von >Rumtreiberin<
Die Augen des Hundes glänzten im rötlichen Licht des Sonnenaufgangs so leer wie zwei Spiegel.
Sirius Black hatte auf den Morgen gewartet, doch noch fühlte er sich zu schwach, um aufzustehen. Er lag versteckt unter den tief hängenden Zweigen eines halb verdursteten Strauches, der zwar keinen Schutz, aber doch wenigstens ein Versteck bot. Aber auch, wenn ihn jemand gesehen hätte, wäre er wohl schwerlich auf den Gedanken gekommen, dass er „Großbritanniens meistgesuchtesten Mörder“ vor sich hatte. Seine Fähigkeiten als Animagus waren sein größter Schutz, doch sie stellten gleichzeitig auch eine Gefahr dar. Es war nicht gut, die Tiergestalt für so lange Zeit anzunehmen. Man konnte sich dabei womöglich selbst vergessen.
Hätte Sirius keine Aufgabe zu erfüllen gehabt, wäre ihm das wie ein Geschenk erschienen.
Gestern Nacht hatte er sich kurz verwandelt, nur um zu sehen, ob er trotz allem noch ein Mensch geblieben war. Danach hatte er sich gefragt, ob er wahnsinnig wurde, jetzt noch. Seine Gedanken schlugen immer so seltsame Wege ein und schienen nur ein einziges Ziel zu haben: ihn zu quälen.
Er hatte seit drei Tagen nicht geschlafen, aus Angst, der Traum könnte zurückkehren, den er in seiner ersten Nacht in Freiheit gehabt hatte. Das Grausame an diesem Traum war gewesen, dass er im Schlaf glücklich gewesen war; das Erwachen war, als müsste er Halloween ein weiteres Mal durchleben. In Askaban hatte die Folter darin bestanden, ihm seine schlimmsten Momente immer und immer wieder zu zeigen. Nun zerbrach er an dem Gedanken, dass es einmal anders gewesen war, dass er nicht immer ein Wrack aus Schmerz und Leere, dass er nicht immer ein geächteter Verräter gewesen war. Dass es eine Zeit gegeben hatte, in der ihm vertraut wurde und in der er selbst noch vertrauen konnte. Die Menschen, die ihn ausliefern, angreifen oder sogar töten würden, wenn sie ihn zu Gesicht bekämen, kümmerten ihn nicht. Es war die Tatsache, dass ihm seine Freunde nicht geglaubt hatten, die ihn zerstörte, dass Lily und James in dem Wissen gestorben waren, dass er sie verraten hatte. Und dass er Schuld an ihrem Tod trug, weil er Peter unterschätzt hatte. Eine Entscheidung, und er hatte das Leben seiner Freunde verspielt. Eine einzige Entscheidung…
Wäre Sirius in Menschengestalt gewesen, so hätte er verzweifelt den Kopf den Händen vergraben. Er sehnte sich danach, zu vergessen, und das einzige, was ihn daran hinderte, aufzugeben, war die Angst um den Sohn seines besten Freundes… und die Rache, die er üben wollte und musste. Peter war in Hogwarts, und er würde denselben Fehler nicht ein zweites Mal machen. Er durfte nicht aufgeben; er hatte es geschafft, aus Askaban zu fliehen und er würde es auch schaffen, nach Hogwarts zu gelangen.
Langsam hob er den Kopf und stellte sich auf die immer noch unsicheren Beine; trottete zurück auf den schmalen Pfad, der sich seinen Weg durch ein Waldgebiet bahnte. Er verharrte dort einen Moment, den Blick nach vorne gerichtet, bevor er sich in Bewegung setzte. Der Morgen brach an, und bald würde er hier nicht mehr sicher sein.
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Es war absurd, dass er noch immer einen Überlebenswille hatte, dachte er, denn Sirius Black war längst tot, gestorben in einer Oktobernacht vor 13 Jahren.
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