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Fanfiction

Enraged - Enraged

von Lady Gryffindor

„Ich habe einen neuen Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste gefunden, Minerva.“

„Nun, das ist wundervoll, Albus, doch wie es der Zufall will, ist es uns bereits vor einiger Zeit gelungen, die Stelle dauerhaft zu besetzen.“

„Dessen bin ich mir durchaus bewusst. Ich werde die Bewerbung um diese Stelle auch ablehnen. Allerdings wird Horace am Ende dieses Schuljahres in den Ruhestand gehen, wir brauchen also einen neuen Lehrer im Fach Zaubertränke.“

„Und Sie meinen, dass Ihr ominöser Kandidat für diesen Posten geeignet wäre?“

„In der Tat, Minerva. Er ist ein Meister der Zaubertränke, und das schon zu seiner Zeit als Schüler.“

„Warum hat er sich dann nicht gleich um diese Stelle beworben?“, fragte Minerva forsch.

Albus gluckste nur.

„Nun spannen Sie mich doch nicht so auf die Folter, Albus! Wer ist es?“

„Oh, ich bin mir sicher, dass Sie sich an ihn erinnern werden. Sein Name ist Severus Snape.“

~*~

Severus Snape.

Wie konnte man jemanden wie ihn auch vergessen?

Ein fahlhäutiger Junge mit finsterem Blick, höchst nachlässig, was das eigene, äußere Erscheinungsbild anbelangte, dafür umso bemühter, was das Anhäufen von Wissen betraf.
Verwandlungen war früher nicht gerade seine Stärke gewesen, wie sich Minerva noch recht deutlich zu erinnern glaubte, doch in der Theorie war er immer bestens auf den Unterricht vorbereitet gewesen.
Fleiß war eine von ihr hoch angesehene Eigenschaft, die Severus zumindest damals zur Genüge besessen hatte.
Woran es ihm zu mangeln schien, war die Fähigkeit, soziale Kontakte zu knüpfen.

Einen „Meister der Zaubertränke“ hatte Albus ihn genannt, und da er zu seiner Schulzeit regelmäßige Einladungen zu den berüchtigten Dinnerpartys Slughorns erhalten hatte, schien diese Bezeichnung wohl der Wahrheit zu entsprechen.
Beliebter war Snape durch diesen Umstand trotzdem nicht geworden.

Auch Kräuterkunde schien dem seltsamen Jungen wohl zu liegen, was zweifellos auf seine Begabung für Zaubertränke zurückzuführen war.
Dass er sich aber nun für den Posten als Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste beworben hatte …
Zudem schien er Schüler früher nie besonders gemocht zu haben, und es war fraglich, ob sich das in dieser kurzen Zeit so ohne weiteres geändert haben sollte.

Minerva wusste, dass sich der junge Snape schon während seiner Schulzeit immer mehr der Schwarzen Magie verschrieben hatte.
Die Nase stets in irgendwelche Wälzer aus der Verbotenen Abteilung vergraben, deren Zugang ihm Slughorn natürlich ohne Hintergedanken gewährt hatte, wurde der Slytherin mit der Zeit nur noch verschrobener und eine seltsam düstere Aura schien ihn zu umgeben, die gleichermaßen abstieß und anzog.

Abstoßend war sie in der Hinsicht, als dass sie den einzigen Freund von Severus entfernte, den er jemals in Hogwarts besessen hatte.
Anziehend in der Hinsicht, dass er zu einem immer beliebteren Spielball ihrer damals mit Abstand besten Schüler wurde.

~*~

Professor Dumbledore stellte dem Kollegium den neuen Lehrer für Zaubertränke bei einer Konferenz im Lehrerzimmer gegen Schuljahresende in Verbindung mit der Verabschiedung Horace Slughorns vor.
Keine vier Jahre waren vergangen, seit Minerva den Jungen das letzte Mal gesehen hatte, und doch war es erstaunlich, wie sehr er sich innerhalb dieser kurzen Zeit verändert hatte.

Der junge Mann neben Dumbledore war immer noch genauso fahlhäutig, hakennasig und fetthaarig, wie sie ihn in Erinnerung gehabt hatte, doch glich er nun nicht mehr einem verkümmernden, von der Sonne ferngehaltenen Geschöpf, wie es während seiner Schulzeit der Fall gewesen war.

