von Cute_Lily
Gedankenverloren saà sie im Sessel vor dem Kamin. Eine beÀngstigende Leere im Blick. Sie schien sehr weit weg. So weit weg, dass er glaubte, sie nicht erreichen zu können.
Er sah ihren erschlafften Körper, das kaum merkliche Zittern.
So war sie seit ein paar Stunden, seit sie nach Hogwarts zurĂŒckgekehrt war. Niemand wagte sich, an sie heranzutreten. Nicht einmal Ginny, die Hermine eine beste Freundin geworden war.
âIch gehe zu ihrâ, sagte Ron und wollte aufstehen, doch Ginny packte ihn am Hemdkragen und hielt ihn zurĂŒck.
âWenn jemand zu ihr gehtâ, sagte sie fest, âdann ist es Harry.â
Sie sah bedeutend zu ihm herĂŒber und in ihren Augen stand etwas, womit er nicht gerechnet hĂ€tte.
Er schluckte fest und hievte sich aus dem Stuhl.
âOkay, ich lass sie nicht zugrunde gehen.â
Er sah zu Boden und fixierte seinen Schatten, sich ein paar Worte zurecht legend.
Doch als er hinter ihr stand, war alles nicht mehr so einfach, wie anfangs noch gehofft.
Vorsichtig legte er ihr seine Hand auf die Schulter.
âDarf ich mich zu dir setzen?â, fragte er und bat instĂ€ndig, sie wĂŒrde es ihm gewĂ€hren.
Ihr Blick streifte ihn nur kurz, bevor er sich wieder zum Kaminfeuer wandte.
Sie nickte schwach und er setzte sich zu ihr in den Sessel.
Die Stille war so erschreckend wie ein plötzlicher Stromschlag. Sie stand zwischen dem, was Harry wollte und Hermine.
Er wollte sie aus ihren Gedanken befreien. Sie aus dem Loch herausholen aber das ging nur, wenn sie ihn emotional an sich heran lieĂ.
Ihre Körper berĂŒhrten sich nicht. Er achtete peinlich genau darauf, sich ihr nicht aufzudrĂ€ngen.
Es war das Letzte, was er wollte. Sie sollte sich nicht beschrĂ€nkt oder eingeengt fĂŒhlen. Auch nicht beschĂŒtzt oder behĂŒtet. Denn das konnte er nicht.
Alles, was er fĂŒr sie tun konnte, war, ihre GefĂŒhle zu teilen, ihre Schmerzen anzunehmen und sie zu lindern, sofern es ihm möglich war.
Irgendwann rutschte sie zu ihm heran und legte ihren Kopf an seine Brust. Ihr Haar kitzelte ihn dabei.
Ihre Hand legte sich auf sein Herz, sodass sie es schlagen spĂŒren konnte.
âSo schwachâ, flĂŒsterte sie und beinahe hĂ€tte er es nicht verstanden.
Reflexartig schob er seine Arme um sie und hielt sie fest, wÀhrend sie sich einigelte und an ihn schmiegte.
Wie ein kleines Kind saĂ sie auf seinem SchoĂ. Wiegte leise und langsam hin und her. Er konnte sich nicht ĂŒberwinden, sie aus ihren Gedanken zu reiĂen.
So verstört und wehleidig hatte er sie noch nie erlebt. Sie war nicht so. Niemals.
Hermine war ein herzensguter, lebensfroher Mensch, der nichts mehr liebte, als lachen und lesen.
Warum, bei Merlins Unterhose, litt sie dann so?
Es musste etwas Schreckliches geschehen sein. Er konnte sich nichts Anderes vorstellen.
Sanft streichelte er ihr ĂŒber ihren RĂŒcken. Seine ZĂ€rtlichkeit wurde von ihr mit einem Seufzen begleitet, aus dem der ganze, angestaute Schmerz sprach.
âSo schwachâ, murmelte sie leise in die Kuhle seines Halses. Und eben in diesem Augenblick spĂŒrte er, wie die TrĂ€nen sie ĂŒberwĂ€ltigten und zerfraĂen.
âWas ist schwach?â, fragte er ebenso leise und hörte nicht auf, sie beruhigend zu streicheln.
âSein Herz.â
Ihre HĂ€nde krallten sich schmerzhaft in sein Fleisch. Seine Kleindung wirkte wie ein Hauch von nichts fĂŒr ihre rohe Kraft.
