von Siry
Lily konnte sich an den Rest des gestrigen Abends nur noch als ein Wirrwarr von Farben und Formen erinnern. Nachdem sie Potter mit dieser Penny gesehen hatte, hatte sie den Rest des Abends mit Peter getanzt. Sie konnte sich dunkel daran erinnern, dass sie einmal wieder überrascht war, wie galant und höflich er war. Nicht so gut konnte sich Lily daran erinnern, wie sie so betrunken geworden war.
Sie warf einen Blick in die Runde ihrer Freundinnen, die alle mehr oder weniger lustlos in ihrem Frühstück herumstocherten. Marlene war schon früh am Abend mit irgendeinem Typen verschwunden. Es stellte sich jedoch heraus, dass er Marlene nur benutzen wollte um seine Ex-Freundin eifersüchtig zu machen. Als diese verstanden hatte, dass sie doch zu ihm zurück wollte, war Marlene nicht mehr interessant und sie besiegte, genau wie Lily, ihren Frust mit Tanzwut, allerdings offensichtlich mit deutlich weniger Alkohol. Alice hatte den ganzen Abend nichts gezahlt, weil Franks Kollegen ihr alles ausgegeben hatten, damit sie ihnen ihre Freundinnen vorstellte und Dorcas hatte den ganzen Abend mit Sirius an der Bar verbracht. Ihrem Gesicht nach zu urteilen, hatten sie und Sirius sich gestern nicht nur abgeschossen, sondern eher ins Abseits katapultiert.
„Guten Morgen ihr Vier!“, Mrs Greenocks gut gelaunter Gruß jagte Lily einen stechenden Schmerz durch den Kopf und den anderen dreien schien es nicht anders zu gehen.
„Oje“, lachte Alice‘ Mutter, als sie in die Runde sah. „Bei euch war‘s ein bisschen lang gestern, hm? Eure Briefe sind übrigens gekommen.“ Sie reichte jeder ihren Brief.
„Woher weiß Dumbledore denn schon wieder, dass wir bei dir sind?“ Marlenes Stimme war leise und irgendwie langsamer als sonst.
„Big Brother is watching you, hm?“, murmelte Lily, ihren Mund voll Müsli.
„Wer ist Big Brother?”, fragte Alice verwirrt.
„Nie was von George Orwell gehört?“, entgegnete Lily und zog unweigerlich die Augenbrauen nach oben, als Alice zu kichern begann.
„Orwell! Echt Lily so ein dummer Name. Du bist ja immer noch betrunken!“ Alice kriegte sich gar nicht mehr ein.
„Wer ist hier immer noch betrunken?“, murmelte Lily in ihre Müslischale. Sie nahm ihren Brief zur Hand. Er kam ihr irgendwie dicker und schwerer vor als sonst. Das konnte allerdings auch daran liegen, dass ihr heute alles schwerer erschien als sonst. Sie besah sich den Umschlag, während sie sich noch einen Löffel Müsli in den Mund schob, ließ sie einen Finger über das wächserne Siegel gleiten. Das war ihr letzter Brief aus Hogwarts. Sie konnte sich noch genau an ihren ersten Brief erinnern und daran wie sehnsüchtig sie darauf gewartet hatte. Es war der Beweis gewesen, dass Petunia im Unrecht war, dass Severus sie nicht angelogen hatte. Er hatte ihr damals auf dem Siegel das Wappen von Hogwarts erklärt und ihr erzählt welches Tier für welches Haus steht. Die Schlange hatte er gesagt wäre das beste Tier, weil sie für das beste Haus stehe. Lily hatte damals schon den Löwen am besten gefunden, weil er irgendwie freundlicher aussah, aber das hatte sie für sich behalten, um Severus nicht zu enttäuschen.
„Oh nein, Dorcas!“ Marlenes Stimme riss Lily aus ihren Gedanken und als hätte sie etwas Verbotenes getan nahm sie schnell den Finger vom Siegel ihres Briefes. „Du bist ja wieder nicht Quidditchkapitän geworden!“ Marlene hatte Dorcas Brief auf den Kopf gestellt und geschüttelt.
„Natürlich nicht!“, Dorcas schien etwas verwirrt.
„Dann ist es wieder Potter geworden!“, beschwerte sich Marlene vollkommen ungerührt ob Dorcas‘ Einwand. „Warum nehmen sie denn nicht dich?“
„Warum sollten sie denn?“, fragte Dorcas ein bisschen argwöhnisch.
„Immerhin bist du jetzt bei den Harpies!“, sagte Alice. Dorcas lachte auf, doch als sie die erwartungsvollen Blicke ihrer Freundinnen sah, biss sie sich kurz auf die Lippen.