Severus Snape war ein freigesprochener Todesser, und jeder der im Lehrerzimmer anwesenden Kollegen war sich dieser Tatsache voll und ganz bewusst.
Was hatte den Schulleiter nur zu einer solch wahnwitzigen Idee getrieben, einen in die Dunklen Künste vernarrten, schon als Schüler verhassten Gefolgsmann von Du-weißt-schon-wem als Lehrer an Hogwarts unterrichten zu lassen, ihm Zutritt zu dem wohl sichersten Ort auf Erden zu gewähren?
Es war schier wahnwitziger Leichtsinn, sich den Feind ins eigene Haus zu holen, um ihn die Köpfe unschuldiger Schüler mit seinen Idealen füllen zu lassen.

Unverantwortlich!

Minerva, normalerweise bekannt für ihre Beherrschtheit, musste in diesem Moment schwer an sich halten, um nicht vor dem versammelten Kollegium gegen diese Entscheidung zu protestieren. Einzig ihr Vertrauen in Albus bekräftigten sie darin, ihre äußerliche Ruhe aufrecht zu erhalten.

Vielleicht lag es an dem Wissen, was aus Severus Snape geworden war, dass ihr sein Erscheinungsbild so verändert vorkam.
Er versteckte sich nicht mehr.
Ging nicht mehr geduckt.
Der gehetzte Ausdruck war aus seinem Blick verschwunden, stattdessen wirkten seine pechschwarzen Augen nun seltsam leer und … kalt.

Minerva unterdrückte ein leichtes Schaudern, als sie diese Augen zum ersten Mal an diesem Abend streiften.
Nur kurz, nur für einen winzigen Moment, und doch …

Sie fasste sich ein Herz. Das war doch nun wirklich lächerlich!
Sie war fast doppelt so alt wie dieser Mann und verspürte trotzdem den Drang, seinem Blick auszuweichen, der seit neustem die seltsame Eigenschaft zu beherrschen schien, Gedanken lesen zu können.

Welch Absurdität!

Severus besaß niemals die Fähigkeit der Okklumentik - es war unmöglich, sie innerhalb der paar Jahre zu erlangen, die er nun nicht mehr zur Schule ging, und in Hogwarts wurden derartig hohe schwarzmagische Künste nicht gelehrt.
Wie weit nur war dieser Junge in die endlosen Tiefen der Schwarzen Magie vorgedrungen?

Minerva war zu Snape herübergegangen, der eingekeilt zwischen Albus und Slughorn stand, wobei letzterer ununterbrochen und wild gestikulierend auf ihn einredete.
Horace schien - neben Dumbledore, der äußerst gelassen wirkte - als einziger nicht das geringste Unwohlsein zu verspüren, im Anbetracht der Tatsache, wer seinen Posten von nun an übernehmen würde, ganz im Gegenteil sogar.
Unmissverständlich und äußerst wortreich verkündete er seinen Stolz darüber, dass es ein talentierter Junge wie Severus geschafft habe, wieder auf den Pfad der Tugend zurückzufinden, und dass sein Nachfolger einer seiner eigenen Schüler sei, den er versucht habe
„ … nach bestem Gewissen zu formen, mein lieber Junge.“
Damit klopfte er dem schwarzgekleideten jungen Mann kräftig auf den Rücken, was diesen kaum merklich die Mundwinkel verziehen ließ.

„Professor Snape“, mischte sich Minerva schließlich in das eher einseitige Gespräch ein, das nun Slughorns glucksendem Lachen gewichen war.
Sie ergriff Snapes Hand und schüttelte sie.
Er wirkte im ersten Moment tatsächlich ein wenig überrascht, doch schließlich nickte er langsam und erwiderte den Händedruck.

„Professor McGonagall“, sagte er leise. Seine Stimme klang überraschend fest und selbstsicher.
„Wir haben uns lange nicht mehr gesehen.“
Und wieder traf sie ein Blick aus diesen schwarzen Tiefen, bohrend, wissend … und anklagend?

