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Fanfiction

Das Tagebuch der Arabella Doreen Figg - Die sanften Riesen der Lüfte

von BlackWidow

Unglaublich, aber wahr: es gibt endlich wieder ein neues Kapitel! Ich halte mich auch gar nicht weiter mit Entschuldigungen auf, weil es keine gibt für so langes Schweigen. Ich hoffe aber sehr, dass Ihr noch hier seid und wünsche Euch viel Spaß bei Arabellas Reisebericht.
BlackWidow


89
Die sanften Riesen der Lüfte

6. Juli 1999
Heute Nacht haben wir auf den Thestralen den Ärmelkanal überquert. Was für ein herrliches Gefühl das ist, auf einem sanften Tier, das über einen untrüglichen Orientierungssinn verfügt, über das Meer zu schweben, kann nur ermessen, wer dies einmal erlebt hat. Die Tiere sind nicht nur sicher im Aufspüren von Reisezielen, sondern sie finden mit einer Selbstverständlichkeit auch magische Plätze, die zum Zwischenlanden geeignet sind. So befinden wir uns gerade in einem Wäldchen in der Normandie, wo wir Rast machen, bis es dunkel ist. Auch wenn Muggel Thestrale nicht sehen können, sind wir Menschen nun einmal sichtbar für sie, weshalb die Nacht besser für den Flug geeignet ist. Den Tag haben wir in einem hübschen kleinen Dorf an der Küste verbracht, während die Tiere sich im Wäldchen ausgeruht haben. In einer Bar haben wir ein französisches Frühstück genossen. Oh, ich liebe diese Hörnchen und den Milchkaffee! Und vor allem liebe ich es, das alles in Johns Gesellschaft erleben zu dürfen. Noch habe ich es nicht gewagt, ihn zu fragen, ob er schon Kontakt zu seiner verstorbenen Frau aufgenommen hat. Aber mit Freuden habe ich zur Kenntnis genommen, dass er seinen Ehering nicht mehr trägt.

9. Juli 1999
Nach einem entspannten Flug über ganz Deutschland sind wir nun im südöstlichen Winkel dieses Landes angekommen. Dort ist ein Nationalpark, ein geschütztes Gebiet, in dem alle Arten von Tieren, die dank der rigorosen Jagdmethoden der Muggel längst vom Aussterben bedroht sind, leben können. Dass es hier auch magische Tiere gibt, dürfte den Muggeln wohl kaum bekannt sein, denn zum Glück ist dieses Gebiet so groß, dass es genügend versteckte Orte gibt, in denen diese verborgen bleiben können. Auch wir mit unseren Thestralen haben es uns in einer Lichtung gemütlich gemacht. John hat zwei Hängematten für unsere Bequemlichkeit erstanden, die mit allem Luxus ausgestattet sind. So verbringen wir die Nächte unter Bäumen im Freien. Sollte es doch einmal regnen, haben die Hängematten ein Dach, das man jederzeit und ohne viel Aufwand anbringen kann.

12. Juli 1999
Wir waren vorgestern in einem Orgelkonzert im Dom zu Passau, wo sich die größte Kirchenorgel der Welt befindet. John kannte diesen Ort aus seiner Jugendzeit, und als ich ihm erzählte, dass ich vor Jahrzehnten in Regensburg die sakrale Musik zu schätzen gelernt habe, war es keine Frage mehr, dass wir zusammen so viele Konzerte besuchen würden, wie uns das möglich sein wird. Es macht mich unbeschreiblich glücklich, diese schönen Erlebnisse mit einem Menschen teilen zu dürfen. Sicher, in ein Konzert kann man auch gut allein gehen, aber noch schöner ist es, zu erleben, wie die Musik auch den anderen Menschen berührt. Gerade die Orgel, die auch als die Königin der Instrumente bezeichnet wird, zaubert Klänge hervor, die einem durch Mark und Bein gehen können.

