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Fanfiction

Charitys Geheimnisse - Die letzte der drei Kammern

von grit

Die letzte der drei Kammern

Entschlossen öffnete Minerva den letzten Verschluss, der sich ganz leicht löste und drehte die Phiole um. Auch wenn es von außen nicht sichtbar war, so schien dies die umfangreichste Erinnerung zu sein, denn sie ergoss sich in einem Schwall in das Becken, das beinahe überschwappte. Vorsichtig rührte sie mit dem Zauberstab um und tauchte in eine längst vergangene Zeit ein:
Sie betrat ein tristes, graues Gebäude. Ein Schild an der Tür verriet ihr, dass es sich um ein Waisenhaus handelte. Sie fand sich in einem schäbigen, düsteren Flur wieder. Ein trostloses Ambiente. Dann sah sie Albus Dumbledore, einen viel jüngeren Dumbledore, der zielsicher auf eine Tür am Ende des Korridors zusteuerte. Sie folgte ihm in ein spärlich möbliertes Zimmer und folgte seinem Gespräch mit dem elfjährigen Tom genauso interessiert wie Harry, als er gemeinsam mit Dumbledore in diese Erinnerung eingetaucht war. Bei den Worten: „Sagen Sie die Wahrheit!“ zuckte sie zusammen, sie erschrak genauso wie Tom, als dessen Schrank plötzlich zu brennen begann, doch als Tom versprechen musste, seinen Opfern die entwendeten Gegenstände – Trophäen seiner Macht – zurückzugeben, sah sie das Widerstreben in seinem Gesicht genauso wie das Bemühen, selbiges zu verbergen.
Wer war dieser Tom? Ein hübscher Junge, offenbar sehr intelligent – und magisch begabt, und doch – als sie ihn sagen hörte: „Ich kann machen, dass es ihnen weh tut...“, bekam sie eine Gänsehaut. Etwas schien mit diesem ebenmäßigen Gesicht zu passieren, die Züge zu verzerren, doch vielleicht bildete sie sich das auch nur ein. Dumbledore war ganz ruhig geblieben, er erhob sich von seinem Stuhl und verabschiedete sich. Sie warf noch einen Blick auf den Jungen, dann folgte sie Dumbledore hinaus.

Plötzlich veränderte sich das Bild – ein viel älterer Dumbledore, die rechte Hand verdorrt, stand vor dem Denkarium in seinem Büro, neben ihm Harry Potter, der ihn gerade fragte: „ Wussten Sie es - damals?“ - „Dass ich gerade den gefährlichsten schwarzen Magier aller Zeiten kennen gelernt hatte? Nein, ich hatte keine Ahnung, dass er später einmal zu dem werden sollte, was er ist.“ Dumbledore hielt einen Moment inne, als wolle er fortfahren, doch dann schwieg er.

Wieder verschwamm das Bild für einen Moment, und Dumbledores Büro machte wieder jenem tristen Korridor Platz, in dem sie vor wenigen Augenblicken schon einmal gestanden hatte. Minerva fand sich wieder neben dem jüngeren Dumbledore, der gerade die Tür zu Toms Zimmer schloss.

