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Fanfiction

Abgebrannte Kerzen - Abgebrannte Kerzen

von ~Silvi~

Die Kerzen waren inzwischen alle abgebrannt. Hermine betrachtete einen der vielen Stummel, die noch überall herumstanden, und den Raum noch vor wenigen Stunden in ein geheimnisvolles Licht getaucht hatten. Jetzt war es vorbei, ihre Eltern waren, gemeinsam mit Arthur und Molly, als letzte gegangen.
„Hermine, ich bin so stolz auf dich“, hatte ihre Mutter zum Abschied gesagt und sie in den Arm genommen. Hermine hatte gesehen, wie feucht ihre Augen gewesen waren, und versucht, irgendwo anders hinzusehen. „Du bist jetzt eine Weasley, Hermine Weasley. Mein kleines Mädchen!“
Hermine hatte versucht, sich langsam aus der Umarmung ihrer Mutter zu lösen.
Sie hatte es nicht mehr ausgehalten, schon lange nicht mehr. So viele Gäste, so viele bewundernde Blicke von allen Seiten, und neben ihr Ron, der sie vergötterte, und während des ganzen Abends – so schien es ihr zumindest – keinen Meter von ihr gewichen war.
George war natürlich auch da gewesen. George, so wie auch die anderen Geschwister von Ron, so wie Harry und zahlreiche andere Freunde und Bekannte. George, wieso musste George immer diese eine, große Ausnahme sein?
Ja, er war da gewesen. Machte das jetzt noch einen Unterschied?

Sie war jetzt eine Weasley. Nicht irgendeine, nein, sie war die Ehefrau von Ronald Weasley – unabdingbar, endgültig. Aber war ihre Entscheidung für Ron richtig gewesen?
Hermine nahm den Kerzenstummel in die Hand, hielt ihn in ihrer geschlossenen Faust und drückte diese fest zusammen.
Im Grunde war es doch schon immer klar gewesen. Im Grunde hatte seit dieser vermaledeiten Suche nach den Horkruxen – nein, eigentlich schon viel früher, seit Rons ersten Anzeichen von Eifersucht, seit der Sache mit Viktor in ihrem vierten Jahr – festgestanden, dass sie diesen Mann heiraten würde. Und eigentlich hatte auch sie nie die geringsten Zweifel daran gehabt, dass sie es nicht auch ihrerseits von ganzem Herzen wollen würde.
Eigentlich sollte sie glücklich sein, heute. Es war ihre Hochzeit, es war der schönste Tag in ihrem Leben.
Eigentlich.

Hermine sah sich um.
Wo war Ron jetzt? Was tat er jetzt, wo alle fortwaren, nachdem er ihr den ganzen Tag auf Schritt und Tritt gefolgt war? Er musste zweifelsohne draußen sein, hier im Haus war er zumindest nicht. Vielleicht erwartete er, dass sie zu ihm kam. Vielleicht fand er es besonders romantisch in ihrem neuen Garten, der, wie Hermine ja zugeben musste, schon ziemlich schön war. Auch, wenn er nicht ganz so groß war wie der von Rons Eltern – es war der Garten, in dem sie den Rest ihres Lebens verbringen würden. Zusammen alt werden und dabei ihren Kindern zusehen würden, wie sie dort das Laufen und das Fliegen auf Besen lernen würden.
Das war es also, Hermines neues Leben.

Hermine konnte es nicht mehr zurückhalten. Den ganzen Tag lang hatte sie eisern versucht, glücklich auszusehen. Immer zu lachen. Damit auch niemand denken würde, sie hätte diese Hochzeit nicht gewollt. Aber jetzt, wo keiner mehr zusehen konnte, spürte sie, wie heiße Tränen ihre Wangen hinunterrollten, ihre Haut mit jedem Zentimeter, den sie zurücklegten, zu verbrennen schienen, um schließlich auf dem Tisch vor ihr zu landen.

Ja, es war endgültig, Hermine und Ron waren ein Ehepaar. Sie waren heute ein Ehepaar, und sie würden es in zwanzig Jahren noch sein, und all die Jahre würde Hermine diese Schuld mit sich herumtragen müssen.
Ein leiser Schluchzer entrückte ihr, und es folgten weitere. Hoffentlich hörte Ron sie jetzt nicht.
Er tat ihr so Leid. Ron, der sie liebte, der sie verehrte. Wieso war nur alles so gekommen?

