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Fanfiction

Im Schatten eines großen Namen - Caradoc Dearborn

von Gwendolyn D.

August 1979

„Deine Karte!“ Ungeduldig hielt die junge Frau die Hand hin.
Gwendolyn runzelte die Stirn und zog einen dieser bunten Papierscheine aus der Tasche und hielt ihn der Frau hin.
„Wir dürfen kein Bargeld nehmen! Deine Karte, bitte!“
Es war der Tonfall, der Gwendolyn so provozierte. Sie war ein Muggel, sie hatte keine Ahnung, mit wem sie sprach, doch diesen Umgangston war Gwendolyn nicht gewohnt. Ihre Hand zuckte zu der Tasche, in der sie ihren Zauberstab verstaut hatte, doch jemand kam ihr zuvor. „Das geht auf mich!“ Der Mann hatte sich unbemerkt von hinten an sie herangepirscht, lehnte nun mit seinem linken Ellenbogen auf dem Tresen und hielt der jungen Bedienung ein Exemplar der Karte hin, die Gwendolyn am Eingang erhalten hatte.
Sichtlich erleichtert nahm das Mädchen ein Gerät, das am Gürtel an ihrer Hüfte hing, lochte die Karte und gab sie dem Fremden zügig zurück, um sich nun um die mittlerweile entstandene Schlange von Durstigen zu kümmern.
Gwens Blick fiel auf den Sponsor, dessen Gesicht nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt war. Er lächelte charmant.
„Danke“, sagte Gwen in einem Ton, der eindeutig ihr Desinteresse an ihm ausdrückte, doch sie hatte nicht mit seiner Hartnäckigkeit gerechnet.
Als sie ihr Glas nahm und sich mit dem Rücken an die Theke lehnte, verfolgte sein Blick jede Bewegung von ihr, um anschließend wieder ihren Blick zu suchen.
„Es ist schön zu sehen, dass es noch junge Menschen gibt, die an einem solchen Abend Wasser trinken können.“ Er lächelte.
Es hatte etwas Trauriges an sich, doch Gwendolyn bemerkte es zunächst nicht. Ihre Aufmerksamkeit galt der Menschenmenge hier drin. Hier irgendwo musste er sein. Irgendwo zwischen den unzähligen, schwarzen Körpern, von denen sich die meisten lethargisch zu der kantigen Rhythmik und den elektrischen Klängen bewegten. Doch nach wenigen Sekunden bemerkte sie, dass er eine Antwort erwartete.
„Ich trinke selten Alkohol. Ich bin lieber selbst Herr meiner Sinne!“ Es war ein endgültiger Satz, der signalisierte, dass für sie das Gespräch nun beendet war, doch ihr Gegenüber ließ sich nicht so leicht abspeisen.
„Ja, das scheint allmählich der neue Trend zu werden. Die bunten Flower-Power Zeiten werden nun definitiv zur Neige zu gehen. Diese neue Bewegung ist um einiges ernster, die unbefangene Ära ist nun vorbei.“ Er lachte bitter und erregte damit Gwendolyns Aufmerksamkeit.
Erst jetzt fiel ihr auf, dass er ganz anders war als der Rest der Besucher. Er war keiner dieser kuriosen, schwarz gekleideten Gestalten mit hohen Frisuren oder teilrasierten Schädeln. Er sah eigentlich ziemlich normal aus. Zu normal für eine Veranstaltung dieser Art wohl, doch vor allem viel zu alt. Er war locker dreißig Jahre älter als das Durchnittsalter in dieser Diskothek.
Ihren kritischen Blick schien er als Frage zu betrachten, denn er antwortete prompt: „Entschuldige, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Caradoc ist mein Name - ich weiß, ziemlich speziell, hab` keine Ahnung, was sich meine Eltern dabei gedacht haben.“ Er zwinkerte und hielt Gwendolyn die Hand hin.
