von ratterhorpy
Der Glühwürmchenfluch
Während Alecto Carrow ihren Zauberstab auf Neville, Ginny und Luna richtete, hörten die Schüler hinter sich Schritte, die eilig die Treppen hinab liefen. Sie saßen in der Falle und hatten keine Möglichkeit mehr, zu entkommen. So schreckensstarr, wie die Drei waren, war an eine Flucht nicht mehr zu denken.
„Was zum...“ Professor Snapes Satz blieb unvollendet, als er die Situation am unteren Ende der Treppe erfasste.
„Ich werde Euch zeigen, wie man mit Gesindel wie Euch umgeht!“ frohlockte Alecto Carrow. „Lampyridas!“ rief sie.
Dutzende kleine Lichter, die aussahen wie Glühwürmchen traten aus ihrem Zauberstab heraus und schwebten auf die Schüler zu. Neville schob die Mädchen hinter sich, was Alecto Carrow dazu brachte, lauthals zu lachen.
„Oh wir wollen den kleinen Helden spielen!“
Hinter dem Rücken von Neville warf Luna einen vorsichtigen Blick die Treppe hinauf. Der Direktor hielt seinen Zauberstab bereit. Er sah wütend aus, wütender, als Luna ihn jemals gesehen hatte. Amycus Carrow schaute sich die Szene vor sich belustigt an.
Neville wich ein wenig zurück, die kleinen Lichter waren beinahe angekommen. In das Lachen von Alecto Carrow, das immer lauter und hysterischer wurde, sprach der Direktor seinen Zauber aus. Luna wollte kaum ihren Ohren trauen.
„Protego!“
Neville wich noch weiter zurück und die Mädchen hinter ihm fielen beinahe über die Treppenstufen und konnten sich gerade noch so abfangen. Luna hatte jedoch den Gesichtsausdruck des Direktors bemerkt, dessen Augen sich vor Schreck geweitet hatten.
Die kleinen Lichter waren direkt durch den Protego hindurch geflogen. Nun war der Punkt erreicht, an dem Neville nicht weiter zurückweichen konnte. Weil er die Mädchen hinter sich geschoben hatte, traf es ihn als erstes. Kurz bevor sie ihn berührten, erkannte er auch, woraus die Lichter bestanden. Es waren winzige, lodernde Feuer. Neville schrie vor Schmerz auf, als zahlreiche dieser Feuer auf sein Gesicht trafen. Es schien so, als ob sie nicht an der Oberfläche Halt machten, sondern sich Kanäle tief in die Haut hinein brannten. Das letzte, was Neville wahrnahm bevor der Schmerz ihn ohnmächtig werden ließ, war der Gestank von verbranntem Fleisch und verbrannten Haaren.
Ginny und Luna versuchten den Lichtern auszuweichen, so gut es ging, doch die Lichter brannten sich durch ihre Kleidung hindurch.
„Es reicht jetzt!“ brüllte Professor Snape, als Neville zusammensackte. „Du sollst keine Reinblüter töten!“
Alecto Carrow stöhnte ärgerlich.
„Finite!“ rief sie widerwillig.
„Verdient hätten sie es!“ schrie Alecto Carrow den Direktor an. „Diebe, Blutsverräter!“
Sie lief auf den bewusstlosen Neville zu und spuckte auf ihn.
„Du hast Deinen Spaß gehabt, jetzt überlas sie mir!“
„Aber, ......“ versuchte Alecto Carrow zu widersprechen.
„Es war mein Büro, das sie überfallen haben, überlas sie also auch mir!“ schrie Snape die Hexe an. „Ich bin hier der Direktor, falls Du das vergessen haben solltest!“
Alecto Carrow warf einen verächtlichen Blick auf Severus Snape, drehte sich um und ging den Gang hinunter. Amycus Carrow folgte seiner Schwester, nicht jedoch ohne den Direktor so anzurempeln, das dieser beinahe die Treppe hinunter fiel.
All das bekam Luna nur am Rande mit. Sie bemühte sich gerade, nicht vor Schmerzen zu wimmern. Die Lichter hatten zwar aufgehört, sich weiter in ihren Arm zu brennen, aber es tat dennoch höllisch weh.
„Mitkommen!“ sagte der Direktor und richtete seinen Zauberstab auf die beiden Schülerinnen. „Und den nehmen sie mit!“
Mit dem Zauberstab wies der Direktor die Richtung an. Nicht hoch zum Büro, sondern den Gang hinunter.
Ginny und Luna versuchten ihr Bestes, Neville, der schwerer war als er aussah, zu tragen. Es ging quer durch das Schloss, durch die verlassenen Flure. Offensichtlich war einige Stockwerke tiefer immer noch die Feier im Gange.
