Ganz ruhig", sagt Luna und streichelt den Thestral. Die Mutter des Fohlens ist wieder aufgetaucht. Mit wilden Augen und zitternden Flanken. Luna singt, murmelt, und lauscht.
"Luna?"
"Ich bin hier, Papa."
Xenophilius Loovegood stolpert auf die Lichtung. Die Stute vor ihr fährt zusammen und flieht erschreckt in den Wald.
Luna schürzt die Lippen. "Du machst ihnen Angst", sagt sie vorwurfsvoll.
Da versinkt sie auch schon in den Armen ihres Vaters, der sie an sich presst, als wolle er sie nicht mehr loslassen.
"Luna", flüstert er und immer wieder: "Luna." Ihr Vater weint.
"Ganz ruhig", sagt sie wieder und lächelt. "Ich bin da, Papa", sagt sie, wie sie es auch sagte, als ihre Mutter starb. Sie hält ihn fest und ist da. Sie ist immer für ihn da.
Nach einer verzweifelten Atempause stößt ihr Vater sie beinahe von sich. Er tritt einen Schritt zurück, packt sie hart an den Schultern und sieht ihr fest in die Augen. Luna blickt ruhig zurück, wach und offen.
"Ich habe mir Sorgen gemacht", schilt ihr Vater und sie kann die Sorge in seiner Stimme schmecken. Sie kann all seine Gefühle schmecken. Seine warme, honigsüße Liebe. Seinen heißen, Bratapfelseltenen Stolz. Seine kalte, bittere Trauer. Und die schwere, leicht gallige Sorge.
"Ich bin hier, Papa", sagt Luna mit einer Selbstverständlichkeit, die ihn lächeln lässt.
"Und ich bin froh, dass du hier bist, mein Hase", flüstert er, beugt sich vor und gibt seiner Tochter einen dicken Schmatzer auf die Stirn. Wie sie es gern hat. "Trotzdem solltest du nicht allein hier im Wald sein. Es ist gefährlich, Häschen", tadelt er. "Es sind immer noch …"
"Todesser hier", vervollständigt Luna seinen Satz.
"So ist es. Komm mit, wir gehen zurück in die Schule."
"Ich habe gegen die Todesser gekämpft. Mit meinen Freunden." Luna hakt sich bei ihm unter.
Xenophilius lächelt. "Ich weiß", wispert er und Luna hat Bratapfelduft in der Nase.
"Erzähl mir eine Geschichte", ruft sie plötzlich und hüpft ein bisschen mein Laufen. Nur ein kleines bisschen. Nur so hoch und so weit, dass ihr Vater ganz bei ihr ist, mit ihr lacht. Ganz bei ihr ist und keinen Blick zur Seite verschwendet auf die kauernde Gestalt, auf die gelben Augen, die aus dem dämmergrünen Dickicht hervorleuchten und jeden Schritt, jede Bewegung genau verfolgen.
"Was denn für eine Geschichte?", fragt ihr Vater lachend.
"Ich weiß nicht. Irgendeine. Aber eine schöne Geschichte." Plötzlich bleibt sie stehen, beugt sich verschwörerisch zu ihrem Vater und sagt laut, ganz laut: "Denn Geschichten können leben retten! Oh ja, das können sie."
Im Dickicht bleckt Fenrir Greyback die Zähne. Erschrocken stellt er fest, dass er lächelt. Über dieses kleine, unerschrockene und vorwitzige Mädchen lächelt.
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