„Es wird mir eine Freude sein, gemeinsam mit Ihnen zu unterrichten.“
Minerva erwiderte den Blick ohne zu blinzeln.
Es fiel ihr lächerlich schwer.
Was konnte jemand wie Severus Snape ihr schon vorwerfen?
Sie war vielleicht streng, aber gerecht, sie war eine Gryffindor - und er, er war ein Slytherin.
Gryffindor und Slytherin waren sich seit jeher verhasst, doch sie hatte als Lehrerin immer versucht, über diese Feindschaft zwischen den Häusern hinwegzusehen, und keinen ihrer Schüler zu bevorzugen, oder sonst wie anders zu behandeln.
Hatte sie nicht gleichermaßen Punkte an alle vier Häuser verteilt, wenn es ein Schüler - ganz gleich, wohin ihn der Sprechende Hut auch gesteckt haben mochte - wirklich verdient hatte?
Hatte sie nicht auch Schülern ihres eigenen Hauses Strafarbeiten aufgebrummt, wenn diese auch nur ein wenig über die Stränge geschlagen waren?

„Oh, der Beruf des Lehrers ist wirklich eine ausgezeichnete Wahl, Severus“, mischte sich Slughorn unbekümmert in das allmählich ungemütlich anmutende Schweigen.
„Es ist eine wahre Freude, den Reifeprozess junger Leute zu beobachten, ja, sogar daran beteiligt zu sein! Und bedenken Sie nur, wie viel Sie selbst dazu werden beitragen können, dass ihr Beruf auch für sie zu einer echten Bereicherung wird.“
„Faszinierend, Professor Slughorn“, erwiderte Snape ausdruckslos, was ihm jedoch nur einen weiteren, wohlwollenden Schlag auf den Rücken einbrachte.
„Ich bitte Sie, Severus, ich bin nicht mehr ihr Lehrer - nennen Sie mich doch Horace. Ich bestehe darauf.“
„Wenn Sie es wünschen - Horace“, antwortete Snape seltsam gepresst, doch Slughorn schien es nicht zu bemerken.
Dumbledore jedenfalls schien ein Schmunzeln unterdrücken zu müssen, was er jedoch geschickt verbarg, indem er in die Runde strahlte.
„Nun, da Sie sich alle auch bestens ohne mich zu amüsieren scheinen, kann ich mich ja guten Gewissens dem kalten Buffet widmen - kandierte Ananas, Horace?“
„Was für eine Frage, Albus, was für eine Frage!“

Als Dumbledore zwischen den anderen Lehrern verschwunden war, wandte sich Slughorn erneut an Snape.
„Ich hoffe doch, dass Sie Ihre Zeit hier als Lehrer genießen werden, Severus. Es heißt, die Schulzeit sei die schönste Zeit des Lebens und Sie haben nun das unvorstellbare Glück, Ihren Aufenthalt an Hogwarts noch ein wenig auszuweiten. Machen Sie das Beste daraus, mein Junge!“

„Natürlich - Horace. Meine Schulzeit steckt wahrlich voller Erinnerungen.“

Wieder traf Minerva einer dieser rätselhaften Blicke, und wieder löste er in ihr ein unerklärliches Gefühl von Schuld aus, als sich diese kalten, schwarzen, ausdruckslosen Tunnel in ihren Geist zu bohren schienen.
Und plötzlich …
Plötzlich glaubte sie zu begreifen, welche Schuld Snape bei ihr zu suchen schien.

Die Erinnerung zweier Gesichter, die seit nunmehr fast einem Jahr stets mit Trauer und Schmerz verbunden war, stieg in ihr hoch.
Hübsche Gesichert.
Lachende Gesichter.
Gesichter voller Hohn, sobald sie dem jungen Severus Snape begegneten.

Natürlich hatte es Bestrafungen gegeben.
Entsetzt und empört darüber, dass zwei sonst so vorbildliche Schüler Schande über ihr Haus brachten, in dem sie sich an einem Schwächeren vergriffen.
Doch hatte sie ihre Missetaten jemals ernst genug genommen?
Und was war mit Snape?
Wer hatte ihm geholfen, sich für ihn eingesetzt?

Nun war James Potter tot und Sirius Black saß in einer Zelle in Askaban, weil er seinen besten Freund an Voldemort verkauft hatte.
Und Severus Snape war ein Abtrünniger, ein freigesprochener Todesser.
Ein Todesser, für den Dumbledore sich - aus ihr immer noch unbegreiflichen Gründen - verbürgt hatte.
Snape mochten schreckliche Dinge widerfahren sein, doch was er getan hatte, war unverzeihlich.
Aber hatte sie das Recht, so über ihn zu urteilen?

