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Fanfiction

WoherWohin - Zoff

von käfer

Vorab: @shadow: Peeves wird nicht mehr mit Stühlen werfen, er wurde soeben in die Geisterkolonie gebracht.
Ansonsten: Vielen Dank für´s Kommi schreiben!



Maggie

Im Gemeinschaftsraum herrschte an diesem späten Mittwochnachmittag ziemliche Ruhe. Vor ein paar Wochen hatte es riesigen Ärger gegeben, weil sich die Größeren von den lautstark spielenden Erst- und Zweitklässlern gestört gefühlt hatten. Im Nu hatten sich die Slytherins in zwei Parteien gespalten. Die einen verlangten Nachmittags Ruhe im Raum zum Lesen und Lernen, die anderen bestanden darauf, dass der Gemeinschaftsraum für alle zur Erholung da sei. Nach kurzer Zeit waren sie jedoch vom eigentlichen Thema abgekommen und hatten sich gegenseitig in übelster Weise beschimpft. Eliza, Lyzette, Maggie und ein paar von den Größeren hatten vergebens versucht, die Gemüter zu beruhigen. Als schon die ersten zu den Zauberstäben griffen und ein Massenduell zu befürchten war, hatte Eliza die rettende Idee gehabt und mit magisch verstärkter Stimme gerufen: „Warum streitet ihr euch eigentlich? Keiner ist doch gezwungen, hier seine Hausaufgaben zu machen, oder? Es gibt die Bibliothek, unzählige leere Klassenzimmer und schließlich hat jeder einen eigenen Schreibtisch. Ich schlage vor, wir erklären den Gemeinschaftsraum zur paukfreien Zone.“
Erst hatten alle entgeistert auf Eliza gestarrt, dann hatten sie nach und nach zugestimmt. Schließlich hatte Eliza noch erreicht, dass für den Gemeinschaftsraum der Slytherins eine gesonderte „Benutzungsordnung“ aufgestellt wurde, die sie alle unterschrieben und gut sichtbar aufhängten.
Seitdem herrschte wenigstens einigermaßen Ruhe, was aber nicht bedeutete, dass die ständigen Streitereien aufgehört hatten.

