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Fanfiction

Freier Fall - Freier Fall

von synkona

Ihre erste Begegnung ist am ersten September. Cedric hat Viktor schon gesehen, bei der Weltmeisterschaft, aber eine Begegnung war das nicht. Am ersten September steht er plötzlich da, inmitten der anderen Durmstrang-Schüler, an der Seite seines Schulleiters Karkaroff. Es ist schon fast dunkel, als sie in die Große Halle einmarschieren und der Wind ist kalt, so dass Cedric die Hände tief in den Taschen seines Umhangs vergräbt. Er achtet nicht weiter auf Viktor, sondern geht mit seinen Freunden an den Hufflepuff-Tisch hinüber. Natürlich reden sie über die Neuankömmlinge. Cedric glaubt, dass es in der Großen Halle noch nie so laut gewesen ist. Er hört nicht richtig zu, als Dumbledore zu reden beginnt, weil seine Freunde hinter vorgehaltener Hand noch über den Ausgang der Weltmeisterschaft flüstern. Aber er versteht, was ein Trimagisches Turnier ist und warum Viktor Krum in Hogwarts ist – der Bulgare sitzt nun an einem Tisch mit den Slytherins, den dicken Pelzmantel hat er nicht abgelegt. Cedric findet, dass er finster aussieht. Wie ein Tag im Regen.
Sie stehen gemeinsam auf, als das Essen beendet ist. Cedric freut sich auf einen gemütlichen Abend im Gemeinschaftsraum und Viktor will zurück auf das Schiff, um von all dem Lärm fortzukommen. Sie begegnen sich auf halbem Weg. Viktor ist derjenige, der nicht aufpasst, weil seine Gedanken weit fort sind und er bemerkt Cedric erst dann, als sie ineinander laufen. Cedric ist derjenige, der sich entschuldigt.
„Sorry“, murmelt er und sieht Viktor dabei an. Er erwartet eigentlich eine Antwort, doch Viktor zieht es vor zu schweigen. Er zuckt lediglich mit den Schultern und setzt seinen Weg fort. Cedric findet, dass Viktor seltsam ist.

* * *

Der Feuerkelch hat Viktors Namen ausgespuckt. Eigentlich haben es alle schon erwartet. Vielleicht sieht Viktor deswegen so teilnahmslos aus, als er nach vorn schreitet. Ein knappes Nicken ist alles, was er bereithält. Er verschränkt die Arme vor der Brust, während seine Schulkameraden ihm zujubeln. Als nächstes liest Dumbledore Fleur Delacours Namen vor. Cedric klatscht nicht mehr mit den anderen, dafür ist er nun zu nervös. Er sieht Fleur mit einem zufriedenen Lächeln nach vorn stolzieren und hält die Luft an, als der Kelch den letzten Pergamentfetzen in die Luft wirbelt. Er reckt das Kinn, als Dumbledore das Papier auffängt und er krallt die Finger an den Stuhlkanten fest. Dann fällt sein Name, laut und deutlich und doch überhört er ihn fast, weil um ihn herum bereits ein Sturm losbricht und die ganze Schule applaudiert. Aber dann springt er auf und er jubelt mit und er lacht. Er eilt nach vorn und stellt sich in die Reihe der Champions. Er steht neben Viktor, der ihn kurz anblickt und dabei die buschigen Augenbrauen zusammenzieht.
Da ist etwas in Viktors Blick, das Cedric von da an nicht mehr los lässt. Ein Leuchten, so intensiv, dass es ihn zu durchdringen scheint und ihn für einen Augenblick festhält. Deswegen merkt er es kaum, als Dumbledore den vierten Namen aufsagt, erst als alles still wird und dann das Gemurmel einsetzt. Erst dann schaut Cedric von Viktor fort.

