von BlackWidow
Jaja, ich weiß schon, dass ich verrückt bin. Aber dieses Kapitel drängte noch heraus, ehe ich über den Großen Teich fliege.
80
Ein bisschen Liebe in dieser grausamen Welt
Neujahr 1997
Ich habe mir Urs` Worte zu Herzen genommen und versuche nun, ihn endlich loszulassen. Und natürlich ist mir klargeworden, dass ich auch Sirius loslassen muss, um wirklich frei zu sein. Frei von Trauer, frei von Gewissensbissen und vielen anderen negativen Gefühlen, die mir das Leben nicht leichter machen. Ich muss lernen, mir selber alle Fehler, die ich je gemacht habe, zu vergeben. Erst dann bin ich fähig, wieder ein erfülltes Leben zu führen. Und ich muss aufhören, meine temporäre Einsamkeit zu bedauern. Noch in diesem Jahr wird Harry volljährig, dann kann ich meinen Wohnsitz frei wählen und bin nicht mehr an dieses Muggelkaff gebunden. Es könnte also durchaus ein gutes Jahr für mich werden - wenn da nicht die Bedrohung der magischen wie der Muggelwelt durch Voldemort und seine Todesser wäre.
Ostern 1997
Hestia und Dädalus haben mich besucht und mir die neuesten Entwicklungen berichtet. So muss Remus immer öfter bei der Werwölfen leben, um als Spion für Dumbledore tätig zu sein. Kingsley ist schon seit etwa einem halben Jahr dazu abgestellt, den Muggelminister zu schützen. Und etliche Auroren sind das ganze Jahr über in Hogsmeade stationiert, um die Schule zu bewachen. Dumbledore ist sehr oft unterwegs, doch kein Ordensmitglied weiß, wohin er reist.
Ich habe keinerlei Ambitionen mehr, hier weiter die schrullige Alte zu spielen und versuche deshalb, mich mental wieder auf meine früheren Lebensgewohnheiten umzustellen. Den ekligen Kohlgeruch habe ich nun gänzlich aus meinem Haus verbannt, und ebenso habe ich von Hestia das spießige Blumenmuster auf dem Sofa in ein orientalisches Muster verwandeln lassen. Solche Äußerlichkeiten darf man nicht unterschätzen, denn sie tragen mit zum eigenen Wohnbefinden bei. Sollte es Mrs. Smith noch einmal wagen, mich mit einem Besuch zu beehren, dann ist mir egal, was sie über meine veränderte Einrichtung sagt.
24. Juni 1997
Albus Dumbledore ist tot. Die größte Hoffnung der magischen Welt kann uns nun nicht mehr anführen, unterstützen, beraten und trösten im Kampf gegen Voldemort und seine Todesser. Ohne ihn versinkt die Welt in Hoffnungslosigkeit und die Angst vor dem Bösen wächst ins Unermessliche. Gerade war Remus hier, um mich über diese schreckliche Entwicklung zu informieren. Ich fühlte mich so sehr an die Ereignisse vor einem Jahr erinnert: Auch da war Remus der Überbringer der schlimmen Nachricht. Ich frage mich, ob er sich immer freiwillig dafür opfert - in dem Wissen, dass noch vor einigen Jahrhunderten Überbringer schlechter Nachrichten geköpft wurden.