âWessen Herz, Liebes?â
Sie bebte auf ihm. Unkontrollierbar zuckte sie, wurde von Schluchzern geschĂŒttelt und gerĂŒttelt.
Irgendwelche Worte und noch mehr ergreifende Seufzer verlieĂen ihren Mund.
Er drĂŒckte sie warm an sich und nahm ihren keuchenden Atem an seinem Körper auf. Ihre Schauer wurden zu seinen, ebenso wie ihre TrĂ€nen.
âMein Vaterâ, antwortete sie, nachdem sie den KloĂ in ihrer Kehle heruntergeschluckt hatte.
Tausend FlĂŒche lagen ihm auf der Zunge. Unmittelbar aus ihrer Familie.
Eine plötzliche Welle der Zuneigung ĂŒberschwemmte ihn. Ja, er verstand sie.
âErzĂ€hl es mir, Hermine. Ich bin bei dir, keine Angst.â
Und wieder diese unendliche Stille, bis sie es schaffte, sich zu ĂŒberwinden. Bis sie den Mut aufbrachte, das Unwiederbringliche auszusprechen. Denn er wusste, etwas beim Namen zu nennen, machte es automatisch und unwiderruflich wahr.
Davor hatte sie Angst. Vor der Wahrheit. Der grausamen, verzehrenden Wahrheit, der Wahrheit, die niemand hören wollte.
Er spĂŒrte, was sie im Inbegriff war zu sagen.
Seine Finger wanderten sanft ĂŒber ihren Nacken. Sie hatte das immer besonders gemocht.
âDaddy plagte schon seit geraumer Zeit immer wieder ĂŒber heftige RĂŒckenschmerzen. Er war beim Arzt.â
Er las in ihren Augen, dass dieser Mann ein Pfuscher gewesen sein musste. Ihre ganze Wut schlich sich in einem unbeherrschten Moment aus ihrem sicher verschlossenen GefĂŒhlsleben.
Noch nie zuvor hatte er solchen Zorn im Gesicht eines Menschen gesehen.
âImmer wieder musste er ins Krankenhaus, weil der Schmerz zu stark war. Bis sich einer der dortigen Ărzte ein Herz fasste und ihn richtig untersuchen lieĂ.â
âAuf was?â
âKrebsâ, flĂŒsterte sie gebrochen und ihre Stimme versagte in einem Moment, in dem sie eine neuerliche Weinattacke ĂŒberfiel.
âUnd weiter?â, versuchte er sie zu ermutigen.
Sie ballte ihre Hand zur Faust und biss hinein, um all den Frust und die Verzweiflung nicht laut herauszuschreien.
Seine Finger umschlossen ihre andere Hand. Sie drĂŒckte fest zu und er wusste, sie war nahe dran, die Besinnung zu verlieren.
âBauchâŠâ, ihre AtemzĂŒge wurden schneller und abgehakter, ââŠspeicheldrĂŒsenkrebs.â
Harry hatte nicht viel Ahnung von dieser Krankheit aber er wusste, dass sie tödlich war, wenn man sie nicht rechtzeitig erkannte.
Nachdem sie das ausgesprochen hatte, war der Knoten geplatzt und ihre Zunge völlig losgelöst.
Ihre Worte ĂŒberschlugen sich. Sie wollte alles auf einmal loswerden.
âEs dauerte nur einige Wochen im Krankenhaus, bis er furchtbar aussah. Eingefallene, erschlaffte Haut, die ungesund, grau aussah. Weniger Haar. Nur noch Knochen. Sein Blick war stumpf und fort.â
Sie rutschte auf seinem SchoĂ hin und her.
âEs war so schwer, mit ansehen zu mĂŒssen, wie mehr und mehr von dem Mann, den du ĂŒber alles liebst, verschwindet. Wie die Kraft zurĂŒckgeht. Die Hoffnung zerschellt. Mom hatte es noch schwerer. Es war furchtbar.â
Er nickte, sich im Gemeinschaftsraum umsehend.
Die Zeit musste wie Sand in einer Sanduhr zerronnen sein. Nur vereinzelt waren noch Ă€ltere SchĂŒler auf, die fĂŒr ihre UTZâe lernten oder einen Aufsatz schrieben.
Vorsichtig legte er seine Arme unter ihre Schultern und ihre Kniekehlen und noch bevor sie wusste, wie ihr geschah, stand er bereits und trug sie zu sich in den Schlafsaal, wo er sein NachttischlĂ€mpchen anschalte und sie unter seine Decke krabbeln lieĂ.