Hermine fluchte leise und knallte den zerdrückten Kerzenstummel vor sich auf die Tischplatte. Wieso alles so gekommen war? Das müsste sie doch selbst am besten wissen.
Es war schon so lange her…

Es war viel passiert, nach der Schlacht. Es war danach alles besser geworden, natürlich, wie hätte es auch anders sein können. Die verbliebenen Todesser waren ins Gefängnis gekommen, Kingsley wurde zum neuen Zaubereiminister ernannt… Doch zuerst einmal waren da die vielen Opfer gewesen. Menschen, die sich für eine bessere Welt eingesetzt hatten. Die gekämpft hatten, bis zum bitteren Ende, um den Überlebenden eine gute Zukunft zu ermöglichen. Menschen, die sterben mussten, um Lord Voldemort endlich zu stürzen.
Hermine hatte viele Verluste erlebt, genau wie alle anderen auch. Fast jeder Zauberer, den sie kannte, hatte einen Nahestehenden verloren.
George hatte es dabei natürlich besonders schlimm getroffen.
Hermine schlug sich die Hände vors Gesicht, als sie an ihn dachte. Sie musste nur seinen Namen denken, und die Tränen flossen von Neuem. Wieso konnte es nicht endlich aufhören?

Das mit George war vorbei.
Sie hatte heute geheiratet.
Sie hatte Ron gegenüber Treue geschworen, und sie wollte einfach nicht mehr länger in ihrem Innern diesen Zwiespalt ertragen müssen.

Eine Zeit lang betrachtete Hermine den zerdrückten Kerzenstummel auf dem Tisch. Manchmal hatte sie das Gefühl, selbst schon so kaputt zu sein. Oder war es ihre Beziehung zu Ron?
Ihre Augen waren noch immer feucht. Warum musste sie gerade jetzt, in der Nacht nach der Hochzeit, so intensiv an George denken?
Es nützte nichts, sich diese Frage zu stellen. Sie hatte gehofft, sie würde endlich über George hinweg sein, sobald sie verheiratet wäre – aber das mit George war noch lange nicht vorbei.
Sachte fuhr sie mit ihrem Finger über die Tischplatte, während sie in den schmerzlichen Erinnerungen versank.

Auf der Beerdigung von Fred hatte alles angefangen, nur wenige Tage nach der finalen Schlacht. Hermine konnte sich noch gut an die vielen traurigen Gesichter erinnern.
Der Schmerz über Freds Tod hatte allen so deutlich ins Gesicht geschrieben gestanden. Nur George selber, von dem die Gäste alles erwartet hätten, was seiner Trauer in irgendeiner Form Ausdruck verliehen hätte, hatte die ganze Zeit über eine felsenfeste Miene bewahrt. In seinem Gesicht hatte Hermine während der gesamten Zeremonie keine Regung gefunden.
Hermine konnte sich noch genau daran erinnern, wie sehr sie an diesem Tag von George fasziniert gewesen war. Fast während der ganzen Trauerfeier hatte sie den Blick nicht von ihm gewendet.
Jetzt im Nachhinein fand Hermine das schon irgendwie lächerlich. Sie hätte dieselbe Trauer empfinden sollen, die auch Ron, seine Geschwister und seine Eltern empfanden. Im Laufe ihrer Schulzeit und aufgrund der vielen Besuche im Fuchsbau hatte sie Fred immer näher kennengelernt. Sie hatte ihn bewundert für seinen Einfallsreichtum, seine Spontaneität und sein Wesen. Natürlich hinterließ sein Tod auch bei ihr Spuren.
Auf der Beerdigung hatte sie dennoch nur Augen für George gehabt.

