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Fanfiction

Erinnerung der Vergangenheit - Die Geschichte der Vergangenheit

von Vampirella

Die Geschichte der Vergangenheit



"Emily?"
Die Stimme, die ich jetzt höre, ist die wunderschönste, die ich kenne, und dennoch wünsche ich mir, ihr nie wieder lauschen zu müssen. Ginnys Stimme.
Ich schaue langsam und ohne jegliche Regung in meinem Gesicht auf und schaue zu, wie Ginny durch die mit Dreck und Mist beschmutzte Eulerei auf mich zukommt. Auch wenn es komisch klingt, dieses Bild war so unwirklich und vollkommen, dass Ginny dafür hasse.
Ja, ich hasse und liebe sie zugleich- aber ich weiß auch, dass diese beiden Gefühle nicht für immer gleichzeitig in mir leben können. Irgendwann einmal wird eines der Gefühle Oberhand gewinnen, allerdings habe ich keine Ahnung, welches es sein wird. In diesem Augenblick hasste ich sie für die Perfektheit, die sie an sich hatte, liebte sie aber dennoch für ihre zerzausten, ungekämmten Haare, ihr tränenbenetztes Gesicht und den verrutschten Umhang. All das machte sie zu einer perfekten Person- wenn es da nicht diesen kleinen Fehler im Plan gäbe. Denn niemand ist perfekt, und niemand ist ohne Fehler, auch nicht die scheinbar vollkommene Ginny. Sie hat in ihrer Perfektheit Fehler begangen, die ich ihr vielleicht niemals verzeihen kann.
Als ihre Stimme wieder zu mir herüberweht, wende ich den Blick ab. " Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Mir fehlen die Worte für all das Chaos, was ich mit deiner Mutter zusammen verursacht habe. Ich weiß nicht, wen ich von euch beiden mehr liebe. Und ich weiß nicht mehr, wer ich bin."
" Herzlichen Glückwunsch und willkommen im Club", erwidere ich bitter und mir schießt die Szene mit Hope von vorhin durch den Kopf, als ich praktisch genau das Gleiche gebrüllt hatte, was Ginny eben sagte.
" Aber ich möchte dir erklären, wie das damals zwischen uns war, zwischen mir und deiner Mum", spricht sie weiter, ohne ein Anzeichen zu machen, dass sie mich gehört hat. Mir wird heiß und kalt und ich weiß nicht genau, ob ich das hören möchte.
Aber Ginny fährt unerbittlich fort und ich bringe es nicht über mich, sie zu unterbrechen. " Wir waren damals sehr jung. Später hat uns die Liebe zwischen uns erwachsen gemacht, aber davor, davor waren wir noch so jung. Deine Mutter war erst siebzehn, als du auf die Welt kamst, gerade aus der Schule entlassen und ungebunden, was das betrifft, wärst da nicht du gewesen. Aber statt sich irgendwie Sorgen zu machen, wie sie es sonst immer tut, war sie überglücklich. Sie schien die ganze Welt mit ihrem Strahlen zu erhellen, als du endlich da warst. Und erst da habe ich gesehen, wie schön sie wirklich war... du hattest sie noch schöner gemacht. Ich wusste noch nicht, dass mir diese Erkenntnis uns beiden später sozusagen zum Verhängnis werden sollte. Auch dein Vater war sehr glücklich und kümmerte sich sehr gut um dich, was ich nicht erwartet hatte, denn vor deiner Geburt und der Schwangerschaft und allem war er sehr unnahbar gewesen- nicht mal deine Mutter kannte ihn richtig, auch wenn sie mit ihm zusammen war. Ich habe nie verstanden, was sie an ihm fand. Aber als du da warst, veränderte er sich, er wurde offener anderen gegenüber und erzählte selbst fremden Menschen einfach so von seinem frischgebackenen Vaterglück. Mir kam es vor, als wäre er ein völlig anderer Mensch und ich habe angefangen, ihn zu mögen.
Ich wusste, dass auch er vorher mich nicht wirklich mochte, auch wenn ich die beste Freundin seiner Freundin war. Ich glaube, er hatte ein Problem damit, dass ich mit sehr vielen Jungs während meiner Schulzeit zusammen war... er hielt mich wohl für so etwas wie ein Flittchen. Auch wenn das nicht stimmt, wie es mir vor einigen Jahren klar wurde." Ginny lächelt traurig. " Ich hatte diese vielen Beziehungen nur, um unterbewusst zu verdrängen, dass ich im Prinzip eigentlich gar nicht auf Jungs stand- sondern dass ich mich eigentlich mehr zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlte. Das alles war mir natürlich nicht klar, als ich zur Schule ging. Ich war unreif, ein Teenager mitten in der Pubertät, der nicht wusste, wer er war und wie er sich entwickeln würde. Und natürlich ist es auch so, dass fast jeder Teenager diese Schwankungen hat. Kaum einer weiß in dieser Zeit, wer er wirklich ist."