Ab und zu warfen Ginny und Luna einen verstohlenen Blick nach hinten, zum Direktor. Mit blassem Gesicht und verächtlicher Miene scheuchte er sie immer weiter, bis sie schließlich im Krankenflügel ankamen.
Madam Pomfrey eilte sofort mit besorgter Miene herbei. Sie sprach einen Schwebezauber über Neville aus und verfrachtete ihn auf eines der Betten. Luna und Ginny lehnten sich erschöpft aneinander an, völlig außer Puste.
„Professor Snape!“ entrüstete sich die Krankenschwester. „Ich fordere eine Erklärung! Warum müssen diese Kinder ihren verletzten Mitschüler tragen? Was sind denn das für Methoden?“
Der Direktor, der Ginny und Luna immer noch mit dem Zauberstab bedroht hatte, richtete den Zauberstab nun auf Madam Pomfrey.
„Diese drei Schüler stehen unter Arrest!“ sagte der Direktor. „Ich erwarte, das sie körperlich in der Lage sein werden, die Bestrafung für ihre Taten durchzustehen!“
Voller Entsetzten wich die Krankenschwester ein paar Schritte zurück, doch der Direktor folgte ihr.
„Der Himmel möge ihnen gnädig sein, sollte auch nur einer dieser Schüler den Krankenflügel ohne mein Wissen verlassen!“
Madam Pomfrey schluckte schwer.
„Das gilt auch für den Fall, das einer der geschätzten Kollegen die Schüler abholen will!“ sagte Snape und trat noch näher an die Krankenschwester heran. „Haben sie das verstanden?“
Madam Pomfrey nickte.
Severus Snape ließ seinen Blick noch einmal durch den Raum schweifen, ehe er sich umdrehte und mit wehendem Umhang den Raum verließ.
„Du liebe Zeit!“ seufzte Madam Pomfrey und eilte zu Neville.
Gleichzeitig sprang Seamus aus seinem Bett, obwohl es noch vor einer Minute so ausgesehen hatte, als ob er schlief.
„Bei Merlins Namen!“ rief die Krankenschwester aus. „Wo kommen diese Wunden her?“
Besorgt sah sie sich nach den Mädchen um, die sich auf den Boden gesetzt hatten und sich immer noch gegenseitig stützten.
„Wisst Ihr was passiert ist?“
„Ein Fluch!“ ächzte Ginny unter Schmerzen. „Keine Ahnung wie er heißt. Habe ich noch nie gesehen!“
„Wie hat er gewirkt?“ fragte Madam Pomfrey.
„Sah aus wie Glühwürmchen.“ sagte Luna und atmete tief durch, weil ihr Arm fürchterlich pochte. „Die waren aus Feuer und haben sich eingebrannt!“
„Bei Merlin, wurde der Zauber aufgehoben?“ fragte Madam Pomfrey beinahe panisch.
Ginny und Luna nickten.
„Gut!“ Madam Pomfrey atmete erleichtert aus. „Dann können wir uns jetzt um die Wunden kümmern!“
Sie lief zu einem Medizinschrank und holte eine Flasche heraus. „Was ist mit Ihnen? Hat es sie auch erwischt?“
„Mr. Finnigan, helfen sie den Beiden ein Bett zu finden!“ wies die Krankenschwester Seamus an. „Ich werde zu Ihnen kommen, wenn ich mich um Mr. Longbottom gekümmert habe!“
„Neville?“ ertönte eine schüchterne Stimme hinter einem weißen Vorhang. Hannah trat um den Vorhang herum und warf sich einen Morgenmantel über.
„Was haben sie mit ihm gemacht?“ rief sie aus, als sie Neville sah. Besorgt musterte sie sein Gesicht.
„Madam Pomfrey, kann ich irgendetwas tun?“ fragte die Hufflepuff-Schülerin.
„Gut, wenn Sie helfen wollen, nehmen sie die Murtlap-Essenz und tupfen die Wunden damit ab!“ sagte Madam Pomfrey und drückte dem Mädchen die Flasche und etwas Watte in die Hand. Anschließend eilte sie zu Ginny und Luna, um sich deren Verletzungen anzusehen.
„Ach Neville!“ murmelte Hannah leise. Sie setzte sich auf die Bettkante und begann, Nevilles Wunden zu versorgen.
„Ich bin ja so dumm gewesen. Ich bin doch nicht die einzige die Probleme hat. Jetzt liegst Du hier und ich habe keine Ahnung was passiert ist!“
Neville bekam nicht mit, was Hannah zu ihm sagte, aber in seinem Traum war ein wunderschöner Engel erschienen, der seine Schmerzen linderte und ihn mit sanfter Stimme beruhigte. So schön war der Traum, das Neville am liebsten gar nicht mehr aufwachen wollte.