Ihr Herz klopfte drei Mal feste gegen ihren Brustkorb. Sollte es so einfach sein? Doch offensichtlich war es das, denn den Mann, den sie suchen wollte, hatte sie bereits gefunden. Gwendolyn ließ sich davon jedoch nichts anmerken.
„Und wie ist dein Name?“ Er ließ ein wenig betrübt die Hand sinken und griff unauffällig nach seinem eigenen Getränk.
„Julien.“ Es war der erste Name gewesen, der ihr eingefallen war.
Caradoc grinste siegessicher und prostete ihr zu.
„Ein schöner Name, für eine schöne Frau!“ Wieder dieses aufdringliche Augenzwinkern.
Gwendolyn erwiderte den Prosit mit einem künstlichen Lächeln, das ihr Gegenüber zur weiteren Konversation ermutigen sollte, doch das wäre gar nicht nötig gewesen.
„Wie kommt es“, fuhr er nach einem Schluck aus seinem Glas fort, „dass so eine junge, hübsche Frau ganz alleine ausgeht?“
Gwendolyn zog eine Braue nach oben, während sie antwortete: „Wer sagt, dass ich alleine hier bin?“
„Zumindest habe ich noch keine Begleitung ausmachen können, seit du hier bist. Bist mir gleich aufgefallen.“ Seine Augen huschten von ihrem Dekolleté auf ihr goldblondes Haar, welches sie in dieser Lokation eher zum Exot machte. Sie schlug gespielt die Augen nieder und nippte kurz an ihrem Glas.
„Meine Freundin hat mich mal wieder versetzt und da habe ich kurzer Hand beschlossen, trotzdem zu gehen. Wer weiß, was der Abend noch bringt …“
„Ja“, sagte Caradoc mit Nachdruck. „Wer weiß, was der Abend noch bringt.“
Gwendolyn lächelte zufrieden. Das schien viel einfacher zu werden, als sie es sich ausgemalt hatte. Sie begaben sich nach wenigen Minuten in eine der dunkleren Ecken und fanden tatsächlich noch zwei Plätze an einem der niedrigen Tische, die lediglich mit einem Grablicht erhellt wurden. Caradoc schien nicht einmal an ihrem wachsenden Interesse zu zweifeln. Anfangs sprachen sie über einige belanglose Dinge, währenddessen Gwendolyn die Möglichkeit hatte, ihr anfangs abweisendes Verhalten in Bewunderung zu wandeln.
Erst nachdem er das zweite Mal Getränke für sie holen war, schwiegen sie einige Minuten und lauschten der Musik. Gwendolyn hing ihren Gedanken nach und grübelte bereits nach dem besten Moment, an dem sie ihn überwältigen konnte. Sie würde versuchen müssen, ihn zu überraschen, denn Caradoc Dearborn war, wie sie wusste, ein fähiger Magier. Wie sonst war es ihm gelungen, den Todessern zweimal zu entkommen? Wie konnte er sich sonst so lange vor dem Dunklen Lord verbergen?
Es war wichtig für sie, auf den richtigen Augenblick zu warten. Er würde über Sieg und Niederlage entscheiden.
„Wie kommt es eigentlich, dass du ausgerechnet hierher gefunden hast, Julien?“, fragte Caradoc und riss Gwendolyn aus ihren Gedanken.
Sie wandte den Blick von einer grotesk toupierten Frisur eines vorbeigehenden Besuchers ab und lächelte ihn einladend an.
„Zufall“, antwortete sie und zuckte mit den Schultern.
„Zufall?“
Sie nickte bekräftigend.
„Du glaubst nicht an Schicksal?“
Ein höhnisches Lächeln verdrängte für Sekunden die Rolle, die sie spielte.
„Nein“, sagte sie schließlich. „Ich glaube nicht an Schicksal. Ich glaube daran, dass ich frei genug bin, über meine Wege selbst zu entscheiden.“
„Tatsächlich?“
Es war nicht der Ton, der Gwen verunsicherte, sondern sein abschätzender Blick. Ein Blick, der ihr Herz beinahe zum Stillstand brachte.