Er schien aber noch etwas anderes auf dem Herzen zu haben, das konnte ich ihm gleich ansehen. Also löcherte ich ihn so lange mit Fragen, bis er herausrückte: „Arabella, du ahnst gar nicht, was sich im letzten Jahr zwischen Nymphadora und mir entwickelt hat. Aber wie du inzwischen weißt, bin ich weder in der körperlichen noch in der finanziellen Verfassung, dass ich eine Frau an mich binden kann. Dazu liebe ich Dora viel zu sehr, dass ich sie an einen armen, alten und gefährlichen Mann binden möchte.“ „Und deshalb nimmst du lieber in Kauf, dass ihr beide unglücklich werdet, statt zu versuchen, trotz aller Schwierigkeiten euch beide glücklich zu machen? Oh Remus, wenn ich nur einmal Gelegenheit hätte, dich meinem besten Freund aus der Schweiz vorzustellen. Er hat dasselbe Schicksal wie du zu tragen, hat es aber geschafft, in seinem erlernten Beruf zu arbeiten und auch noch eine wundervolle Frau an sich zu binden.“ „In der Schweiz scheinen ganz andere Verhältnisse zu sein als hier bei uns. Seit diese schreckliche Umbridge das neue Anti-Werwolf-Gesetz verabschiedet hat, sind meine Chancen, auf ehrliche Weise Gold zu verdienen, gleich Null. Ich kann doch Dora überhaupt nichts bieten!“ Da platzte mir der Kragen: „Und was glaubst du, was eine Frau wie Dora geboten haben möchte? Wie ich das Mädchen kenne, genügt ihr deine Liebe vollauf. Sie macht sich nichts aus schicken Kleidern oder Schmuck, und vor allem hat sie selber einen gut bezahlten Beruf, den sie wohl nach einer Heirat nicht aufgeben würde, weil dazu gar keine Notwendigkeit bestünde.“ „Aber ich kann sie nicht bitten, meine Frau zu werden. Nachdem ich ihr ein Jahr lang gesagt habe, dass sie mich vergessen soll, kann ich doch jetzt nicht einfach daherkommen und ihr einen Heiratsantrag machen.“ „Ach ihr Männer, ihr seid solche Helden, wenn es darum geht, im Kampf zu sterben. Doch um einer Frau, die ihr ehrlich liebt, eure Liebe zu gestehen, dazu seid ihr zu feige!“ rief ich ihm zu. Daraufhin disapparierte er ohne ein Wort des Abschieds.
26. Juni 1997
Hestia war so lieb, mich nach Hogwarts zur Beerdigung mitzunehmen. Ich war immer noch fassungslos über diesen sinnlosen Tod und so nahm ich gar nicht richtig wahr, was um mich herum geschah. Nun gut, ich konnte immerhin Remus und Nymphadora zusammen sehen. Sie hielten sich an den Händen und sahen so glücklich aus, wie man es unter den gegebenen Umständen überhaupt sein kann. Es ist doch beruhigend, dass Remus sich wohl meine Worte zu Herzen genommen hat, auch wenn er so plötzlich verschwunden ist. Ansonsten bemerkte ich kaum die anderen Menschen, die an dem Begräbnis teilnahmen; ich erlebte Alles wie in einer Art Trance. Ich konnte gar nicht aufmerksam der Zeremonie folgen, weil mir der Kopf schwirrte vor Erinnerungen an Albus Dumbledore. Wäre dieser Mann nicht gewesen, wer weiß, wie mein Leben abgelaufen wäre? Er hatte immer ein offenes Ohr für die Probleme einer Ausgestoßenen, gab mir Arbeit, wenn ich welche brauchte, und ließ mich ziehen, wenn ich meine Freiheit brauchte. Wer weiß, wie viele Menschen, die hier auf seinem Begräbnis anwesend waren, ihm ebensolchen Dank schulden wie ich? Remus hatte ihm ebenso eine Anstellung zu verdanken wie Rubeus. All diese Menschen trauern nun um ihn. Wie soll die Welt sich weiter drehen ohne Albus Dumbledore?