Sie wirkte verloren in dem groĂen Bett und er beschloss, sich zu ihr zu legen. Vorher zog er den Bettvorhang zu und belegte sein Bett mit einem Stillezauber, sodass niemand hören konnte, was sie sprachen.
âZieh dir deinen Umhang aus und die Stoffhoseâ, bat er, doch sie sah ihn nur entgeistert an und tat nichts.
Er musste daraufhin sein ganzes FeingefĂŒhl aufwenden, um an sie heranzukommen.
Es war schwer aber es gelang ihm.
ZĂ€rtlich zog er ihr die Socken von den FĂŒĂen. Sachte fuhr er die Linie ihres Spannes nach. Er genoss ihre nackte Haut und sie seine BerĂŒhrungen im Gegenzug.
Nur mit den Fingerspitzen berĂŒhrte er sie. Knöpfte ihre Bluse auf, nachdem er ihr den Schlips abgenommen hatte.
Er musste schlucken, je mehr Haut sichtbar wurde. Alles in ihm rebellierte. Ihr Anblick zog ihn aufs Heftigste in seinen Bann. Als alle Knöpfe geöffnet waren, schob er ihr die Bluse von den Schultern. Dabei ĂŒbten seine Daumen einen sanften Zauber aus.
Hermine seufzte unwillkĂŒrlich und er bemerkte die GĂ€nsehaut auf ihren Armen.
Sie sprachen kein Wort, als er ihr auch noch half, die Hose auszuziehen.
Peinlich verlegen sah er weg und kramte in seinen Sachen nach einem Pyjamaoberteil.
Sie zog sich das Hemd an und knöpfte es zu.
âHose auch?â, fragte er, doch sie schĂŒttelte den Kopf.
Dann zog er sich ebenfalls um und legte sich erneut zu ihr unter die Decke.
âKomm herâ, flĂŒsterte er und breitete seine Arme aus, damit sie sich an ihn schmiegen konnte.
Seine WĂ€rme befreite sie, sodass sie leichter atmen konnte.
Es war die Stille zwischen ihnen, die irgendwann unertrÀglich wurde.
âDeshalb war ich die letzten zwei Tage nicht in Hogwarts, Harry.â
âWegen deines Vaters.â
Sie nickte und ihr Haar kitzelte seine Brust. Seine Brustwarzen richteten sich dabei auf, was sie zu spĂŒren schien.
âEs tut mir Leid, Hermineâ, entschuldigte er sich.
Sie kicherte ein ganz kleines Bisschen.
âMacht doch nichts, Harry, das ist nur eine mĂ€nnliche Reaktion.â Dann wurde sie wieder trĂŒbselig.
âMom hatte Dumbledore eine Eule geschickt, dass Daddy im Sterben lag. Die Tage davor hatte er solchen Aufschwung. Er lief jeden Tag mit ihr ĂŒber das GelĂ€nde und er war sowohl geistig als körperlich total fit.â
âSo viele schmerzende TrĂ€nenâ, dachte er, âund so viele Narben werden zurĂŒckbleiben.â
âUnd dann ging es ihm schlagartig schlecht. Er hatte riesige Schmerzen, war total wirr im Kopf und sprach kaum ein vernĂŒnftiges Wort. Es war beinahe so, alsâŠâ
ââŠals wĂ€re er in einer anderen Welt.â
Sie schluchzte so herzzerreiĂend, dass es ihm die Eingeweide einmal umdrehte. All ihr Leid hĂ€tte einen Ozean fĂŒllen können.
Sie schĂŒttelte sich. Ihr ganzer Körper vibrierte und er versuchte, ihr Halt zu geben, drĂŒckte sie fest an sich.
âGott, ich hatte ganz vergessen, wie es ist, verstanden zu werden und wie sehr das weh tut.â
Ihr Atem verlieĂ sie stoĂweise und prallte gegen seinen Hals. Er schmeckte den bitteren Geschmack des Verlusts auf seinen Lippen und ahnte nur zu sehr, wie sie sich fĂŒhlte.
âWir waren den ganzen Tag bei ihm, doch er sah uns nicht mehr. Immerzu schien er nach etwas zu greifen, das wir nicht sehen konnten. Er wimmerte und sprach immer wieder, dass er nach Hause wolle. Selbst die Pfleger hatten Schwierigkeiten, ihn ruhig zu halten.â
Er kĂŒsste ihren Scheitel und schwieg.
