von BlackWidow
Liebe Leserinnen und Leser,
hab mir gedacht, pünktlich zum Neuen Jahr könnte ich Euch mal mit einem neuen Kapitel überraschen. Bevor Ihr Euch draufstürzt, lasst Euch alle erst mal ein glückliches, gesundes und zufriedenes Jahr 2017 wünschen.
Liebe Grüße
von Eurer BlackWidow
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Zwei Hochzeiten … und …
29. Juli 2004
Nun wurden wir leider doch auf die Hochzeit meiner Großnichte Astoria mit dem arroganten Malfoy-Schnösel eingeladen, und mir fiel keine Ausrede ein, um abzusagen. Auf Drängen meines Neffen William wurde das Malfoy-Anwesen wieder freigegeben, auch wenn das Vermögen längst einem sozialen Zweck zugeführt worden ist. Das Haus war auch aufs Gründlichste nach schwarzmagischen Artefakten durchsucht worden, doch nichts konnte gefunden werden. Da Draco Malfoy seine Sozialdienste anstandslos verrichtet hatte, war er nun freigesprochen worden und kann ab sofort wieder auf dem Anwesen seiner Familie leben. Zwar hat er weiterhin die magische Fußfessel und darf das Land nicht verlassen, aber ansonsten ist er ein relativ freier Mann. Auch wenn er noch nicht volljährig war, als er sich den Todessern angeschlossen hatte, und dies ja nur tat, um seine Familie vor dem Zorn Voldemorts zu schützen, wird er mir niemals sympathisch werden.
Das Fest wurde mit so viel Pomp gefeiert, dass man nicht auf die Idee gekommen wäre, dass hier ein verurteilter ehemaliger Todesser heiratet. Ein bisschen mehr Zurückhaltung hätte mir Draco Malfoy vielleicht ein wenig sympathischer gemacht, aber bei all diesem Prunk kommt einem in den Sinn, dass der junge Mann nichts aus seinen Fehlern gelernt hat. Zudem frage ich mich, wovon das junge Paar wohl leben wird, denn ohne Malfoy-Vermögen wären sie ja ganz von der Unterstützung der Familie Greengrass abhängig. Oder werden die beiden doch einfach etwas arbeiten, wie das jeder normale Mensch tut, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten? Andererseits könnte ich mir gut vorstellen, dass Lucius Malfoy noch jede Menge Gold ins Ausland gebracht hat, ehe er sein Haus Voldemort als Kommandozentrale zur Verfügung gestellt hat. Ein Mensch wie Lucius sichert sich immer nach verschiedenen Seiten ab.
Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, aber das Kleid meiner Großnichte war ausgesprochen scheußlich und sah zudem ziemlich teuer aus. Nun gut, vielleicht bin ich einfach viel zu voreingenommen, um irgendetwas an dieser Hochzeit schön zu finden. Ich musste mich mächtig am Riemen reißen, um vor William nicht zuzugeben, wie unangenehm mir das Ganze war. Leider konnte ich einem Kennenlernen seiner Gattin nun nicht mehr entkommen, aber dank ihrer Oberflächlichkeit hat sie nicht richtig zugehört und deshalb wohl gar nicht mitbekommen, dass ich diese allseits verachtete Squib-Verwandte bin, der sie es zu verdanken hat, dass die Familie seit ein paar Jahren eine Immobilie weniger besitzt. Sie beherrscht inhaltslosen Smalltalk zur Perfektion und kann mit Gesprächen über feine Speiselokale sowie die neueste Mode einen ganzen Abend bestreiten. Auch Opernbesuche sind für sie interessant, aber nicht der Musik wegen, sondern einzig und allein, um gesehen zu werden und zu zeigen, dass man sich in der Welt der Reichen und Schönen wohlfühlt und zur besseren Gesellschaft gehört.
Narzissa war für diesen Tag von ihren Sozialdiensten, zu denen sie in den nächsten Jahren immer noch verpflichtet ist, freigestellt worden. Ihr Gesichtsausdruck hat in dieser Zeit leider nichts von ihrer Hochnäsigkeit verloren. Man möchte meinen, die Verurteilung ihres Gatten und die Schmach, Sozialdienst leisten zu müssen, hätte sie ein wenig von ihrem hohen Ross herunterbringen können. Aber ich denke, da ist nichts mehr zu machen: sie war als Kind schon hochnäsig und wird sich nicht mehr ändern. Und sie hat dies an ihren Sohn weitervererbt. Zusammen mit dem Erbgut von Lucius Malfoy konnte da leider nichts Gutes entstehen. Um es kurz zu machen: mir ist dieser Kerl einfach zuwider. Ich bin mir nicht sicher, ob Narzissa mich wiedererkannt hat, bin ihr aber vorsichtshalber den ganzen Abend aus dem Weg gegangen. Die Bilder, als ich damals am Grimmauld Place Kindermädchen war, sind in meinem Kopf auch nach Jahrzehnten immer noch sehr präsent.