Es war das letzte Mal, dass Severus Snape Minerva McGonagall mit einem solchen Blick bedachte.
Ihr Umgang miteinander blieb distanziert und höflich, vermied es doch jeder von ihnen, mehr als notwendig mit dem anderen zu tun zu haben.
Gegenseitige Abneigung - falls überhaupt vorhanden - war keinem von ihnen anzumerken, doch blieben sie trotz Professor McGonagalls bevorzugt unparteiischem Verhalten offene Konkurrenten im jährlichen Kampf um den Haus- und Quidditchpokal.
Als Professor Snape bereits kurze Zeit später zum Hauslehrer von Slytherin ernannt wurde, fiel ihnen die Anrede des anderen mit dem Vornamen überraschend leicht, doch sollte es im gesamten Verlaufe ihrer gemeinsamen Amtszeit zu keinem herzlicheren Verhältnis zwischen ihnen kommen, was vielleicht auch daran lag, dass Interessen- und Altersunterschied schlicht und ergreifend zu groß waren.

~*~

„Es ist soweit, Severus.“

„Direktor?“

„Harry Potter wird von nun an Schüler dieser Schule sein.“

~*~

Ohne es zu wollen wanderte sein Blick unablässig über die Köpfe der neuen Schüler vor ihm, wie sie mit dem Rücken zum Lehrertisch in einer langen Reihe vor dem Sprechenden Hut standen, die Nervosität und Anspannung förmlich im Nacken sitzend, und dem Moment entgegenblickten, der über ihre zukünftige Laufbahn an der Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei entscheiden würde.

Da war er.

Rabenschwarzes, wild nach allen Seiten abstehendes Haar.
Kein Zweifel, das musste er sein, obwohl Severus sein Gesicht bisher noch nicht gesehen hatte.
Die doch eher schmächtige Statur überraschte ihn etwas, auch wirkte der Junge in der Schlange vor diesem großen, schlaksigen, rothaarigen (Wie konnte es auch anders sein?) Weasley nahezu winzig, und war für ihn vom Lehrertisch aus nur sichtbar, wenn sich dieser Riese, nervös von einem großen Fuß auf den anderen tretend, ein Stück zur Seite bewegte.

„Potter, Harry“, verlas Minerva in diesem Moment und tatsächlich war es der von Severus als Potter auserkorene Junge, der mit sichtlich weichen Knien nach vorne trat und sich den Sprechenden Hut auf den Kopf setzte.
Sein Gesicht hatte Severus immer noch nicht gesehen, doch als der Hut schließlich laut und deutlich „Gryffindor“ verkündete, stand es außer Frage, dass Potter ganz nach seinem Vater kommen musste …
Dass Seine Aufgeblasenheit nicht Potters einziger Elternteil gewesen war, den der Sprechende Hut nach Gryffindor gesteckt hatte, überging Severus in diesem Moment großzügig.
Nachdem sich der Junge am Tisch seiner neuen Hausgenossen niedergelassen hatte, widerstand er zunächst dem Drang, ihn auch weiterhin zu beobachten.
Er hatte das eigentümliche Gefühl, dass Dumbledores Blick das ein ums andere Mal auf ihm ruhte, und das letzte, was er wollte war, ein weiteres Gespräch mit dem Schulleiter über diesen Jungen führen zu müssen.
Irgendetwas sagte ihm, dass er für die nächsten Jahre ohnehin noch genug Unterhaltungen dieser Art vor sich haben würde …
Stattdessen ließ sich Snape lieber von seinem stotternden Sitznachbarn in ein Gespräch über Vampire verwickeln.
Quirrel trug seit neuestem einen purpurnen Turban, den er seitdem nie in der Öffentlichkeit abgenommen hatte.
Etwas stimmte mit dem Mann nicht; seine plötzliche Schüchternheit nach dessen angeblicher Bildungsreise wirkte auf Severus alles andere als überzeugend.
Noch konnte er sich keinen rechten Reim darauf machen, doch machte sich seit einiger Zeit das seit nunmehr zehn Jahren verblassende Dunkle Mal auf seinem Unterarm erneut bemerkbar - wenn auch nicht so stark wie damals.
Natürlich hatte er mit Dumbledore darüber gesprochen, doch …

Erneut fühlte Severus sich beobachtet und diesmal stammte der Blick von Potter höchstpersönlich; zunächst noch neugierig, dann eher erschrocken.
Es dauerte nur einen winzigen Moment, vielleicht für einen Bruchteil von Sekunden, aber als Severus zum ersten Mal dieses Gesicht erblickte, durchströmte ihn plötzlich eiskalter, unbändiger Hass, denn er erkannte es.
Der Lehrertisch war zu weit von Potters Sitzplatz entfernt, doch hatte Severus gerade die ultimative Bestätigung seiner schlimmsten Befürchtung erhalten: Potter war seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten.