Maggie hatte es sich in einem Sessel bequem gemacht und las „Die Nebel von Avalon“. Ihr gegenüber hockte Simon Selwyn, ein schwächlicher, kleiner Erstklässler und traktierte mit beiden Daumen hektisch ein Computerspiel. Lyzette war bei einer Probe ihrer Theatergruppe; später wollten sie noch den Aufsatz über die Grundsätze des Verschwindenlassens fertig schreiben.
Plötzlich fühlte Maggie sich angestupst. Mit in die Seite gestemmten Fäusten stand Rosy Flint vor ihr. „He, das ist mein Sessel!“
„Häh? Die Möbel hier drin gehören der Schule und stehen allen Slytherins zur Verfügung. Ich saß zuerst hier.“
Rosy zog ein finsteres Gesicht. „Das ist mein Stammplatz, du hast hier nichts verloren.“
„Hast du nicht zugehört? Die Möbel sind für alle da. Da drüben ist noch ein Sessel frei und bei den Stühlen hast du freie Auswahl.“
„Laber nicht rum, steh auf. Das ist mein Platz!“
„Da stand kein Name drauf! Verzieh dich!“
„Willst du mir drohen, du kleines , mieses…?“
Maggie war alarmiert. „Kleines mieses was?“, fragte sie und tastete nach ihrem Zauberstab, die Augen fest auf Rosy gerichtet.
„Zicke!“
Maggie zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, was in dich gefahren ist, Rosy, aber du bist neben der Spur. Geh dich erstmal abkühlen und dann überleg dir, was du eigentlich wolltest.“
„Was ich will, weiß ich genau – nämlich mich in diesen Sessel setzen. Und das werde ich auch tun.“
„In einer halben Stunde kommt Lyzette, dann stehe ich auf. Ich weiß nicht, was du für ein Problem damit hast, dass ich hier sitze.“
„Das ist mein Stammplatz und da hast du nicht zu sitzen, ganz einfach! Also – entweder du ziehst Leine oder ich meinen Zauberstab.“
„Soll das ´ne Drohung sein? Und überhaupt, bist du was Besseres als ich oder mit welchem Recht jagst du mich hier hoch?“
„Solche wie du haben hier nichts verloren!“
„Solche wie ich? Ich bin ´ne Hexe, du etwa nicht?“
Rosy lief rot an und richtete ihren Zauberstab auf Maggie. „Steh auf oder ich hex´ dir was an!“
Maggie blieb sitzen, legte jedoch das Buch zur Seite und funkelte Rosy an. „Wenn du Streit suchst, bitte schön. Kannst du haben. Aber beschwere dich hinterher nicht, wenn du blaue Flecken hast.“
Rosys Zauberstab wippte kurz, aber Maggie war um vieles schneller. Ihr Schutzschild geriet, vom Zorn getrieben , viel größer und stärker als beabsichtigt und warf Rosy um.
„Aua! Du gemeines Mistvieh! Das melde ich!“
„Meinetwegen geh petzen. Da habe ich wenigstens noch ein bisschen Ruhe zum Lesen.“
Sich den Hintern reibend und vor sich hinbrummelnd, ging Rosy aus dem Gemeinschaftsraum. Maggie steckte ihren Zauberstab weg, aber nur so weit, dass sie jederzeit danach greifen konnte.
„Hättest ruhig aufstehen können“, meldete sich der kleine Selwyn zu Wort. „Das ist nun mal Rosys Stammplatz.“
„Hat hier ´ne Maus gepiepst?“, fragte Maggie und hielt sich ihr Buch vors Gesicht.
Ein paar Minuten später kam Viktor Parkinson herein, baute sich vor Maggie auf und forderte: „Steh auf!“
Maggie griff nach dem Zauberstab, ehe sie fragte: „Wieso?“
„Weil das mein Platz ist.“
„Ach nee, nicht schon wieder!“ Aus den Augenwinkeln heraus entdeckte sie Rosy Flint, die grinsend im Hintergrund stand. ´Aha, so läuft das hier´, dachte Maggie, zog in aller Ruhe ein Schutzschild um sich herum und las weiter. Es war zwar etwas unbequem, beim Lesen den Zauberstab in die Höhe zu halten und Maggie musste sich noch sehr konzentrieren, um das Schild aufrechtzuerhalten, aber hier ging es ums Prinzip. Parkinson versuchte, Maggie mit Schimpfworten zu provozieren, aber sie tat, als hätte sie nichts gehört.
Schließlich zischte Parkinson: „Das hat ein Nachspiel, Duncan. Du kannst dir schon mal ein Bett in der Krankenstation reservieren.“
Maggie tat, als hätte sie auch das nicht gehört, machte sich aber doch ihre Gedanken.

Lyzette hatte es ziemlich eilig; sie rannte beinahe durch den Gemeinschaftsraum und winkte Maggie im Vorbeigehen zu, ihr zu folgen. Betont langsam schlug Maggie ihr Buch zu, reckte sich, stand auf und sagte zu Parkinson und Flint: „Jetzt könnt ihr euch um euren Stammplatz streiten.“
„Du, ich hab´ tolle Neuigkeiten!“, sprudelte Lyzette los, kaum dass Maggie die Tür hinter sich geschlossen hatte. „Professor Dunwoody hat uns für einen Wettbewerb angemeldet, wir treten gegen Theatergruppen aus ganz Großbritannien an! Muggel! Da können wir unsere gezauberten Hologramm-Kulissen natürlich nicht verwenden, sondern müssen selber was basteln. Ich soll ein paar Entwürfe zeichnen.“
„Schön für dich“, sagte Maggie gedankenverloren.
„He, was für eine Laus ist dir denn über die Leber gelaufen? Ich dachte, du freust dich mit mir.“
„Tu ich doch. Und die Laus heißt Rosy Flint.“
„Was?“
„Rosy wollte mich aus dem Sessel hochjagen und sich selber reinsetzen.“
„Spinnt die?“
„Wahrscheinlich. Sie wollte sogar petzen gehen. Na, der Pharao wird ihr mit Sicherheit ein paar Worte gesagt haben – falls sie tatsächlich hingegangen ist.“
„Warte mal! Wann war das ungefähr? Vor einer halben Stunde?“
Maggie dachte kurz nach, nickte dann.
„Dann war Rosy bei Longbottom petzen. Jedenfalls – ich sollte ein paar Requisiten holen, dabei bin ich an seinem Büro vorbeigelaufen. Gerade in diesem Moment kam die Rosy mit knallrotem Kopf raus.“
„Hat sich anscheinend eine Abfuhr geholt“, mutmaßte Maggie. „Und dann hat sie Parkinson um Hilfe gebeten.“
„Parkinson?“ Lyzette kicherte. „Der ist doch doppelt so bescheuert wie er aussieht.“
„Ich glaube, wir sollten lernen, uns zu duellieren“, begann Maggie nachdenklich. „Nicht diese Höflichkeitsduelle mit Gruß und Palaver meine ich, sondern richtig kämpfen. Das eigene Leben gegen einen Angreifer verteidigen und möglichst den Gegner außer Gefecht setzen.
Rosy ist mit dem Zauberstab auf mich los.“



