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Fanfiction

Wodka und Feiglinge - Wodka und Feiglinge

von AshLee

Nichts lässt uns so erstarken, wie ein Schrei um Hilfe



Wodka und Feiglinge


Eine Schachtel Zigaretten. Ein Glas mit höllisch brennendem Zeugs, das dazu gedacht ist, den Konsumierenden innerlich zu verbrennen. Ein harter Hocker und eine genauso harte Theke. Eine leere Kneipe. Ein aufdringlicher Wirt, der unbedingt deine Lebensgeschichte erfahren will und nicht locker lässt, so dass er dir sogar seinen Waschlappen in die Fresse schleudert.

„Solche Nächte sind dafür geschaffen, sich den Kummer von der Seele zu reden.“

Du glaubst, der ist eine Frau, versehentlich in den Körper eines Mannes hineingeboren. Auch ein Fremdkörper. Scheiße, wieso finden alle Irren auf der Welt früher oder später unweigerlich zu dir? Seit wann bist du ein Magnet für alles Anormale dieser Erde? Wieso fragst du dich das, Idiot? Du warst schon immer das perfekte Anziehobjekt für alles Hirnlose. Sieh es doch ein: Du bist genauso ein Freak wie der Wirt. Wer hat dich dazu gemacht?

Nach all den Jahren, in denen du gekämpft hast, kam irgendwann der Moment, an dem du schlussendlich gemerkt hast, dass es nichts bringt, wegzulaufen. Du hast dir so oft eingeredet, stark und normal (vielleicht etwas verrückt) zu sein, dass du beinahe selbst daran geglaubt hast. Wie geschwollen deine Brust war, als der hässliche Gnom, der zu groß geraten war, besiegt wurde. Dabei hast du doch nichts getan. Du bist weggelaufen. Nicht einmal das hast du hingekriegt. Geschnappt hat man dich; dir den Zauberstab weggenommen. Genauso gut hätte man dir deinen Arm abhacken können. Ach, wahrscheinlich hättest du das in dieser Zeit nicht einmal gemerkt, bist du doch der größte Volltrottel dieser Welt. Überspielt hast du deine Depressionen; jeden Tag. Seamus war da, der dich zum Lachen gebracht hat. Über was hast du eigentlich gelacht? Weil er alles in die Luft gejagt hat, so wie du es gerne getan hättest? Seamus. Wie er sich gefreut hat, als du aufgetaucht bist.

„Du hast es geschafft, du hast es geschafft!“, hat er gebrüllt, als wäre es dein Verdienst, dass du entronnen bist.

Dabei wärest du aufgeschmissen gewesen, wäre Harrys Leibelfe nicht gewesen. Und Harry natürlich. Seamus wollte unbedingt daran glauben, dass nur du das geschafft hast. Seamus.

„Erzähl jetzt endlich, Süßer. Ich habe noch zwei Stunden geöffnet, mir ist langweilig und es kommt einfach keine Kundschaft“, seufzt der Wirt und wirbelt seinen muffligen Putzlappen um den Finger. Er rammt eine Hand in die Hüfte und schielt schmollend an die Decke. Na gut. Dann erzählst du eben.

„Mein bester Freund heißt Seamus - "

„ - Was für ein putziger Name!“

„ - Ich habe ihn schon seit zwei Jahren nicht mehr gesehen.“

„Oh.“

Er beugt sich zu dir vor und das ist dir unangenehm. Du lehnst dich nach hinten und führst dieses bittere Zeug an die Lippen. Verflucht, das brennt. Waschlappen. Dann brennt es eben ein bisschen.