Er vermied es an diesem Abend, noch ein weiteres Mal zu ihm herüberzusehen.

~*~

Da saß er, schon wieder neben Weasley, zwischen den anderen Gryffindors in seinem Klassenzimmer im Kerker.
In der Tat war Potter für sein Alter erstaunlich klein und dürr und ähnelte so gar nicht der Statur, die Severus von dessen elfjährigem Vater in Erinnerung geblieben war.
Allerdings tat das der Ähnlichkeit zu Seiner Hoheit auch nicht wirklich einen Abbruch, wie er mit gemischten Gefühlen feststellen musste.

Es war Freitag, und die Erstklässler von Gryffindor und Slytherin hatten die erste Stunde Zaubertränke ihres Lebens.
Wie immer hielt Severus vor seiner neuen Klasse eine kleine, aber doch recht eindrucksvolle Rede über die Kunst des Zaubertrankbrauens, die dafür sorgte, dass er die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Anwesenden besaß.

Ja, seit nun mehr zehn Jahren besaß Severus einen gewissen Einfluss.
Wenngleich ihm auch eine völlig andere Art von Hochachtung entgegengebracht wurde, wie sie damals Potter und seine Untergebenen genossen hatten - aber wer brauchte schon Bewunderung und Ansehen, wenn man sich auch so Respekt verschaffen konnte?
Ruhm musste gepflegt und poliert werden, um erhalten zu bleiben, und von derartiger Selbstgefälligkeit verstand Severus nicht viel.

Er verlas die Namensliste.
Es reizte ihn, Potter mit dem zu konfrontieren, was sein Vater so ungerechtfertigt zur Schau getragen hatte.
Nun, eigentlich war Severus entschlossen gewesen, Potter nach allen Kräften zu ignorieren, doch ließ er es sich nicht nehmen, den Jungen jetzt schon in seine Schranken zu weisen, bevor die verhassten Gene in dessen Verhalten die Überhand nehmen konnten.
Hatte er nicht geschworen, den Jungen, um Lilys Andenken zu wahren, zu beschützen? Dann war dies nur der erste Schritt in die richtige Richtung - er würde ihn beschützen, und zwar vor seiner selbst, bewahrte ihn vor einer Zukunft voller Überheblichkeit und Arroganz ...
Er konnte ihn auf die Probe stellen.

„… unsere neue Berühmtheit.“

Es war das erste Mal, dass er Potter näher als bis auf zehn Schritte gekommen war, und obwohl im Klassenzimmer wie üblich nur gedämpftes Licht herrschte, bemerkte Severus doch den, auf seine boshafte Bemerkung hin, verdutzten Blick aus überraschend hellen, mandelförmigen Augen.

James Potter hatte nicht solche Augen gehabt.

Etwas in seinem Inneren zog sich plötzlich schmerzlich zusammen, als ihm bewusst wurde, was er bis zu diesem Zeitpunkt erfolgreich zu verdrängen versucht hatte:

Potter war nicht nur Potters Sohn.

Es gab wohl niemanden innerhalb und außerhalb der Schlossmauern, der äußerlich sichtbare Gefühlsregungen besser unter Kontrolle halten konnte als Severus Snape, so dass ihm seine neuen Schüler nur schwerlich einen Stimmungswandel anmerken konnten, als der die verbliebenen Namen auf seiner Liste vorlas.

Potter wirkte immer noch äußerst unbehaglich, doch glaubte Severus plötzlich noch mehr von Lily in seinem verwirrten Gesicht zu entdecken - viel mehr.
Er trat unauffällig ein paar Schritte näher an den Jungen heran, um einen besseren Blick auf ihn zu haben.