Plötzlich wird mir klar, dass sie vollkommen Recht hat, aber ich sage nichts.
" Wie gesagt, nach deiner Geburt begannen dein Vater und ich, uns sehr langsam anzufreunden, annähern, sollte man es wohl eher nennen. Wir drei waren durch dich verbunden worden. Hermine entwickelte sich zu einer zwar sehr jungen, aber wundervollen Mutter. Und auch dein Vater kümmerte sich, wie ich dir bereits erzählte, sehr gut um dich. Und ich freute mich für die beiden, obwohl schon tief in mir Gefühle schlummerten, die wenig später das Glück zerstören sollten. Nur waren zu diesem Zeitpunkt diese Gefühle noch in meinem Unterbewusstsein, denke ich, ich nahm sie nicht wahr oder wusste noch nicht einmal, dass es sie in mir gibt. Nach deiner Geburt jedoch entwickelten sich diese Gefühle, die ich für Hermine empfand, immer weiter und wurden stärker. Am Anfang tat ich es damit ab, dass ich nur eine tiefe Zuneigung zu ihr empfand wie zu einer sehr, sehr guten Freundin, welche sie für mich ja auch war. Aber dann begann ich mir Sachen vorzustellen, Dinge, die man nicht mit einer besten Freundin tut und die über normale Freundschaft hinausgehen... wenn du verstehst, was ich meine?"
Ich nicke wie gebannt und mir rieseln Kälteschauer den Rücken hinunter. Natürlich verstehe ich, was sie meint, sie spricht von einem Verlangen, das sich immer weiter ausbreitet, dem Verlangen, die Person zu berühren, ihre Haut zu streifen und sie zu küssen... und es widert mich an, das Ginny solche Gefühle für meine Mum empfand, oder, besser gesagt, empfindet.
" Als du fast ein Jahr alt warst, hatte ich so langsam herausgefunden, was mit mir passiert war... ich hatte mich in Hermine, meine beste Freundin, verliebt, die einen Freund und in Baby hatte und somit für mich in diesen Dingen unerreichbar war. Es schmerzte mich zunehmend, sie glücklich mit dir und deinem Vater zu sehen, und meine neu gewonnene Freundschaft zu ihm schwand wieder und wurde durch Neid und Eifersucht ersetzt. Immer wieder wünschte ich mir, die Beziehung würde in die Brüche gehen. Hermine bemerkte, dass ich mich veränderte, denn sie kannte mich ja schon so lange und wusste genau, wenn etwas nicht stimmte. Das war sonst immer hilfreich für uns beide gewesen, denn dann konnten wir uns immer schnellstens gegenseitig helfen, wenn es nötig war. Aber diesmal konnte ich ihr natürlich nicht von meinem Problem erzählen. Da ahnte ich nicht, dass auch bei Hermine etwas unterschwellig unter der Oberfläche brodelte... ich war so ahnungslos, so naiv.
Heute weiß ich, dass auch sie in den Wochen vor deinem ersten Geburtstag Veränderungen an sich gespürt hatte, die ihr Verhältnis zu mir betrafen. Und auch heute ist es mir immer noch unerklärlich, dass Hermine ebenso für mich empfand wie ich für sie, denn damals war ich davon überzeugt, sie würde niemals, niemals, so etwas empfinden wie ich... nur tiefe, innige Freundschaft, aber niemals mehr als das. Um es kurz zu fassen und dich nicht noch mehr zu verwirren: es folgten jede Menge Missverständnisse und viele Streitereien, weil keiner von uns beiden zugeben wollte, was wirklich los war. Diese Zeit war sehr schwierig, da ich die ganze Zeit fürchtete, unsere Freundschaft würde zerbrechen, aber ich konnte Hermine auch nicht sagen, was ich wirklich für sie empfand. Es schien mir, dass alles, egal was ich tat, zum Ende unserer Freundschaft führen würde. Das machte mich unendlich verzweifelt. Ich war ratlos. Ich, diejenige, die sonst fast immer gewusst hatte, was zu tun war, wusste nun nicht mehr weiter. Und das alles nur wegen deiner Mutter. Aber die Gefühle, die ich für sie hatte, waren unerbittlich, ich konnte sie nicht zurückdrängen, denn sie waren stärker als alles, was ich jemals empfunden habe."