„Seamus hat immer alles kaputt gemacht“, erzählst du und zieht eine Zigarette aus der Schachtel. Du kramst nach deinem Feuerzeug. Dein Zauberstab ruht in deinem Ärmel. Der Wirt hält dir Feuer unter die Nase. Eigentlich würdest du dir die Zigarette lieber selbst anzünden. Gut, verletzt eben seine Gefühle nicht.
Der scheint sowieso recht nah am Wasser gebaut zu sein; das hast du gemerkt, als er vor einer Viertelstunde in Tränen ausgebrochen ist, als er die Kotze von einem der Kunden aufgewischt hat. Dabei hat er das Erbrochene schön auf dem Boden verteilt. Dir juckt es in den Fingern, es mit einem Schlenker deines Zauberstabes aufzuwischen. Der Gestank ist eklig.

„Auch dein Herz?“, fragt der Wirt mitfühlend.

Du stutzt. Scheiße, der Typ hält dich für schwul. Okay, dann bist du eben schwul.

„Wie heißt du denn, Süßer?“

„Gayand.“

Scheiße, du bist weder schwul, noch heißt du Gayand.

„Ich bin hetero, genauso wie Seamus, allerdings hat Seamus eine seltsame Vorliebe für seine Kuscheldecke. Und ich heiße nicht Gayand sondern Dean.“

Du kippst das Glas hinter die Binde. Du verziehst leidend das Gesicht.

„Dein erstes Mal?“, fragt der Wirt mitfühlend.

„Nein, ich sagte doch, ich bin hetero! Seamus und ich sind nur beste Freunde!“

„Nein, ich meine, dass du Wodka trinkst.“

„Oh… Jah, schon.“

Irgendwie ist das doch peinlich. Was tust du hier überhaupt? Du sitzt in irgendeiner Muggelkneipe, nach zwei Jahren des absoluten Nichtstuns, mit einem komischen Wirt, der nicht einmal Kotze aufwischen kann und redest über deinen Freund, von dem du nicht einmal weißt, was er eigentlich beruflich macht.

„Seamus und ich waren immer unzertrennlich.“

Du hältst dem Wirt dein leeres Glas hin. Er füllt es. Füllt es bis zum Rand. Wahrscheinlich will er dich betrunken machen, dich dann in irgendein Zimmer schleifen und an dieser Stelle setzt deine Phantasie aus.

„Ich heiße Veronika“, sagt er und wischt mit seinem Lappen über die Theke.

„Du bist ein Mann“, antwortest du und rettest deine Kippen, bevor der Typ auch über die wischt.

„Früher hieß ich einmal Sven. Das heißt“, er lacht schrill, „ich heiße immer noch Sven, würde aber gern Veronika genannt werden.“

Du zwingst dich, einen Schluck zu trinken.

„Dann also Sven.“

Sven sieht beleidigt aus. Das juckt dich aber nicht im Geringsten. Seine sexuellen Neigungen in allen Ehren, aber du siehst es nicht ein, einen Mann „Veronika“ zu nennen. Genauso gut könntest du McGonagall mit Voldemort ansprechen.

„Ich vermisse Seamus“, entschließt dein Mund zu sagen, noch ehe dein Hirn das Signal für „Okay, kannst es aussprechen.“ gegeben hat.

„Und was hindert dich daran, ihn anzurufen?“, fragt Sven.

Du drückst deine Kippe aus, ehe du anschließend noch eine anzündest. Jetzt bist du auch noch ein Kettenraucher.

„Seamus hat mit Sicherheit kein Telefon.“

Und dann lachst du so sehr, dass du auf die Theke sinkst.
Sven zieht ungläubig die frisch gezupft aussehenden Augenbrauen in die Höhe.

„Was für ein Hinterwäldler.“

Du prustest erneut los.

„Seamus hat nicht einmal Strom!“, frohlockst du und deine Stimme überschlägt sich beinahe.

„Nein!“, ruft Sven aus.

„Doch, ich schwöre es! Seamus hat auch keine Waschmaschine!“

Sven rümpft die Nase. „Igitt.“

Jetzt kannst du unmöglich an dir halten. Deine Schultern beben unkontrolliert. Du lachst das erste Mal seit Monaten. Irgendwie befreiend.