* * *

Die Menschen applaudieren immer noch. Sie rufen und pfeifen, als kämpfte noch ein Champion in der Arena gegen seinen Drachen. Doch der erste Wettkampf ist vorüber, das Ergebnis bereits verkündet. Cedric fühlt sich schwer und müde, und er würde am liebsten hinauf in den Schlafsaal gehen und sich sein Kissen über den Kopf ziehen. Aber er sagt es nicht. Er steht neben dem Zelt und wartet auf die nächsten Freunde, die ihm gratulieren wollen – obwohl er nicht ganz so gut abgeschnitten hat, zumindest nicht im Vergleich. Harry und Viktor teilen sich den ersten Platz. Cedric weiß nicht, wo Harry ist, aber Viktor kann er sehen. Der Bulgare steht einsam, einige Meter weit entfernt, die Arme vor der Brust verschränkt. Da ist niemand, der ihm die Hand schütteln will oder ihm auf die Schulter klopft, als ob ein Erfolg in Viktors Welt weniger bedeuten würde als in Cedrics.
„Ich hätte echt gedacht, das Vieh zerquetscht dich!“, sagt jemand neben Cedric, doch der hört nicht richtig hin.
Viktor schaut ihn kurz an und zieht dabei grimmig die Augenbrauen zusammen, ehe er sich wieder abwendet. Er blickt nun von Cedric fort, in Richtung Schloss. Cedric fragt sich, warum Viktor nicht lächeln kann.

* * *

Es ist Mitte Dezember. Der Schnee hat sich über die Ländereien Hogwarts gelegt und schimmert fahl im Mondlicht. Der Himmel ist klar und Cedric kann die Sterne sehen, wenn er den Kopf in den Nacken legt. Wenige Schneeflocken tanzen durch die Luft und er hört seine Stiefel durch den Schnee knirschen, als er zum Quidditchfeld hinüber stapft. Er hat seinen Besen fest in der Hand und einen entschlossenen Ausdruck in den Augen: Heute will er fliegen. Endlich.
Etwas ist geschehen und Cedric weiß nicht genau, was es ist. Aber er weiß, dass er nicht mehr fliegen kann, nicht so wie vorher. Deswegen ist er hier, allein in einer kalten Dezembernacht, in der alles still ist und schläft. Er bleibt am Rand des Quidditchfeldes stehen und schaut an den verlassenen Tribünen entlang. Wenn er die Augen schließt, kann er die Menge rufen hören. Er stapft weiter durch den Schnee, bis er in der Mitte des Feldes steht. Es ist ein seltsames Gefühl, von den leeren Tribünen umgeben zu sein. Fast so, als stünde er inmitten einer längst verbannten Ruine, die nur noch Geschichten von Vergangenem erzählen konnte. Cedric legt den Kopf in den Nacken und schaut gen Himmel. Eine Schneeflocke findet den Weg auf seine Nasenspitze. Er hofft, dass niemand seine Abwesenheit bemerkt. Er will nicht, dass es jemand weiß.
Als er auf seinen Besen steigt und sich langsam in die Lüfte erhebt, wartet er auf das Gefühl. Freiheit und Leidenschaft, doch es bleibt fern – als ob das Fliegen ihm gleichgültig geworden wäre, nichtssagend. Cedric neigt sich nach links und beginnt damit, Kreise um das Quidditchfeld zu ziehen.

* * *

Viktor beobachtet ihn, den jungen Mann, der auf seinem Besen einsame Kreise fliegt. Er hatte nur kurz nach draußen gewollt. Im Schiff war es ihm zu voll vorgekommen, überall Menschen, die zu viele Fragen stellten. Ruhe ist zu einem seltenen Gut geworden. Aber in der Nacht sind Hogwarts’ Ländereien still und niemand folgt ihm. Es sind Momente, die Viktor nur für sich allein haben kann. Er hat Cedric schon bemerkt, als der zum Quidditchfeld hin gewandert war. Viktor ist ihm gefolgt und verbirgt sich nun halb hinter den Zuschauertribünen. Er weiß nicht, warum er es tut. Etwas an Cedric ist faszinierend und neu. Und etwas an ihm wirkt traurig. Viktor wartet darauf, dass etwas geschieht, doch Cedric dreht nur weiter Runde um Runde, ehe er den Besenstiel gen Erde senkt und schließlich wieder mit den Füßen auf dem Boden steht. Viktor tritt vorsichtig einen Schritt nach vorn, um ihn besser sehen zu können. Cedrics Gesicht ist im Dunkel nur schwer zu erkennen. Aber er hat den Kopf gesenkt, als er durch den Schnee stapft. Viktor weicht rasch wieder zurück, aber Cedric sieht ihn dennoch.

„Hallo?“, ruft er. „Wer ist da?“ Er bleibt stehen und schaut sich um. Viktor tritt aus seinem Versteck heraus, bis er Cedric gegenüber steht.

„Du?“, sagt Cedric überrascht. „Was hast du hier zu suchen?“

„Spazieren“, antwortet Viktor schlicht.