Dieser Satz schneidet mir besonders Herz, wie ein glühender Dolch. Doch Ginny merkt nicht, wie er mich schmerzt, denn sie geht umher und hat dabei die Augen geschlossen, während sie erzählt.
" Irgendwann stritten wir uns sehr heftig. So heftig, wie wir uns noch nie in unserer ganzen Freundschaft gestritten hatten. Hermine konnte nicht verstehen, was ich ihr verschwieg, und sie war sehr, sehr enttäuscht darüber, dass ich ihr nicht sagen wollte, was mit mir los war. Sie warf mir vor, dass ich nicht genug Vertrauen zu ihr hatte, ich mich in den letzten Wochen zum Negativen veränderte und immer verschlossener wurde. Ich war zum einen in meinem Inneren sehr zerrissen, aber auch wütend darüber, dass sie meinen Wunsch, nichts erzählen zu wollen, nicht akzeptierte. Wir gerieten beide bei dem Streit immer mehr in Rage und schrien uns immer lauter an, bis ich voller Zorn mit meinen Gefühlen herausbrach. Natürlich war Hermine erst einmal sprachlos, geschockt und immer noch wütend. Dann aber begann sie plötzlich zu weinen und ich tröstete sie, bis... naja, ich denke, du kannst dir vorstellen, was passiert ist, wenn ich dir sage, dass Hermine mir auch ihre Gefühle gestand und wir dann die ganze Nacht keinen Schlaf bekamen."
In diesem Moment habe ich das Gefühl, mich sofort erbrechen zu müssen. Und tatsächlich bekomme ich einen Würgreiz und beginne zu husten. Ginny schreckt aus ihrer Trance des Erzählens auf und eilt zu mir, während ich nur bittere Galle auf den verdreckten Boden spucken kann. Wie eine fürsorgliche Mutter hält Ginny mir die Haare zurück und streichelt mir über den Kopf, bis ich fertig bin, dann fragt sie sanft: " Soll auf aufhören zu erzählen oder kannst du es ertragen?"
Eigentlich habe ich das Gefühl, gar nichts mehr ertragen zu können, aber dennoch krächze ich: " Ich will alles wissen. Erzähl weiter, bitte."
Ginny sieht mich besorgt an. " Es ist grausam für dich, nicht wahr?"
" Erzähl schon weiter!", fauche ich wütend. " Und hör auf, so zu tun, als würdest du dir Sorgen um mich machen!"
" Aber das tue ich doch", erwidert Ginny leise. " Ich mache mir wirklich Sorgen um dich. Aber wenn du es wirklich willst, werde ich jetzt weitererzählen."
Ich nicke abrupt. " Ihr habt also dann miteinander geschlafen. Was ist dann passiert?", frage ich mit bemüht ruhiger Stimme.
Ginny schluckt und erzählt: " Danach haben wir uns mehrere Tage lang nicht gesehen. Ich konnte nicht glauben, dass Hermine tatsächlich doch die gleichen Gefühle für mich empfand wie ich für sie. Es schien unglaublich. Hermine war in einer Art Schock- und Trancezustand, nachdem wir die Nacht zusammen verbracht hatten, und ich konnte absolut nicht einschätzen, was nun als Nächtes passieren sollte. Ich wusste nur, dass sie sich schreckliche Sorgen um deinen Vater und ihre Beziehung und natürlich dich machte. diese kurze Zeit, in der wir uns nicht sagen, war irgendwie ein seltsamer Schwebezustand. Ich schwebte in gewisser Weise zwischen zwei Gefühlen: Freude darüber, dass sich mein größter Wunsch und mein tiefstes Verlangen erfüllt hatten, aber auch Schock und Besorgnis über das, was jetzt als Nächstes passieren sollte. Und aus diesen Gründen hielt ich mich in den Tagen auch von ihr fern. Allerdings wohnten wir beide in London, und da wir sonst fast alles zusammen getan hatten, wie einkaufen oder etwas in der Stadt essen gehen, führte uns das irgendwann wieder unweigerlich zusammen. Orte, wo wir zusammen gewesen waren, schienen uns beide wie Magnete anzuziehen.