„Und wenn Seamus … wenn Seam - wenn Seamus das Verhältnis mit seiner Kuscheldecke nicht aufgegeben und sich eine Frau gesucht hat, dann badet er immer noch mit seinem Zauberstab!“

Du kicherst wie wahnsinnig und merkst nicht, was du ausgeplappert hast, doch dann siehst du Svens amüsiertes Grinsen.

„Badest du etwa ohne deinen Zauberstab?“

„Du weißt, dass es Zauberstäbe gibt?“

Scheiße. Ist Sven am Ende auch so ein gestrandeter Zauberer wie du?

„Hör mal, junger Mann“, sagt Sven in gebieterischem Tonfall, „nur weil du an einem Beischlaf mit mir nicht interessiert bist, heißt das nicht, dass mich überhaupt kein Mann anschaut.“

Er schmollt. Doch du wirst nicht schlau aus seiner Aussage.

„Aber woher weißt du, dass Zauberstäbe … allgemein Zauber gibt?“

Sven wirft dir einen verdrießlichen Seitenblick zu, dann beugt er sich über die Theke.

„Weil ich selbst so einen Zauberstab habe, und wenn du es mir nicht glaubst, dann zeig ich es dir!“

Jetzt bist du vor der Zaubererwelt geflüchtet und direkt in die Arme eines homosexuellen Zauberers gerannt. Wunderbar, Dean.

„Okaaay.“

Mit dem, was er dann tut, hast du nicht gerechnet. Er macht Anstalten, seine Hose aufzuknöpfen. Es dämmert dir, was er mit Zauberstab meint. Mist.

Hysterisches Gelächter dringt aus dir heraus. Es schüttelt dich so sehr, dass du sicherheitshalber deinen Hocker verlässt und dich auf den Boden setzt. Sven putzt beleidigt die Gläser.
Nach einer endlosen Weile hast du dich beruhigt, du starrst hoch an die hölzerne Decke.

„Ich vermisse Seamus“, wiederholst du leise.

„Dann geh zu ihm.“ Svens Augen füllen sich wieder mit Tränen. „Ja, geh“, sagt er mit Nachdruck. „Das Leben ist zu kurz, um sich von seinen Lieben fernzuhalten. Geh.“

Alles in dir schreit danach, Svens Worten sofort zu folgen. Der Alkohol hat sich bereits einen Weg in dein Blut gebahnt, hat dir den Kopf vernebelt. Dennoch verlangst du von Sven, er solle die Flasche „runter“ bringen.

Ihr sitzt nun beide auf dem Boden. Eben ist ein Paar hereingekommen, hat sich in der Kneipe umgesehen, Sven und dich angestarrt und ist wieder abgehauen.

„Ich vertreibe dir die Kundschaft.“

Sven zuckt mit den Schultern. „Die wollten sowieso nicht hier rein.“

„Doch.“ Du streckst dich auf dem Boden aus.

„Nein, die suchen etwas völlig anderes.“

Sven kratzt sich am Bart. Du siehst ihn jetzt zum ersten Mal richtig an. Er ist um die dreißig, ist von dicklicher Statur und hat rotgefärbte Haare und einen runden, ebenfalls rotgefärbten Bart.

„Was suchen sie?“, hörst du dich selbst lallen.

„Die sind auf der Suche nach dem Leben.“

Auch Sven hat angefangen zu trinken.

„Früher war ich das auch“, sagst du.

„Früher war ich hübsch“, sagt Sven.

„Och, du bist noch immer hübsch, Svennilein“, säuselst du und dann fängst du an zu lachen.

Sven kichert. Er kichert ernsthaft.

„Danke, Schokoboy.“

Dann nimmt er deine Flasche, führt sie an die Lippen und trinkt. Als er sie sinken lässt, prustet und hustet er.

