von BlackWidow
Hallo Ihr Lieben,
hier das vorletzte Kapitel - das letzte kommt auch gleich. Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen und freue mich über Kommentare.
@LittleShadow: Danke, dass Du Dich trotz Zeitmangels gemeldet hast!
Werde vielleicht später noch eine Nachbemerkung einstellen, aber erst einmal lasse ich Euch Arabellas Ende lesen.
Liebe Grüße und danke für Eure Treue über all die Jahre!
Eure BlackWidow
Vorbereitet
7. August 2006
Heute habe ich Neville und Hannah im St. Mungo getroffen. Eigentlich hätte ich Neville längst nach seinen Eltern fragen können, und nun wird mir erst bewusst, was ich in unserer gemeinsamen Zeit in Hogwarts alles versäumt habe. Auf der Station hatte ich Alice und Frank Longbottom noch nie gesehen, denn ich habe bisher nur einige kleinere Krankenzimmer besucht, sie jedoch liegen mit drei weiteren Personen in einem Zimmer, was ich mir ganz schrecklich vorstelle. Um ein bisschen Privatsphäre zu bekommen, kann man einen Vorhang vorziehen, aber trotzdem hört man doch alle Geräusche, die die anderen Kranken von sich geben, Tag und Nacht mit. Neville fragte mich, ob ich denn mit ihm zu seinen Eltern gehen möchte, was ich gern bejahte.
Was für ein unsagbar trauriges Schicksal die gesamte Familie Longbottom zu tragen hat, wurde mir bei diesem Besuch erst richtig bewusst. Ich habe ja Alice und Frank zum letzten Mal gesehen, als Neville noch nicht geboren war, und dann erst wieder von ihnen gehört, nachdem Bellatrix und ihre Kumpanen sie überfallen hatten. Mit eigenen Augen habe ich mich nie von ihrem labilen Zustand überzeugt - welch ein Versäumnis dies war, wird mir erst jetzt klar und ich schäme mich sehr dafür, dass ich mich nie um sie gekümmert habe. Neville wuchs bei seiner Großmutter auf, die nicht die richtige Geduld für ein kleines Kind hatte. Zudem war sie selber ja auch Leidtragende, die damit fertigwerden musste, dass ihr Sohn und ihre Schwiegertochter nie mehr so sein werden, wie man sie gekannt hatte. Und der kleine Neville besuchte tapfer mit seiner Großmutter seine Eltern im Krankenhaus, die ihn nicht erkannten und kaum ein Wort mit ihm sprechen konnten.
7. September 2006
Normalerweise hätte ich nun schon seit einer Woche wieder Schuldienst und ich muss gestehen, dass ich es sehr genieße, nicht mehr in Hogwarts zu sein. Es ist beruhigend für mich, dass ich meine Schüler bei Adrienne in guten Händen weiß. Und so habe ich keine wirklich festen Verpflichtungen mehr, nur die selbst auferlegten. Ich besuche nicht täglich Kranke, denn ich brauche auch Zeit für mich. Ich wollte mich ja nicht von einer Verpflichtung freimachen, um mir gleich die nächste aufzuhalsen. Gestern hatte ich so einen Tag, den ich nur zu meiner eigenen Freude mit netten Menschen verbracht habe. Ich habe mich mit Hestia in ihrer Mittagspause im Tropfenden Kessel getroffen und unsere Gespräche waren wieder so schön wie früher. Sie meinte, mich für mein ehrenamtliches Engagement bewundern zu müssen, aber da schenkte ich ihr gleich reinen Wein ein: „Weißt du, Hestia, ich mache nur so viel, wie ich schaffen kann, ohne Gefahr zu laufen, auszubrennen. Ich habe in den letzten Jahren gemerkt, dass ich sehr gefährdet bin, beim Unterrichten alles zu geben, dabei aber selber völlig auszulaugen und dies auch erst viel zu spät zu merken.“ „Ach, Arabella, das hatte ich fast befürchtet, dass du dich nach der langweiligen und frustrierenden Zeit in Little Whinging mit einem derartigen Eifer in deine Lehrtätigkeit stürzt, dass du selber dabei auf der Strecke bleibst.“
Eigentlich wurde mir das erst im Gespräch mit Hestia klar, dass ich einfach ausgebrannt war und deshalb nicht mehr unterrichten konnte, wo John nicht mehr bei mir war, um mir den Rücken zu stärken. Es ist eine regelrechte Gratwanderung, einerseits guten Unterricht zu halten und für seine Schüler da zu sein, andererseits aber noch gut für sich selber zu sorgen und zu wissen, was man sich alles zumuten kann und was nicht. Nein sagen ist eine Kunst, die ich wohl noch nicht wirklich beherrsche! Aber jetzt bin ich fest entschlossen, diese Kunst auf meine alten Tage endlich zu erlernen. So werde ich meine Neugier zügeln, um etwas über Josephines Herkunft zu erfahren. Ich besuche sie, so oft mir das möglich ist, und ich habe mir auch schon meine Gedanken gemacht, auf welchen Wegen sie von ihrer bayerischen Heimat wohl nach England gekommen sein könnte. Aber ich werde mich nicht ins Zeug legen, Details darüber herauszufinden. Vermutungen anzustellen erlaube ich mir, aber Nachforschungen würden mich nur zu sehr anstrengen und auch Josephine nichts bringen. Meine stärkste Vermutung ist, dass sie wohl in der Nazizeit mit einem Kindertransport aus Deutschland gekommen ist. Ich habe davon gehört, dass man diesen deutschen Kindern hier in England praktisch alles Deutsche „ausgetrieben“ hat. Das würde erklären, warum sich Josephine nun, wo ihr Gedächtnis nicht mehr so gut arbeitet, plötzlich wieder an ihre verdrängte Muttersprache erinnert. Aber ich glaube nicht, dass es ihr helfen würde, wenn sie Gewissheit über ihre Herkunft bekäme, also spare ich meine Energie und versuche nicht, in irgendwelchen Archiven zu forschen, was ich früher wohl getan hätte.