„Du meinst, hier in Europa kann man noch frei leben?“ Dearborn lächelte und Gwendolyn entspannte sich wieder.
„Im gewissen Maße.“
Ihr Gegenüber schnaubte fast verächtlich.
„Im gewissen Maße“, wiederholte er stirnrunzelnd. „Weißt du, was ich denke? Ich denke, Freiheit ist eines der Rechte, die uns am besten vorgegaukelt werden. Denn wenn es hart auf hart kommt, sind es Leute wie du und ich, denen es an den Kragen geht!“ Er nahm einen Schluck seines Getränkes und fuhr dann fort: „Sieh dir doch die Deutschen an! Innerhalb ihrer Mauer können sie sich frei bewegen. Ist es das, was du mit, im gewissen Maß` meinst?“
Gwendolyn schüttelte den Kopf, doch sie kam nicht dazu, etwas zu erwidern.
„Julien, der Mensch ist nicht frei, solange es Machthungrige gibt, die die Fäden ziehen. Nicht in Deutschland, nicht in England, nicht in der Welt!“ Er sah ihr bei diesen Worten tief in die Augen.
Einen Moment lang fragte sich Gwendolyn, ob er auf Voldemort anspielte, doch dann schob sie den Gedanken beiseite. Immerhin hielt er sie für eine Muggel.
„Es ist alles nur eine Frage der Zeit- die Geschichte belegt es“, sagte er mehr zu sich selbst, als zu seiner Begleiterin.
„Umso wichtiger, dass wir die Zeit nutzen, die uns bleibt!“, antwortete Gwendolyn in einem Ton, der keine Missverständnisse zuließ.
„Du hast recht“, Dearborn lächelte traurig, „genug Zeit vertrödelt! Vergiss, was ich gesagt habe. Manchmal lasse ich mich von der melancholischen Stimmung hier anstecken.“ Er hatte sich erhoben und reichte Gwendolyn die Hand, um ihr aufzuhelfen. „Kann ich dich noch nach Hause bringen?“
Gwendolyns Herz machte einen Hüpfer. Sie lächelte triumphierend
„Liebend gerne.“
Die Sommerluft war kühl und erfrischend. Gwendolyn war froh, der bedrückenden Menschenmenge und der stickigen Luft der Diskothek zu entkommen. Sie frohlockte. Nicht im Traum hätte sie sich ausgemalt, so schnell auf Dearborn zu stoßen. Nie hätte sie geglaubt, dass es so einfach werden würde mit ihm ihn Kontakt zu treten und sie hätte niemals gedacht, dass es so leicht war, ihn dazu zu bewegen, mit ihr zu kommen. Er war geradezu furchtlos, als sie in den spärlich beleuchteten Park gingen. Dieser Mann musste sehr auf seine magischen Fähigkeiten vertrauen, denn er zeigte kein Fünkchen von Misstrauen oder Angst. Schweigend gingen sie nebeneinander her, die dröhnende Musik der Diskothek wurde mit jedem weiteren Schritt leiser. Das Rascheln der Blätter erfüllte die bedrückende Stille.
Gwendolyn griff nach Caradocs Hand. Es war keine liebevolle Geste, es war eiskalte Berechnung. Es war nur wahrscheinlich, dass Dearborn Rechtshänder war. Sie verschaffte sich einen Vorteil, indem sie ihren eigenen Zauberstabarm frei hielt und seinen gleichzeitig blockierte.
Erst als ihr Weg sie an dem Ufer eines kleinen Sees vorbeiführte, blieb Gwendolyn stehen. Die Musik in der Ferne war schon lange verstummt. Das Licht der Laternen erreichte sie kaum. Sie zog ihren Zauberstab ohne Vorwarnung.
Noch bevor sie den Incarcerus-Zauber ausgeführt hatte, drang Dearborns Stimme an ihr Ohr.