Und so trafen wir uns dann schließlich nach ungefähr einer Woche wieder. Natürlich war ich erst einmal wieder sprachlos, wusste nicht, was ich sagen oder tun sollte. Auch Hermine ging es so, aber sie schien einen Entschluss gefasst zu haben, der mich überraschte, aber sehr glücklich machte. Sie sagte mir unglaubliche Dinge, die ich mir niemals zu erträumen gewagt hatte: dass sie niemals ohne mich leben könnte, sie die Gefühle, die sie mit mir hatte, niemals wieder vergessen möchte und dass sie so viel mehr für mich empfindet als wie für deinen Vater. Sie schien alles, was sie in den letzten Jahren so glücklich gemacht hatte, zu vergessen. Denn sie liebte deinen Vater- sie hatte mit ihm ja schließlich ein Kind, nämlich dich... das verband die beiden untrennbar. Es verbindet sie heute noch, auch wenn deine Mutter heute davon nichts mehr hören möchte. Jedenfalls sagte ich ihr meine Bedenken, meine Sorge darüber, was nun mit deinem Vater und dem Kind passieren würde, wenn wir zusammenbleiben würden... wie würde er reagieren? Würde er womöglich das Sorgerecht für dich beanspruchen oder würde er es einfach hinnehmen und davonschleichen wie ein geprügelter Hund, wenn Hermine ihm alles beichtete?
Und was war überhaupt mit Hermines Gefühlen zu ihm passiert? Hatte sie überhaupt keine Schuldgefühle ihm oder ihrem Kind gegenüber? All diese Fragen stellte ich ihr natürlich. Und sie antwortete mir wieder mit der tiefen Liebe, die sie für mich hatte, und gestand, dass sie deinen Vater zwar noch liebte, mich aber um einiges mehr, tausendfach stärker... aber sie wusste, dass es für sie, ihr Kind und deinen Vater das Beste war, wenn sie ehrlich war. Denn sonst würde sich ein Netz aus Lüge und Betrug aufbauen, welches vielleicht nie wieder zerstört werden könnte.
Also tat sie es. Sie beichtete deinem Vater alles. Die langsam aufkeimenden Gefühle für mich, die Nacht, die wir zusammen verbracht hatten und auch ihren Zwiespalt, dass sie innerlich zwischen mir und ihm zerissen war. Sie hatte natürlich gehofft, er würde es vernünftig aufnehmen, wie ein erwachsener Mann, doch er führte sich schrecklich auf und bekam einen schlimmen Wutanfall. Das Schlimmste war wohl noch die Tatsache, dass ich bei dem Geständnis dabei gewesen war und mit angesehen hatte, wie Hermine ihrem Freund den Betrug gestand. Dein Vater bekam eine riesige Wut auf mich und schob mir alle Schuld zu. Ich wäre schuld daran, dass Hermine nun anders empfand, sie sich in mich verliebt hätte, ich hätte ihr etwas eingeredet und sie dazu gezwungen, eine Nacht mit mir zu verbringen. Er war sehr, sehr wütend und verließ deine Mutter sofort. Natürlich war Hermine am Boden zerstört. Sie hatte sich erhofft, dass sie im Guten auseinandergehen würden. Doch diese Hoffnung hatte sich zerschlagen. Einerseits war es gut, dass dein Vater Hermine ohne jeden Anspruch auf dich verließ. Auf der anderen Seite war sie sehr verletzt darüber und war davon überzeugt, dass du ihm wenig oder sogar überhaupt nichts bedeutet hattest."
Auch wenn ich meinen Vater nicht kenne und mich nicht erinnere- in diesem Moment bin ich ich wirklich, wirklich wütend auf ihn. Er hat mich verlassen, einfach so. Er hat Mum verlassen. Natürlich war er gekränkt und verletzt und enttäuscht durch Mums Betrug, aber vielleicht hätte er sich auf ein letztes, klärendes Gespräch einlassen können...
" Dieses Verhalten machte deine Mutter unheimlich fertig. Sie gab sich die Schuld daran und dachte immer wieder darüber nach, was sie hätte besser oder anders machen können. Und schließlich fasste sie den Entschluss, dass wir beide uns nie wieder sehen sollten."
" Was?", fragte ich erstaunt. " Aber dann war doch alles umsonst gewesen!"