Angefangen hatte das alles eigentlich erst kurz nach der Beerdigung. Viele der Anwesenden auf der Trauerfeier waren noch mit den Weasleys zum Fuchsbau appariert, um ihnen Beistand zu leisten. Hermine war unter den Gästen; trotzdem fühlte sie sich, in diesem großen, stillen Haus, mit den vielen Menschen, die nichts zu sagen wussten, völlig fehl am Platz.
Molly war vollkommen fertig, sie verbrauchte ein Taschentuch nach dem anderen. Arthur versuchte hoffnungslos, sie zu trösten, und musste selbst gegen seine Tränen ankämpfen. Hermine hatte es nicht lange mit ansehen können; auch die anderen Leute, die nicht zur Familie gehörten, wussten nicht, was sie noch tun konnten.
Zu Ron hatte Hermine nicht gehen können, er saß, wie seine Geschwister, unbeweglich am Tisch und schaute ins Leere. Der Einzige, der nirgends zu finden war, war George – er war, seit ihrer Rückkehr vom Friedhof, spurlos vom Erdboden verschwunden.
Als Hermine es absolut nicht mehr ausgehalten hatte, war sie wortlos aus dem Haus gegangen. Sie bezweifelte, dass irgendeiner der Anwesenden sich darum kümmerte, wohin sie ging und was sie jetzt tat, und so lief sie einfach quer durch den Garten, nicht sicher, was sie zum Ziel hatte. Ihre Füße trugen sie weiter, Schritt für Schritt, bis hin zu dem Zaun, der den Rand der Wiese, wo sie in den Ferien immer Quidditch gespielt hatten, begrenzte.

George war da gewesen.
Er hatte auf dem Boden gesessen, gelehnt an eine der alten Linden, die dort standen, mit dem Rücken zum Haus.
Hermine hatte ihn erst entdeckt, als sie schon beinahe selber an der Linde angekommen war. Er saß auf der anderen Seite, der Stamm war so dick und sie hatte an der Seite lediglich einen roten Haarschopf hervorlugen sehen.
Hatte sie schon vorher gewusst, dass er hier war? Hatte sie es zumindest geahnt?

George hatte sie nicht bemerkt.
Er lehnte nur ganz still an dem Baum, unbeweglich, und sah hinaus in die weite Landschaft, in die vielen Felder und die weiten, dunklen Wälder.
Erst, als Hermine sich ganz langsam neben ihn gesetzt hatte, hatte ein kurzes Zucken seinerseits ihr verraten, dass er ihre Anwesenheit wahrnahm.
Er redete noch immer nicht, sah sie noch nicht einmal an.
So hatten sie eine Weile dort gesessen, geschwiegen, sie waren einfach nur füreinander da gewesen.
Eine angenehme Brise war über sie beide hinweggefegt und hatte auf Hermines Armen eine Gänsehaut hinterlassen. Sie konnten das Atmen des jeweils anderen hören, konnten seine Wärme spüren … vielleicht nahmen sie sogar die Herzschläge des anderen wahr.

Irgendwann hatte George angefangen zu sprechen, einfach so.
Hermine hatte ihn nicht daran gehindert. Warum hätte sie das auch tun sollen?
George hatte jemanden zum Sprechen gebraucht. Einfach, um die Gedanken und Gefühle, die sich seit dem schrecklichsten aller Tage in seinem Inneren breitmachten, die in ihm wüteten und an seiner Seele rüttelten, einmal hinauszulassen.
Hermine hatte ihn kein einziges Mal unterbrochen. Und so erzählte George ihr von Fred. Minutenlang, vielleicht sogar stundenlang.
Hermine war es jedenfalls vorgekommen wie die Ewigkeit. Sie hatte nie mehr aus dieser Situation entfliehen wollen, wollte für immer an diesem für sie perfekten Ort sitzen bleiben und Georges Stimme lauschen.
Auch, als George zu weinen begonnen hatte, hatte sie nichts gesagt. Seine Stimme war zittriger geworden, wie ein dünner Faden, der bald zerreißt.

George erzählte ihr alles.
Von den tausend Streichen, die er und Fred ausgeheckt hatten. Von den großen, fast schon legendären Dingen, wie ihren Auszug aus Hogwarts, aber auch von kleinen, heimlichen Dingen, die Molly, falls sie jemals davon erfahren hätte, das Herz in der Brust hätten stillstehen lassen.
Er erzählte ihr von den Träumen, die er und Fred gehabt hatten. Von den Plänen, von denen alle wussten; von der Erweiterung ihres Scherzartikelladens und von neuen Ideen für ihre Produkte. Aber auch von den Dingen, die sie sich nur gegenseitig anvertraut hatten. Von dem Wunsch, der sie beide miteinander verband, zu heiraten und Kinder zu bekommen. Fred wäre ein guter Vater geworden, wenn ihm die Chance dazu gelassen worden wäre.
Schließlich erzählte George ihr auch von den kleinen Streitereien, die die beiden zuweilen gehabt hatten. Von kleinen Kabbeleien, die sie immer wieder miteinander ausgetragen hatten, bis hin zu den großen Meinungsverschiedenheiten, die sie nur unter sich ausgemacht hatten und von denen niemand je etwas erfahren hatte. Die Streitereien, die die Zwillinge letztendlich immer mehr zusammengeschweißt hatten.