„Wirst du mich nun zu ihm bringen, Gwendolyn?“
Ein eiskalter Schauer lief ihr über den Rücken. Mit einem Mal schossen ihr dutzende Fragen durch den Kopf, doch sie ließ sich nichts anmerken, zog stattdessen den Ärmel ihrer Robe nach oben, legte Zeige- und Mittelfinger auf das Dunkle Mal und kündigte somit ihr Kommen beim Dunklen Lord an.
„Du weißt, wer ich bin?“
Er lachte bitter.
„Ich kannte dich schon, da warst du noch so groß!“ Er wollte eine entsprechende Geste machen, doch Gwendolyns heraufbeschworene Seile hatten ihn so eng umschlungen, dass dies nicht möglich war.
Gwendolyn antwortete nicht. Ihr war mit einem Schlag übel geworden, doch sie verdrängte den Gedanken. Es war bereits zu spät. Sie hatte das Mal berührt. Es gab kein zurück.
„Ja“, sagte sie.
„Ja?“ Dearborn konnte ihr offensichtlich nicht folgen.
„Die Antwort auf deine Frage“, fuhr Gwen fort. „Ich werde dich zu ihm bringen. Heute Nacht wirst du sterben.“
Sie hatte ihm fest in die Augen gesehen, als sie die Worte aussprach. Mehr für sich selbst als für ihn, denn nun hatte es etwas Endgültiges für sie, als hätte sie einen Pakt unterzeichnet. Seine Augen hingegen schimmerten von den aufsteigenden Tränen.
„Endlich“, flüsterte er, als Gwendolyn ihn am Arm ergriffen hatte und wenige Augenblicke später waren sie disappariert.
Sie kamen in einem Waldstück an, nahe der Lestranges Residenz. Gwendolyn zögerte. Sie brauchte einen Moment um sich zu sammeln, die wild durcheinander wirbelnden Eindrücke zu sortieren und das Unangenehme zur Seite zu schieben. Fragen, die ihr nicht geheuer waren. Fragen, die sie nicht beantwortet haben wollte. Dann fiel ihr Blick auf Dearborn. Er stand ruhig und gefasst da, als wäre nichts Besonderes geschehen. Er stand einfach da und strahlte eine solche Gelassenheit aus, als wäre er noch immer nicht davon überzeugt, dass Gwendolyn ihn wirklich zu Lord Voldemort bringen würde.
Wütend schubste sie ihn vorwärts. Wenn er sie unterschätzte, dann war das allein sein Problem. Nur weil er ein paar schnulzige Worte an sie gerichtet hatte, brauchte er nicht zu glauben, dass sie Mitleid mit ihm hatte. Dafür war es sowieso bereits zu spät.
Als sie einige Schritte durch das Unterholz gegangen waren, wurde Gwendolyn erst bewusst, was er zu ihr gesagt hatte, bevor sie disappariert waren.
„Wieso fürchtest du den Tod nicht?“
„Ich habe keine Angst vor dem Tod, höchstens vor den Schmerzen, die er mit sich bringen kann. Es gibt jetzt nichts mehr für mich, wofür es sich zu leben lohnt“, antwortete er mit ausdrucksloser Stimme. „Dein Herr hat mir meine Kinder genommen, meine Frau ermordet … Wofür sollte ich jetzt noch leben?“
„Du bist ein Verräter, was hast du erwartet?“, stellte Gwendolyn trocken fest.
„Ich bin kein Verräter! Ich war nie auf eurer Seite - Merlin bewahre - ich müsste verrückt sein.“
Sie traten aus dem Unterholz und kamen auf einen geschotterten Weg. Gwendolyns Blick ging in die Ferne, von der sie wusste, dass die Residenz dort stand; nur sehen konnten sie sie noch nicht. Nicht, bevor sie in die Schutzzauber eingedrungen waren, die das uralte Gebäude umgaben.
Dearborn ging widerstandslos neben ihr her und Gwendolyn begriff, warum es so einfach gewesen war ihn zu fassen. Er wollte gefunden werden. Er wollte gerichtet werden. Ihre Nackenhärchen stellten sich auf.