Ramses Fairbanks

kratzte sich am Kopf und ließ sich das an diesem Nachmittag gehörte noch einmal durch denselben gehen:
Zunächst hatte Jack Longbottom ihn ganz gegen seine Gewohnheit im Lehrerzimmer angesprochen. Was hatte der gleich gesagt?
„Könnte es sein, verehrter Herr Kollege, dass Sie mit der Leitung Ihres Hauses überfordert sind? Oder weshalb haben Ihre Schüler kein Vertrauen mehr zu Ihnen? In letzter Zeit kommen Ihre Schüler mit ihren Problemen zu mir.“
„Wie bitte? Welche Schüler? Mit welchen Problemen?“
„Nun, erst vor wenigen Minuten hat sich jemand aus Ihrem Hause bei mir über Maggie Duncan beschwert.“
„Inwiefern?“
„Anscheinend hat die Duncan die Schülerin mit ziemlich rüden Mitteln aus einem Sessel gezerrt, sie beleidigt und dann mit gezücktem Zauberstab angegriffen.“
„So? Wer war die Beschwerdeführerin?“
„Den Namen möchte ich nicht nennen, die Betreffende fürchtet weitere Repressalien durch die Duncan.“
„Aha. Und was haben Sie der Betreffenden gesagt, Kollege Longobttom?“
„Nun, ich habe ihr zu verstehen gegeben, dass Sie als Hauslehrer sich darum kümmern müssen und ihr versprochen, dafür zu sorgen, dass die Duncan ihre gerechte Strafe bekommt.“
„Ah ja. Wer hat sich denn nun bei Ihnen beschwert?“
„Ich sagte bereits, dass ich den Namen nicht nennen möchte.“
„Gut, dann werde ich gar nichts unternehmen. - Wer war es?!“
„Rosy Flint.“
„Aha.“
Warum nur hatte Terence Houseman Ramses während dieses Gespräches so kritisch angeschaut?