Als George geendet hatte, nach einer langen Zeit endlich alles losgeworden war, was er schon seit Tagen einer anderen Person erzählen wollte, hatte Hermine gemerkt, wie ihm eine Last von den Schultern genommen worden war.
George atmete jetzt viel freier, und obwohl er noch immer weinte, wirkte er zufriedener.
Fred war ein Teil von ihm gewesen. Ein Teil, der jetzt verschwunden war, zumindest äußerlich. Im Innern würde Fred immer in George weiterleben.

Hermine hatte Georges Hand genommen. Sie hatte sie in beide Hände genommen, fest umschlossen.
Durch diese kleine Geste waren die beiden verbunden worden.
Hermine wusste, dass alles, was George nun brauchte, Halt war. Und sie wollte ihm Halt geben.
Mit ihren warmen Händen wärmte sie die von George, die inzwischen kalt geworden war.

Auch an den folgenden Tagen war Hermine im Fuchsbau geblieben. Es war eine schwierige Zeit gewesen. Im Fuchsbau hatten alle nur das Nötigste gesprochen, die Stimmung war allgemein gedrückt. Während die restlichen Mitglieder der Weasley-Familie stundenlang traurig am Küchentisch saßen, war George im Haus kaum zu sehen gewesen. Hermine wusste natürlich, wo er war. Wenn sie es manchmal nicht mehr aushalten konnte, mit allen anderen schweigend am Tisch zu sitzen und auch zu Ron nicht mehr den richtigen Draht zu finden, ging sie zu ihm. Bei George war das Schweigen leichter, und sie wusste, dass sie ihm mit ihrer Anwesenheit half.
Manchmal, wenn sie lange Zeit nur schweigend nebeneinander gesessen hatten, brach George die Stille plötzlich. Manchmal fing er sogar an zu lachen und erzählte von einem witzigen Streich, den Fred und er einmal zusammen ausgeheckt hatten.
Hermine genoss diese Momente. Obwohl sie wusste, dass es falsch war – dass sie eigentlich bei Ron hätte sein müssen und ihm zur Seite stehen müsste. Doch es fühlte sich irgendwie auch einfach richtig an, neben George zu sitzen und seine Hand zu halten. Dicht an dicht saßen sie nebeneinander, gelehnt an einen dicken Baumstamm, ungesehen von allen und jedem und ihre Blicke auf den fernen Horizont gerichtet.

Irgendwann hatte es so kommen müssen. Einige Tage lang war es schon so gegangen und Hermines Aufenthalte bei George waren immer länger geworden. Sie saßen wieder einmal an derselben Stelle und betrachteten den schnellen Zug der weißen Wolken, die ihre Formen änderten, sich auflösten und sich teilten. Eine Weile hatte keiner von ihnen etwas gesagt, doch dann sagte George zum ersten Mal etwas, was nicht direkt mit seinem Zwillingsbruder zu tun hatte.
„Danke, Hermine.“
Hermine hatte ihn angesehen. Sein Blick wandte sich langsam ab vom fernen Horizont und hin auf ihr Gesicht. Hermine hatte beinahe gespürt, wie seine Augen über ihre Gesichtszüge wanderten, ihre Wangen, ihren Mund, ihre Nase, und schließlich bei ihren Augen Halt fanden. Seine blauen Augen hatten sie traurig angesehen, doch in ihrer Traurigkeit lag auch so viel Dankbarkeit. In tiefster Dankbarkeit und vollkommen ehrlich hatte er ihr gestanden, wie sehr er sie in letzter Zeit gebraucht hatte, nur zum Reden und zum Zuhören. Sie hatten noch eine Weile nebeneinander gesessen. Hermines Blick war abgeschweift, doch sie hatte noch immer seine Augen auf ihrem Gesicht gespürt. Ihre Hand war in seiner vergraben, ihre Seiten berührten sich vollständig und sie spürte all die Wärme, die von George ausging. Sie spürte, wie sein Körper sich beim Atmen hob und senkte. Die Sonne stand tief am Horizont.