Er musste nicht ganz bei Sinnen sein, wenn er sich Lord Voldemort in die Hand gab. Voldemort war rachsüchtig. Er würde ihn leiden lassen, hatte er nicht gesagt, er fürchtete den Schmerz? Hoffte er vielleicht auf ihre Gnade?
„Ich hatte gehofft, dass du es bist, Gwendolyn, die mich findet.“ Seine seltsame Stimme riss Gwen aus den Gedanken, doch sie wollte nicht darauf eingehen. „Dass ich selbst einmal mit dir sprechen kann. Dass ich sehe, was aus dir geworden ist.“
Sie reagierte nicht, sondern ging eisern weiter den Weg hinab, Dearborn fest im Griff.
„Ich muss zugeben“, sprach er weiter, „dass ich ein wenig erschüttert bin. Was, Gwendolyn, hat dich dazu veranlasst dich ihm anzuschließen? Was macht das Böse so attraktiv für dich?“
Gwendolyn blieb so urplötzlich stehen, dass Dearborn über ihre Füße stolperte.
„Es gibt kein Gut oder Böse“, wiederholte sie wie in Trance, „es gibt nur Macht und diejenigen, die zu schwach sind, um nach ihr zu streben!“
Sie sah eisern in seine braunen Augen, die sie noch immer mit der Traurigkeit musterten, die ihr in der Diskothek entgangen war.
„Das klingt ganz nach dem Dunklen Lord. Es scheint, dass du schon viel zu lange in seiner Obhut bist, Gwendolyn. Der Mensch verlernt anscheinend schnell, selbstständig zu denken, wenn er einer Führung unterliegt.“
Gwendolyn lachte laut und hell auf und schubste Dearborn den Weg entlang, weiter Richtung Residenz.
„Ich unterliege keiner Führung!“, sagte sie verächtlich, jedoch leise genug, dass nur er es hören konnte.
„Ich gehe meinen eigenen Weg.“
„Deinen eigenen Weg innerhalb der vorgegebenen Mauern?“
Gwendolyn antwortete nicht. Er wollte sie provozieren, wollte, dass sie einen Fehler machte und aus diesem Grund schluckte sie den aufsteigenden Zorn, der in ihr zu brodeln begann, hinunter. Bald würde sie sich seiner entledigen können. Bald waren sie angekommen. Ein kaum merkliches Kribbeln durchströmte ihren Körper, als sie durch die Schutzzauber hindurchschritten. Vor ihnen erhob sich die majestätische Silhouette der Lestranges Residenz schwarz von dem dunkelblauen Himmel ab. Nur noch wenige Meter trennten sie von dem schmiedeeisernen Eingangstor.
„Du bist jung, Gwendolyn. Es ist noch nicht zu spät für dich umzudrehen. Dein Vater würde dich mit offenen Armen empfangen-“
„Das wäre das Letzte, was ich tun würde!“, zischte sie unter zusammengebissenen Zähnen hindurch.
Allein die Vorstellung, dass sie reumütig zurückkehren müsste - allein der Gedanke an diese stechend blauen Augen, wenn sie ihre Niederlage eingestehen müsste, ließ blanken Hass in ihr auflodern.
„Es hat ihm das Herz zerrissen, als du gegangen bist, Gwen. Er liebt dich, er liebt dich wirklich, Gwendolyn!“
„Mein Vater“, antwortete Gwen mit Verbitterung in der Stimme, „liebt nur die Magie. Alles andere ist nicht von Interesse für ihn.“
„Oh, verstehe“, sagte er mit Nachdruck. „Es gibt nur Macht und diejenigen, die zu schwach sind, um nach ihr zu streben. Ist es die Magie, die dir heute Nacht wichtiger ist als das Leben eines Unschuldigen? Ist es nur diese Nacht, in der dir die Magie so viel wichtiger ist, oder ist die Magie die einzige Liebe, die du besitzt, Gwendolyn?“
„HALT'S MAUL!“ Sie war herumgewirbelt, ihr Zauberstab zeigte genau in sein Gesicht.