„Das Zeug ist widerlich.“

Du nickst bekräftigend.

„Da schmeckt Feuerwhisky süß und fruchtig, natürlich im Vergleich.“

Du lachst schon wieder. Diesmal aber ohne jeden Sinn.

„Du kannst generell keinen Alkohol trinken, nicht wahr?“, rät Sven. „Wenn du zu Whisky schon ein Feuer dranhängst…“

Natürlich hat er Unrecht. Du magst Alkohol. Mit Seamus hast du dir das ein oder andere Mal eine hinter die Binde gegossen. Einmal wurdet ihr von Filch erwischt, der euch an den Haaren gepackt und zum Büro der McGonagall geschleift hat.

Du lachst noch mehr. Sven neben dir ist still. Als du aufhörst, ist es überall leise. Du starrst noch immer an die Decke.

„Warum bist du heute Nacht hier, Schokoboy?“, durchbricht Sven die Stille.

Es scheint, als hatte er das die ganze Zeit über fragen wollen.

„Vor drei Jahren, als der Krieg vorbei war…“, fängst du an, doch Sven unterbricht dich.

„Es gab Krieg? Hier? Ach du meine liebe Güte! Da ist mir wohl mächtig was entgangen. Ich kann mich allerdings nicht daran erinnern, jeden Tag so besoffen gewesen zu sein, dass ich nichts gemerkt habe.“

Du runzelst unwillig die Stirn und wedelst mit der Hand.

„Nimm an, es wäre Krieg gewesen“, verlangst du.

Sven nickt. „Das kann ich. Es ist immer Krieg. Wenn er nicht draußen tobt, tobt er in dir drin.“

„Ganz genau“, stimmst du zu. „Also, es war Krieg. Ich habe auf der Seite der Gerechtigkeit gekämpft.“

Schon wieder schwillt dir die Brust. Verdammt, du hast nicht gekämpft! Egal. Was soll's.

„Als der vorbei war, stellte ich Nachforschungen an. Über meinen Vater.“

„Väter“, seufzt Sven und ehe du dich versiehst, krallt er sich an deine Jacke und fängt an zu schluchzen.

„Mein Dad“, stottert er, „hat sich immer einen Dreck um mich gekümmert.“

Du hebst die Hand, klopfst auf seinen Hinterkopf. Irgendwie seid ihr doch beide kaputt.

Außerdem gehorcht dir deine Zunge nur ganz schwer.

„Und als r-r-rauskam, dass ich s-s-schwul bin, da hat er mich rausgeschmissen! Mit nichts als meiner Unterhose bekleidet!“

„Scheiße, Sven“, bringst du hervor.

„Er … wir… wohnten damals in einer sehr guten Gegend mit vielen ordnungshütenden Nachbarn. Je-jedenfalls war es für mich solch eine- "

Er bricht ab und schnäuzt sich in deine Jacke. Uwäh.

„- eine Demütigung!“ Er schreit das letzte Wort raus und diesmal heult er lautstark.

„Dein Dad hätte sich mit Voldemort gut verstanden.“ Du wirst langsam müde, alles dreht sich.

„Ist Voldemort dein Vater?“, fragt Sven und hebt den Kopf, um dir in die Augen zu sehen.

Du wieherst erneut los. Das ist eine sehr skurrile Vorstellung.

„Ich glaube, Voldemort war impotent. Nein, er war nicht mein Vater. Vergiss ihn.“

„Ich war gerade dabei, mir eine Universität zu suchen“, erzählt Sven weiter.

„Ich war auf seine finanzielle Hilfe angewiesen. Aber es kam nichts. Jedenfalls endete ich irgendwann hier. Dabei hätte ich ein Mathematiker werden können.“

Du hast Mitleid mit Sven. Am liebsten würdest du dir seinen Vater vorknöpfen.