Wer den ersten Schritt getan hatte, konnte sie heute beim besten Willen nicht mehr sagen. Zählte es, dass George begonnen hatte, mit einem Finger sanft über ihren Handrücken zu streichen? Hatte das Ganze erst richtig angefangen, als Hermine ihren Blick wieder auf ihn gerichtet hatte und ihm mit ihrem Gesicht näher als je zuvor gekommen war? War es nur ihr so ergangen, oder hatte auch George das tiefe Bedürfnis verspürt, endlich mit seinen Lippen die Ihrigen zu berühren? Hermine hatte es sich nicht eingestehen wollen, aber in Wahrheit hatte sie schon seit Tagen davon geträumt.
Als ihre Lippen sich immer näher gekommen waren, hatte keiner der beiden sich gewehrt. Keiner hatte etwas dagegen unternommen, obwohl beide wussten, dass Hermine mit Georges Bruder zusammen war. Der Kuss, der folgte, war zärtlicher als jeder Kuss, den Hermine bereits mit Ron erlebt hatte. Es war ein Kuss voller Dankbarkeit und Tränen. Ein Kuss voll Trauer und Halt. Ein Kuss, der jegliche Gewissensbisse in die letzten Sphären ihrer Gedanken verbannte und sie einzig und allein in diesem Moment leben ließ. Ein Kuss, der sie forttrug in eine Welt, in der alles besser war.

Hermine hatte in diesem Moment nicht an die Konsequenzen denken können. Doch das Leben ging weiter. Die Welt blieb nicht stehen in der Ära, in der Hermine und George ihre heimlichen Treffen weiterführen konnten. Die anderen Weasleys, auch Ron, fanden zurück in den Alltag. Sie vergaßen ihren Bruder, ihren Sohn nicht, doch sie wussten, dass sie weitermachen mussten. Auch George musste weitermachen und seine Angestellten erwarteten viel von ihm. Bald schon war er nur noch selten im Fuchsbau, und Hermine saß allein an der Linde im Gras. Die Sonnenstrahlen kitzelten auf ihrer Haut und waren das Einzige, was sie noch wärmte – George war nicht mehr da.

Und dann hatte Ron ihr den Heiratsantrag gemacht.
Was hätte sie tun sollen? Hermine liebte Ron. Ihr Herz war bei George, doch Ron war es, der langsam wieder in ihr Leben zurückkam, während George aus ihrem Leben verschwand. Eine verblassende Erinnerung, die vom seichten Wind, der über die Gräser fegte, verstrichen wurde.
Hermine war von ihren Gefühlen überwältigt worden, als Ron sie in einer zweisamen Nacht gefragt hatte. Es berührte sie, in Rons hoffnungsvolle Augen zu sehen, als die Frage in der Luft stand. Ein Quäntchen Unsicherheit lag in seinem Blick. Er hielt sie in seinen Armen und mit jeder verstreichenden Sekunde wurden seine Augen bittender, beinahe flehend.
„Oh Ron, ich liebe dich!“, hatte Hermine in aller Aufrichtigkeit gesagt. Sie liebte ihn, und sie wusste, dass ihre Liebe zu ihm trotz allem mit George nie vergangen war. Nach einem ausgiebigen Kuss hatte sie ja gesagt.

In den nächsten Wochen waren Ron und Hermine sehr beschäftigt gewesen. Ron hatte Hermine so schnell wie möglich heiraten wollen. Die gesamte Familie Weasley stürzte sich in die Hochzeitsvorbereitungen – endlich stand ein neues Projekt an, welches allen Mitgliedern der Familie zeigte, dass das Leben weiterging.

Als Hermine, noch immer den zerdrückten Kerzenstummel betrachtend, sich an diese Zeit zurückerinnerte, musste sie unwillkürlich lächeln. Die anstehende Hochzeit hatte die Weasleys zurück ins Leben geholt, die wochenlange Trauer hatte in Begeisterung umgeschlagen und jeder wollte seinen Beitrag dazu leisten, die Hochzeit zu einem unvergesslichen Tag zu machen. Im Haus der Weasleys herrschte also ein reges Treiben vor, Einladungen wurden geschickt, ein Brautkleid wurde genäht und der gesamte Hochzeitstag bis auf die Minute genau durchgeplant. Alle beteiligten sich daran, nur George wurde vermisst. Doch George war in Hermines Erinnerung immer weiter verblasst. Sie würde Ron heiraten, und sie freute sich darauf.