Ihr Herz klopfte wütend. Wie konnte dieser Fremde es wagen, sie so zu verhöhnen? Wie konnte er so töricht sein, in seiner Situation so provokant zu werden? Sie hätte ihn töten können; sie konnte ihn leiden lassen, bis er um Gnade wimmerte, doch das schien ihm alles egal zu sein.
„Ich habe genug von deinem Psychogelaber! Noch ein Wort und-“, sie wedelte mir ihrem Zauberstab vor seinem Gesicht herum, doch er zuckte nur gleichgültig mit den Achseln.
„Heute ist die Nacht, in der ich sterbe“, unterbrach er Gwen. „Du kannst mir damit keine Angst mehr machen!“
Er sah sie mitleidig an, was Gwendolyns Zorn umso mehr steigerte, doch er hatte recht. Sie konnte es nur hinter sich bringen, je schneller sie ihn zu Voldemort brachte.
Grob packte sie ihn wieder und zog ihn wortlos mit sich. Als sie durch das eiserne Tor traten, versuchte Gwen ihre aufbrausenden Emotionen zu besänftigen. So anfällig konnte sie nicht dem Dunklen Lord gegenübertreten.
Der knirschende Kies unter ihren Schuhsolen ließ den Türwächter auf sie aufmerksam werden, bevor sie die Treppe erreicht hatten. Eine winzige Luke in der Tür hatte sich geöffnet, als sie die Stufen erklommen.
„Der Dunkle Lord wünscht nicht gestört zu werden!“, erklang Evan Rosiers Stimme dumpf hinter der Tür.
„Ich habe mich bereits angekündigt, Evan, lass mich ein!“, verlangte Gwendolyn.
„Gwen?“
Ohne auf ihn zu achten, zeigte sie das Mal an ihrem linken Unterarm vor.
„A-a-aber, der Dunkle Lord sagte, er will unter keinen Umständen gestört werden!“, sagte Evan nervös.
„Lass mich ein, Evan, denn rein komme ich auch ohne deine Erlaubnis!“ Sie hatte den Zauberstab erhoben, doch die Tür klickte schon und Evan Rosier ließ sie ein.
„I-i-ist das Caradoc D-d-dearborn?”
„Nun geh' und berichte dem Dunklen Lord von meiner Ankunft. Er wartet bereits!“ Sie wartete keine Antwort ab, schob stattdessen Dearborn durch die pompöse Eingangshalle in den Raum hinein, den die Todesser auch häufig für ihre Treffen nutzten.
Seine Lässigkeit schien von ihm abzufallen. Er wurde nun zunehmend nervöser und sein blass werdendes Gesicht drückte die Sorge aus, die er so angestrengt zu verbergen suchte. Er hatte Angst. Natürlich hatte er Angst.
Dearborn kannte Voldemort und er wusste, dass dieser ihn für seinen Verrat strafen würde. Ihre Blicke trafen sich. Einen Moment glaubte Gwendolyn, dass er noch etwas sagen wollte, doch dann ging die Tür auf und es war zu spät für Worte.
Gwendolyns Herz machte, trotz des rasenden Zorns, der von Voldemort ausging, einen kleinen Hüpfer. Als sie sich umwandte, wäre sie beinahe zurückgestolpert. Offensichtlich war der Dunkle Lord über die Störung sehr wütend, denn er kam bedrohlich wie ein Raubtier auf Gwendolyn zu, die den Drang zurückzuweichen unterdrückte.
„Was“, zischte er, „kann wichtig genug sein für eine Störung, wenn ich ausdrücklich keine wünsche?“
„Mylord, ich … ich habe“, sie konnte nicht anders, als einige Schritte zurückzuweichen, dabei prallte sie mit dem Rücken an Dearborn und er stürzte zu Boden, „ihn gefunden!“
Voldemort erstarrte, als sich sein Fokus auf die gefesselte Person am Boden richtete. Die Tür hinter ihm knarrte leise. Ein Schatten war durch den Türspalt zu sehen, doch Gwendolyn konnte nicht erkennen, wer es war.