Auf dem Flur kam ihnen ein Mädchen entgegen, sie hatte das Haar zu ganz vielen Zöpfen geflochten, die nach allen Seiten von ihrem Kopf abstanden, was ihr ein ziemlich lustiges Aussehen verlieh. Entschlossen trat sie vor Dumbledore hin und sprach ihn an: „Halten Sie das für eine gute Idee?“ Albus' Blick war ein einziges Fragezeichen. Sie fuhr fort: „Diesem Jungen noch mehr... - Magie beizubringen?“ Dumbledore schaute sich erschrocken um und Minerva trat einen Schritt zur Seite, aber natürlich konnte er sie gar nicht sehen. Der Korridor war leer, niemand außer ihnen hörte, dass hier über Magie gesprochen wurde. Das Mädchen schien aus Dumbledores Reaktion seine eigenen Schlüsse zu ziehen, denn sie flüsterte hastig und besorgt, dass sie es zuerst nicht glauben wollte, aber Magie die einzig logische Erklärung gewesen sei für all die seltsamen und unerklärlichen Dinge, die um Tom geschahen. Mit ernstem Gesicht und großer Eindringlichkeit, die so gar nicht zu ihrem lustigen Äußeren zu passen schienen schaute sie zu Dumbledore auf: „Hören Sie, dieser Junge ist böse, er genießt es, andere zu quälen,... dieser Junge ist gefährlich.“
Minerva sah, wie sich Albus väterlich zu ihr hinunterbeugte und beruhigend auf sie einsprach, doch sie ließ sich nicht überzeugen. Mit zornig funkelnden Augen sah sie ihn an: „Sie verstehen überhaupt nichts, er kann diese Kräfte, wie Sie das nennen, sehr wohl beherrschen, er tut anderen damit weh! Und er genießt es!...Die meisten hier haben Angst vor ihm.“
Nun sah Dumbledore interessiert aus: „Aber du nicht, oder?“ Sie warf trotzig den Kopf zurück: „Nein, manchmal glaube ich, er hat Angst vor mir.“
Minerva beobachtete den stummen Blickwechsel zwischen den beiden leicht amüsiert, sie hatte es selten erlebt, dass jemand Dumbledore erfolgreich widersprach und dass er genauso mit Blicken geröntgt wurde, wie er es sonst immer mit seinen Gesprächspartnern tat. Das Mädchen ließ seinen Blick nicht los, als sie schließlich das Schweigen brach, das schon unbehaglich zu werden begann:
„Sie müssen mir etwas versprechen: Bitte! Sie müssen die anderen Kinder in Ihrer Schule vor Tom beschützen, versprechen Sie mir das?“
Doch noch bevor Dumbledore ihr eine Antwort gegeben hatte, ließ sie resigniert die Schultern sinken. Ihre Stimme war voller Enttäuschung.„Ich sehe Ihnen an, dass Sie mich nicht ernst nehmen, vielleicht weil Sie so viel älter und erfahrener sind, und weil Sie magische Kräfte haben und ich nicht. Aber glauben Sie mir, dieser Tom ist sehr gefährlich, Sie werden noch an meine Warnung denken – und hoffentlich wird es dann nicht zu spät sein.“
Und wieder wurde das Bild unscharf und veränderte sich, es dauerte einen Moment, bis Minerva klar wurde, dass sie sich in London befand, doch es war nicht das London von heute. Sie erkannte zerstörte Straßenzüge und Trümmer, die Stadt trug noch deutlich erkennbar die Spuren der deutschen Bombenangriffe.Sie schaute sich suchend um erblickte schließlich Albus Dumbledore. Er schien sich überhaupt nicht wohl in seiner Haut zu fühlen, wirkte irgendwie schuldbewusst. Schließlich riss ihn eine energische Stimme aus seiner Grübelei. „Können Sie nicht mal mit dem Herumgerenne aufhören, jetzt setzen Sie sich doch einfach mal hin, kommen Sie, hier ist Platz“ – eine junge Frau zeigte auf die Stufen eines Hauseinganges.“Sie werden sich Ihren Anzug schon nicht ruinieren, und wenn, dann dürfte das doch kein Problem für Sie sein, oder?“ Jetzt konnte Minerva ihr Gesicht erkennen, dieses Funkeln in den grünen Augen ließ keinen Zweifel daran, es war das Mädchen, das Dumbledore vor Tom gewarnt hatte. Ihr Haar war zu einem strengen Knoten frisiert und ihr Blick schien ihn wieder zu röntgen. Sie setzte sich neben ihn und fragte: „Was ist passiert ? Ich sehe Ihnen doch an, dass etwas passiert ist. Ich habe es auch Tom angesehen. Jetzt bereuen Sie, dass Sie meine Warnung nicht ernst genug genommen haben.“ In ihrer Stimme war keinerlei Triumph, nur eine große Traurigkeit, als sie Dumbledore fragend ansah.
„Ein Mädchen ist tot, eine meiner Schülerinnen, und niemand hat eine Erklärung dafür.“
„Sie wissen nicht, w i e er es getan hat, aber Sie sind sich sicher, dass er es getan hat, genau wie ich. Es ist etwas in seinen Augen, genauso war es bei Billys Kaninchen, als er noch klein war, ich kann es nicht erklären, was es ist...“ - „Er scheint Gefallen zu haben am Töten...“ Dumbledores Stimme war kaum zu hören, doch die junge Frau widersprach ihm erneut. Nachdenklich legte sie den Kopf zur Seite: „Nein, ich glaube, es ist das Gefühl der Macht, das er genießt, wenn er tötet. Er fühlt sich als Herr über Leben und Tod – und das ist, glaube ich, noch viel gefährlicher.“
Erstaunt sah Dumbledore seine Gesprächspartnerin an.