„Mitten in der Nacht?“

„Du auch“ Viktor nickt zu Cedric hin, der seinen Besen nun vorsichtig gegen die Tribüne lehnt. „Warum du...“ Viktor sucht nach den richtigen Worten, doch sie sind schwer zu finden. Vor allem, wenn er in einer Sprache spricht, mit der er nicht aufgewachsen ist und wenn er eigentlich nicht genau weiß, was er Cedric sagen möchte.

„Warum ich um die Zeit hier trainiere? Ist es das? Was muss ich tun, damit du es für dich behältst?“ Cedric verschränkt die Arme vor der Brust, doch Viktor schüttelt nur den Kopf. Das war es nicht, nicht richtig. Da ist noch etwas anderes.

„Warum du... aussiehst so traurig“, bringt er schließlich mühevoll zustande. Cedric antwortet nicht sofort. Er schnaubt nur und greift nach seinem Besen, als ob er gleich wieder gehen wird. Viktor will, dass er bleibt.

„Du bist Profi, richtig?“, sagt Cedric dann. „Wie fühlt es sich an, zu fliegen?“

Es ist eine Frage, mit der Viktor nicht gerechnet hat. Keiner hat sie ihm bisher gestellt, nicht einmal er selbst. Wie sich das Fliegen anfĂĽhlt? Er hat nie darĂĽber nachgedacht, aber jetzt tut er es, in einer verschneiten Dezembernacht, allein mit Cedric Diggory.
„Richtig“, sagt er und zuckt mit den Schultern.

Viktor erinnert sich später nicht mehr daran, wann sie auf die Tribüne klettern. Irgendwann sitzen sie einfach dort und starren auf das Quidditchfeld hinab.
„Hat es sich mal falsch angefühlt?“, fragt Cedric. Er sieht Viktor nicht an.

„Fliegen?“ Viktor schüttelt den Kopf. „Immer richtig. Wie... Freiheit. Abenteuer.“

„Freiheit“, wiederholt Cedric leise, als versuche er die Bedeutung des Wortes zu ergründen.

„Du fliegst“, stellt Viktor fest.

„Ich bin in der Hausmannschaft“, erklärt Cedric. „Lief bisher ganz gut. Aber irgendwas... ich weiß auch nicht. Und schon gar nicht, warum ich mit dir darüber reden sollte.“ Er beugt sich vor und stützt die Ellbogen auf die Knie.

„Was ist mit Fallen?“ Viktor schaut Cedric von der Seite her an. Das Traurigsein gehört nicht zu ihm. Er hat Cedric vorher schon lächeln gesehen und das passt viel besser. Er möchte etwas tun, damit das Lächeln zurückkommt.

„Fallen?!“ Cedric schnaubt.

„Fliegen lernen ist auch Fallen lernen“, sagt Viktor. „Du musst können... Fallen. Vertrauen.“ Das ist sein Gefühl. Dass er sich immer fallen lassen kann, wenn er auf seinem Besen durch ein Stadion saust. Dass immer etwas da sein wird, das ihn auffängt. Die Angst vor dem Loslassen gibt es nicht – nicht in der Luft. Auf dem Boden findet Viktor Vertrauen viel schwieriger.

„Freier Fall, hm?“ Cedric lacht, aber es ist kein ehrliches Lachen.

„Freier Fall“, bestätigt Viktor. Cedric schaut auf und sie sehen einander an. Viktor legt vorsichtig seine Hand auf Cedrics. Nur damit sie wissen, dass sie beide in dieser Nacht nicht allein sind. Aber Cedric zieht seine Hand fort und steht auf und der Augenblick ist vorbei.

„Ich muss gehen. Gute Nacht.“

Cedric blickt nicht zurĂĽck, als er zum Schloss hinauf wandert.

* * *

Cedric hat angefangen, Viktor zu beobachten. Er hält in der Großen Halle nach ihm Ausschau und wenn er über die Ländereien wandert. Zum Quidditchfeld geht er jedoch nicht mehr. Über die Sache mit dem freien Fall hat er nachgedacht, aber er ist sich nicht sicher, ob es für ihn funktioniert. Er hat zu viel Angst, dass er dabei stürzt und verletzt wird. Viktor sieht ihn manchmal an, wenn sie sich begegnen, aber sie reden nicht miteinander.