„Ist das-“, Voldemort beugte sich hinab. Seine Hand vergrub sich in Dearborn langem, braunem Haar und zwang ihn, ihm ins Gesicht zu blicken.
Gwendolyns Anspannung fiel mit einem Mal ab, als sie spürte, wie sich Voldemorts Zorn in Genugtuung verwandelte. Sie hatte richtig vermutet: der heutige Abend würde nicht umsonst gewesen sein.
„Komm nur herein, Bellatrix!“ Voldemorts Stimme war kalt und schneidend, als er sich erhob.
Der Spalt in der Tür wurde breiter und Bellatrix, in ein auberginefarbenes Negligé gekleidet, betrat den Saal, wütend und gleichzeitig verunsichert. Sie warf Gwendolyn einen hasserfüllten Blick zu, als sie sich Voldemort näherte. Als sie an seine Seite trat und den Mann erkannte, der vor ihnen auf dem Boden lag, erstarrte sie. Einen Moment glaubte Gwendolyn, sie hätte aufgehört zu atmen, doch dann versuchte sie sich bereits zu rechtfertigen.
„Herr, ich … das kann ich mir nicht erklären! Ich habe alles-“
„SCHWEIG!“ Gwendolyn zuckte zusammen, doch Voldemort fuhr fort. „Dafür wirst du angemessen belohnt werden, Gwendolyn. Du kannst gehen!“
Verunsichert sah Gwendolyn von Dearborn zu Voldemort. Es war zu spät. Es gab kein Zurück mehr. Sie musste es sich immer wieder vor Augen halten: Es gibt nur Macht und diejenigen, die zu schwach sind, um nach ihr zu streben.
Sie nickte Voldemort zu und ging wortlos auf die Tür zu. Als sie die Hälfte des Raumes durchquert hatte, ließ Voldemorts scharfe Stimme sie noch einmal zusammenzucken.
„Du bleibst, Bellatrix!“
Gwendolyn frohlockte. Sie hatte genau das geschafft, was sie sich vorgenommen hatte. Bellatrix würde in Zukunft keine Konkurrentin mehr für sie sein. Sie warf einen letzten Blick über die Schulter, sah zurück auf den Unschuldigen. Ihre Blicke trafen sich. Gwendolyn hielt inne. Ich habe keine Angst vor dem Tod, höchstens vor den Schmerzen, die er mit sich bringen kann.
„Mylord?“ Ihre Stimme klang in ihren Ohren wie die einer Fremden.
Voldemort nahm seinen Blick von Bellatrix. Ungeduld lag in seinen schiefergrauen Augen.
„Meine Belohnung …“, sie stockte, „wäre es möglich, dass Ihr mir gleich einen Wunsch gewährt?“
Seine Kiefermuskeln spannten sich deutlich sichtbar an, bevor er antwortete: „Und der wäre?“
Gwendolyn hatte sich nun vollkommen umgewandt. Sie sah an Voldemort vorbei auf den am Boden kauernden Dearborn, der nun deutlich zitterte.
„Ich möchte ihn selbst töten!“ Sie hatte sich für diesen Satz vorbereitet, ihr Geist war verschlossen, ihre Miene unergründlich. Auf Voldemorts Lippen bildete sich ein Lächeln.
„Dumbledores Tochter gelüstet es zu morden? Nur zu!“ Er machte eine ausladende Geste und trat zu Seite.
Gwendolyn ging zielstrebig an ihm vorbei, den Zauberstab erhoben. Erst einen Meter vor ihm kam sie zum Stehen. Dearborn sah zu ihr hinauf, mit dankbarem Blick. Dann schloss er die Augen und flüsterte etwas, was Gwendolyn nicht mehr verstehen konnte.
AVADA KEDAVRA!“


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Luna ist auch eine Person, in die ich mich von Anfang an verliebt habe. Sie gibt der Handlung einen wichtigen, neuen Anstrich und sie lässt Harry Dinge anders betrachten. Ich war ihr wirklich von Anfang an verfallen.
Michael Goldenberg