19. Juli 1997
Nymphadora und Remus haben mich zu ihrer Hochzeit eingeladen und mir damit eine sehr große Freude gemacht. Es war kein großes Fest: nur die Familie Tonks war zugegen, da Remus` Eltern nicht mehr leben, und Alastor Moody, der lange Zeit Nymphadoras Mentor war. Dass auch ich geladen war, empfand ich deshalb als ganz besondere Ehre. Andromeda wirkte nicht gerade glücklich, doch in einer ruhigen Minute konnte ich ihr von meinen Freunden in Genf erzählen. „Und sie haben wirklich zwei gesunde Kinder bekommen?“ fragte sie etwas ungläubig. „Ja, du kannst ganz beruhigt sein, keiner der Söhne hat die Konstitution seines Vaters geerbt.“ „Arabella, du musst mich für intolerant halten; aber ich will ja nur, dass meine Kleine glücklich wird!“ schniefte sie. Da konnte ich sie beruhigen: „Schau sie dir an, wie sie ihren Remus anhimmelt. Glücklicher könnte sie gar nicht sein!“ Sie war tatsächlich ein hinreißender Anblick. Ihre Haare haben das Mausbraun der letzten Monate wieder von selber durch ein schrilles Pink ersetzt und hatten somit genau dieselbe Farbe wie ihr Kleid. Remus hatte sich einen Festumhang seines Schwiegervaters ausgeliehen und sah darin recht ordentlich aus. Die beiden sind ein sehr ungleiches Paar, und doch bin ich überzeugt, dass sie füreinander geschaffen sind. Nymphadora mit ihrem sonnigen Gemüt wird es wie kein anderer Mensch bewerkstelligen, den skeptischen Remus von seiner eigenen Wertigkeit zu überzeugen. Ich wünsche den beiden alles erdenkliche Glück dieser Erde.
26. Juli 1997
Hestia und Dädalus waren heute hier, bevor sie mit den Dursleys zu einem nur ihnen bekannten Versteck verschwunden sind. Ich wundere mich über Dädalus, der nach all den Erlebnissen der letzten Jahre immer noch daran glaubt, dass die Dursleys doch insgeheim stolz auf Harry sein müssten. Er hat sich freiwillig für diese unangenehme Aufgabe gemeldet und so blieb Hestia nichts anderes übrig, als sich auch für diesen Job einteilen zu lassen, wenn sie die nächste Zeit mit Dädalus zusammen sein möchte. Schließlich weiß niemand, wie lange sie in ihrem Versteck bleiben müssen und wie lange die gefährlichen Zeiten dauern werden, in denen wir uns gerade befinden. Es heißt, Harry hätte von Dumbledore vor dessen Tod einen Auftrag bekommen, und von der Erfüllung dieses Auftrags hängt es ab, ob Voldemort endgültig besiegt werden kann.
27. Juli 1997
Der Orden hatte alle Hände voll zu tun, um Harry noch vor seinem 17. Geburtstag von Little Whinging wegzuholen. Ich beobachtete das Geschehen unter meinem Tarnumhang, weil ich so das Gefühl hatte, wenigstens ein klein wenig daran teilzuhaben. Doch leider scheint ein Verräter im Orden gewesen zu sein, denn kaum hatten sie den magischen Bannkreis um den Ligusterweg durchbrochen, kamen auch schon Todesser daher. Ich verkroch mich ganz schnell in mein Haus und betete für einen glücklichen Ausgang der Aktion. Selbst im Haus blieb ich unter meinem Tarnumhang, denn wer weiß, ob nicht jemand ausgeplaudert hat, dass hier in Little Whinging eine Squib lebt. Mit Harrys Weggang aus dem Ort ist im Prinzip auch meine Aufgabe erfüllt und ich überlege nun ernsthaft, ob ich mir nicht eine andere Bleibe suchen sollte. Andererseits wäre es derzeit nicht gerade ratsam, mich in einem von Zauberern bewohnten Ort anzusiedeln, weil es anzunehmen ist, dass nun, wo Dumbledore nicht mehr ist, Voldemorts Vorrücken nicht mehr zu bremsen sein wird.
