von BlackWidow
Liebe MIR!
Danke für Deinen superlangen Kommi.
Wilkie Twycross hat mir großen Spaß gemacht beim Schreiben, dafür hat mir das Ende des Kapitels wirklich zugesetzt - kann mir aber bei Walpurgas Charakter gut vorstellen, dass sie die Kinder das sehen lassen hat! Kreacher war wohl noch etwas zu jung, um daran zu denken, dass auch er mal als Schrumpfkopf in diesem Hause verewigt wird. Ich denke, er hat sich erst mal darüber gefreut, dass er nun quasi die Alleinherrschaft im Dienstbotentrakt hat. Schließlich gibt's da auch eine Hierarchie. Dass zwischen Sirius und Kreacher irgendetwas vorgefallen sein muss, denke ich mir auch. In den nächsten Kapiteln wird das immer wieder ein bisschen zum Thema werden, ich habe schon vor, dafür noch eine Erklärung zu finden.
@ alle: Viel Spaß beim nächsten Kapitel - und vielleicht meldet sich ja mal wieder jemand hier:-)
26
Dunkle und helle Tage
Ostern 1964
Die Zeit soll angeblich alle Wunden heilen, doch kann ich mir dies im Falle der Black-Kinder nicht vorstellen. Ob eine kindliche Seele, die schon Mord mitansehen musste, jemals heilen wird, halte ich für höchst fragwürdig, und ich bin in großer Sorge, was aus diesen Kindern einmal werden wird, wenn sie erwachsen sind. Werden sie den bequemeren Weg wählen und die Werte ihrer Eltern kritiklos übernehmen? Oder werden sie die Kraft aufbringen, gegen dieses Schreckenshaus aufzubegehren? Ich jedenfalls möchte alles in meiner Macht stehende dafür tun, dass Sirius und Regulus einmal bessere Menschen werden als ihre Eltern, und wenn ich dabei selber zu Tode kommen müsste. Wie leicht das der Fall sein kann, ist mir seit Elfes Ermordung bewusst.
Letzte Woche hatte ich die Gelegenheit, mit den Kindern heimlich in die Winkelgasse zu gehen, und um sie endlich wieder einmal lachen zu sehen, besuchte ich mit ihnen die Magische Menagerie. Tiere können die Seelen von misshandelten Menschen besonders gut erreichen, und so bat ich Mrs. Tamer, meine Schützlinge so viele Tiere streicheln zu lassen wie sie möchten. Sirius lachte nach langer Zeit wieder einmal so herzlich, als ihm ein Knuddelmuff seine lange Zunge in die Nase steckte, dass ich dieses Tier am liebsten gekauft hätte. Doch wir mussten darauf verzichten, denn Walpurga würde sofort einen Strich durch die Rechnung machen, wenn sie mitbekäme, wie sehr ihre Kinder dies genießen. Regulus fühlte sich zu einer Fledermaus besonders hingezogen, die ihm ständig um den Kopf flatterte. Ich konnte die Kinder für eine Viertelstunde im Laden lassen, um ganz schnell zwei Briefe, die ich schon vor Wochen an Agnes und an Rubeus geschrieben hatte, zur Eulenpost zu bringen. Ich bin im Hause Black nicht einmal in der Lage, Post zu bekommen, weil Walpurga ihrem Personal keinerlei Privatleben gestattet. Und so bin ich nun schon das zweite Jahr fast völlig von meinen Freunden abgeschnitten.
August 1964
Es ist kaum zu glauben, dass Walpurga und ihr Gatte mitsamt ihrem Hauselfen Kreacher in die Sommerfrische in ihr angestammtes Seebad fahren und die Kinder, die so dringend gesunde Seeluft benötigten, mit mir daheim lassen! Einerseits finde ich dieses egoistische Verhalten empörend, aber andererseits freue ich mich darüber, dass wir nun für einige Wochen ganz allein im Haus sind und endlich aufatmen können. Leider ist es mir immer noch nicht gelungen, Kreachers Vertrauen zu gewinnen, und ich bin überzeugt, dass er mich im Auftrag seiner Herrin Tag und Nacht überwacht. Doch nun leben wir einen Sommer lang frei von Spionen - wobei trotzdem immer noch Vorsicht geboten ist, weil ich nicht sicher sein kann, wie viele der Ahnen in den Portraits vielleicht die Anweisung bekommen haben, ein wachsames Auge auf uns zu haben. In den Kinderzimmern fühle ich mich deshalb am sichersten, weil dort keine Portraits hängen, und so verbringen wir die meiste Zeit des Tages dort, wenn wir nicht gerade draußen in einem Park sind.