Minerva hatte ein eigenartiges Gefühl, während sie die beiden beobachtete. Sonst war e r es immer, der die Dinge auf den Punkt brachte, hier jedoch war es diese junge Frau, die ihn so eindringlich mit ihren grünen Augen fixierte, ohne ein einziges Mal zu blinzeln.
Und plötzlich – wieso hatte sie das nicht schon viel früher bemerkt – wurde ihr klar, dass sie diesen Blick sehr genau kannte. Diese grünen Augen, die einen förmlich festzuhalten vermochten, sie hatte sie erst vor einigen Wochen das letzte Mal gesehen, im Gesicht einer alten Frau. Diese Augen gehörten Charity Burbage...
Doch das bedeutete ja, dass sie..., nein, das konnte doch nicht sein, ein Muggel hätte doch niemals in Hogwarts... Und wenn es doch stimmte? War das der Grund, warum ihr Büro so aussah, all diese Bücher, die seltsamen Notizen, der doppelte Bluff Dumbledores als Geheimniswahrer des Phönixordens – all das erschien ihr plötzlich in einem völlig anderen Licht. Konnte das tatsächlich wahr sein, hatte Dumbledore tatsächlich einen Muggel als Muggelkundelehrerin eingestellt?
Sie versuchte sich zu erinnern, ob sie Charity jemals Magie gebrauchen sah. Sie hatte immer den Eindruck gehabt, dass sie eine sehr begabte Legilimentikerin zu sein schien, doch nach dem, was sie bisher im Denkarium gesehen hatte, hatte Charitys Fähigkeit, Dinge zu sehen, die andere nicht sahen, nichts mit Magie zu tun.
Und dieser Tom, über den sie mit Dumbledore sprach, der gefährlichste schwarze Magier, konnte das wirklich sein, war das Voldemort? Es schien ihr unmöglich, sich ihn als kleinen Jungen vorzustellen, als Schüler in Hogwarts – und doch musste es genauso gewesen sein...
Charity kannte ihn schon als Kind, sie wusste möglicherweise mehr über ihn als sonst jemand, ausgenommen vielleicht Dumbledore. War das der Grund, warum sie jetzt tot war? Hatte Dumbledore sie nach Hogwarts geholt, um sie zu schützen? Hatte seine Ermordung auch ihr den Tod gebracht?

„Glauben Sie mir, ich bin nicht froh darüber, dass ich Recht behalten habe, mir wäre leichter zumute, wenn ich mich geirrt hätte.“ - Charitys sanfte Stimme riss Minerva aus ihren Grübeleien, sie hörte noch, wie Dumbledore leise antwortete: „Ich weiß, ich weiß...“