„Svennielein“, lallst du, „Die Kasse ist verdammt gut aufgehoben bei dir. Hier kannst du doch deine Mathematikkenntnisse auslassen.“

Was laberst du eigentlich für einen Stuss? Aber wenigstens gluckst der Wirt wieder.

Auch etwas.

„Jedenfalls“, beginnst du, „sagten die mir im Ministerium, nach endlosen Wochen, dass mein Vater ein Zauberer war.“

Sven schnaubt.

„Ein Landstreicher also?“

Du wirst aus dieser Aussage nicht schlau, bis dir einfällt, dass Sven ein Muggel ist.

„So in etwa“, erwiderst du zögernd. „Ich habe immer geglaubt, er sei ein Muggel. Doch trotzdem hat es in meinen Fingern gejuckt. Vielleicht war er ja doch ein Zauberer. Denn keiner meiner Halbschwestern ist magisch.“

Sven hat Schluckauf. Er hat nur auf ein Wort geachtet: „Was ist ein Muggel?“

Du überlegst angestrengt.

„Ein Mensch … der … normal ist.“

Sven scheint sich mit dieser Erläuterung zufrieden zu geben.

„Jedenfalls kam raus, dass er ein Anhänger der anderen Seite war. Die Seite, die ich bekämpft habe“, fügst du hinzu, als du Svens verwirrtes Gesicht siehst.

Und dann hattest du dich abgeschottet vor der Welt. In dem Augenblick, als du das Schreiben des Zaubereiministeriums in den Händen gehalten hast, ist deine kleine Welt zusammengebrochen.
Du hast dich geschämt. Niemand durfte davon erfahren. Von einen Tag auf den anderen bist du ausgezogen aus dem Haus deiner Eltern. Dein Stiefvater, mit dem du dich nicht immer verstanden, den du aber liebevoll Dad genannt hast, hat versucht, dich davon abzuhalten. Er hat versucht zu verstehen. So, wie er dein Leben lang versucht hat, dich zu verstehen.
Deine Mutter war am Boden zerstört. Hat dich gefragt, was sie falsch gemacht hat. Ob es schlimm gewesen ist für dich, dass sie geheiratet hat. Du hast genervt geschrien. Nein, es hatte doch nichts mit ihr zu tun. Und es hatte alles mit ihr zu tun. Wie konnte sie auf einen Todesser reinfallen? Wie konnte ein Todesser eine Muggel flachlegen?

„Mutter“, hast du gebrüllt, „wie hat Vater dich behandelt?“

Sie sah verwirrt aus.

„Er behandelt mich gut, Schatz, das weißt du doch…“

Du hast heftig den Kopf geschüttelt.

„Ich meine nicht Dad! Ich meine meinen Erzeuger!“

Deine Mutter war blass geworden.

„Er hat uns geliebt“, hat sie geflüstert. „Er hat mich geliebt, aber noch mehr hat er dich geliebt.“

Das war der Auslöser für dich, die Tür aufzutreten und raus zumarschieren.

Es kamen Briefe mit der Post. Ellen, deine Lieblingsschwester, bat dich, heimzukommen.
Irgendwann stand sie vor deiner Tür.

„Bitte, Dean, komm nach Hause!“

Es waren viele sentimentale Worte, Liebesbekundungen, geschwisterliche Umarmungen, Tränen und mehr als fünfmal der Schwur, immer füreinander da zu sein, hin und her geflogen.

Dann war sie gegangen. Und das war gut so gewesen.
Aber ihre stalkerischen Fähigkeiten waren nichts gewesen im Vergleich zu denen von Seamus.
Es hatte Eulen gehagelt.
Dann war er, genauso wie Ellen, vor der Tür gestanden.

„Dean, du Schwachkopf!“, hatte er dich angebrüllt. „Was denkst du, was du tust?“


„Ich habe ihn seitdem nicht mehr wiedergesehen“, sagst du zu Sven, der mit aller Kraft versucht, da durchzusteigen. Er hat sicher nur die Hälfte verstanden.