Ramses hatte eigentlich mit seinen Schülern vereinbart, dass sie solche Zwistigkeiten untereinander klären sollten. Aber wenn ausgerechnet Jack Longbottom mit hineingezogen wurde, der sich am wenigsten von allen Kollegen um die Belange der Schüler kümmerte, war es vielleicht besser, wenn Ramses sich der Sache annahm. Was Longbottom da vorgetragen hatte, klang irgendwie überhaupt nicht nach Maggie Duncan. Die ging doch eher Streitigkeiten aus dem Weg und verzog sich in ihr Zimmer, wenn der Gemeinschaftsraum voll war.
Er hatte beschlossen, zunächst beide Mädchen auszufragen. Per Memo bat er zuerst Maggie Duncan in sein Büro.
„Maggie, erzähle mir bitte, was sich vorhin im Gemeinschaftsraum abgespielt hat. Stichwort: Sessel.“
Maggie hatte mit den Schultern gezuckt und begonnen: „Ich saß in dem schwarzen Ohrensessel und habe gelesen. Plötzlich stand Rosy vor mir…“
Was Maggie berichtete, war genau das Gegenteil von dem, was Longbottom gesagt hatte. Doch Maggies Erzählung klang sehr glaubwürdig; was sie gesagt hatte, passte zu ihr. Und Ramses wusste, dass Maggie die Wahrheit sagte, er hatte ein Gespür dafür. Das hatte er einst bei einem alten Lehrer gelernt, dessen Augen genauso schwarz gefunkelt hatten wie die von Maggie. In diesen sechs Wochen Praktikum bei Severus Snape hatte Ramses zum Umgang mit Schülern mehr gelernt als in seiner ganzen restlichen Studienzeit… Bei der Gelegenheit hatte sich sein schlechtes Gewissen zu Wort gemeldet: Als Maggie ihn einmal nach Snape gefragt hatte, hatte er behauptet, den Namen nie gehört zu haben. Hoffentlich hatte Maggie das wieder vergessen!
Ramses ließ sich Maggies Zauberstab geben und prüfte ihn: „Priori Incantatem!“
Deutlich war Maggies Stimme zu vernehmen: „Protego!“ Und es lag eine Menge Zorn darin – kein Wunder, dass Rosy auf ihren Hintern gefallen war. Und danach kam gleich der Spruch, mit dem Maggie die Übersicht über die führenden Magierhäuser des Mittelalters in ihr Heft kopiert hatte.
Ramses war ziemlich neugierig auf das, was Rosy ihm zu erzählen hatte.
Zunächst hatte er etliche Minuten lang nichts anderes getan, als Rosy ins Gesicht zu sehen. Lange konnte sie seinem Blick nicht standhalten.
„Sie haben sich bei Professor Longbottom über Maggie Duncan beschwert. Warum sind Sie nicht zu mir gekommen?“
Rosys Kopf sank noch weiter nach unten. „Ich habe Sie nicht gefunden.“
Das Mädel log, das spürte Ramses. „Wo haben Sie mich denn überall gesucht?“
„In Ihrem Büro.“
„Da war ich tatsächlich nicht, ich saß nämlich im Lehrerzimmer. Sie haben mich gar nicht gesucht, sondern sind schnurstracks zu Professor Longbottom gegangen. Warum?“
Rosy wurde rot und schwieg minutenlang. Ramses fragte nicht weiter, er glaubte die Antwort zu kennen: Rosy war die Lieblingsschülerin von Longbottom.
„Erzählen Sie mir bitte, was im Gemeinschaftsraum vorgegangen ist.“
„Ich bin bloß mal kurz aufs Klo gegangen. Und als ich wiederkam, saß die Duncan in meinem Sessel. Ich hab´ sie gebeten, aufzustehen, aber sie hat mich angepflaumt und beschimpft und dann hat sie mir einen Fluch aufgehalst, so dass ich hingefallen bin. Ich hätte mir den Kopf aufschlagen können.“
So, wie Ramses vorhin gewusst hatte, dass Maggie die Wahrheit sprach, war ihm nun klar, dass Rosy log.
„Was haben Sie gemacht, ehe Sie zur Toilette gegangen sind? Ich meine, als Sie in dem Sessel saßen?“
„Nichts.“
„Nichts. Also die anderen beobachtet?“
„Ja.“
„Mit welchen Worten haben Sie Maggie gebeten, aufzustehen?“
„´Kannst du dich mal woanders hinsetzen? Hier saß ich gerade.´â€œ
„Und Miss Duncan hat Sie daraufhin beschimpft?“ – „Ja.“
„Welche Worte hat sie gebraucht?“
„Zicke, Dreckstück, Vogelscheuche und so was.“
Soweit Ramses einschätzen konnte, gebrauchte Maggie keine Schimpfworte. ´Zicke´ hatte nach Maggies Worten Rosy selbst gesagt und ´Vogelscheuche´ war ein Wort, dass Ramses schon mehr als einmal aus Rosys Mund gehört hatte – in Richtung Maggie Duncan…
„Warum haben Sie sich nicht woanders hingesetzt, als Maggie nicht aufstehen wollte? Es waren doch ausreichend Plätze frei, oder?“
„Weil die sich nicht einbilden darf, dass sie sich alles erlauben kann!“ Der trotzige Tonfall war typisch für Rosy Flint.
„Wer befand sich noch im Gemeinschaftsraum?“
„Ein paar Fünftklässler, Simon Selwyn, …“
Magere Angaben, dafür, dass sie die anderen beobachtet hat… „War Maggie schon da, als Sie den Raum verlassen haben?“
Rosy zögerte kurz. „Ja.“
„Also hat Maggie absichtlich den Platz gewechselt, während Sie draußen waren?“
„Ja. Das macht die öfter, um mich zu ärgern.“
„Welchen Fluch hat Miss Duncan Ihnen eigentlich aufgehalst?“
„Keine Ahnung, hab´s nicht verstanden. Die hatte ihren Zauberstab schon die ganze Zeit in der Hand.“
„Konnten Sie sich nicht wehren?“
„Nein, das ging viel zu schnell.“
„Ihren Zauberstab, bitte.“
Diesmal hatte Ramses das ´Priori Incantatem´ nur gedacht. Seine innere Stimme hatte ihn davon abgehalten, den Spruch in Rosys Gegenwart zu benutzen. Aus dem Stab kamen einige interessante Sachen: ´Levicorpus´. Das war der, den sie Maggie gegenüber benutzt haben musste.
´Petrificus Totalus´. Die Ganzkörperklammer. Das erklärte die stocksteif vor der Jungentoilette im dritten Stock liegende Ravenclaw-Erstklässlerin.
´Engorgio´. Trisha Dunwoody hatte von einer Riesenspinne erzählt, die plötzlich über ihre Tastatur gekrochen war…
Dann kamen eine Reihe von Übungssprüchen aus dem Verwandlungsunterricht und davor ein „Expulsio“. Ramses sah Rosy scharf an. „Was haben Sie da explodieren lassen? Den Kessel von Alaine Tanner?“
Rosy presste die Lippen aufeinander und schwieg. Ramses reichte es. „Miss Flint, Sie lügen, was das Zeug hält. Ich glaube Ihnen kein Wort. Maggie Duncan saß schon in jenem Sessel, als Sie den Gemeinschaftsraum betreten haben. Sie hatten also kein Recht, Maggie hochzujagen. Sie haben die Schimpfwörter gebraucht, nicht Maggie. Und Sie haben zuerst mit dem Zauberstab angegriffen, wenn mir mal dieser Ausdruck erlaubt ist. Eigentlich müsste ich Ihnen für Ihre Lügen jetzt einige Punkte abziehen und ich rate Ihnen, Aktionen wie die heutige nicht zu wiederholen. Ganz ohne Strafe kommen Sie mir aber nicht davon. Sie werden einerseits die von den Slytherins selbst verfasste Benutzungsordnung für den Gemeinschaftsraum auswendig lernen und andererseits morgen früh vor dem Frühstück den Gemeinschaftsraum säubern, das heißt: die Stühle ordentlich hinstellen, Papier aufheben, Papierkorb leeren, alle Flächen abwischen, den Boden fegen und wischen. Und zwar, ohne Ihren Zauberstab zu benutzen. Planen Sie dafür eine Stunde ein. Und jetzt gehen Sie.“