Cedric hat Cho gefragt, ob sie ihn auf den Weihnachtsball begleitet. Sie hält seine Hand, als sie in das Zimmer treten, in dem sich die Champions mit ihren Partnern versammeln. Seit der Nacht bei den Tribünen hat Cedric nicht mehr so nahe bei Viktor gestanden. Er ist nur wenige Fuß weit entfernt. Seine Partnerin kommt Cedric vage bekannt vor, aber er kann sie nicht richtig einordnen. Seine Aufmerksamkeit gehört ohnehin allein Viktor. Viktor sagt nichts und schaut ernst zu der Tür hin, die sich bald öffnet, damit sie hinaus in die Halle treten und den Tanz eröffnen können. Cho lächelt, als sie die Hand auf Cedrics Schulter legt. Sie schaut ihn an, als sie miteinander tanzen, langsam, im Takt zur Musik. Cedric bemerkt Viktors Blick und er fragt sich, wie es wohl wäre, mit einem Mann zu tanzen. Aber er verjagt den Gedanken sofort wieder. Die anderen Paare kommen nun auch auf die Tanzfläche und Viktor verschwindet mit seiner Partnerin in der Menge.
Cho ist den ganzen Abend bei Cedric. Sie ist sehr hübsch und höflich und seine Eltern würden sie sicher mögen. Sie erzählt ihm von Dingen, die sie einmal erlebt hat und er hört ihr schweigend zu und lächelt. Mit Cho ist es einfach, denkt Cedric. Vielleicht wird noch etwas daraus. Sie küsst ihn, als sie sich viel später an diesem Abend verabschieden. Es fühlt sich genau so an, wie sich das Fliegen gerade anfühlt – leer.

Cedric geht nicht sofort zu seinem Schlafsaal. In der Großen Halle sind nur noch wenige anwesend und die Musik spielt leise. Vereinzelt tanzen noch Paare, andere sitzen an den Tischen und reden mit gedämpften Stimmen. Der Weihnachtsball klingt allmählich aus und wird bald nur noch eine Erinnerung sein. Cedric will sich an einen der Tische setzen, als er Viktor sieht. Seine Partnerin ist nicht mehr da und Viktor auf dem Weg nach draußen. Cedric folgt ihm. Die Musik wird leiser und verstummt schließlich.

Viktor geht zum See hinunter und bleibt dort stehen, um ĂĽber das dunkle Wasser hinweg zu schauen.
„Wie war dein Abend?“, fragt Cedric.

„Gut“, erwidert er knapp, aber es hört sich nicht ehrlich an. „Du... aufgehört zu fliegen.“

„Vorübergehend“, sagt Cedric.

„Fallen?“ Viktor sieht ihn fragend an.

„Nein. Ich glaube nicht, dass ich das kann.“ Es ist seltsam, dass Cedric dieses Gefühl hat. Dass er mit Viktor Dinge teilen kann, über die er sonst mit niemandem reden würde. Er weiß, dass Viktor all seine Geheimnisse bewahren wird.

„Du kannst“, widerspricht Viktor, mit dem Glauben in der Stimme, den Cedric verloren hat. Es fühlt sich gut an, zu wissen, dass jemand an ihn glaubt. Es fühlt sich gut an, neben Viktor zu stehen und den Abend zu etwas zu machen, an das er sich gerne erinnern wird. Irgendwann mal. Aber es ist auch kompliziert, viel komplizierter als Cho. Mit Viktor gibt es Dinge, die Cedric nicht versteht. Woher das Gefühl der Sicherheit kommt und warum es sofort wieder verschwindet, wenn er zu nahe herangeht. Aber er zieht seine Hand nicht fort, als Viktor danach greift. Sie sagen nichts, als wäre es selbstverständlich, dass sie Hand in Hand am See stehen. Cedric schließt die Augen und versucht zu fallen.

* * *

Das Jahr neigt sich dem Ende. Wenige Stunden noch und es wird einem neuen Platz machen. Viktor weiß, dass jedes neue Jahr neue Abenteuer bereithält. Er macht keine Pläne, keine guten Vorsätze. Er wartet einfach, wo ihn das Jahr hinführen wird. Am Morgen hat er sich mit Hermine getroffen, aber es ist manchmal schwierig, ihre Aufmerksamkeit zu erringen. Er hat sie gefragt, ob sie mit ihm auf das neue Jahr wartet, aber sie hat abgelehnt.
Nun steht Viktor allein in einem von Hogwarts’ Korridoren. Er ist im Schloss umher gewandert, bis er das Fenster mit dem perfekten Blick gefunden hat. Von hier aus kann er weit über die Ländereien schauen, kann das Durmstrang-Schiff im See erkennen.