Madam Pomfrey hatte unterdessen Seamus losgeschickt um die Professoren McGonagall und Flittwick zu holen, denn sie hatte ernsthafte Zweifel, ob der Direktor sie informiert hatte.
Die Krankenschwester half Ginny aus ihrem Umhang, sie hatte es am Rücken erwischt. Luna war die einzige, die sich selbst versorgen konnte. Sorgsam betupfte sie die Wunden an ihrem Arm mit Murtlap-Essenz.
„Das tut gut!“ kommentierte Luna. „Aber es heilt nicht komplett!“
„Nein!“ seufzte die Krankenschwester. „Es ist leider so, das es Fluchwunden gibt, die nicht vollständig verheilen. Stellen sie sich schon mal darauf ein, das sie Narben zurückbehalten werden!“
„Das ist wie bei Harrys Narbe!“ stellte Luna fest.
Ginny zuckte unwillkürlich zusammen.
„Verzeihung!“ sagte Madam Pomfrey, die den Grund für das zusammen zucken nicht ahnte. „Ja, das ist richtig. Aber seien sie nicht besorgt, die Wunden werden noch kleiner. Am Ende, schätze ich, werden sie so groß wie Insektenstiche sein.“
Die Türe zum Krankenflügel flog auf und die beiden Hauslehrer der Schüler stürmten herein.
„Was ist hier los? Was ist passiert?“
„Minerva, Filius!“ antwortete Madam Pomfrey. „Gut, das Ihr hier seid!“
Sie bedeckte Ginnys Rücken mit einem Laken und wandte sich den beiden Professoren zu.
„Diese drei Schüler wurden vom Direktor hergeführt. Er bedrohte sie mit dem Zauberstab uns sagte, sie stünden unter Arrest!“
„Sie sind verletzt!“ stellte Professor McGonagall fest und betrachtete Neville besorgt.
„Ja, wie es aussieht würden sie vom Glühwürmchenfluch getroffen!“
„Bei Merlins Bart!“ rief Professor Flittwick aus.
„Professor?“ machte Luna sich bemerkbar. „ich habe noch nie von diesem Fluch gehört und ich habe auch noch nie so etwas wie heute gesehen. Was ist das für ein Fluch? Und warum verharmlost man seinen Namen so?“
Hannah sah auf. Seamus betrachtete die Szene aufmerksam von seinem Bett aus. Auch Ginny hatte sich auf die Ellbogen gestützt und schaute die Professoren an.
Luna hatte die Frage so geschickt in den Raum geworfen, das sich beide Professoren angesprochen fühlten. Es war Professor McGonagall, die das Wort ergriff und zu erklären begann:
„Es gibt bisher nur sehr, sehr wenige Fälle, in denen bekannt wurde, das dieser Fluch eingesetzt worden ist. Der Fluch muss sehr schmerzhaft sein, aber ich glaube, das muss ich Ihnen nicht erklären. Jedenfalls sind die Folgen des Fluches, wenn er nicht rechtzeitig aufgehoben wird, grauenerregend! Woher er stammt und wer ihn benannt hat, kann man nur schwerlich sagen. Man sagt, der Fluch sehe aus, wie umher schwirrende Glühwürmchen, aber dazu werden sie wieder mehr sagen können als ich. Es gibt Gerüchte, der Fluch sei von den Unsäglichen des Ministeriums entwickelt worden, aber das sind Gerüchte!“
„Allerdings werden die Unsäglichen stets für alles verantwortlich gemacht, was die Menschen nicht verstehen!“ mischte sich Professor Flittwick ein.
Professor McGonagall nickte ihrem Kollegen zustimmend zu.
„Was mich allerdings, nun ja, brennend interessiert, welchen Grund sie dem Direktor geboten haben, einen solchen Fluch zu verwenden.“
„Das war nicht Snape, das war die Carrow!“ widersprach Ginny.
Professor McGonagall runzelte missbilligend die Stirn.
„Dann würde ich gerne erfahren, welchen Grund sie ihr geboten haben.“
„Professor, das war so zu sagen eine Rettungsaktion, bei der uns der Direktor und die Carrows erwischt haben!“ sagte Luna vorsichtig.
„Wen wollten sie den retten?“ fragte Professor Flittwick.
„Einen Gegenstand?“ sagte Luna kleinlaut.
„Was für einen Gegenstand?“ fragte der Professor, nun ein wenig strenger.
Luna nuschelte etwas.
„Was ist Weridor?“
„Jetzt sag doch auch mal was!“ forderte Luna von Ginny.