Und wieder verschwamm die Umgebung vor ihren Augen. Die Londoner Straße war verschwunden, stattdessen befand sie sich auf einer Wiese in einem Park. Frauen in Schwesterntracht schoben Rollstühle über die Wege, manche standen im Schatten der Bäume, einige Männer machten Gehversuche mit Krücken. Offenbar war sie in einem Sanatorium gelandet. Sie schaute sich suchend um. Beinahe hätte sie Dumbledore nicht erkannt. Er war wie ein gewöhnlicher Muggel gekleidet und schien auf jemanden zu warten. Ein wenig außer Atem kam Charity angelaufen. Es fiel Minerva schwer, in dieser ernst dreinblickenden, ziemlich abgemagert und erschöpft wirkenden jungen Frau das lustig aussehende Mädchen mit den Zöpfen wiederzuerkennen. Auch Dumbledore schien nicht zufrieden mit dem, was er sah. „Sie arbeiten zu viel, Mrs. Burbage“, stellte er fest, worauf sie ihn mit einem Lächeln ansah: „Sagen Sie doch bitte weiter Charity zu mir, wir kennen einander doch lange genug. Wenn Sie Mrs. Burbage sagen, dann fühle ich mich gleich noch zehn Jahre älter.“ Dumbledore lächelte ebenfalls: „Gut, Charity, wieviel Zeit haben Sie?“ Charity schaute rasch auf die Uhr über dem Eingang des Sanatoriums und entgegnete: „In zwei Stunden beginnt mein Nachmittagsdienst, bis dahin habe ich frei.“ - „Dann darf ich Sie zum Mittagessen einladen, ja. Sie sehen aus, als könnten Sie eine gute Portion vertragen.“ Erstaunt sah sie sich um: „Wo wollen Sie denn hin? Hier gibt es weit und breit nichts außer dem Speiseraum hier im Haus, aber da dürfen Fremde nicht rein.“
„Vertrauen Sie mir, Charity, ich werde Ihnen etwas zeigen, was Sie noch nie gesehen haben. Lassen Sie sich führen, haben Sie keine Angst.“
Irgendetwas war geschehen, sie befanden sich nicht mehr im Park des Sanatoriums, die Gegend kam ihr sehr vertraut vor, natürlich, sie war am Rande von Hogsmeade. Minerva drehte sich um und sah Dumbledore, der erschrocken auf Charity hinunterblickte, die gekrümmt dastand und sich übergeben musste. Als sie sich wieder aufgerichtet hatte, noch leicht grünlich im Gesicht, sah sie vor sich das Panorama von Hogwarts. Sie atmete tief durch und meinte trocken: „Sie haben Recht, der Anblick hat was.“ Sie machte ein paar große Schritte, und allmählich kehrte die Farbe in ihr Gesicht zurück.„Also, wenn mir das noch einmal bevorsteht, dann könne Sie sich die Einladung zum Essen sparen, es wäre schade drum, es sei denn, Sie hätten ein wirksames Mittel gegen diese Übelkeit beim – wie nennen Sie es – Apparieren.“ Dumbledore machte eine schwungvolle Handbewegung und gab ihr ein Fläschchen. Sie öffnete es vorsichtig und roch daran. „Aber das ist ja Alkohol, ich habe doch noch Dienst, das kann ich auf keinen Fall trinken, es scheint ungeheuer stark zu sein.“ - „Echter Feuerwhiskey“ , gab Dumbledore zu. „Sie sind unmöglich, wissen Sie das?“ Ihre Stimme klang streng, aber ihre Augen lachten. Dann schaute sie interessiert zum Schloss. „Und das ist also Ihre Schule, ein ziemlich alter Kasten, sehr imposant, aber sicher sehr schwer zu heizen...“ Jetzt musste Dumbledore schmunzeln. Minerva aber konnte sich gar nicht genug wundern, dass Dumbledore so offensichtlich gegen das Internationale Geheimhaltungsabkommen verstieß. Er war ganz offensichtlich mit einem Muggel Seit-an-Seit-appariert, und dann hatte er dieser Frau auch noch Hogwarts gezeigt, nicht wie die Muggel es sonst sahen, als Ruine mit der Warnung „Einsturzgefahr“, sondern so, wie es wirklich aussah. Sie folgte den beiden ins Dorf. Albus führte sie in die „Drei Besen“ und bestellte das Essen. Er wirkte sehr angespannt und besorgt, was ihr natürlich sofort auffiel. „Was haben Sie denn für Sorgen? Ist wieder etwas mit diesem Tom?“
„Nein, er verhält sich auffallend unauffällig, offenbar ist er sich bewusst, dass ich immer ein Auge auf ihn habe.“ - Sie schaute ihn nachdenklich an.
Minerva hatte sich auf einen freien Platz gesetzt, von dem aus sie beide gut im Blick hatte und lauschte gebannt.
„Etwas beschäftigt Sie, Sie stehen vor einer schwierigen Entscheidung, aber eigentlich wissen Sie, dass Sie keine Wahl haben, also warum wollten Sie mit mir sprechen? Wie kann ich Ihnen helfen, wo Sie doch so unendlich viel mehr Möglichkeiten haben als ich?“ Dumbledore räusperte sich, dann begann er leise: „Ich habe das noch nie jemandem erzählt...“ Sie schaute ihn offen an und nickte: „ Und einem im Prinzip völlig Fremden gegenüber, von dessen Verschwiegenheit man überzeugt ist, redet es sich leichter, das kenne ich von meiner Arbeit. Fangen Sie an, ich bin eine gute Zuhörerin – und Expertin für hoffnungslos scheinende Fälle.“ Ihr Mund lächelte, doch ihre Augen blickte Dumbledore ernst an. Er sprach so leise, dass Minerva nicht alles verstehen konnte, doch sie sah in seinen Augen eine tiefe Traurigkeit, als er begann: „Ich habe vielleicht etwas Schreckliches getan...“ Charitys ganze Haltung drückte Mitgefühl aus. Sie ermunterte ihn zum Weitersprechen: „Glauben Sie mir, nichts, was Sie getan oder erlebt haben, kann schlimmer sein als all die Schrecken, die meine Patienten in ihren endlos scheinenden Alpträumen wieder und wieder durchleben. Krieg ist etwas Schreckliches, er zwingt harmlose, friedfertige Menschen, Dinge zu tun, die sie nie für möglich gehalten hätten, Dinge mit anzusehen, die sie ihr Leben lang nie wieder loslassen werden. Sprechen Sie sich aus, niemand wird davon erfahren, Ihr Geheimnis ist bei mir sicher, so wie die Geheimnisse so vieler anderer, die sich mir anvertraut haben.“