Astoria wusste nicht einmal, dass ich ihre Großtante bin, und William stellte uns einander vor. Nun, das war mir schon klar, dass in den Häusern reinblütiger Zauberer keine Squibs im Familienalbum zu finden sind. Warum William trotzdem auf meiner Anwesenheit bei diesem Fest bestanden hat, will nicht so recht in meinen Kopf. Er hat ein weiches Herz und ist auf Versöhnung bedacht, doch fehlt ihm der Mumm, diese Versöhnung auch wirklich herbeizuführen. Immerhin hat er einmal in seinem Leben großen Mut bewiesen, indem er mir meine Londoner Wohnung zurückgab, die sein Vater mir seinerzeit entrissen hatte. Und er hat mir dadurch wirklich das Leben gerettet, was ich ihm hoch anrechne. Das ist auch der einzige Grund, warum ich John und mir dieses Hochzeitsfest zugemutet habe. Auch John fühlte sich alles andere als wohl in diesen Kreisen und wir hielten tapfer so lange durch, bis wir uns mit Anstand verabschieden konnten. Ob Astoria ihren Mann liebt oder ob es eine arrangierte Ehe ist, konnten wir an diesem Tag nicht herausfinden. Sie hatten ein rauschendes Fest und genossen es sichtlich, im Mittelpunkt der Gesellschaft zu stehen. Trotz aller Antipathie wünsche ich ihnen, dass es kein böses Erwachen nach diesem Traum gibt.
12. August 2004
Wie anders doch die Hochzeitsfeier von Urs und Claire in Frankreich ablief: ganz ohne Pomp und doch unglaublich festlich und einfach wunderschön. Da Claire in Beauxbatons Lehrerin für Kräuterkunde ist, konnte das Brautpaar in der Nähe der Schule auf einem Lavendelfeld mitten in der Provence feiern. Gibt es einen romantischeren Ort für eine Hochzeit? Es duftete so sehr, dass es einem fast die Sinne vernebelte, doch das passt ja gut zu einer Hochzeit. Wir waren wirklich auf Thestralen hergekommen, auch die kleine Norah hat den Flug, den sie mit Luc zusammen auf einem Tier bestritten hatte, sehr genossen. Samantha war bei der Ankunft verständlicherweise sehr erschöpft, doch ihr Schwager Urs hatte schon für ein Zelt gesorgt, in dem sie sich nach dem langen Flug ausruhen konnte. Urs hatte überhaupt sehr gut für alle ruhebedürftigen Gäste gesorgt und einige Zelte neben dem Lavendelfeld aufgebaut, in denen auch wir Senioren ausruhen konnten. Der Kräuterduft sorgte dafür, dass wir richtig gut schliefen, bevor wir uns dann für das Fest feinmachten.
Die Trauungszeremonie vollzog die Schulleiterin von Beauxbatons, Olympe Maxime. Bei ihrem Anblick war mir gleich klargeworden, dass sie diese Frau sein musste, die Rubeus vor etlichen Jahren einmal kennengelernt hat, als sie mit ihren Schülern zum Trimagischen Turnier in Hogwarts weilte. Bei dem Gedanken an ein Date im Hippogreifgehege, zu dem sie möglicherweise in Abendkleid und hochhackigen Schuhen erschien, musste ich schmunzeln, was John nicht entging. Er wollte wissen, wo meine Gedanken wohl gerade waren, aber ich musste ihn auf später vertrösten, weil gerade der Akt der Vermählung vollzogen wurde, dem wir nicht durch Gekicher die Feierlichkeit nehmen wollten. Claire war aber auch ein besonders schöner Anblick mit ihrem lavendelfarbenen Kleid, das so gut mit ihrem hellblonden Haar harmonierte. Die Frisur war ein richtiges Kunstwerk, das ich kaum zu beschreiben im Stande bin. Eine Mischung aus kleinen Zöpfen, Lavendelblüten und Löckchen - so etwas Hinreißendes habe ich noch nie zuvor gesehen. Das Aufregendste war, dass Norah dazu ausersehen war, die Ringe zu tragen, was sie mit großer Ernsthaftigkeit tat.