30. Juli 1997
Und wieder kommt mir Hilfe von außen, wenn ich sie dringend brauche. Heute erreichte mich folgende Eulenpost:
„Liebe Tante Arabella,
verzeih bitte, wenn ich gleich mit der Tür ins Haus falle, aber ich habe eine Schuld meines unlängst verstorbenen Vaters abzugelten, die schwer auf mir und meiner Familie lastet. Ich hoffe, meine Eule kann Dich finden, denn mir ist Deine derzeitige Adresse nicht bekannt. Bitte antworte mir, ob Du bereit wärest, mich an einem neutralen Ort zu treffen.
Dein Neffe
William Greengrass“
Die Überraschung hätte nicht größer sein können. Mein Neffe, an dessen Namen ich mich nicht einmal erinnern konnte, denkt an mich und möchte die Schuld seines Vaters wiedergutmachen. Und ich überlege gerade, welche Schuld er damit meint. Pollux` Überheblichkeit? Oder sein Vorhaben, mich ungefragt mit Wilkie Twycross zu verkuppeln? Oder die Tatsache, dass ich im Hause Black sechs Jahre unentgeltlich als Kindermädchen gearbeitet habe? Weil es mir unangenehm ist, in meinem Muggelhaus Besuch zu empfangen, werde ich ein Café hier in der Gegend vorschlagen und mir anhören, was er zu sagen hat. Ich wünschte, ich hätte Hestia in meiner Nähe als Ratgeberin, doch die ist für mich derzeit leider unerreichbar.
1. August 1997
Es ist für mich immer noch unglaublich, was mein Neffe mir vorgeschlagen hat. Er fiel gleich mit der Tür ins Haus und sagte:
„Verzeih mir bitte, dass ich mich so lange nicht um dich gekümmert habe, obwohl du die einzige noch lebende engere Verwandte aus der Generation meiner Eltern bist. Mein Elternhaus war, wie du ja ganz genau weißt, nicht gerade dergestalt, dass ich in meiner Erziehung so etwas wie Respekt vor Menschen, die anders sind als wir, eingetrichtert bekommen hätte. Du warst immer die bedauernswerte, oft sogar verachtenswerte Verwandte, auf deren Gesellschaft niemand besonderen Wert gelegt hatte. Auch ich habe als Kind diese kaputte Wertevermittlung verinnerlicht und oft arrogant auf dich herabgeschaut. Doch nun, wo ich dem Einfluss meiner Eltern längst entwachsen bin und die Zeiten zudem wieder dunkler werden, sind mir endlich die Augen geöffnet worden. Mein Vater hat dir damals die Londoner Wohnung weggenommen, um sie mir zu schenken. Ich habe sie lange Zeit bewohnt, bis ich das Herrenhaus meiner Eltern geerbt habe. Und nun wollte ich dir nach so langer Zeit endlich dein dir zustehendes Eigentum zurückgeben. Ich wäre bereit, deine Wohnung unter den Fideluszauber zu stellen, damit du geschützt dort leben kannst, bis unsere Welt wieder sicherer ist.“
Ich war nach dieser Rede völlig sprachlos, weil ich William nie im Leben zugetraut hätte, dass er sich in Notzeiten an seine Verwandte erinnert. Zudem muss ich ja gestehen, dass ich mir selber nie besonders viel aus Daphnes Kindern gemacht hatte und mich deshalb nie um sie gekümmert habe. Im Grunde stehe auch ich in Williams Schuld, weil ich ihm nie eine liebevolle Tante war. Als ich ihm das sagte, meinte er: „Wir haben es dir ja auch nie leicht gemacht, haben den Kontakt gemieden und auf dich herabgesehen, als wären wir etwas Besseres. Nimm deshalb bitte dein Eigentum zurück, weil es dir schon lange zusteht. Du würdest mich damit sehr glücklich machen.“
3. August 1997
Nun bin ich ganz schnell aus Little Whinging weggezogen, weil ich dort nie mehr gebraucht werde. Die Londoner Wohnung ist nicht mehr wiederzuerkennen - mein Neffe versteht seine Zauberkunst außerordentlich. Er hat aus diesem dunklen Loch ein kleines Paradies geschaffen mit so unglaublich viel Sonnenlicht, dass man gar nicht denkt, man würde in dieser dreckigen Stadt leben. William hat mir auch zu verstehen gegeben, dass im Stockwerk darunter eine sehr nette Familie mit drei Kindern wohnt. Ich weiß noch nicht, ob ich so schnell Kontakt zu einer Zaubererfamilie haben möchte, aber verlockend ist es schon nach diesen langen Jahren in der Muggelgegend.