Gestern hat John mich auf meinen eigenen Wunsch zu diesem schrecklichen Dorf gebracht, in dem meine Schwester ihr Ende gefunden hatte. Ach, wie hat sich dieses kleine Dorf in den letzten Jahrzehnten verwandelt! In den fünfziger Jahren hatte man das Gefühl, am Ende der Welt zu sein. Doch nun führen sogar in den tiefsten Bayerischen Wald Straßen, die Muggel haben alle Autos und sind nicht mehr von der Außenwelt abgeschnitten. Das Grab meiner Schwester existiert nicht mehr, doch das ist für mich kein Problem, weiß ich doch, dass sie nach ihrem Tod ganz woanders hingegangen ist, als die Muggel es je für möglich halten würden. Das Haus meines Schwagers ist inzwischen abgerissen, und welch monströses Bauwerk nun an diesem Platz steht, wage ich gar nicht zu beschreiben. Es passt stilistisch so ganz und gar nicht in diese Gegend. „Solche Häuser stehen eigentlich in der Toskana, also in Italien,“ klärte mich John auf, der tatsächlich schon recht weit in der Welt herumgekommen ist. Weil ich sicher bin, dass mich nach der langen Zeit niemand mehr wiedererkennt, wage ich es, eine junge Frau nach diesem Gebäude zu fragen. „Ja mei, de Toskana-Häuser, de san bei uns etz der letzte Schrei, bis amoi epps anders modern wird. Hausbau is hoit da Mode unterworfa wia`s Gwand aa.“ Irgendwie liebe ich inzwischen diesen Dialekt, obwohl ich ihn zu Beginn meiner Zeit in Deutschland überhaupt nicht verstehen konnte. Doch meine Zeit mit Agnes hat mich gelehrt, ihn als „das richtige Deutsch“ anzusehen. Besonders amüsant finde ich, dass auch John dieser Meinung ist. Er hat die wenige Zeit, die er in jungen Jahren in Deutschland verbracht hat, vor allem in München und Passau verlebt und nun haben wir es uns zur lieben Gewohnheit gemacht, Bayerisch miteinander zu sprechen.

15. Juli 1999
Auch in Regensburg hat sich so viel verändert seit meiner Zeit dort und natürlich ist auch hier vieles moderner und aufgeschlossener geworden. Ich war damals zwar nicht viel unter Muggeln, doch einen kleinen Einblick hatte ich durch meine Freundin Agnes schon gewonnen. Und mir erschienen die Häuser in dieser Stadt damals zum größten Teil nur dunkel und trist. Inzwischen wurden viele der Renaissance-Gebäude wieder renoviert und strahlen eine Freundlichkeit aus, die zum Verweilen einlädt. Zudem hat Regensburg inzwischen eine Universität, wodurch sich auch von den Bewohnern her einiges verändert hat. Man sieht gut gelaunte Menschen in Straßencafés sitzen, hört Musik auf offenen Plätzen oder in Innenhöfen. Kurz, es ist einfach fröhlicher und bunter geworden, als dies in den späten fünfziger Jahren der Fall war.

John, der noch nie in Regensburg gewesen ist, fragte mich staunend: „Und du durftest einige Zeit in dieser wunderschönen Stadt verbringen? Wie konntest du jemals den Wunsch haben, sie wieder zu verlassen?“ Nun war es an mir, die ganze Geschichte meiner Schwester Elektra zu erzählen, was ihn veranlasste, zu fragen: „Möchtest du mir vielleicht auch den Ort zeigen, an dem du ihrem Geheimnis auf die Spur gekommen bist?“ Ich sagte gerne zu, weil es mir ein Bedürfnis ist, John an meinem früheren Leben teilhaben zu lassen.