Fasziniert beobachtete Minerva dieses Gespräch. Es kam ihr vor wie ein seltsam verkehrt aussehendes Bild, eine sehr junge Frau, so schmächtig, dass sie fast wie ein Kind wirkte, in der Rolle des verständnisvollen Zuhörers – und der ältere, viel erfahrenere Mann in der Rolle eines hilflos stammelnden, manchmal sogar weinenden Jungen...
Ja, Dumbledore hatte tatsächlich Tränen in den Augen, als er Charity ein kleines, silbrig glänzendes Fläschchen zeigte. Minerva hatte nicht genau verstanden, was Dumbledore Charity erzählt hatte, doch sie erkannte das Fläschchen. Sie hatte es schon einmal gesehen. Der junge Albus Dumbledore hatte es an sich gedrückt, während sein Körper von stummen Schluchzern geschüttelt wurde. Ja, sie hatte sogar gesehen, was es enthielt. Charity berührte die Phiole ganz vorsichtig. Dann griff sie nach Dumbledores Hand und sah ihm in die Augen: „Und Sie haben es sich nie angesehen?“
„Nie“, entgegnete Albus mit erstickter Stimme. „Und jetzt fürchten Sie, wenn Sie Ihren alten Freund treffen, er könnte Ihnen eröffnen, dass Sie es waren, der ihr den tödlichen Schlag versetzt hat?“ Dumbledore nickte. „Und all die Jahre haben Sie es nicht gewusst?“ - „Ich habe mich davor gefürchtet.“ Charity nickte. Sie schaute ihn fest an: „Mr. Dumbledore, was ich Ihnen jetzt sage, wird Ihnen vielleicht nicht gefallen, aber ich bin nicht gut im Lügen, ich werde Ihnen sagen, was ich denke, schließlich wollten Sie ja meine Meinung hören.“
Sie setzte sich aufrecht hin und zeigte auf das Fläschchen. „Sie sollten es sich ansehen, so bald wie möglich. Schieben Sie es nicht länger vor sich her, dies nicht und auch nicht die – vielleicht letzte – Begegnung mit diesem Gellert. Jeder Tag, den Sie zögern, kostet vielleicht Menschenleben. Das können und wollen Sie sich doch nicht auf die Seele laden. Und wie ich vorhin schon sagte – ich sehe es Ihnen an, im Grunde haben Sie Ihre Entscheidung bereits getroffen.
Ich sage Ihnen jetzt etwas, was ich einmal von einem schwer verwundeten Soldaten gehört habe: Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst, sondern die Erkenntnis, dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst. Dieser Satz stammt von einem deutschen Arzt, und ich denke, genau das muss Ihnen klar sein: Ihre Ängste, so wichtig und bedeutsam sie für Sie sein mögen, sind klein im Vergleich zu den vielen Menschenleben, die Sie mit einem noch längeren Hinauszögern in Gefahr bringen. Sie können es beenden, also tun Sie es. So bald wie möglich. Sie dürfen nicht länger zögern! Gerade weil er Ihr Freund war. Es ist Ihre verdammte Pflicht. Ihre Schwester konnten Sie nicht retten, aber Sie können unzählige andere Menschen vor dem Tod bewahren. Sie sind es ihrem Andenken schuldig.“ Beider Blicke wanderten in Richtung der Phiole. Dumbledore seufzte.
„Sie haben Recht, Charity, wie immer...“
„Lassen Sie mich noch eines sagen, auch wenn Sie es nicht gern hören werden, Sie haben in Ihrer Jugend einen schrecklichen Fehler gemacht. Sie haben einen falschen Weg beschritten und diese Entscheidung, ob Sie nun tatsächlich der Mörder Ihrer Schwester sind oder nicht, wird den Rest Ihres Lebens bestimmen.“ Dumbledore zuckte leicht zusammen bei diesen schonungslosen Worten. „Es liegt an Ihnen, wie sie es tut.“ Eindringlich sah sie ihn an, er wirkte unsicher, sein Blick zeigte Verständnislosigkeit. Also fuhr Charity mit energischer Stimme fort: „Es ist doch ganz klar: Sie dürfen nicht zulassen, dass diese Erinnerung Ihr gesamtes weiteres Leben vergiftet. Sie wollen nicht, dass irgendjemand davon erfährt – das verstehe ich, es ist Scham. Es ist gut, dass Sie so empfinden, es zeigt, dass Sie wahrhaft umgekehrt sind, dass Ihre Reue echt ist.