âIrgendwann wirkte das Beruhigungsmittel und er legte sich ruhig auf sein Bett, wo er liegen blieb.â
âOh HermineâŠâ, dachte er und streichelte sie von Neuem. Ihre nackten Beine schlangen sich um seine und verzweifelt klammerte sie sich an ihn.
âEs schien, als schlafe er. Er atmete kurz und heftig, dreimal atmete er ein und aus und dann atmete er beinahe eine halbe Minute nicht und dann wieder dreimal. Immer so röchelnd und abgehakt und als hĂ€tte er Wasser in der Lunge. Oh Harry, es war so furchtbar es mit anzuhören.â
Ihre Bewegungen an ihm brachten ihn ins Schwitzen aber er lieĂ sich nichts anmerken.
âUnd nachdem er geatmet hatte, schlug sein Herz wahnsinnig schnell und wurde dann immer langsamer. Wir sahen es an seiner Brust. Sogar die ganzen SchlĂ€uche, an die er gebunden war, bewegten sich mit.â
Irgendwann legte er seine HĂ€nde einfach auf ihre HĂŒften und lieĂ sie dort. Sie sollte das GefĂŒhl haben, dass sie sich fallen lassen konnte, dass er sie auffangen und halten wĂŒrde.
âGegen Mitternacht schickte uns die Schwester nach Hause. Wir verabschiedeten uns von Dad und gingen zusammen Zuhause schlafen. Gegen um vier Uhr kam dann der Anruf, dass er verstorben war.â
Sie hatte nur drei Stunden schlafen können? Deshalb war sie so schwach. Und gegessen hatte sie auch nichts.
Sie lehnte sich hoch und legte ihre Wange an seine.
Er wusste nicht mehr, wo ihre TrÀnen aufhörten und seine begannen.
âEr war ein groĂartiger Mann, Hermine. HerzensgĂŒtig und voller Energie. Er hĂ€tte nicht gewollt, dass du dich seinetwegen so sehr quĂ€lst.â
Sie blickte ihm fest in die Augen. Er las eine leise Anklage in ihnen.
âEr will, dass du lebst und glĂŒcklich bist. Jede Nacht sieht er von den Sternen zu dir herab und bewahrt dich vor bösen TrĂ€umen. Er ist nicht fort, Liebes. Er ist genau hier.â
Und er kĂŒsste seine Hand und legte sie unter dem Hemd auf die Stelle, an der ihr Herz wild pochte.
Sie sagte nichts mehr, lieĂ einfach den Schmerz aus ihren Augen sprechen.
âMorgen, Hermine, gehen wir zusammen nach Hogsmead in die Kirche und dort werden wir eine Kerze fĂŒr ihn aufstellen und ihm danken, fĂŒr alles, was er fĂŒr dich und deine Mutter getan hat.â
Sie nickte schwach.
âFĂŒr sein Lachen und seine blöden Witze. Und das er Mom immer geĂ€rgert hat und mich seine âkleine Prinzessinâ nannte.â
âJa, genau und dafĂŒr, dass er dich in allem unterstĂŒtzt und dich ĂŒber alles geliebt hat. Wir danken ihm, dass wir ein Teil seines Lebens sein durften und dass wir ihm auf ewig verbunden sind.â
âDas machen wir, Harryâ, flĂŒsterte sie dankbar.
âUnd wenn die Beerdigung soweit ist, werde ich dich begleiten.â
Er drĂŒckte ihr einen Kuss auf die Wange.
âDas wĂŒrdest du tun?â
âSelbstverstĂ€ndlich, ich lass dich nicht alleine und Ron wird uns sicher auch begleiten.â
Sie legte ihren Kopf wieder auf seine Brust und lauschte seinem wahnsinnig schnellen Herzschlag.
âDankeâ, hauchte sie und war froh, dass sie ihn hatte.
âHey, kein Problem.â
Ihre Finger wanderten ĂŒber seine Brust, als wĂ€re sie sich erst jetzt seiner bewusst.
Er zitterte unter ihrer Sanftheit.
âDankeâ, wiederholte sie leise und er legte seine HĂ€nde um ihre, bevor er ihre Stirn kĂŒsste.
âSchlaf, Hermine, ich werde fĂŒr dich wach sein.â
Und sie schlief tatsÀchlich.
***
Das wars. Ich hoffe, ihr hinterlasst mir einen Kommi.
eure Lily
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