Waren seine Augen tatsächlich grün?
Zumindest hatten sie diese unverkennbare Form, da war er sich jetzt ziemlich sicher.
Auch die Nase - an Potters Nase würde er sich noch ein Leben lang erinnern, so hoch erhoben, wie er sie immer getragen hatte, und das hier war eindeutig nicht die Nase des Vaters.
Dann dieser Gesichtsausdruck …
Nie hätte Severus geahnt, dass es nicht die verblüffende Ähnlichkeit zu seinem Peiniger war, die ihm am meisten zu schaffen machte.
Aber derartige Gefühle konnte er sich nicht leisten, durfte er gar nicht erst zulassen …
Es gab nur eine einzige Möglichkeit, diese unsinnigen Gedanken, die ihn nun seit der Einführungsfeier plagten, ein Ende zu bereiten, nur eine Möglichkeit, zu überprüfen, wie viel von Lily Evans tatsächlich noch mit diesem Jungen am Leben war …

„Potter!“
Der Junge zuckte kaum merklich zusammen.
Hatte er etwa jetzt schon Respekt vor ihm?
Wenn nicht, dann würde er den schon noch früh genug lernen …

„Was bekomme ich, wenn ich einem Wermutaufguss geriebene Affodillwurzel hinzufüge?“

Das Gesicht des Jungen schien aus einem einzigen Fragezeichen zu bestehen. Der hilfesuchende Blick in Weasleys Richtung entging Severus nicht, doch erinnerte er ihn in diesem Moment viel zu sehr an den Austausch gewisser „Rumtreiber“, als dass er es nach dieser ersten Herausforderung dabei bewenden lassen konnte.
Selbstverständlich musste ein Potter, Berühmtheit hin oder her, schon nach nicht einmal einer Woche in einer neuen Umgebung einen Busenfreund gefunden haben, selbstverständlich hatte es ein Potter nicht nötig, Talent in Zaubertränke - geschweige denn ein gewisses Grundwissen - besitzen zu müssen, und auf gar keinen Fall hatte dieser Bengel etwas mit Lily Evans gemein, die zu ihrer Zeit die einzige gewesen war, deren Fähigkeiten in diesem Fach den seinen auch nur annähernd ebenbürtig waren!

„Ich weiß nicht, Sir“, sagte Harry schließlich und Severus gönnte sich den Triumph eines hämischen Lächelns.

„Tjaja - Ruhm ist eben nicht alles.“
Den Blick immer noch fest auf das ihm so verhasste Gesicht gerichtet, dessen lilyhafte Züge mit jeder verstreichenden Sekunde mehr zu verblassen schienen, übersah er das übereifrige Gryffindormädchen, dem die Antwort auf seine Frage offensichtlich so sehr auf der Zunge brennen musste, dass es kaum mehr still sitzen konnte.

Auf einmal überkam Severus beinahe so etwas wie Bedauern.
Sollte Potter tatsächlich nicht mehr als die - hübschen - Augen seiner Mutter von ihr geerbt haben?
Ihre herausragenden Fähigkeiten besaß er jedenfalls nicht.
Was für eine Verschwendung!
Etwas zu verderben lag einem Potter wohl einfach im Blut.

„Versuchen wir's noch mal, Potter. Wo würdest du suchen, wenn du mir einen Bezoar beschaffen müsstest?“

Eine Frage, die Lily Evans wohl im Schlaf hätte beantworten können - ebenso wie diese unaussprechliche Nervensäge, Granger war ihr Name, deren Arm vor lauter Anspannung zitterte, als sie ihn so weit wie möglich gen Kerkerdecke reckte.
Nein, diese Befriedigung, mit ihrem Wissen prahlen zu dürfen, würde er ihr bestimmt nicht verschaffen.
Noch war Potter sein Opfer.
Dieser schien übrigens genauso ahnungslos wie zuvor, und Severus bemerkte, wie dessen Blick automatisch zu den Tischen huschte, an denen die Slytherins saßen, und tatsächlich amüsierten sich Lucius` Sohn und dessen Freunde gerade köstlich über die Dummheit Potters.
Diesmal unterdrückte Severus den Drang zu lächeln; es schien, als habe Potter bereits jetzt einen Gegner gefunden, der ein wenig dafür sorgte, dass er auf dem Teppich blieb.
Gut so - das konnte er nur unterstützen!

