von GringottsGoblin
Der Freitag verging, ohne dass Harry Snape gesehen hätte. Da es noch keinen Ersatzlehrer für Professor Binns gab, bestand der Schultag nur aus zwei Stunden Verwandlung und Verzauberung. Den Präsenzdetektor hatte Harry nun immer in seiner Hosentasche. Wer weiß, ob nicht auch Snape durch das Zwielicht schlich. Am Samstagmorgen machte Harry sich unwillig zu seiner Strafarbeit bei Snape auf. Falls Snape überhaupt kam. Zur Sicherheit versteckte Harry ein paar aus den Glashäusern geklaute Knoblauchknollen hinter einer Statue vor Snapes Büro, tief in den Dungeons, bevor er klopfte. „Herein.“, hörte er die verhasste Stimme sofort antworten. Harry betrat den dunklen Raum. Hinter ihm fiel die Tür zu. Kisten voller Papier standen vor Snapes Schreibtisch, die Harry vom letzten Jahr nur allzu gut kannte. Nur zwei Kerzen, die auf Schädeln standen, erleuchteten den Raum. Snape war kaum hinter seinem Schreibtisch zu erkennen. „Wie du dich vielleicht erinnerst, hast du einen Teil dessen, was vor dir steht, im letzten Jahr sortiert.“, sagte Snape kalt. Harrys Hand umklammerte den Eichenpflock in seiner Hosentasche. Zur Sicherheit hatte er sich den gestern geschnitzt. Doch er rechnete sich geringe Chancen aus, wenn er Snape jetzt damit ansprang. Anscheinend wartete Snape auf eine Antwort, doch als diese ausblieb, sprach er weiter. „Heute wirst du die alten Berichte über Regelverstöße abschreiben. Bis Sonnenuntergang wirst du daran arbeiten. Was du heute nicht schaffst, das wirst du bei weiteren Strafarbeiten, die du dir zweifellos noch einhandeln wirst, beenden. Fang an.“ Ein Stift schwebte zu Harry rüber und ein Stapel weißen Papiers lag vor seinen Füßen. Harry kniete sich auf den Boden, nahm sich den ersten Bericht und fing an, ihn abzuschreiben. Kaum hatte er eine halbe Seite geschafft, schmerzten ihm schon die Augen, da er in der Dunkelheit kaum etwas erkennen konnte. Dann versuchte etwas, in seinen Kopf einzubrechen. Im letzten Moment konnte Harry seinen Zauberstab greifen und „Reflecto !“ rufen. Dann sah er in Snapes Erinnerungen. Snape war schon so oft in Harrys Kopf eingebrochen, dass Harry inzwischen wusste, wie es sich anfühlte. Es war Nacht in Snapes Erinnerung. Harry sah durch seine Augen, doch der Blick war nicht klar, so als war Snape betrunken. Er taumelte durch eine Gasse, die Harry bald als Gasse von Hogsmeade erkannte. Ein Stück weiter die Straße runter sprang jemand vom Dach eines Hauses. Mit einem weiteren Satz, mit dem er gut fünfzig Meter überwand, war er genau vor Snape und riss ihn an den Haaren zu Boden. Snape sah in ein bleiches Gesicht über seinem. Lange weiße Haare hingen ins Snapes Gesicht hinab. Spielend drückte die Gestalt Snape eine Hand gegen den Hals und Snape hatte keine Chance, sich aus dem eisernen Griff zu wehren. Der Fremde öffnete seinen Mund und entblößte zwei lange, spitze Eckzähne. Harry sah wieder durch seine eigenen Augen. Snape stand vor ihm und grinste. Das Kerzenlicht fing sich in seinen Vampirzähnen. „Wenigstens etwas hast du gelernt.“, sagte Snape. „Und jetzt gib mir den Pflock.“ Harry erschrak. War Snape doch in seinen Kopf eingebrochen und hatte ihm dabei nur gezeigt, was er zeigen wollte ? Harry händigte den Pflock aus und setzte sein Arbeit fort. Wenigstens versuchte Snape nicht, in zu beißen. Mit jedem weiteren abgeschriebenen Wort wuchs sein Hass auf den Herrn der Tränke.
Etwas nervös klopfte Ron an die Bürotür von Professor McGonagall um seine Strafarbeit anzutreten. „Ja, bitte.“, hörte er sie von drinnen. Ron trat ein und ihn traf der Schlag. McGonagall stand vor ihm, in Lack und Leder, mit den höchsten Hackenstiefeln, die Ron bisher gesehen hatte. Um Hals und Handgelenke trug sie Nietenarmbänder, die Augen hatte sie schwarz untermalt und die schwarzen Haare zu einer Kurzhaarfrisur geändert. „Jetzt ist Schluss mit lustig.“, sagte Professor McGonagall streng und knallte mit der Peitsche in ihrer Hand. „Auf die Knie.“ Ron suchte verzweifelt ein Thema, das ihm ein wenig Aufschub gewähren konnte. Zu gern hätte er jetzt mit Harry getauscht. Auf einem Tisch sah er eine große, bauchige Flasche mit einem schlanken Hals darauf. Bis zum Flaschenhals war sie mit Wasser gefüllt. Dobby schwamm darin und versuchte, seinen Mund soweit den Flaschenhals zu drücken, dass er atmen konnte. Er hatte nicht viel Erfolg dabei. „Äh, was ist das denn ?“, fragte Ron. Wenn er das Hermione erzählte, würde sie alles versuchen, um McGonagall bis zu ihrem Lebensende nach Azkaban zu schicken. „Das ist Dobby. Der will das so.“, sagte McGonagall. „Und das ist dafür, dass du ohne meine Erlaubnis gesprochen hast.“ Ein Peitschenhieb traf Ron.
Als Harry das Büro in den Dungeons verlassen hatte und am Abend durch die Große Halle ging, stellte er fest, dass sein Gefühl ihn nicht getäuscht hatte. Sonnenuntergang war längst vorbei und der Mond schien in die Halle. Harry konnte kaum noch etwas erkennen und er konnte sich gut vorstellen, dass seine Augen gleich zu Bluten anfangen würden. Wahrscheinlich hatte Snape die Papiere mit einem Augen-Schmerz-Zauber belegt. Mit etwas Mühe kam er bis in seinen Schlafraum. Dean und Seamus schliefen schon friedlich. Ron hatte die Vorhänge um sein Bett zugezogen, wie er es tat, seitdem er wusste, dass Seamus schwul war. Ron schien schlecht zu träumen, denn er sprach fortwährend „Nein, bitte nicht ! Aufhören !“ Es tröstete Harry etwas, dass er nicht der einzige war, der Strafarbeit erdulden musste.
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