Jeder der Jungen versucht auf seine Art, das unvergesslich grausame Erlebnis zu verarbeiten. Sirius ist meist still in sich gekehrt, während Regulus in letzter Zeit manchmal kleinen Tieren den Kopf abgehackt hat! Wen wundert es, dass dieses Kind das Erlebte selber nachspielt, weil es verständlicherweise keine Ahnung hat, dass seine Eltern unrecht gehandelt haben? Als er es das erste Mal machte, war ich so schockiert, dass ich nicht wusste, wie ich mich verhalten sollte. Es war Sirius, der mit lautem Prostestgeschrei reagierte, als sein kleiner Bruder mit einem Küchenmesser auf eine Maus losging. Regulus zeigte sich nicht sonderlich beeindruckt vom Gebrüll seines Bruders und er versuchte in den nächsten Tagen immer wieder, kleiner Tiere habhaft zu werden, um sie nach dem Vorbild seiner Eltern ins Jenseits zu befördern. Mein Hinweis, dass er das arme Tier am Leben lassen soll, nützte rein gar nichts. Einmal war Sirius so wütend darüber, dass seine Magie unkontrolliert mit ihm durchging und das Messer statt einer Ratte Regulus in den Arm schnitt. Ich war wieder einmal hilflos in dieser Situation, doch instinktiv hatte Sirius richtig gehandelt: Regulus fühlte zum ersten Mal, dass ein Schnitt mit dem Messer schrecklich weh tut, und seitdem lässt er die Tiere in Ruhe. Zum Glück war die Wunde an seinem Arm nicht so tief, dass ich die Hilfe eines Heilers gebraucht hätte, denn ich hätte nicht allein mit den Kindern ins St. Mungos gehen können - dazu bräuchte ich einen Zauberstab und magische Kräfte!
Ich fühle mich derzeit wie eine Gefangene, die überraschend in die Freiheit entlassen wurde. Ich streife mit den Kindern durch London, das mir trotz Lärm und Gestank der zahlreichen Muggelautos vorkommt wie das Paradies auf Erden. Auch die Kinder blühen sichtlich auf, weil sie endlich so viele Freiheiten haben, wie sie für eine normale körperliche und geistige Entwicklung brauchen. Es kommt zum Glück nicht mehr oft vor, dass ihr Vater den Imperiusfluch anwendet, weil sie unter meiner Obhut den Eltern kaum auf die Nerven gehen, doch ganz verhindern kann ich es leider nicht. Und nun verbringen wir also mehrere Wochen in absoluter Freiheit und brauchen keine Angst vor Flüchen, Spionage und anderen Unannehmlichkeiten zu haben. Ich glaube, Sirius versteht ganz genau, dass es das Beste ist, diese Wochen zu genießen, weil sicher bald wieder dunklere Zeiten kommen. Da kein Hauself anwesend ist, erledigen wir alle Hausarbeiten selber, und Sirius zeigt großes Interesse am Kochen auf Muggelart. Auch für Bücher beginnt er sich nun schon zu interessieren, doch leider gibt es in diesem Haus nichts, was für Kinder geeignet wäre. Die Märchen von Beedle dem Barden sind hier wegen ihrer Muggelfreundlichkeit natürlich verpönt, und die Märchen von den Giftpilzen, die eine gewisse Mrs. Bloxam im vorigen Jahrhundert geschrieben hat, triefen nur so vor Kitsch, dass ich sie den Jungen nicht zumuten möchte. Da wir derzeit unbewacht leben, kann ich zum Glück auch wieder Briefe schreiben und erhalten. Agnes zeigt sich natürlich schrecklich besorgt um mich, doch sie als Mutter kann es wohl auch verstehen, warum ich um der Kinder Willen hier ausharren werde, bis ich nicht mehr gebraucht werde. Sie hat mir einen Band mit Muggelmärchen geschickt, die den Jungen ausnehmend gut gefallen. Auch ich habe meine Freude daran, doch eines dieser Märchen ließ eine alte Wunde aufplatzen, die ich vor etlichen Monaten nur notdürftig geflickt hatte. Das Märchen heißt Schneeweißchen und Rosenrot, und darin kommt ein Prinz vor, der dazu verflucht wurde, als Bär zu leben. Plötzlich kommt mir Urs wieder in den Sinn, und ich denke viel darüber nach, ob ich ihm nicht doch eine Chance hätte geben sollen. Nachdem er sich unter Veritaserum alles von der Seele geredet hatte, wäre es doch ein Leichtes für mich gewesen, ihm meine wahre Identität preiszugeben, sobald die Wirkung des Vielsafttrankes nachgelassen hätte. Er hat es ja schon längst bereut, was er als junger, unerfahrener Zauberer Schlimmes angerichtet hat, und dadurch, dass ich ihm auf immer und ewig böse bin, wird Elektra auch nicht mehr lebendig. Ich muss wohl öfter nachts geweint haben, und da ich derzeit auf einer Matratze am Boden im Kinderzimmer schlafe, kann ich meinen unausgeglichenen Seelenzustand nicht immer verbergen. Sirius ist nun schon recht verständig und einfühlsam, und so kam er neulich nachts zu mir ins Bett gekrochen, um mich zu trösten. Es ist doch erstaunlich, wie aufmerksam er mir zuhörte, als ich ihm erzählte, dass ich durch Unnachgiebigkeit einen ganz besonderen Menschen für immer verloren habe. "Was für ein Mensch war er denn?" wollte der kleine Kerl wissen und ich erzählte ihm bereitwillig, wie sehr er sich für seinen Freund einsetzte, der von einem Werwolf gebissen wurde. Seither kriecht Sirius des Öfteren in mein Bett, um sich Geschichten von Urs, dem Animagus erzählen zu lassen, während sein kleiner Bruder schläft. Für Sirius hört sich diese Geschichte nach einem weiteren Märchen an, und für mich ist es von großer Bedeutung, noch einmal über Urs nachzudenken, denn inzwischen ist mir klar geworden, dass seine guten Taten längst die einzige schlechte aufgewogen haben.