Man sagt, dass die Toten alles wissen. Wenn das wahr ist, dann wird Ariana Ihnen vergeben haben, sie wird wissen, wie leid es Ihnen tut, dass Sie nicht für sie da waren, als sie Sie gebraucht hat. Jetzt aber ist es wichtig, dass Sie sich selbst vergeben. Sie wissen, was zu tun ist, Sie können es nicht länger hinauszögern – es sterben immer mehr Menschen, Sie müssen sich Ihren Ängsten stellen. Sie denken doch jetzt schon, Sie könnten sie getötet haben. Wenn Sie Gewissheit hätten – könnte es dann für Sie wirklich noch schlimmer werden? Ich glaube nicht.
Sie müssen es tun, Mr. Dumbledore. Wer außer Ihnen könnte ihm sonst Einhalt gebieten?
Oder glauben Sie, Sie könnten nicht gut genug gegen ihn kämpfen, weil er Ihr Freund war?
Jetzt könnte ich sagen: Es ist für das größere Wohl... Wenn Sie ihm gegenübertreten, dann dürfen Sie nicht den Jungen aus Ihren Jugendtagen in ihm sehen, sondern nur die Bedrohung, die er jetzt für alle ist. Sie haben sich beide verändert – jeder ist seinen Weg gegangen – jeder in eine andere Richtung. Sie haben sich weit voneinander entfernt, sehr weit. Und Sie müssen ihn ja nicht töten, ich spüre, dass Ihnen allein der Gedanke daran zuwider ist, Sie müssen ihn nur aufhalten.“
Gebannt hörte Minerva zu, sie hatte bei den letzten Worten eine Gänsehaut bekommen. Fröstelnd zog sie ihren Umhang fester zu. Charity griff mit beiden Händen nach Dumbledores Hand, die immer noch das Fläschchen umklammert hielt. Mit strenger Stimme forderte sie: „ Und es gibt noch etwas, was zu tun ist und nicht aufgeschoben werden sollte. Sie müssen sich mit Ihrem Bruder aussöhnen. Sie sind der ältere, Sie müssen den ersten Schritt tun. Gerade weil Ihnen ein gefährliches Duell bevorsteht. Sie sollten es am besten gleich tun, sobald wir mit dem Essen fertig sind. Er wohnt doch hier, oder?“
Minerva musste ein wenig schmunzeln, als sie bemerkte, wie dieses kleine, schmächtige Persönchen den großen Albus Dumbledore herumkommandierte wie einen kleinen Jungen. Er machte ein gequältes Gesicht, aber sie war unerbittlich: „Wir gehen nachher zusammen zu ihm, glauben Sie mir, Sie werden sich hinterher viel besser fühlen. Natürlich wird es unangenehm, Sie haben sich viel zu lange vor dieser Aussprache gedrückt. Sie sollten froh sein, dass Sie noch einen Bruder haben, Sie müssen zusammenhalten, er ist doch alles, was Ihnen von Ihrer Familie geblieben ist – außer den Erinnerungen. Am besten, Sie sehen sich das gemeinsam an“, sagte sie mit einem Blick auf die Phiole. „Ich weiß, es wird weh tun, aber Sie können mir glauben, es wird Ihnen helfen.“ „Ich glaube nicht, dass Aberforth mir je verzeihen wird.“ Dumbledores Stimme klang verzagt. „Sie werden es nie erfahren, wenn Sie es nicht wenigstens versuchen!“
Doch jetzt lassen Sie uns essen, bevor es kalt wird. Mit großem Appetit schaufelte das schmächtige junge Ding eine riesige Portion Gemüse, Kartoffeln und Salat in sich hinein. Dankbar lächelte sie Dumbledore an: „Die Küche ist ausgezeichnet. Ich habe lange nicht mehr so gut und reichlich gegessen. Vielen Dank.“ Dumbledore tuschelte kurz mit der Wirtin und gab Charity dann ein kleines Fläschchen, das mit einer dunklen Flüssigkeit gefüllt war. „Das ist für nachher, gegen die Übelkeit nach dem Apparieren, ein reiner Kräutersud – und ganz ohne Alkohol, damit es keinen Ärger mit der Oberschwester gibt.“ Dumbledore lächelte.
„Und nun lassen Sie uns zu Ihrem Bruder gehen, danach können Sie mich zurückbringen.“
Sie verließen die „Drei Besen“ und entfernten sich in Richtung „Eberkopf“...