Niemand tritt zu ihm in den Korridor als die Zeit weiter voranschreitet. Das neue Jahr beginnt still. Die Zeiger der Uhr rücken einfach an der Zwölf vorüber, ohne dass sich etwas ändert. Viktor sitzt an die Wand gelehnt und schaut in die Nacht hinter dem Fenster. Als schließlich doch Schritte im Gang ertönen, schaut Viktor auf.

„Viktor?“, fragt Cedrics Stimme. Viktor hat ihn noch nie seinen Namen sagen hören. Cedric tritt näher und setzt sich dann wortlos neben ihn. Er ist der eine, der ihn in dieser Nacht gefunden hat, die erste Begegnung im neuen Jahr.
„Was tust du hier?“, will Cedric wissen.

„Warten“, antwortet Viktor.

„Worauf?“

Viktor zuckt nur mit den Schultern. Er wird die Antwort kennen, wenn sie vor ihm steht.
„Mitternacht schon durch?“, fragt Cedric. Viktor nickt.

„Hab den Moment verpasst. Ich wollte eigentlich zurück in den Schlafsaal, da steigt ne Party. Dann bin ich wohl durch die Gänge gerannt, als wir ins neue Jahr gerutscht sind... Irgendwie unspektakulär.“ Viktor hört Cedric gerne zu. Seine Stimme klingt lebendig.

„Irgendwelche Vorsätze?“, fährt Cedric fort. „Letztes Jahr hatte ich ne Liste, diesmal hab’ ich vergessen, eine zu machen... Aber ich hab mir vorgenommen, das mit dem freien Fall hinzukriegen. Ein Jahr dürfte dafür reichen, oder?“

„Ja“, sagt Viktor. Ein einziger Moment wird reichen, wenn es nur der richtige ist. Vielleicht einer wie dieser. Wenn Viktor zur Seite schaut und Cedric ansieht, dann glaubt er beinahe daran, dass es Vertrauen nicht nur in der Luft gibt.

Sie sitzen eine Weile schweigend im verlassenen Korridor. Etwas verbindet sie miteinander. Viktor kann es spüren und er ist sich sicher, dass Cedric es auch fühlt. Sie warten in der Stille darauf, dass sich etwas verändert. Und dann liegt Viktors Hand wieder in Cedrics und ihre Lippen berühren sich. Still, am ersten Tag eines neuen Jahres. Und etwas hat sich verändert.

* * *

Cedric konzentriert sich auf die nächste Aufgabe. Das goldene Ei liegt in Stoff gewickelt unter seinem Bett und er denkt in jeder freien Minute darüber nach. Es hilft ihm dabei, nicht über Viktor nachzudenken. Sie haben drei Wochen lang nicht miteinander gesprochen. Wie eine schweigende Übereinkunft, dass der Kuss um kurz nach Mitternacht keine Bedeutung hat. Cedric trifft sich mit Cho. Er hält ihre Hand, wenn sie gemeinsam durch die Gänge gehen. Und er schaut fort, wenn er Viktor sieht. Es ist trotzdem schwer, nicht an Viktor zu denken.

Sie begegnen sich Anfang Februar am Quidditchfeld. Cedric ist eine Weile nicht mehr geflogen und er will wissen, ob das GefĂĽhl wieder da ist. Vielleicht. Viktor steht dort, als wĂĽrde er auf ihn warten und Cedric weiĂź, dass er dieses Mal nicht fortschauen kann.

„Was tust du hier?“, fragt er.

„Allein sein“, erwidert Viktor.