Nach der Zeremonie wurden die Stühle beiseite geschafft und eine Musikgruppe mit Streichinstrumenten, Blockflöten und Dudelsack spielte altfranzösische Tänze. Das Brautpaar tanzte zuerst allein, später dann gesellten sich die engsten Familienangehörigen dazu. John und ich brauchten erst ein paar Tänze zum Zuschauen, denn die Tanzschritte waren uns nicht sofort klar. Aber irgendwann wagten auch wir uns aufs Parkett und stellten uns nicht allzu ungeschickt an. Nach ein paar Tänzen wurde aber die Musik unterbrochen, weil das Festessen aufgetischt wurde. Oh, welche Leckereien die französische Küche doch zu bieten hat! Viel Fisch und andere Meeresfrüchte, aber auch sehr leckeres Gemüse gab es, alles herrlich mit Kräutern gewürzt, und davon so eine reichliche Auswahl, dass man gar nicht wusste, was man zuerst probieren sollte. Wer die gute Küche in Hogwarts kennt, den kann eigentlich kulinarisch nichts mehr überraschen - und doch waren wir ganz hin und weg und hätten am liebsten von allem etwas probiert. John meinte irgendwann: „Wir sollten aber doch mit Rücksicht auf unsere Thestrale etwas mehr Zurückhaltung üben. Sonst können sie uns nicht mehr bis nach Hogwarts zurückbringen.“ Nun ja, Rücksicht auf die Tiere ist John als gelerntem Tierheiler natürlich am wichtigsten. Ich wollte aber auch Rücksicht auf meine Kleidung nehmen, die mir noch länger passen soll. Aber habe ich mir das vierte Stück der leckeren Apfeltarte schweren Herzens verkniffen.
Wir haben uns nach dem Essen zusammen mit Samantha wieder in ein Zelt zurückgezogen, das etwas abseits von der lauten Feier stand. Norah war ebenso müde wie ihre Mutter, so legten sich beide Schlafen. Um die beiden nicht zu stören, haben John und ich unter dem Schutz des Muffliato-Zaubers noch lange geredet. Mir ist an diesem Tag wieder einmal klargeworden, was für ein Glückskind ich doch bin: von Geburt an dazu ausersehen, eine Versagerin zu sein, die der Familie nur Ärger macht, habe ich es doch zu einem sehr erfüllten und glücklichen Leben gebracht. Und ich werde versuchen, dieses Glück irgendwie festzuhalten, weil mir die reiche Erfahrung meines Lebens gezeigt hat, wie zerbrechlich es ist.
1. September 2004
Nach diesem turbulenten Sommer mit zwei Hochzeitsfesten bin ich heilfroh, dass endlich wieder der gewohnte Schulalltag begonnen hat. Obwohl es doch erst sechs Jahre her ist, dass Hogwarts in Schutt und Asche lag und wir den Wiederaufbau gemeistert haben, habe ich das Gefühl, schon seit einer Ewigkeit hier als Lehrerin tätig zu sein. Die Schule bietet mir einerseits die Routine, die mir eine gewisse Sicherheit gibt, und gleichzeitig gibt es immer wieder Abwechslung, sodass niemals Langeweile aufkommt. Es hat mich wieder einmal sehr glücklich gestimmt, beim Festmahl in die fröhlichen Gesichter der Schüler zu blicken. Wenn John und ich eines Tages Hogwarts verlassen sollten, werden wir dies sicher jeweils mit einem lachenden und einem weinenden Auge tun.
18. Oktober 2004
Heute Nacht hat Norah ihr ersehntes Brüderchen bekommen und nicht nur sie, sondern ganz Hogwarts ist selig vor Freude. Der kleine Steven ist in einer Rekordzeit von zwei Stunden aus dem Leib seiner Mutter geflutscht, war gleich sehr munter und schmatzte so laut, dass Samantha ihn vor lauter Lachen kaum an ihre Brust bekam. „Eines ist sicher: er ist jetzt schon ein richtiger Genießer!“ stellte Poppy fest. Minerva kündigte mit Freudentränen in den Augen die Geburt des Kleinen beim Frühstück an, was einen großen Jubel der ganzen Schülerschaft zur Folge hatte. Es ist längst keine Rede mehr davon, dass Babys den Schulalltag stören könnten. Norah hat es ja in den vergangenen zwei Jahren bewiesen und ihr Bruder Steven wird wohl nicht anders zu betreuen sein. Natürlich haben wir alle etwas mehr Arbeit, denn John übernimmt in den nächsten Wochen wieder ganz den Zaubertränkeunterricht. Und ich werde mich in meinen Freistunden um Norah kümmern, damit sie nicht denkt, nun dreht sich nur noch alles um ihren kleinen Bruder. Zu unserer großen Freude haben Florence und Philippe ihr baldiges Kommen zugesagt. Sie wollen sich in den Drei Besen ein Zimmer mieten und einige Wochen bleiben, damit auch sie sich um ihre beiden Enkelkinder kümmern können. Wie schön es doch für einen neuen Erdenbürger ist, von so vielen Menschen so liebevoll willkommen geheißen zu werden!
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