Trotzdem war es weitergegangen.
An einem regnerischen Tag, es musste etwa zwei Wochen vor der Hochzeit gewesen sein, war er völlig unerwartet im Fuchsbau aufgetaucht. Hermine stand an einer Kommode und betrachtete die Einladungen, die Ginny entworfen hatte. Die Weasleys waren alle mit anderen Aufgaben beschäftigt gewesen und Hermine war ganz alleine im Raum, versunken in ihre Gedanken an ihren bevorstehenden großen Tag. So hatte sie wohl auch zunächst die Schritte, die sich ihr von hinten näherten, nicht gehört. Erst, als George bereits so nah hinter ihr gestanden hatte, dass sie seinen Atem an ihrem Nacken spüren konnte, hatte sie bemerkt, dass jemand hinter ihr stand.
Sie hatte sofort gewusst, dass es George war. Niemand anders außer Ron würde ihr so nah kommen. Ron jedoch hätte sie längst in den Arm genommen.
„George?“, hatte sie geflüstert, bevor sie sich umgedreht und ihm in die blauen Augen gesehen hatte. George hatte sie angesehen. Die Intensität seines Blicks hatte ein Kribbeln bewirkt, dass schon bald Hermines gesamten Körper eingenommen hatte.
„Hermine“, hatte George gesagt. Er hatte nichts getan, sie nicht berührt und erst recht nicht versucht, sie zu küssen. Doch sein bloßer Blick genügte, um Hermine gefangen zu nehmen.
Eine Ewigkeit mussten sie so dagestanden haben, bis Mollys Ruf Hermine aus ihrer Starre löste. Sie wandte ihren Blick ab und lief aus dem Zimmer, um zu Molly zu gehen. Sie spürte, wie Georges Augen sie dabei verfolgten.

Den ganzen Tag über hatte Hermine sich nicht mehr auf ihre Hochzeitsvorbereitungen konzentrieren können. Ihre Gedanken waren immer wieder abgeschweift und sie war seltsam in sich gekehrt. Am Abend schließlich hatte sie sich auf die Bank draußen an der hinteren Hauswand gesetzt. Das Abdach, das einmal von Arthur angefertigt worden war, schützte sie nur halbwegs vor dem Regen, der in Strömen auf die Erde niederprasselte. Die Kälte bohrte sich in ihren Körper.
Sie wusste, dass er kommen würde.

Sie wollte etwas sagen, als er schließlich neben ihr saß und ihre Hand mit seinen wohltuend warmen Händen umfasste. Immer wieder wollte sie beginnen zu sprechen, doch die richtigen Worte ließen sich nicht formen. Am Ende war es George, der das Wort ergriff.
„Du wirst heiraten“, sagte er. Trotz des starken Regens war seine Stimme klar vernehmbar und die Deutlichkeit seiner Worte traf Hermine. Der kalte Wind brannte in ihren Augen. Eine einzelne Träne suchte sich ihren Weg ihre Wange hinab und landete schließlich auf ihrem Knie.
„Ich werde heiraten“, bestätigte sie. „Ich werde Ron Weasley heiraten.“
Hermine starrte geradeaus in den Regen und sie wusste, dass George genau dasselbe tat. Ihre Hand hielt er noch immer fest umschlossen.
„Ich liebe Ron“, sagte Hermine. Jetzt endlich sah sie George in die Augen. Die Trauer, die sie darin erkennen konnte, traf sie schwer. Sie hörte George langsam ein- und ausatmen. Ein paar Regentropfen waren auf seinem Gesicht und um seine Augen herum verteilt. Sanft strich sie einen tränenartigen Tropfen von seiner Wange.
„Es tut mir so leid“, sagte sie. Als ihr Gesicht sich dem seinen langsam näherte, schloss er die Augen. Ihre Lippen berührten seine, doch es war anders diesmal. Seine Lippen fühlten sich an wie zu Eis erstarrt.
Es sollte ihr letzter Kuss sein.