Nun saß Ramses da und grübelte über die Bedeutung der ganzen Sache nach.
Normalerweise klärten die Schüler solche Kindergartenstreitigkeiten unter sich. Das war auch so gewollt, sie sollten lernen, Konflikte selbst zu lösen.
Rosy Flint mochte gleichermaßen faul und frech sein – eine Petze war sie nicht. Moment mal! Wenn jemand in dieser Sache Grund zum Petzen gehabt hätte, dann Maggie. Und doch war Rosy zu Jack Longbottom gerannt und hatte ihm eine Lügengeschichte aufgetischt. Dabei musste sie wie jeder andere auch wissen, dass Longbottom sich um derartige Dinge nie kümmerte. Schließlich wurde er ja nicht müde zu betonen, dass er keinem Haus vorstünde und sich deshalb mit nichts befassen müsste, was nicht mit Kräuterkunde zu tun hatte. Dennoch war er auf Rosys fragwürdigen Tipp hin sofort aktiv geworden und hatte Maggies Bestrafung verlangt.
War das der Hintergrund? Jack Longbottom und Rosy Flint hatten eines gemeinsam: sie hassten Maggie Duncan.
Ein eiskalter Schauer rann Ramses´ Rücken hinab. War die dreizehnjährige Rosy schon so ein gerissenes Luder, dass sie WUSSTE, dass Longbottom handeln würde, wenn es gegen Maggie ging?
Sollte Jack Longbottom tatsächlich so dumm sein, zu glauben, Ramses würde jemanden nur auf Grund eines vagen Hinweises bestrafen, ohne den Sachverhalt genau zu prüfen?
´Kann es sein, dass Sie mit der Leitung Ihres Hauses überfordert sind…?´ So hatte Longbottom doch angefangen, oder? Ein unangenehmes Kribbeln breitete sich in Ramses´ Eingeweiden aus. Am Ende wollte Longbottom diese Geschichte benutzen, um ihn zum Deppen zu machen und sich selber die Leitung des Hauses unter den Nagel zu reißen? Jack Longbottom, es ist kein Zufall, dass du nach so vielen Jahren immer noch nicht mehr bist als ein kleiner Lehrer ohne weitergehende Verantwortung und Befugnisse…
Kurz entschlossen machte Ramses Fairbanks sich auf den Weg zum Büro des Kräuterkundeprofessors, doch Jack Longbottom war nicht da. `Aufgeschoben ist nicht aufgehoben´, dachte Ramses, ´morgen ist auch noch ein Tag´.