„Na, schön!“ sagte diese. Sie wusste, das ihr und ihren Freunden eine Standpauke bevorstand, die nur noch ihre Mutter übertreffen konnte.
„Wir haben versucht, das Schwert von Godric Gryffindor aus dem Büro des Direktors zu stehlen! Wir wollten so verhindern, das es in die Hände von Du-Weist-Schon-Wem gelangt. Denn eigentlich hatte Professor Dumbledore das Schwert an Harry vererbt und wir dachten, wir könnten es für ihn in Sicherheit bringen.“
Bei dem was Ginny gerade erzählt hatte, hätte sie nicht geglaubt, ausreden zu können. Noch weniger hatte sie mit dem anschließendem, angespannten Schweigen gerechnet, das ihren Worten folgte.
Professor McGonagall schaute Ginny wie versteinert an.
„Wie um alles in der Welt, konnten Sie so dumm sein?“ fragte Professor Flittwick nach einer gefühlten Ewigkeit.
Ginny und Luna schwiegen. Sie hatten gewusst, welches Risiko sie eingingen.
Professor McGonagall rieb sich am Kopf, als ob sie Migräne hätte.
„Miss Weasley, sie haben zu Beginn des Schuljahres selbst festgestellt, mit welchen Leuten sie es hier zu tun haben!“ sagte Professor McGonagall, zwar im normaler Lautstärke aber mit deutlicher Verärgerung in der Stimme. „Wie konnten sie nur?“
„Professor!“ antwortete Ginny. „Wir haben uns das lange überlegt. Es war das einzig richtige!“
„Das einzig richtige wäre gewesen, sich nicht mit diesen Leuten anzulegen.“ widersprach Professor Flittwick.
„Aber Neville hat gehört, wie der Direktor Carrow erzählt hat Du-Weist-Schon-Wer müsse nur nach dem Schwert fragen, um es zu bekommen!“ sagte Luna.
„Wenn Sie sich solche Sorgen um dieses Schwert machen, warum haben sie nicht mit uns geredet? Wir hätten schon eine bessere Möglichkeit gefunden, als drei Schüler, die einfach mal einen Einbruch begehen!“ warf Professor Flittwick ein.
„Wir sind nicht eben mal so eingebrochen, das war schon gut durchdacht!“ widersprach Luna. „Es ist eben schief gegangen!“
„Ist Ihnen überhaupt nicht klar was das bedeutet?“ regte sich Professor McGonagall auf. „Für Ihre Zukunft? Sich so in Gefahr zu begeben? Weiß der Himmel, was ihnen jetzt blüht!“
„Wir müssen die Kinder fortschaffen!“ sagte Professor Flittwick.
„Nein!“ sagte Luna. „Damit bringen wir Madam Pomfrey in Gefahr. Wir bleiben!“
„Was will sie damit sagen?“ wandte sich Professor McGonagall an Madam Pomfrey.
„Minerva, hör nicht auf das Kind! Bringt sie in Sicherheit!“ winkte die Krankenschwester ab.
„Professor Snape hat ihr gedroht.“ erklärte Luna. „Wir stehen hier unter Arrest und wir dürfen den Krankenflügel nicht verlassen!“
„Nun, dann müssen wir Poppy auch in Sicherheit bringen!“ schloss Professor Flittwick.
„Oh, nein!“ widersprach die Krankenschwester. „Hogwarts braucht mich!“
„Die Kinder werden den Krankenflügel nicht verlassen!“ sagte eine schneidend kalte Stimme. Keiner hatte gehört, wie sich die Türe zum Krankenflügel geöffnet hatte und niemand hatte den Direktor hereinkommen sehen.
„Sie werden den Krankenflügel dann verlassen, wenn ihr gesundheitlicher Zustand es zulässt. Ich erwarte, darüber informiert zu werden. Alle drei werden zur Strafe unserem Wildhüter Hagrid eine Nacht lang im Verbotenen Wald zur Hand gehen. Allen Dreien werden hundert Punkte abgezogen und ich werde die Familien der Drei informieren!“
So still wie der Direktor gekommen war, so still ging er auch wieder.
„Das soll seine Strafe sein?“ fragte Seamus. „Und ich wurde wegen einem blöden Spruch eine ganze Nacht in Ketten gelegt!“
„Mr. Finnigan!“ ermahnte Madam Pomfrey. „Das ist wohl kaum die richtige Reaktion auf eine solche Sache!“
„Stimmt!“ sagte Seamus. „Bei dem was passiert ist, sollten sich alle über diese Strafe freuen, statt hier nur stumm herum zu stehen. Die sind damit doch verdammt gut weggekommen!“
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