von meistermieses
Kingsley machte sich schreckliche Vorwürfe. Wie konnte so etwas nur passieren? Ruhelos lief er in seinem Arbeitszimmer hin und her. Die Aufgabe erschien so ungefährlich. Sie war genau das Richtige für unerfahrene Auroren. Und genau da lag das Problem. Jemand hatte vermutet, dass Kingsley für so eine Art von Aufgabe einen unerfahrenen Auror einsetzen würde. Vielleicht sogar einen von den ganz Neuen. Möglicherweise sogar Harry Potter. Ein junger Auror war sinnlos bei einem hinterhältigen Anschlag gestorben, der vermutlich Harry gegolten hatte. Aber jedewede Spur verlief bisher im Sande. Kingsley raufte sich die Haare. Jemand hatte sich vor einigen Monaten den alten Zauberer geschnappt und die Falle präpariert. Und dieser Jemand musste gewusst haben, dass Harry sich in der Aurorenausbildung befand. Dann hatte er genau zum richtigen Zeitpunkt das Verschwinden des Zauberers gemeldet. Nämlich zu einem Zeitpunkt, zu dem Harry bereit für seinen ersten Außeneinsatz war.
Dies alles behagte Kingsley gar nicht. Hier war vermutlich ein Insider am Werk. Aber nur vorausgesetzt, dass dieser Anschlag wirklich Harry gegolten hatte.
Sicherheitshalber hatte Kingsley den anderen Auroren eingeschärft, ab jetzt besonders vorsichtig zu sein. Für ihn hatte dieser Vorfall höchste Priorität, denn es ging auch darum sein Ansehen zu retten. Er hatte Parvati auf eine Mission geschickt und sie war nur tot zurückgekehrt. Wenn sie nicht den Täter fassten, dann wäre ihr Tod endgültig sinnlos gewesen.
Vor einigen Minuten hatte er Harry nach Hause geschickt. Diesen hatte der Vorfall sehr mitgenommen, was natürlich absolut verständlich war. Harry wohnte jetzt mit Hermine Granger zusammen. Davon hatte Kingsley bis vor wenigen Augenblicken gar nichts gewusst. Immerhin war die Wohnung abseits gelegen und niemand würde ihn hoffentlich stören. Einen weiteren Rummel um seine Person konnte Harry in dieser Situation auf keinen Fall gebrauchen. Er würde Harry erst einmal eine Weile aus dem Verkehr ziehen. Für Kingsley stand fest, dass Harry seinen nächsten Außeneinsatz erst antreten würde, wenn sie den Täter gefasst hatten.
Nun stand er vor der undankbaren Aufgabe die Patils über den Tod von Parvati zu informieren. Bevor er sich auf den Weg machte dachte er noch ein letztes Mal an Harry und hoffte, dass dieser sich keine all zu großen Vorwürfe machen würde.
Hermine konnte es nicht fassen. Jetzt war sie es, die sich um Harry kümmern musste. Vollkommen überraschend für sie war er viel zu früh von der Arbeit zurückgekehrt und hatte ihr mit brüchener Stimme von dem schrecklichen Vorfall erzählt. Er hatte Parvatis Tod noch gar nicht richtig realisiert. Nachdem sich Harry ein wenig beruhigt hatte und auf der Couch Platz nahm, war eine große Erschöpfung über ihn gekommen. Er war regelrecht zusammengeklappt, die Anspannung und das Adrenalin war aus seinem Körper gewichen und im Nu war er eingeschlafen. Nun wachte Hermine an der Couch neben ihm Sie wusste immer noch nicht wie sie ihm begegnen sollte, wenn er wieder aufwachte. Einerseits war sie froh, dass Harry diesem schrecklichen Ort unbehelligt entkommen war, andererseits trauerte sie um die tote Parvati. Niemand hatte es verdient durch einen feigen Anschlag so sinnlos zu sterben, vor allem wenn er eigentlich einem anderen gegolten hatte. Das Problem war, dass sie an dieser Tatsache nichts ändern konnten. Wichtig war es vielmehr, dass Harry mit diesem schrecklichen Erlebnis zurechtkam und es ihnen gelang den Täter, der hinter diesem Anschlag steckte, zu fassen.
Hermine hatte keine Ahnung, wie es um Harrys Gefühlswelt stand. Vermutlich hatte er Parvatis Liebesgeständnis noch nicht verdauert. Hermine hatte nur gemerkt, dass Harry damit überhaupt nicht gerechnet hatte. Außerdem vermutete sie, dass Harry sich außerdem noch große Vorwürfe wegen Parvatis Tod machte. Dazu kannte sie ihn zu gut. Harry würde sich mit Sicherheit schuldig fühlen, obwohl er eigentlich frei von Schuld war. Er war nicht Parvatis Beschützer. Parvati hatte die Ausbildung zu einer Aurorin abgeschlossen und war sich des Risikos ihres Berufs bewusst gewesen. So einer hinterhältigen und perfiden Falle zu entgehen erforderte weitreichende Erfahrung. Parvati war dieser Aufgabe nicht gewachsen gewesen, aber Harry hatte die Falle durchschaut. Diese Tatsache machte Hermine trotz der schrecklichen Ereignisse sehr stolz. Harry hatte wieder einmal bewiesen, dass er nicht einfach zu töten war. Die Frage war nur, wie lange das noch gut gehen mochte. Irgendwann würde man auch Harry erwischen. Aber diesen Gedanken wollte Hermine nicht zu Ende denken. Sie glaubte nicht, dass sie einen neuerlichen Verlust noch ertragen könnte. Nein, wenn Harry starb, dann würde sie auch sterben, das stand für sie unwiderruflich fest. Sie wollte ihn jetzt nicht mehr aus den Augen lassen und die Zeit, wie kurz sie auch sein mochte, mit Harry genießen. Aber das funktionierte nur, wenn sie ehrlich zu ihm war. Sie musste ihm ihr Herz ausschütten und ihre Gefühle für ihn schonungslos offenlegen, so wie ein offenes Buch.
Hermine seufzte. Das war eine denkbare schwierige Aufgabe in der jetzigen Situation, aber es musste sein.
Angespannt strich sie sie mit ihrer Hand über seine warme Stirn. Sie hoffte inständig, dass er ihre Gefühle erwidern würde.
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