„Ich weiß es nicht, Sir.“
„Dachtest sicher, es wäre nicht nötig, ein Buch aufzuschlagen, bevor du herkommst, nicht wahr, Potter?“

Der trotzige Blick, der ihn plötzlich aus den hellgrünen Tiefen heraus traf, hätte ihn beinahe zurückschrecken lassen - wäre er nicht Severus Snape gewesen, der sich von nichts und niemandem so leicht beeindrucken ließ. Erst recht nicht von einem dummen, aufgeblasenen, kleinen Erstklässler aus Gryffindor.
Wie konnte es aber sein, dass ihn ein absolut pottertypischer Blick aus ihren Augen entgegen funkelte?
Wie ließ sich Perfektion nur dermaßen verunreinigen?
Nein, ermahnte er sich selbst, es gibt keine Perfektion, keine Vollkommenheit -

„Was ist der Unterschied zwischen Einsenhut und Wolfswurz, Potter?“
Ein letzter, verzweifelter Versuch, eine letzte Prüfung …

Granger drängte sich in sein Blickfeld, den Arm immer noch so weit wie möglich in die Höhe gereckt, war sie nun von ihrem Platz aufgestanden, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Etwas Vergleichbares war ihm nicht einmal zu seiner eigenen Schulzeit untergekommen.

„Ich weiß nicht“, sagte Harry leise. „Aber ich glaube, Hermine weiß es, also warum nehmen Sie nicht mal Hermine dran?“

Bis zum Ende der Stunde hatte er Potter zwei Punkte abgezogen - einen dafür, dass er seiner Mutter zu sehr, aber dennoch nicht genug ähnelte, und einen dafür, dass er nicht sein Vater war, und es Severus nicht gelang, den Jungen für all das leiden zu lassen, was James Potter ihm zu seinen Lebzeiten angetan hatte.

~*~

Noch immer am ganzen Leib zitternd krabbelte Severus unbeholfen von den erstarrten Zweigen der Peitschenden Weide weg.

Nur fort von hier, nur in Sicherheit …

Erneut spürte er einen eisernen Griff im Nacken, diesmal eindeutig den einer starken, vom Quidditch leicht rauen, schwieligen Hand.
War es vorhin nicht eine feuchte Schnauze gewesen, deren kräftige Zähne ihn am Kragen gepackt hatten?
War es vorhin nicht der heiße Atem eines großen Tieres gewesen, der seine Wange gestreift hatte?

Diesmal war es zweifellos ein Mensch, der ihn durch die Gegend schleifte, und leider Merlins war es der letzte Mensch auf Erden, von dem er sich wünschte, er würde es tun.

„Was, zum Teufel, hast du dir dabei gedacht, Schniefelus?“
James Potter atmete schwer, als er Severus mit dem Rücken gegen den Stamm einer nahen Buche drückte und sich zornfunkelnd über ihn beugte.

„Wie kannst du es wagen, uns zu folgen? Du hättest sterben können, du Idiot!“

„Nur zu deiner Information, Potter“, fauchte Severus nicht weniger wütend, und, durch den Anblick, der sich ihm am Ende des Tunnels geboten hatte, noch reichlich wackelig auf den Beinen, so dass es vielleicht ganz gut war, dass Potter ihn unbeabsichtigt stützte.
„Es war DEIN idiotischer Freund Black, der mir gesagt hat, ich solle euch heute Abend folgen. Es tut mir ja so Leid für dich, dass dir das Vergnügen, mich tot zu sehen, jetzt verwehrt bleibt -“

„Halt den Mund, Snape, HALT DEN MUND!“

Potter klang bedrohlich und er schien sich nur schwerlich unter Kontrolle halten zu können.
Severus befürchtete, dass er jeden Moment die Hand zum Schlag gegen ihn erheben könnte, und für den Bruchteil einer Sekunde schien Potter diese Maßnahme tatsächlich in Betracht zu ziehen.

Doch dann, ganz plötzlich, nahm sein Gesicht schlagartig einen seltsamen Ausdruck an.
Potter wirkte selbstgefälliger denn je.
„Ich habe dir das Leben gerettet, Schniefelus“, sagte Potter langsam und schien die Wirkung seiner Worte regelrecht zu genießen.
„Und du stehst dein Leben lang in meiner Schuld.“

~*~

Ein ähnlicher Gedanke war Severus Snape niemals in den Sinn gekommen, als er Potter bei dessen erstem Quidditchspiel das Leben rettete.
Er war lediglich an das Versprechen gebunden, das er Dumbledore gegeben hatte.
Dumbledore und Lily Evans.


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