---

Ramses hatte die Spätaufsicht, das bedeutete, er musste bis Mitternacht durch die Schule streifen.
Gegen halb zwölf hörte er das typische Knarren der Seitentür im Westflügel, rasche Schritte folgten. Auf leisen Sohlen, den Zauberstab einsatzbereit, eilte Ramses die Treppe hinunter, bog um die Ecke und stand Jack Longbottom gegenüber.
„Ach, Sie sind´s! Ich dachte schon, Schüler wären unterwegs.“
„Wenn ich Aufsicht habe, wagt sich keiner nach draußen. Die wissen, dass ich drastische Strafen verhänge.“
„Was heißt drastische Strafen, Longbottom? Sie sind genau wie alle anderen auch an den Punktekatalog gebunden. Wenn Sie keine Schüler erwischen, heißt das noch lange nicht, dass niemand unterwegs ist.“
„Was wollen Sie damit sagen, Fairbanks?“, erwiderte Longbottom feindselig. „Ich bin einige Jahre länger im Schuldienst als Sie! Werfen Sie mir etwa Unfähigkeit vor?“
„Wenn Sie das so interpretieren, ist es Ihre Sache. Machen wir uns nichts vor, ein oder zwei Lehrer als Aufsicht reichen niemals aus, um das ganze Schloss zu überwachen. Seit der Gründung von Hogwarts sind die Schüler verbotenerweise nachts unterwegs und das wird wohl nie anders werden.“
Longbottom setzte zu einer Erwiderung an, doch Ramses sprach weiter: „Übrigens, ich habe mich mit der Sache befasst, die Sie mir heute Nachmittag angetragen haben.“
„Und – haben Sie der Duncan eine ordentliche Strafe aufgebrummt?“
„Nein, denn ich bestrafe niemanden einfach nur so auf einen Tipp hin, ohne die Beteiligten anzuhören. Die Sache hat sich ganz anders abgespielt, als Rosy behauptet hat.“
„Ach?! Und woher wollen Sie das wissen?“
„Ich habe mit beiden Mädchen gesprochen; Rosy hat Ihnen die Hucke vollgelogen.“
„Und woher nehmen Sie die Sicherheit, dass nicht die Duncan IHNEN die Hucke vollgelogen hat?“
„Ich habe so meine Methoden.“
„Und die wären? Veritaserum? Verbotene Flüche?“
„Mitnichten. Mir genügen Menschenkenntnis und geschickte Fragestellung.“
„Natürlich! Und ich, der ich schon wesentlich länger als Lehrer arbeite, kann Lüge nicht von Wahrheit unterscheiden oder was wollen Sie mir unterstellen?“
„Unterstellen – gar nichts. Menschenkenntnis und das Geschick, die richtigen Fragen zu stellen, erwirbt man nicht zwangsläufig durch lange Anwesenheit an einer Schule.
Eigentlich wollte ich Ihnen nur mitteilen, dass ich mich um diese Sache gekümmert habe und dass alles erledigt und bereinigt ist. Sie haben durchaus keine Veranlassung, sich um interne Dinge des Hauses Slytherin zu bemühen. Gute Nacht!“
Ramses drehte sich um und ging weg. Er hatte keine Lust, sich mit Longbottom zu streiten und fragte sich schon wieder, ob Rosy Longbottom bewusst benutzt hatte oder er nur den gepetzten Sachverhalt ausnutzen wollte.




PS: Victor Parkinson ist der Enkel von Pansy Parkinson. Die bekam mit 25 einen Sohn, ohne den Namen des Vaters zu verraten.


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