„Hm.“ Cedric fällt es mit einem Mal schwer, Viktor nicht anzusehen. Die dunklen Augen, die dünnen Lippen, das fehlende Lächeln. „Ich wollte trainieren.“ Cedric deutet nach oben. „Das mit dem Fliegen, du weißt schon.“

Viktor sagt nichts.
„Wegen Neujahr“, fängt Cedric an und schaut zu Boden. „Ich... ich denke nicht... ich meine... wir sind uns einig, dass das nicht funktioniert, richtig?“

„Fliehen“, sagt Viktor und Cedric sieht zu ihm auf. „Davonlaufen... nicht immer gut.“

„Du läufst doch genauso sehr davon“, entgegnet Cedric. „Es ist eben kompliziert.“ Kompliziert ist so ein seltsames Wort. Und aus irgendeinem Grund fühlt sich kompliziert besser an als einfach. Ein Moment mit Viktor bringt Cedric mehr durcheinander als eine Woche mit Cho. Es wirbelt alles auf und dabei sagt Viktor nicht einmal viel. Aber die wenigen Worte kann Cedric verstehen wie kein anderer und er weiß, dass sie etwas bedeuten und dass ihre Verbindung immer noch da ist. Deswegen küsst er Viktor ein zweites Mal, umfasst sein Gesicht mit den Händen und hält sich an ihm fest. Der Besen liegt vergessen auf dem Boden.

* * *
Sie treffen sich heimlich, an verborgenen Orten, in all den Wochen, die ihnen noch bleiben. Wenn das Turnier zu Ende geht, wird Viktor nach Bulgarien zurückkehren. Es wird nicht einfacher, aber das ist es nie. Das Gefühl ist wichtig. Dass sie sich fallen lassen können und wissen, dass sie einander auffangen werden.

Ihre vorletzte Begegnung ist vor der letzten Aufgabe des Turniers. Sie stehen etwas abseits der anderen und Cedric redet leise. Er lächelt.
„Ich muss dir noch was geben“, sagt er. „Ich hab gestern trainiert.“ Ihre Finger berühren sich.
„Ich hab’s aufgeschrieben. Es schien mir wert, festgehalten zu werden.“ Er gibt Viktor einen vielfach gefalteten Zettel. Viktor will ihn öffnen, doch Cedric legt rasch die Hand darauf und schüttelt den Kopf.

„Nach dem Turnier“, sagt er. „Dann haben wir Zeit. Für alles, ganz egal was. Wir könnten auch einfach ein paar Tage verschwinden...“ Viktor steckt den Zettel in seine Tasche. Er sieht Cedric an und lächelt.

Ihre letzte Begegnung ist im Labyrinth, aber Viktor wird später sagen, dass sie schon vorher war. Die letzte Begegnung zählt nicht, weil er sie nicht richtig sehen kann. Sie ist verzerrt und nicht wirklich. Viktor steht unter dem Imperius-Fluch, als er Cedric im Labyrinth sieht. Da ist der Gedanke in ihm, dass er Cedric um jeden Preis aufhalten muss, dass er ihm wehtun muss. Sie wissen beide, dass es nicht echt ist, als sie einander gegenüber stehen. Deswegen hält Cedric ihn nicht auf, sondern sieht ihn nur an. Viktor weiß nicht genau, was geschieht. Er versucht gegen den Hass zu kämpfen, den ihm jemand aufzwingt und er sieht in Cedrics Augen und dann kommt Nichts.

* * *

Als Viktor aufwacht, ist kein Labyrinth mehr um ihn herum. Er wird erst viel später erfahren, wer ihn mit dem Fluch belegt hat, dass Harry ihn aufhielt und dass Cedric für ihn die roten Funken schickte.
Es ist niemand bei ihm. Viktor schaut sich nach Cedric um – er will auf ihn warten und dann will er das gefaltete Papier öffnen. Alle sind auf dem Feld. Sie reden, schreien und weinen und Viktor versteht nicht. Er versteht erst dann, als er selbst den Weg hinab geht, sich durch die Menge bahnt, bis er vor Cedric steht. Dann weiß er, dass sie keine Zeit mehr haben.

Später holt er das Papier aus seiner Tasche hervor, hat den Zettel in seiner Hand und Tränen in seinen Augen. Viktor will weiter warten, will nicht loslassen. Es ist niemand mehr da, der ihn auffangen kann. Und er weiß, dass ein Teil von ihm für immer fort sein wird. Er entfaltet das Papier. Cedric hat wenige Worte darauf geschrieben. Viktor weiß, dass er sie nie vergessen wird, weil sie ihn immer verfolgen werden. Er wischt mit dem Handrücken über die Augen und liest.

Du hast mir beigebracht zu fliegen.


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Wir mĂĽssen lernen, mit Menschen auszukommen, die anders sind als wir. Wenn sie das Herz auf dem rechten Fleck haben, spielt es keine Rolle, woher sie stammen.
David Heyman ĂĽber ein Thema des vierten Harry-Potter-Films