" Genau das sagte ich ihr auch. Aber sie war davon überzeugt, dass unsere Gefühle alles zerstört hatten. Und so war es im Prinzip ja auch. Aber ich sagte ihr eben das: alles wäre umsonst gewesen, wenn wir uns jetzt trennten. Doch Hermine kam nicht darüber hinweg, und sie wollte ihr Kind lieber alleine aufziehen anstatt mit mir zusammen. Ihr schien das irgendwie falsch und abnormal, wenn zwei Frauen gemeinsam in einer Beziehung ein Baby aufzogen. Sie war immer diejenige gewesen, die mehr Zweifel an dem Funktionieren einer Beziehung hatte. Ich war in dieser Sache eher optimistisch gestimmt, aber es tat mir natürlich auch Leid, dass sie nun durch die Trennung von deinem Vater so niedergeschlagen war. Allerdings wollte ich sie trotzdem überreden, dass wir zusammenblieben. Doch sie ließ sich nicht abbringen und so kam es schließlich dazu, dass wir uns lange, lange nicht sahen. Ich wusste nicht, was Hermine in den folgenden Jahren tat, aber ich denke, sie suchte sich ein neues Zuhause außerhalb meiner Reichweite, damit sie den Erinnerungen entfliehen konnte. Dann gab es da natürlich noch dich, und ich machte mir auch Sorgen darum, ob Hermine als alleinerziehende Mutter klarkommen würde. Aber wenn ich dich so anschaue, hat sie das ganz gut geschafft." Ginny blickt mich mit einem Spur von Stolz an. " Um zur Vergangenheit zurückzukommen: ich führte nach diesem... tja, wie soll ich sagen? Nach dieser fehlgeschlagenen Beziehung, nenne ich es einfach mal, führte ich anfangs ein recht einsames Leben. Ich blieb in meiner alten Wohnung in London, denn ich brachte es einfach nicht über mich, diese Stadt hinter mir zu lassen. Ich konnte die Erinnerungen am besten an einem vetrauten Platz verarbeiten und nicht mit einem Neuanfang, indem ich umzog und alles verließ, was mir lieb war. Nach einiger Zeit begann ich dann, öfters abends auszugehen. Meine Absicht bestand eigentlich darin, Hermine zu vergessen und stattdessen jemand anderen zu finden... aber diesmal hielt ich zum ersten Mal in meinem Leben nach einer Frau als Partnerin Ausschau, und ließ die Männer praktisch links liegen. Allerdings ist es schwieriger, wenn man.... naja, du weißt schon... "
" Lesbisch ist?", helfe ich tonlos nach.
Ginny lächelt gequält. " Richtig. Es ist schwieriger, wenn man sich für das eigene Geschlecht interessiert. Und deshalb passierte es auch einige Male, dass ich mit Männern im Bett landete. Eines Abends allerdings lernte ich einen wirklich sehr netten Mann kennen und wir kamen tatsächlich irgendwie zusammen. Ich sage extra 'irgendwie', weil es in gewisser Weise keine richtige Beziehung war, jedenfalls nicht für mich... ich weiß, das klingt jetzt sehr hart und verletzend, aber es war damals so, dass ich Hermine um jeden Preis vergessen wollte, und dabei war es mir praktisch egal, wen ich dabei alles verletzte. Und so war es auch bei diesem Mann. Ich weiß wirklich nicht, was damals in mich gefahren war. Wir heirateten, obwohl ich ihn nicht liebte, und wir führten eineinhalb Jahre eine Beziehung- aber das habe ich dir ja bereits erzählt."
Es stimmt, davon hat sie mir tatsächlich mal erzählt. Allerdings scheint dieses Gespräch Jahre her zu sein, obwohl wir es erst vielleicht vor ein paar Wochen geführt haben.
" Daher kommt es, dass ich 'Mrs' heiße. Aber das Ganze hielt nicht lang, wie gesagt, nur anderthalb Jahre. Dann wurde mir alles zu viel und trennte mich von ihm. Weil ich aber ehrlich sein wollte, erzählte ich ihm die Wahrheit: dass ich nie wirklich in ihn verliebt gewesen war. Er reagierte anders als erwartet, denn er flehte mich an, bei ihm zu bleiben und war nicht eine Sekunde wütend oder enttäuscht über mein Verhalten, er bettelte mich regelrecht an, ihn nicht zu verlassen. Doch ich konnte ihn nicht länger anlügen oder mit ihm zusammen sein. Ich trennte mich zwar von ihm, aber eine Scheidung ließ er niemals zu, egal wie sehr ich danach verlangte. Und bis zur letzte Minute flehte er mich an, ihn nicht zu verlassen. Aber ich ging trotzdem. Ich konnte ihn und mich selbst nicht mehr belügen."