Ich bat William noch, mich in die Winkelgasse zu begleiten, weil ich Mrs. Tamer endlich wieder einen Besuch abstatten wollte. Doch was ich dort zu sehen bekam, schockierte mich zutiefst. Am Schaufenster der Magischen Menagerie stand in großen Lettern hingeschmiert „Zauberer, kauft nicht bei Schlammblütern!“ Ich betrat den Laden trotzdem, obwohl mein Neffe mir davon abriet. Drinnen war die reinste Verwüstung, und mittendrin stand ein sehr deprimiert aussehender junger Mann, der wohl versuchte, sich einen Überblick über das Chaos zu verschaffen. Als er die beiden Katzen sah, die ich dabei hatte, blickte er auf und schien sofort zu wissen, wer ich bin. „Sie müssen Mrs. Figg sein, meine Mutter hat mir oft von Ihren besonderen Knieselkatzen erzählt.“ Ich fragte überflüssigerweise nach, wo denn Mrs. Tamer sei, und die Antwort versetzte mir einen Stich: „Sie ist vor einer Woche an Drachenpocken gestorben. So gesehen war dies ihr Glück, denn dann konnte sie nicht mehr miterleben, was die Todesser mit ihr angestellt hätten, nachdem sie den Laden verwüstet haben.“ „Das tut mir schrecklich leid; kann ich denn irgendetwas für Sie tun?“ „Vielen Dank, Mrs. Figg, aber ich glaube, es gibt hier nichts mehr zu tun, außer die wenigen verbliebenen Tiere in gute Hände zu geben. Und leider kann ich im Moment Ihre wunderschönen Knieselkatzen nicht nehmen.“ Unter diesen Umständen nahm ich die beiden Katzen natürlich wieder mit. Ich werde sie schon irgendwie in gute Hände geben können, und vorerst können sie noch bei mir bleiben.
Vor lauter Schreck habe ich völlig vergessen, dem jungen Mr. Tamer mein Beileid auszusprechen. Ich schäme mich, dass ich so wenig über meine einstige Geschäftspartnerin gewusst hatte. Ich habe meine Tiere zu ihr gebracht und ganz selten im Laden ausgeholfen. Doch nie fiel ein privates Wort, so wusste ich nicht einmal, dass es da auch noch eine Familie Tamer gab. Zumindest einen Sohn, denn ob es auch einen Mr. Tamer senior gab, wollte ich nun doch nicht nachfragen.
4. August 1997
Heute habe ich mir ein Herz gefasst und bei der Wohnung unter mir geklingelt. Es kam eine etwas verängstigte Frau an die Tür, die zuerst recht misstrauisch war. Erst als ich ihr anvertraute, dass ich eine Squib bin, ließ sie mich in die Wohnung und lud mich zum Tee ein. Sie heißt Mary und ihr Mann arbeitet im Zaubereiministerium. Die drei Kinder Alfred, Maisie und Ellie sind im niedlichsten Alter und haben mein Herz im Sturm erobert.