Doch zunächst galt es einmal, die magische Gemeinschaft in Regensburg aufzusuchen, was ich mit gemischten Gefühlen tat, mich aber auch nicht hätte davon abbringen lassen wollen. Der Eingang hierzu war gar nicht mehr so leicht zu finden, denn dort ist inzwischen ein Bayerisches Spezialitäten-Lokal der Muggel untergebracht, das sehr gut besucht ist. Man muss sich heimlich durch einen sehr engen Eingang neben der Toilette zwängen, um zum magischen Viertel zu gelangen. Von den Menschen dort kannte ich leider keinen einzigen mehr, und es stimmte mich traurig, an einen Ort zu kommen, der mir einst so vertraut war und nun nur noch fremd vorkam. John hörte sich geduldig die Geschichte an, die mich mit diesem Ort lange verbunden hat. Dann sagte er zu mir: „Arabella, ich denke, manchmal ist es besser, die Vergangenheit zu vergessen und loszulassen. Denke nur mehr an die schönen Dinge, die ihr zusammen erleben durftet und nicht mehr an das schreckliche Ende.“ Da war mir klar geworden, dass ich auf keinen Fall die Wohnung aufsuchen soll, in der meine Freunde ihr unwürdiges Ende gefunden haben. Und so haben wir uns sehr schnell wieder ins Regensburg der Muggel begeben, um all die Schönheiten der Stadt zu genießen. Johns aufmerksames Wesen hat mich dort zum Glück meine Traurigkeit ganz schnell vergessen lassen.

18. Juli 1999
Die letzten Nächte haben wir ausschließlich in Muggelhotels verbracht, weil es in großen Städten doch nicht gut möglich ist, in Hängematten zu nächtigen. Die Thestrale hat John angewiesen, sich versteckt zu halten und uns übermorgen in einem von ihm bestimmten Wald zu treffen. Bis dahin reisen wir mit der Bahn, was auch sehr reizvoll ist. Da sowohl John als auch ich genügend Muggelerfahrung im Leben gesammelt haben, funktioniert das auch reibungslos. Und unsere Unfähigkeit, aus dem Automaten Fahrkarten für die U-Bahn zu holen, können wir gut auf unser Alter schieben. Die deutschen Senioren haben nämlich damit auch ihre Schwierigkeiten, wie wir beobachten konnten. Gerade sind wir in München, wo wir fast jeden Abend ein Konzert besuchen. John und ich haben wohl tatsächlich einen ähnlichen Musikgeschmack, was die Entscheidung bei dieser großen Auswahl an kulturellen Angeboten einfacher macht. Er liebt ganz besonders die Oper, was für mich ein Novum ist, für das ich mich gern begeistern lasse. Für heute Abend haben wir gerade noch die letzten Opernkarten ergattert, bevor die Theaterferien beginnen. Eine Oper von Mozart steht auf dem Programm und ich bin schon sehr neugierig, wie sie mir gefallen wird.

19. Juli 1999
Welch ein Wunder ist über Nacht geschehen! Ich hatte mich gedanklich längst damit abgefunden, dass zwischen John und mir niemals mehr als eine Freundschaft sein wird. War es die zauberhafte Musik Mozarts, die ihn in liebevolle Stimmung versetzt hat? Oder war es einfach die Erkenntnis, dass das Leben einem so kurz erscheint, wenn man sich auf sein Ende zu bewegt? Wir haben die Oper „Don Giovanni“ von Mozart gesehen und die Musik erschütterte uns ebenso sehr wie die Handlung. Schon die Ouvertüre http://www.youtube.com/watch?v=jyjVCbTo5F0 berührte mich so tief, dass ich diese Musik wohl nie mehr vergessen werde. Wenn auch der ruchlose Protagonist dieser Oper seinen frühen Tod durch eigene Schuld herbeigeführt hat, so hat uns das Thema Tod schnell auf Voldemorts Schreckensherrschaft gebracht und auf die vielen unschuldigen Leben, die so sinnlos ausgelöscht wurden. Auch auf die vielen Beziehungen, die durch ihn zerstört wurden, kamen wir zu sprechen. Und plötzlich wurde John mitteilsam wie noch nie zuvor und erzählte mir davon, dass er an jenem Abend, nachdem ich bei ihm war, gleich den Versuch gemacht hatte, mit seiner verstorbenen Frau zu sprechen. Und sie hat ihm wirklich geantwortet, wie ich es ihm gesagt hatte. „Sie hat mich gebeten, sie endlich loszulassen und mir geraten, deine Freundschaft zu suchen, Arabella. Und vielleicht sogar mehr - wenn du dies auch möchtest.“