„Also“, sagt er mit einem Schwips, „ hast du jeden mit Füßen getreten, weil dein Vater ein Terrorist war?“

„Aus deinem Mund hört sich das idiotisch an“, sagst du nachdenklich.

Sven rutscht auf dem Boden näher zu dir.

„Schokoboy, das ist idiotisch.“

Du weißt, dass er Recht hat. Und du weißt, dass du feige warst und dich versteckt hast vor den anderen, dich geschämt hast für deine Herkunft. Aber wie solltest du ihnen denn vor die Augen treten?

Ihnen sagen: „Hey Leute, hört mal, mein Vater, der war ein Todesser, und hey, Neville, vielleicht hat er dabei mitgeholfen, deine Eltern zu foltern.“

Genau das sagst du zu Sven.

Er rümpft die Nase und gibt dir einen sehr mädchenhaften Klaps auf die Schulter.

„Aber das ist doch ganze egal, Schokoboy. Sieh mich an, ich bin keineswegs so wie mein Vater.“

Du willst sagen, dass das was anderes ist. Dass es verdammt noch mal einen fetten Unterschied machst, ob du von einem Todesser oder einem schwulenverachtenden Mann abstammst.

Aber irgendwie kommt dir nichts über die Lippen. Vielleicht liegt es daran, dass du besoffen bist. Vielleicht aber auch daran, dass du die Parallelen zwischen dir und Sven ganz deutlich sehen kannst.

Du bist Dean Thomas, ein Widerstandskämpfer. Er ist Sven Irgendwas, ein Homosexueller.

Aber da ist noch etwas, dass dir auf dem Herzen liegt. Aber Sven würde dafür sicher kein Verständnis haben.

Nachdem du ein Jahr lang abgeschottet von deiner Familie und deiner Welt gelebt hast, kam noch einmal Besuch. Diesmal hochrangig. Kingsley selbst.

„Es hat einen kleinen Fehler gegeben, Dean“, hat er gesagt und durch seine ruhige und tiefe Stimme ist jeder Widerstand in dir erloschen.

„Wir bekamen von einem Todesser, der die Schlacht überlebt hat, die Namen aller Anhänger Voldemorts, die er kannte. Und auch von jenen, die gezwungen wurden, auf Grund von bestimmten Talenten, Todesser zu sein. Einer von ihnen hieß Matthew Smith-Thomas.“

„Mein Vater? Hieß er mit Nachnamen Thomas?“

Kingsley hatte den Kopf geschüttelt.

„Er hat den zweiten Nachnamen irgendwann nach deiner Geburt aus heiterem Himmel abgelegt.“

Du hattest angewidert die Lippen gekräuselt. Sicher, natürlich wollte er nicht den Namen tragen, den auch sein Halbblut von Sohn tragen musste.

„Nun, Dean, vielleicht möchtest du gerne wissen, warum dein Vater starb.“

Aber ohne auf deine abwehrende Haltung zu achten, hatte Kingsley schon angefangen zu erzählen.

Er war bekannt für sein Talent, mit dem Zauberstab zu zeichnen. Er brachte Bilder hervor, die so real waren, dass es die Leute erschreckte, verzückte oder glücklich machte. Und genau dafür wurde er von den Todessern angeworben. Er floh, lernte deine Mutter kennen und bekam dich. Er wusste, was aus dir werden würde. Und er liebte dich so sehr, dass er dich verließ. Unverantwortungslos hatte er gehandelt, das weißt du. Aber dennoch hatte er dich geliebt. Dann natürlich, wie könnte es auch anders sein, wurde er aufgespürt und getötet. Du hast nicht mal ein Bild von ihm. Scheiße.

Sven kneift die Augen zusammen, als hätte er entweder Blähungen oder könnte nicht richtig sehen. Du vermutest beides.