Weihnachten 1964
Sirius kann nun mit seinen fünf Jahren tatsächlich schon lesen, worüber ich wirklich glücklich bin. Er kam eines Tages zu mir und wollte, dass ich ihm die Buchstaben erkläre, und er brauchte nicht lange, da konnte er schon kleine Texte fließend lesen. Mangels kindgerechter Literatur ließ es sich nicht vermeiden, dass er auch die peinlichen Märchen dieser Beatrix Bloxam zu lesen bekam, ein Umstand, den wir seiner Mutter zu verdanken haben. Sie kümmert sich eigentlich wenig um ihre Kinder und so etwas wie Mutterliebe scheint für sie ein Fremdwort zu sein. Und doch mischt sie sich ein, wenn es darum geht, was ihre Sprösslinge lesen sollen, was sie zu lernen haben und am liebsten wäre ihr noch, wenn sie ihre Gedanken kontrollieren könnte. Welch ein glücklicher Umstand ist es für uns, dass Walpurga und Orion zahlreichen gesellschaftlichen Verpflichtungen nachzugehen haben, so kann ich abends die Kinder meist mit einem schönen Einschlafritual ins Bett bringen. Sirius las neulich seinem Bruder Mrs. Bloxams seltsame Umwandlung des Märchens Der Zauberer und der hüpfende Topf, und wir lachten uns kringelig, welch peinlicher Sprache sie sich darin bedient:
"... Dann tanzte das goldene Töpflein vor Vergnügen - hoppedihoppedihopp - auf seinen winzigen rosigen Zehen! Klein Willispatz hatte alle Püppchen von ihren schlimmen Wehwehchen geheilt, und das Töpflein war so glücklich, dass es sich mit Süßigkeiten für Klein Willispatz und die Püppchen füllte! 'Aber vergiss nicht, deine Zähnlein zu putzen,' rief der Topf. Und Klein Willispatz küsste und knuddelte den Hoppeditopf und versprach, den Püppchen immer zu helfen und nie mehr ein alter Grummelwummel zu sein." *
Die Kinder kreischten vor Vergnügen und ahmten immer wieder diese Sprache nach. Sirius bewies dabei großes komödiantisches Talent: "Klein Regulusspatz soll nun seine Zähnlein putzen und ins Bettlein gehen, damit Groß Siriusspatz ihm ein Geschichtlein aus dem Büchlein vorlesen kann. Und Klein Arabellaspatz darf auch zuhören und ihre Zähnlein später putzen, wenn die Kindleinspätzlein ganz tief und fest schlafen und von ihren Püpplein träumen!" Nach solch einem Vortrag ist natürlich an Schlaf nicht so schnell zu denken, und doch bin ich froh, dass meine Schützlinge nun das Lachen wieder gelernt haben.
3. Juli 1965
Sirius hat sich gemerkt, dass heute mein Geburtstag ist und als ich am Morgen das Kinderzimmer betrat, um die beiden Jungen zu wecken, standen sie schon fix und fertig angezogen da! Dann bekam ich mein Geschenk überreicht: ein Bild, auf dem ich mit den Kindern an der Hand in der Magischen Menagerie bin. Sie haben es zusammen heimlich letzte Nacht gemalt, und allein dies ist schon eine Meisterleistung. Denn die Kinder haben ja kaum Zeit, die sie unbeaufsichtigt verbringen, meist bin ich bei ihnen, und wenn ich ich der Küche arbeite, wirft Kreacher ein wachsames Auge auf sie. Sie mussten sich also letzte Nacht gewaltsam wachgehalten haben, um dieses Bild heimlich zu malen! Ich war wirklich zu Tränen gerührt über diesen großen Liebesbeweis.
* Zitat aus: Die Märchen von Beedle dem Barden (Muggelausgabe), Professor Dumbledores Anmerkungen, Seite 19
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