Wenn wir durch die Straßen laufen, halten wir uns an den Händen wie junge Leute. Ist das nicht etwas ganz Wunderbares, dass einen die Liebe in jedem Alter treffen kann? Im Nachhinein muss ich meiner Mutter und Mr. Twycross noch Abbitte leisten, weil ich deren Liebesgeschichte damals so ins Lächerliche gezogen habe. Denn wenn ich mich mit 70 Jahren noch verlieben kann, warum sollte das mit 90 Jahren nicht mehr passieren dürfen? Die Liebe ist nicht nur für junge Menschen gemacht, sie zieht sich durch ein ganzes Menschenleben. John hat mir gestanden, dass ich ihm von Anfang an gefallen hätte, er sich aber nicht sicher war, ob sich das für ihn nach so kurzer Trauerzeit schon schickt. Er hat wohl tatsächlich darauf gewartet, dass seine Frau ihm grünes Licht gibt. Ich finde das sehr berührend, dass er zu solcher Treue über den Tod hinaus fähig ist.

22. Juli 1999
Wir sitzen auf einer Lichtung mitten im Bregenzer Wald, wo wir eine Zwischenstation gemacht haben, um uns und den Thestralen eine Pause zu gönnen. Wir haben uns ja so viel zu erzählen, das kann man nicht, wenn man auf zwei Thestralen gegen den Fahrtwind kämpft, also sind solche Pausen unerlässlich. Wobei wir inzwischen dazu übergegangen sind, zusammen auf einem Thestral zu fliegen und alle paar Stunden das Tier zu wechseln. So können wir gegenseitig unsere Nähe spüren und überlasten durch das Abwechseln die treuen Tiere nicht.

25. Juli 1999
Nun bin ich ganz überraschend und ziemlich überstürzt wieder in Hogwarts gelandet, und das kam so: Gerade, als wir uns auf den Weg nach Bern machen wollten, erreichte John eine Eule von Sean, der ihm mitteilte, dass er umgehend im Ministerium gebraucht würde. So lenkten wir die Thestrale nach Norden, statt sie weiter Richtung Westen fliegen zu lassen. Als wir in London eintrafen, erfuhren wir, dass die Dementoren, die Kingsley letztes Jahr gleich nach seinem Amtsantritt als Zaubereiminister aus Askaban abgezogen hatte, sich heimlich zusammengerottet haben und außer Kontrolle geraten sind. Nun würde jeder Zauberer gebraucht, der einen Patronuszauber einigermaßen beherrsche, hieß es. Die Auroren waren zwar als erste aufgebrochen, hatten jedoch bald um Unterstützung gebeten. Angesichts der dringlichen Situation haben sich die Lehrer von Hogwarts ebenso bereiterklärt zu helfen wie die ehemaligen Ordenskämpfer.

Da ich mich wahrlich nicht auf Patronuszauber verstehe, bin ich allein auf einem Thestral nach Hogwarts zurückgeflogen. Der Flug war wieder ein großer Genuss für mich, und natürlich empfand ich, wie immer, eine riesige Freude daran, ganz allein etwas Magisches vollbringen zu können. John konnte mich bedenkenlos allein weiterfliegen lassen, weil die Thestrale mit Sicherheit etwaigen Dementoren ausweichen würden. Natürlich mache ich mir nun Sorgen um all meine Lieben, die nun die Dementoren bekämpfen, aber mein Freund Rubeus tröstet mich, so gut es geht. Ich muss noch schwer mit mir ringen, ob ich ihm erzählen soll, dass John und ich nun ein Paar sind. Einerseits ist Rubeus mein Freund, vor dem ich keine Geheimnisse haben möchte, andererseits möchte ich ihn nicht verletzen. Sicher hegt auch er längst keine zärtlichen Gefühle mehr für mich, aber trotzdem wäre es mir wohler, wenn auch er eine Gefährtin hätte, mit der er gemeinsam durchs Leben gehen kann.


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