Ginny stoppt in ihrer Erzählung und ich schaue sie an, um herauszufinden, ob sie noch weiterspricht oder mit ihrer Geschichte fertig ist. Sie starrt geistesabwesend aus dem offenen Fenster und scheint in Gedanken versunken.
" Ginny?", frage ich sanft- sanfter, als mir zumute ist. All diese Informationen, diese Erlebnisse, die mir Ginny mitgeteilt hat... all das begreife ich irgendwie noch nicht richtig. Alles auf einmal kann ich ich gar nicht aufnehmen, vor allem nicht in dem Zustand, in dem eigentlich gerade bin. Trotzdem frage ich: " Erzählst du noch weiter?"
" Ich... ähm, ja, natürlich." Ginny schreckt aus ihrer Trance auf. " Also, ich hatte mich von meinem Mann getrennt und mittlerweile hatte ich zu Hermine ungefähr drei Jahre keinen Kontakt mehr. Also warst du inzwischen fast vier Jahre alt. Natürlich dachte ich in dieser Zeit, als ich wieder alleine war, mehr an Hermine und auch an dich- wie es euch wohl nun gehen mochte oder wo ihr wart. Diese Fragen zogen sich durch mein weiteres Leben und die folgenden Jahre, in denen ich zuerst einen Job in einer Muggelschule annahm, und dann als Lehrerin in einer ausländischen Zauberschule arbeitete."
" Echt?", rutscht es mir neugierig heraus. Eigentlich ist das ja gar nicht von Belang, aber irgendwie interessiert es mich. " Wo warst du?"
" In Spanien. Dort gibt es auch eine Zauberschule, allerdings ist die natürlich nicht so groß und geräumig wie Hogwarts. Dort hat es mir aber nicht wirklich gefallen und es war eigentlich auch nur eine Übergangsmöglichkeit. Als ich meinen Job dort wieder nach ungefähr einem halben Jahr gekündigt hatte, beschloss ich, nach Hogwarts zu gehen. Und der Gedanke gefiel mir eigentlich sehr: ich würde ja sozusagen in mein altes Zuhause zurückkehren. Allerdings dauerte es ein weiteres Jahr, bis meine Bewerbung dort anerkannt und ich schließlich eingestellt wurde. Mittlerweile waren elf Jahre vergangen... wenn ich jetzt so darauf zurückblicke, ist es für mich unglaublich, dass so viel Zeit vergangen ist. Mir kommt es vor, als seien diese Jahre im Flug vergangen, obwohl ich ein einsames und von Fragen geplagtes Leben führte. Naja, aber fest steht, diese Zeit ist vergangen, ohne dass ich je wieder etwas von Hermine gehört hatte. Mir war allerdings klar, dass du nun nach Hogwarts gehen würdest, wenn Hermine nicht in ein anderes Land umgezogen war. Aber an meinem ersten Tag hier sah ich dich sofort. Ich erkannte sofort die gleichen Gesichtszüge in dir, auch wenn du andere Augen als sie hast. Und vom ersten Moment an prägte ich mir ein, mich von dir fernzuhalten. Was mir schlecht gelungen ist, um es mal zu bemerken", fügt Ginny mit einem traurigen Lächeln hinzu. " Du solltest nie etwas erfahren, jedenfalls nicht von mir. Ich wusste nicht, ob deine Mutter dich je über ihre Vergangenheit oder über deinen Vater aufgeklärt hatte, also hielt ich es für das Beste, absolut gar nichts zu sagen. Aber schließlich erzählte ich dir doch etwas, wie du ja weißt. Von der Freundschaft zwischen mir und Hermine und davon, dass wir seit Jahren keinen Kontakt mehr hatten, früher aber eng miteinander verbunden waren. Dann kamen die Briefe, in denen mich deine Mutter verleugnete. Ab diesem Moment zerbrach etwas in mir und ich ließ alles zu. Ich ließ zu, dass wir uns küssten, dass wir miteinander schliefen und dass du mir so nahe kamst, wie es eigentlich nie hätte passieren dürfen. Es kam nicht selten vor, dass ich dabei an Hermine dachte, ich sah sie so sehr in dir, dass es mir weh tat, was ich dir zufügte. Durch meinen Betrug fügte ich dir Schmerzen zu und Enttäuschung, die ich mir nicht ausmalen möchte. Ich fühle mich so leer und schlecht, nachdem all das passiert ist. Aber ich hoffe, du kannst ein wenig, ein ganz klein wenig verstehen, was ich fühle und wie es in mir aussieht."



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Das war also Ginnys Geschichte. Wie hat's euch gefallen?


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