Silvester 2006
Ich habe über die Weihnachtstage ganz lieben Besuch aus Hogwarts bekommen: Samantha und Luc waren mit den Kindern hier und wir haben die Zeit zusammen sehr genossen, ehe sie wieder zurück ins Schloss mussten. An den Kindern sieht man am besten, wie schnell die Zeit vergeht, weshalb ich ziemlich erstaunt über die Entwicklung der beiden war. Es war für mich auch sehr schön, über die Schule quasi aus der Ferne zu hören, ohne selber beteiligt zu sein. Auch wenn es für mich eine gute und anregende Zeit war, trauere ich meiner Lehrtätigkeit kein bisschen nach, weil sie mich einfach zu sehr ausgelaugt hat. Minerva bewundere ich dagegen sehr, weil sie es trotz ihres hohen Alters immer noch nicht in Erwägung zieht, sich zur Ruhe zu setzen. Vielleicht ist sie auch nur deshalb nicht so ausgelaugt, weil sie zu den Schülern immer eine professionelle Distanz gewahrt hat, etwas, das mir nie so richtig gelungen ist. Ich wollte den Schülern immer über den Unterricht hinaus eine Bezugsperson sein, zu der sie mit all ihren Sorgen und Nöten kommen können. Ich denke, das ist mir auch geglückt, doch für mich selber war es auf die Dauer einfach zu kräftezehrend.
Ostern 2007
Mein Leben geht einen ganz gemütlichen Gang und ich bin damit zufrieden. Im Grunde ist es meiner Zeit in Little Whinging ein bisschen ähnlich, allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass es von mir selbst erwählt ist und dass ich in der magischen Welt lebe. Kein nach Kohl stinkendes Haus mit hässlichen Möbeln, keine Dursleys um die Ecke, keinen Ortsverschönerungsverein von Little Whinging, sondern eine helle und geräumige Wohnung samt Dachterrasse und sehr liebenswerte magische Nachbarn, so lässt es sich wunderbar leben. Wobei ich mir völlig im Klaren bin, dass mein Leben sehr schnell zu Ende sein kann, denn Squibs werden kaum so alt werden wie Zauberer. Wobei die meisten Zauberer, die in meinem Leben eine wichtige Rolle gespielt haben, lange vor mir gestorben sind: mein Geliebter Urs, der mir etliche Jahre ein treuer Gefährte war, und mein lieber Sirus, den ich wie einen Sohn geliebt habe, aber auch viele andere Freunde sind zu einem viel zu frühen Zeitpunkt von mir gegangen. Es ist nicht Rechtens, dass Menschen mit Gewalt sterben, und doch geschieht dies immer wieder irgendwo auf der Welt!
Ich habe mich nun endlich entschlossen, ein Testament zu machen, da ich ja keine eigenen Nachkommen habe. Meine Wohnung werde ich den Cattermoles vererben, da sie vielleicht ihren eigenen Wohnraum gern erweitern würden, wenn ihre Kinder einmal erwachsen sind. Es ist durchaus möglich, dass das eine oder andere Kind gerne in der Nähe der Eltern leben mag. Mein Gold bei Gringotts würde ich gerne einem sozialen Zweck zuführen, doch da bin ich mir noch unschlüssig, welcher es sein könnte. Es gibt so viel Leid auf der Welt, dass die Wahl schwerfällt, wer meine finanzielle Hilfe am dringendsten braucht. Ich werde im Ministerium nachfragen, welchem Zweck ich es am besten zuführen könnte. Kingsley weiß vielleicht am besten, wo Gold gebraucht wird. Johns Gold steht selbstverständlich seinem Sohn Sean zu, das haben wir längst geregelt.