„Also, Schokoboy. Das einzige, das ich verstanden habe, ist, dass dein Vater ein verdammt guter Mann war.“

Ach, woher soll er das denn wissen?

„Aber du bist nicht wieder in die Zaubererwelt zurückgekehrt, oder?“

Nein. Der Grund war deine verdammte Scham und Eitelkeit. Du hattest nun dein Gesicht verloren. Du hattest dich von ihnen abgewandt, von deiner Familie und Seamus und den anderen, dass du dich geschämt hast, zurückzukehren.

„Aber du vermisst sie doch!“, kreischt Sven.

Schande, hat der gute Lungen. Draußen ist es stockfinster.

„Aber sie werden es nicht verstehen können.“

Du hast nun deine Angst ausgesprochen. Dann grapschst du nach der Kippenschachtel, nur damit du was zu tun hast. Der erste Zug ist immer der beste. Aber eigentlich stimmt das nicht. Der zweite Zug schlägt den ersten um Längen.

Du bist depressiv. Schon immer gewesen. In den drei Jahren, in denen du keinen Kontakt hattest, bist du in immer tiefere Löcher gesunken. Dein Gesicht ist eingefallen, dein Körper abgemagert. Wie sollst du in solcher Verfassung Seamus unter die Augen treten? Er, der dich immer davor bewahrt hat, von dem Astronomieturm zu springen, würde sich selbst mit Vorwürfen überschütten und dann dich mit doppelt so vielen.

Du lebst in deiner eigenen kleinen Welt, du hast gar nichts. Nicht einmal eine Ausbildung. Eigentlich wolltest du dich heute Nacht von einer Brücke stürzen. Dieser kleine Ausflug in die Kneipe war nur ein Aufschub von deinem Vorhaben. Weil du ein Feigling bist.

Sven und du, ihr liegt beide nebeneinander auf dem Boden. Du paffst an deiner Kippe, Sven streicht dauernd über seinen Bart.

Eigentlich ist es kein Wunder, dass du immer alles falsch machst. Du warst schon von Anfang an so gewesen. Eine depressive Knalltüte. Hast dich immer wie ein Fremdkörper, nie von dieser Welt gefühlt. Dann beginnt dein träges Hirn nachzudenken und Bruchstücke von Erinnerungen kommen dir in den Sinn.

Seamus und du.

Seamus hat dich immer gerettet vor diesem Gefühl. Das erzählst du Sven, mit schwerer, bleierner Zunge.

„Wenn er dich damals retten konnte, kann er es heute noch.“

Aber du wolltest doch von der Brücke springen.

„Vielleicht überlebst du und musst fortan als Krüppel leben?“, wirft Sven ein.

Bei deinem Glück würde das sicher passieren.

„Ich denke so, Schokoboy: Es gibt für jeden Menschen einen Zeitraum, in dem er tun kann, was er will. Aber wenn dieser nicht abgelaufen ist, kann er alles versuchen, er wird immer gerettet.“

„Das ist Schwachsinn“, widersprichst du und versuchst im Liegen zu trinken.

Der Inhalt ergießt sich auf deine Fresse. Idiot.

„Wenn ein Mensch Selbstmord begeht, und es auch wirklich klappt, dann hat er es in der Hand. Jeder Mensch kann entscheiden, wann er gehen will.“

Sven schüttelt träge den Kopf. Sein Gesicht erscheint dir witzig.

„Die, bei denen es klappt, haben ihre Zeit abgesessen.“

Und was willst du jetzt tun?

Wieder seid ihr still.

„Ich vermisse Seamus.“

Das dritte Mal diese Nacht. Du klingst wie eine kaputte Jukebox.

„Dann geh“, sagt Sven. Schon wieder. Vielleicht ist auch er eine Jukebox.