Zurück in ihrem Büro schwirrte Minerva noch ein wenig der Kopf. Sie musste das Gesehene erst einmal verdauen, musste genau überlegen, was sie gesehen und gehört und was nur vermutet hatte.
Sie stützte den Kopf in die Hände und sah aus dem Fenster. Die ersten Sonnenstrahlen brachen sich in den Scheiben und fielen auf ein unscheinbares Büchlein, das sie aus Charitys Büro mitgebracht hatte. Es enthielt handschriftliche Notizen und schien eine Mischung aus Kalender und Tagebuch zu sein. Sie blätterte gedankenverloren darin herum. Die Aufzeichnungen begannen an Halloween des letzten Jahres und endeten abrupt Anfang Juli.
Bereits die ersten Sätze auf der ersten Seite, in denen sie ihre ersten Eindrücke von Hogwarts festgehalten hatte, beseitigten auch noch den letzten Rest von Zweifel. Charity Burbage war tatsächlich ein Muggel. Und Minerva empfand beinahe etwas wie Hochachtung vor dieser kleinen alten Frau, die alle in Hogwarts fast ein ganzes Jahr lang hatte darüber hinwegtäuschen können, dass sie gar keine Hexe war. Sie erinnerte sich an ihre letzte Begegnung. Natürlich, Charity hatte es ihr anvertrauen wollen, doch sie waren durch die Ankunft des Waldkauzes mit dem Brief unterbrochen worden – und später hatten sie keine Gelegenheit mehr gehabt miteinander zu sprechen. So hatte Charity ihr Geheimnis schließlich mit ins Grab genommen.
Und sie selbst – was würde sie tun mit all diesen Informationen? Ob Snape es wusste? Sie hatte das Gefühl, dass er ihr etwas verschwieg, dass er weit mehr über Charitys Tod wusste, als er gesagt hatte. Nein! Sie setzte sich entschlossen auf, von ihr würde niemand etwas darüber erfahren. Charitys Geheimnis war jetzt auch ihr Geheimnis.
Sorgfältig verschloss sie die Truhe mit den Erinnerungen und versiegelte ihr Büro. Dann machte sie sich auf den Weg in die Große Halle. Es war höchste Zeit für ein kräftiges Frühstück.


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