Nachdem Mary mich auf die Idee gebracht hat, Teile meiner Tagebücher der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, habe ich mit Ginny Potter Kontakt aufgenommen. Sie arbeitet nun beim Tagespropheten, zwar in der Sportredaktion, aber ich denke, sie hat genügend schriftstellerisches Talent, um meine Tagebücher so umzuformulieren, dass sie eventuell in Romanform erscheinen können. Außerdem kann sie zusammen mit Harry am besten entscheiden, welche Passagen auf keinen Fall veröffentlicht werden sollen, weil sie zu viel vom Privatleben lebender Personen preisgeben würden.
4. Juli 2007
Die Geburtstagsfeier gestern hat mich recht angestrengt, obwohl ich keine Arbeit damit hatte. Wieder hat Hannah die Verpflegung der Gäste übernommen und Mary und Hestia haben alles andere sehr liebevoll organisiert. Es war schön, so eine große Anzahl an Freunden wiederzusehen, und doch glaube ich, dass dies meine letzte Feier war. Solchem Trubel bin ich nicht mehr gewachsen und ich ziehe die Einsamkeit dem geselligen Leben vor. Auch auf Reisen möchte ich nicht mehr gehen, weil mir das alles viel zu anstrengend ist und ich lieber mein Heim genieße.
1. September 2007
Wieder ein neues Schuljahr, das ohne mich beginnt. Ich freue mich, dass ich immer wieder von meinen ehemaligen Kollegen höre, die mir ja auch Freunde geworden sind. Ich verbringe nun die meiste Zeit damit, Briefe an meine Freunde zu schreiben oder spazieren zu gehen. Meine Besuche im St. Mungo habe ich ziemlich reduziert, weil sie mir sonst zu anstrengend geworden wären. Meine Lieblingspatientin Josephine ist vor einem Monat gestorben und ich konnte bis zuletzt bei ihr sein. Zu ihr hatte ich die stärkste Bindung; die übrigen Patienten besuche ich nur noch einmal pro Woche. Ich möchte nun einfach ein noch ruhigeres Leben haben als bisher. Ich brauche zu allen Tätigkeiten viel mehr Zeit als früher, weshalb ich keine weiteren Verpflichtungen mehr annehmen mag. Das ist das Angenehme am alt sein: man darf sich Zeit lassen für alle Tätigkeiten des Alltags. Hektik kann ich nun wahrlich nicht mehr brauchen, so stehe ich morgens erst auf, wenn die Sonne mich weckt, lasse mir Zeit beim Duschen und Anziehen, frühstücke ganz gemütlich, schreibe dann meine Briefe. Einfach ruhig in den Tag hinein leben, das ist gut für mich. Auch mein Mr. Tibbles ist inzwischen alt und gebrechlich geworden und ich frage mich manchmal, wer von uns beiden wohl zuerst sterben wird. Es gibt ja weder von Knieselkatzen noch von Squibs zuverlässige Beobachtungen über deren Lebenserwartung, so haben wir beide diese Gemeinsamkeit, dass unsere Art noch relativ unerforscht ist. Nur eines ist mir klar: auch er ist nun bereit, das Ende seines Lebens zu erwarten. Auch hier haben wir wieder eine große Gemeinsamkeit.
Müsste ich ein Resümee über mein Leben schreiben, würde es wohl lauten, dass man gern auch einmal mit etwas weniger Leistung zufrieden sein darf. Als Lehrerin wollte ich immer 120 Prozent geben und wäre beinahe daran zerbrochen, wenn ich nicht rechtzeitig die Notbremse gezogen hätte. Bei all meinen anderen Tätigkeiten, die ich in meinem Leben schon ausgeübt habe, war ich wohl auch oft unzufrieden mit meiner Leistung. Wie oft habe ich damit gehadert, als Kindermädchen im Hause Black nicht alles gegeben zu haben! Und wie oft war ich unzufrieden damit, Harrys Zeit in Little Whinging nicht angenehmer gestaltet zu haben! Ich habe mir immer selber einen Leistungsdruck geschaffen, der mir nicht gutgetan hat und dem ich nicht gewachsen war. Müsste ich jungen Leuten einen guten Rat für ihren Lebensweg geben, so würde der lauten: Sei mit 80 Prozent Leistung zufrieden; denn du musst dich nicht kaputtmachen für andere. Vergiss nie, auch gut für dich selber zu sorgen!
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