„Du bist nicht von dieser Welt, das spür ich“, ergreift Sven auf einmal das Wort. „Aber ich spüre keine schlechte Energie. Du bist nur anders. So wie ich. Und das ist kostbar.“

Du verstehst nicht, was er meint, aber du fragst auch nicht nach.

"Ich würde dich jetzt gerne umarmen", sagt Sven.

Oh Mann.

"Wir sollten zuerst aufstehen", sagst du. Wie sehe es denn aus, wenn ihr euch im Liegen umarmt und es kommt ja doch Kundschaft rein?

Dann pennst du ein.

In deinem Traum ist es dunkel um dich herum. Du bist in deiner Wohnung, aber es sieht anders aus. Heruntergekommener. Es ist kalt und du hast nur einen dünnen Umhang an. Und du frierst. Alles ist schwarz weiß. Du bist allein und du hast Angst. Du wirst hier krepieren und keiner wird es je mitkriegen. Dann erscheint Seamus` Gesicht vor dir.

„Dean, warum hast du mich verlassen?“, fragt er, aber er klingt weinerlich. Nicht wie er selbst.

Das Klirren einer Flasche reißt dich aus deinem Traum. Sven versucht sich zu erheben, fällt aber immer wieder zurück. Als du ihm helfen willst, geschieht dasselbe mit dir. Der Morgen graut schon. Wie lange hast du gepennt?

„Du bist auch wach, Schokoboy“, stellt Sven fest. Es riecht nach Alkohol. Er hat eine Flasche umgeworfen.

„Ich muss Seamus retten“, bringst du hervor.

„Ist Seamy-Baby in Gefahr?“ Erschrocken schlägt sich Sven die Hand vor den Mund.

„Vielleicht.“

Sogar der Gedanke daran schmerzt. Aber im Grunde genommen, weißt du, dass das nicht der Fall ist. Dein krankes Hirn hat dich in deinem Traum davon überzeugt, dass du zu Seamus gehen musst, weil er Hilfe braucht. Denn eigentlich bist du es, der seine Unterstützung benötigt. Für Feiglinge wie dich ist es normal, daran zu glauben. Du warst zu schwach, um aus eigenem Antrieb zu ihm zu gehen. Zu Seamus zu gehen, weil du nicht mehr aufwachen wolltest. Ihn um Hilfe zu bitten. Aber jetzt fühlst du dich so, als könntest du Bäume ausreißen.

Seamus hat sich nicht mehr gemeldet, aber höchstwahrscheinlich braucht er auch dich. Du musst jetzt stark sein und großzügig handeln, denn Seamus wird aus freien Stücken nicht um Hilfe bitten. Ja, so wird es sein. Ganz sicher. Nicht du brauchst Hilfe, sondern Seamus. Du als sein bester Freund, musst jetzt den Arsch hochraffen.

Geh, Feigling.

„Besuchst du mich wieder?“, fragt Sven in Tränen aufgelöst.

Sicher wirst du das. Irgendwann.

Dann torkelst du aus der Kneipe. Draußen ist es frisch und dämmrig, du zitterst. Du hebst den Zauberstab in einer dunklen Gasse und apparierst zu dem Haus in Irland, in dem Seamus wohnt. Hoffentlich noch wohnt.

Es ist noch finsterer hier. Das Haus liegt weit abgeschottet von den anderen Häusern in der Gegend in umittelbarer Nähe des Waldes. Du stolperst durch den riesigen Garten.

„SEAMUS! HEY, SEAMUS!“, brüllst du ein paar Mal.

In den oberen Stockwerken geht ein Licht auf.

„SEAMUS! ICH KOMME!“

Im Wohnzimmer geht auch das Licht auf. Dann wird die Tür aufgerissen.

„SCHEISSE, SEAMUS!“, brüllst du.

Seamus bleibt im Schlafanzug an der Haustür stehen, schirmt mit der Hand die Augen ab. Idiot. Als ob die Sonne scheint.

Als er dich erkennt, schreit er vor Freude auf.


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