In diesen schlimmen Zeiten weiß man oft nicht, wem man vertrauen kann und bei wem Vorsicht geboten ist. Doch bei Mary spüre ich sofort, dass sie auf der richtigen Seite steht. Irgendwie fühle ich mich durch sie ein klein wenig an meine bayerische Freundin Agnes erinnert. Da Mary durch das Wissen, dass ich eine Squib bin, Vertrauen zu mir gefasst hatte, erzählte sie mir, dass sie in vier Wochen zu einer Befragung im Ministerium geladen sei. „Die wollen wissen, woher ich meine Magie habe!“ rief sie verwundert aus. Wir rätselten lange herum, was damit gemeint sein könnte. Als Marys Mann Reginald von der Arbeit nach Hause kam, war das Thema immer noch nicht erledigt und er meinte: „Ich denke nicht, dass sie der Frau eines Ministeriumsangestellten irgendeine Schuld in die Schuhe schieben werden. Der plötzliche Tod von Rufus Scrimgeore ist zwar immer noch nicht geklärt, aber ich denke, Pius Thicknesse wird ihm ein würdiger Nachfolger sein.“
17. August 1997
Ich verlasse das Haus selten, doch habe ich Mary und Reg Cattermole in den Fideluszauber eingeweiht, sodass sie mich in meiner Wohnung jederzeit besuchen können. Und diese lieben Nachbarn erweisen sich als Segen in dieser selbsterwählten Einsamkeit. Mary hört sich gern meine Geschichten aus meiner Muggelzeit, wie ich die Jahre in Little Whinging nun nenne, an und sie hat mich sozusagen auch „entmuggelt“, wie wir es spaßeshalber bezeichnen. Immer wieder habe ich ihr geschildert, wie ich zum Friseur gegangen bin, nur um mit Petunia Dursley Bekanntschaft schließen zu können. Ich habe all die Verrücktheiten erzählt, mit denen ich mich die ganze Zeit herumgeschlagen habe, angefangen vom Ortsverschönerungsverein bis zum Fernseher der Familie Smith. „Arabella, du solltest diese Verrücktheiten unbedingt aufschreiben. Ich finde, du könntest ein Buch über diese Muggel schreiben und damit großen Erfolg haben. Ich bin ja selber unter Muggeln aufgewachsen, aber meine Familie war ganz in Ordnung.“ Leider musste ich Mary heftig widersprechen, denn in dieser muggelfeindlichen Zeit wäre ein solches Buch genau das, was das Regime den Zauberern eintrichtern möchte. Da stimmte mir Mary zu und kümmerte sich lieber um die Veränderung meines Äußeren. „Du brauchst ja jetzt diese seltsame Muggelfrisur nicht mehr, um dich zu tarnen. Wie hattest du denn dein Haar früher?“ Als ich ihr meine frühere Langhaarfrisur beschrieb, nahm sie ihren Zauberstab und in kürzester Zeit sah ich wieder viel jünger aus. Sogar das Grau meiner Haare war wieder mit leichten Brauntönen gemischt. Dass ich nun keine schrecklichen Plüschhausschuhe mehr trage, versteht sich von selbst. Die ehrbaren Bürger von Little Whinging würden mich vermutlich gar nicht mehr wiedererkennen.
2. September 1997
Heute ging Mary in aller Frühe zum Ministerium zu ihrer Befragung. Ich hatte gar kein gutes Gefühl dabei und hätte sie am liebsten gleich in die Schweiz zu meinen Freunden geschickt. Doch Reg schien immer noch davon überzeugt zu sein, dass ihr in seinem Beisein nichts passieren kann. Ich habe mich erboten, die Kinder zu hüten, bis Mary wieder zurückkommt. Irgendwie scheinen die Kleinen zu spüren, dass ihre Mutter heute etwas Aufregendes zu tun hat und sie verhalten sich ganz artig. Maisie hat sich mit meinen kleinen Knieselkätzchen angefreundet und würde sie am liebsten den ganzen Tag auf ihrem Spielzeugbesen mitfliegen lassen.
Doch später am Vormittag geschahen so unglaubliche Dinge, dass ich erst einmal zur Ruhe kommen muss, ehe ich sie hier festhalten kann.
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