Ab diesem Zeitpunkt war die Sache abgeschlossen, dachte Hermine sich jetzt. Mit ihren Fingern berührte sie den zerdrückten Kerzenstummel auf dem Tisch. Eine Träne fiel auf die dunkle Holzplatte und hinterließ dort einen großen Wasserfleck.
Ja, ab diesem Zeitpunkt hatte es keine solch intimen Momente mehr zwischen ihr und George gegeben. Die Spannung jedoch, die zwischen beiden geherrscht hatte, war geblieben.
In der schlimmsten Zeit seiner Trauer hatte George Hermine gebraucht. Sie hatte ihm Beistand geleistet und sie hatte ihm zugehört. Sie hatte ihm das gegeben, was andere ihm nicht geben konnten. Daraus war etwas entstanden, das die beiden zutiefst verband. Dieses Band war stark, und obwohl es mit der Zeit an Farbe verlor und immer transparenter wurde, war es noch immer da.

Nach ihrem letzten Kuss hatten George und Hermine sich nur noch ein, zwei Mal beim Essen gesehen. Sie hatten kein Wort miteinander gesprochen, sie hatten sich nicht angesehen. Das unsichtbare Band jedoch hatten beide deutlich gespürt.

Erst heute war Hermine George nach langer Zeit wieder begegnet. Er war in Begleitung von Angelina Johnson zu ihrer Hochzeit gekommen.
Den ganzen Tag lang waren ihre Gedanken nur um George gekreist. In der kleinen Kapelle hatte sie Ja zu Ron gesagt. Sie hatte ihm ewige Treue geschworen. Sie hatte ihn geküsst. Und die ganze Zeit lang hatte sie das Bild von Georges trauernden Augen im Kopf.
Hermine hatte Glückwünsche entgegengenommen, einen nach den anderen. Als George an der Reihe war und ihre Blicke sich trafen, durchzuckte es sie kurz. Das Band war noch immer da. Dann jedoch streckte sie ihm die Hand entgegen und bedankte sich für seinen Glückwunsch.
Wo immer sie George an diesem Tag gesehen hatte, war auch Angelina gewesen. Die beiden waren sich nah. Vielleicht war Angelina George sogar näher, als Hermine es zuvor gewesen war.
Wann immer sie George an diesem Tag gesehen hatte, hatte ein Funkeln in seinen Augen gelegen. Dieses Funkeln schien die Trauer fast vertrieben zu haben. Hermine wusste, dass dieses Funkeln einzig und allein Angelina zu verdanken war. Angelina hatte George ins Leben zurückgeholt.
Hermine war ihr zutiefst dankbar dafür.

Hermine zwang sich, den Blick abzuwenden von dem zerdrückten Kerzenstummel. Sie hatte einen Entschluss gefasst.
Hermine stand auf und schob den Stuhl hinter sich zur Seite. Sie ging langsam, aber zielgerichtet, zur Gartentür.
Hermine liebte George. Sie liebte ihn und wollte, dass er glücklich wurde. Sie wusste, dass er dies einzig mit Angelina werden konnte.
Doch vor allem liebte Hermine Ron. Sie hatte Ron ihr ganzes Leben lang geliebt, und nicht einmal ihre kleine Romanze mit George hatte sie von dieser tiefen, innigen Liebe abbringen können. Ron war ihr Ein und Alles, ihr Lebenssinn.
Die letzten Zweifel, die Hermine gehabt hatte, lösten sich plötzlich ins Nichts auf. Was wäre gewesen, wenn alles anders gekommen wäre? Wenn sie Rons Antrag abgelehnt hätte und sich auf eine Beziehung mit George eingelassen hätte?
Sie hätte George nicht das geben können, was Angelina ihm gab.
Er hätte ihr nicht das geben können, was Ron ihr gab.

Jetzt, wo sie dies erkannt hatte, war es ihr leichter, die Wahrheit endlich anzunehmen. Sie drückte die Klinke der Gartentür und ging nach draußen, wo es bereits stockfinster war.
Einige Kerzen erleuchteten die Schwärze der Nacht. In ihrem Schein sah Hermine ihren Ehemann auf sich zukommen.
„Da bist du ja endlich“, sagte Ron und schloss sie fest in die Arme. Hermine konnte ihr Glück kaum fassen.
Sie war verheiratet, verheiratet mit Ron, der sie fest umschlungen hielt und mit dem sie schon bald ihr erstes gemeinsames Kind großziehen würde.
Hermine fühlte sich geborgen, und sie schlang auch ihrerseits ihre Arme um Ron, bereit, ihm das anzuvertrauen, was sie nun endlich als die Wahrheit – als die wunderbare, wunderschöne Wahrheit – angenommen hatte.
„Ron – wir bekommen ein Kind.“


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