„Das ist nicht euer Ernst, oder?“, sie sah in die Runde. „Ach kommt schon! Ihr müsst doch wenigstens so viel von Quidditch verstehen, dass ihr seht, dass James um Längen besser ist als ich.“
„Du bist zu bescheiden!“, schnitt Alice ihr das Wort ab. „Das ist dein Problem“
„Es gibt kein Problem!“, Dorcas rollte mit den Augen. „Er ist der Beste. Man kann James Potter einiges vorwerfen“ Dorcas warf Lily einen kurzen Blick zu. „Aber er ist ein hervorragender Kapitän. Er ist das Beste was dem Gryffindorteam passieren konnte. Ohne ihn wäre ich nie so gut, wie ich jetzt bin. Die wirklich anspruchsvollen Sachen habe ich von James. Wie gesagt: Er ist der Beste!“ Dorcas beendete ihre kleine Rede in einem Tonfall, der ihren Freundinnen bedeutete, dass sie es nicht für nötig hielt, weiter über dieses Thema zu sprechen.
„Wie könnt ihr nur alle so aktiv sein?“, murmelte Lily kopfschüttelnd und riss ihren Brief auf. Sie zog die vielen Pergamentschichten heraus und überflog kurz ihre neue Bücherliste. Dann nahm sie den Brief zu Hand und überflog diesen ebenfalls. Sie stellte fest, dass einige Sicherheitshinweise hinzu gekommen waren. Doch dann blieb ihr Blick an einem Absatz hängen.
Außerdem freuen wir uns ihnen mitteilen zu dürfen, dass sie in diesem Jahr das Amt der Schulsprecherin bekleiden werden. Weitere Angaben zu ihren diesjährigen Aufgaben und eine Liste mit allen Passwörtern, werden sie im Vertrauensschülerabteil finden, daher möchten wir sie bitten, sich bereits eine viertel Stunde vor Abfahrt des Zuges dort einzufinden.
Lily klappte die Kinnlade nach unten. Sie saß da und starrte den Brief an. Sie konnte nichts anderes tun.
„Du bist Schulsprecherin!“, rief Alice, nachdem sie Lily den Brief aus der Hand genommen hatte. Marlene stellte Lilys Briefumschlag auf den Kopf und ein Abzeichen rutschte heraus. Es sah beinahe aus wie Lilys Vertrauensschülerabzeichen. Auf dem rot und goldenen Gryffindorwappen prangte ein geschwungenes ‚S‘. Darunter stand klein ‚Lily Evans‘.
„Na das war ja klar!“, stellte Alice fest.
„War es das?“, fragte Lily tonlos, als sie endlich ihre Sprache wieder gefunden hatte.
„So, meine Lieben, ich muss in die Arbeit. Lasst es euch gut gehen!“, rief Mrs Greenock, die von dem Ganzen nichts mitbekommen hatte, aus dem Wohnzimmer und warf eine Hand voll Flohpuder in den Kamin.
„Es ist doch Samstag.“, protestierte Alice, doch ihre Mutter war schon weg. Im Laufe der nächsten zwei Tassen Kaffee (oder Marlenes Fall Tee) erwachten ihre Lebensgeister wieder.
„Also ich muss heute zu diesem Termin ins Ministerium“, sagte Marlene auf Dorcas Frage, was sie heute anstellen würden. „Ihr wisst schon, wegen der Sicherheitseinstufung für unser Haus.“
Marlenes Vater war ein großes Tier im Ministerium und dort hatte man riesige Angst, dass er oder ein anderer Teil seiner Familie ein Ziel für die Todesser werden konnten.
„Also ich würde gerne zu diesem Auroren-Trainee-Programm gehen.“, sagte Alice entschuldigend und sah dabei zu Lily.
„Äh, ja, kein Ding. Mach das!“ Lily winkte ab. „Ich muss in die Winkelgasse, wenn ihr mir Gold gebt, dann kann ich euch eure Schulsachen mitbringen.“
„Uhh, das trifft sich gut!“, sagte Dorcas. „Ich habe heute nämlich trainingsfrei. Dann können wir das zusammen erledigen.“ Lily war froh, dass sie nicht alleine gehen musste und insgeheim auch ein bisschen, weil nur Dorcas mitkam.
„Lily, Mäuschen“ Alice legte ihr die Hand auf den Unterarm, um sie aufzuhalten, während die anderen Beiden sich auf den Weg nach oben machten um sich anzuziehen. Lily drehte sich langsam zu ihr. ‚Lily, Mäuschen‘ hatte eigentlich nie etwas Gutes zu bedeuten.
„Sag mir was los ist!“, forderte Alice sanft.
„Was soll los sein?“ Lily beschloss, dass es das Einfachste war sich dumm zu stellen. „Ich habe den Kater meines Lebens. Das ist alles!“ Lily steuert ebenfalls auf die Treppe zu, doch diesmal hielt Alice sie fest.
