich mit den gleichen grünen Augen anstarrt, die auch seine Mutter gehabt hatte, nicht wissend, dass ich dich umbringen werde, so wie sie.
Du wirst keine Chance haben, dein Schicksal zu erfüllen.
Ich bin stärker, als du es jemals sein könntest.
Ich bin derjenige, den sie fürchten, dessen Namen sie nicht auszusprechen wagen – derjenige, der dein Leben beenden wird, bevor es wirklich begonnen hat.
Ich werde nicht scheitern, nicht durch die Hand der alten Narren, der dich als eine ihrer Schachfiguren einsetzen wollen, nicht zu Füßen eines Kindes, sei ihm auch noch so viel Bedeutung zugemessen.
Du wirst vergessen werden, bist nur ein weiteres Opfer dieses Krieges.
Aber ich werde überleben und sie lehren dass ich mich nicht aufhalten lasse, nicht von ihnen und nicht von ihrem selbstgewählten Retter.
Lachend erhebe ich die Hand, um zu Ende zu bringen, was niemals hätte beginnen dürfen.
Nur Sekunden später umhüllt uns erneut das todbringende Grün.
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