„Lüg mich nicht an, Lily!“ Alice konnte nicht umhin zu grinsen. „Du weißt so gut wie ich, dass ich dich durchschaue!“ Auch Lily konnte ein kleines Lächeln nicht unterdrücken.
„Ich weiß trotzdem nicht, was du meinst.“ Lily blieb hartnäckig, solange sie noch konnte.
„Ach komm schon, Lil, das gestern warst doch nicht du!“ Alice ließ ihren Unterarm wieder los. „Lily Evans betrinkt sich nicht so plötzlich und hemmungslos!“ Als Antwort musterte Lily nur ihre Fingernägel.
„Sag mir was los ist, dann geht’s dir besser.“ Alices Stimme war wieder sanft. Lily machte eine unbestimmte Geste.
„Wenn ich das so genau wüsste!“ Lily schüttelte den Kopf nur um festzustellen, dass das absolut keine gute Idee war.
„Gut!“, gab Alice zurück als sie gemeinsam die Treppe hochstiegen. „Was hat Black angestellt?“
„Wie bitte?“ Lily blinzelte ihre Freundin verwirrt an.
„Na du hast mit ihm getanzt, dann bist du verschwunden und danach hast du Feuerwhisky getrunken wie Wasser.“, stellte Alice fest als sie gemeinsam ihr Zimmer betraten. Marlene und Dorcas sahen auf.
Lily bewegte ihre Hände etwas unkoordiniert und ließ sich auf Alices‘ Bett fallen.
„Sirius hat mit der ganzen Sache nichts zu tun.“ Lily sah ihre Freundinnen der Reihe nach an. „Eigentlich war es nur Potter, der mich so aus der Bahn geworfen hat.“ Sie musterte wieder ihre Fingernägel.
„Aber wenn ich genauer darüber nachdenke, hat Black doch etwas damit zu tun.“ Zornesröte stieg ihr ins Gesicht, als sie sich mehr Gedanken darüber machte.
Sie erzählte ihren Freundinnen, was am gestrigen Abend passiert war und sogar dass sie ernsthaft in Erwägung gezogen hatte, Potter eine Chance zu geben.
„Naja und dass ich nicht alle meine Prinzipien über den Haufen werfe, dachte ich mir, ich sage nicht ‚ja‘, wenn er mich fragt, sondern ich frage ihn einfach selbst. Dann bin ich ihn suchen gegangen, deshalb war ich so lange weg.“ Sie beobachtete die Reaktionen ihrer Freundinnen. Alice hatte die Augen zusammen gekniffen, Dorcas sah verwirrt aus und Marlene strahlt über das ganze Gesicht.
„Was ist dann passiert?“, fragte Alice misstrauisch.
„Na James hat ‚ja‘ gesagt, natürlich“, strahlte Marlene.
„Dann hätte sich Lily wohl nicht dermaßen die Kante gegeben, oder?“, stellte Dorcas fest, was ein leises „oh“ von Marlene zur Folge hatte.
Lily schilderte den Anblick, der sich ihr geboten hatte, als sie aus der Damentoilette getreten war und dabei wurde ihr wieder speiübel.
„Und dabei war es nicht mehr, als ich hätte erwarten müssen und ich kann mir nicht erklären warum es mich so mitgenommen hat.“ Wieder musterte sie ihre Freundinnen. Alle drei sahen gebührlich schockiert und entsetzt drein.
„Aber wahrscheinlich dachte ich, dass sich nach seinem Besuch und dem was mir Black alles gesagt hat irgendwas verändert hätte. Aber dem ist wohl nicht so.“
Alice war die Erste die Lily in ihre Arme schloss, doch auch Marlene und Dorcas folgten kurz darauf.
„Wer braucht schon einen Mann, wenn er auch Freundinnen wie euch haben kann!“, stellte Lily fest, was Alice und Marlene zum losprusten brachte und so lagen die vier noch eine Weile auf Alices Bett und Lachten sich trotz oder gerade wegen ihrer Katerstimmung die Lunge aus dem Leib.
_______________
A/N: Vielen Dank für die Kommentare.
@Mrs.Black: Ja, James wird sich auch noch weiter so zum Deppen machen. Zu eurer Unterhaltung hoffe ich :D
@ginnygirl_95: Vielen Dank! Ich hoffe du bleibst auch weiter mit dabei ;)
Ich hoffe, dass auch allen anderen das Kapitel gefallen hat, auch wenn nicht so viel passiert ist. Die Gliederung für das Nächste steht schon. Mit ein bisschen Glück kriege ich es jetzt am Semesteranfang noch schnell fertig.
Bitte lasst mir als Motivation etwas Lob, Anregungen und Kritik da! Ich freu mich drauf.
Liebe Grüße
Siry
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel
