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Fanfiction

Nebel über Nurmengard - Vom Finden und Verlieren - Teil 5: "Triumphzug und Fall"

von halbblutprinzessin137

Vom Finden und Verlieren - Teil 5: „Triumphzug und Fall“

Langsam ließ sich Gellert Grindelwald neben der Truhe zu Boden sinken und tastete in die schwarze Dunkelheit, um den Deckel der Kiste zu heben. Aber in dem Moment, in dem seine Finger für einen kurzen Augenblick das glatte Holz des Deckels berührten, durchzuckte plötzlich ein heißer, stechender Schmerz seine Hand und Gellert zog sie erschrocken zurück. Seine Augen weiteten sich verblüfft, als sich plötzlich eine wirbelnde Substanz erhob und die Umrisse der Kiste verschleierte und in silbrig weißem Dunst verbarg.
Mit wachsendem Unbehagen musterte Gellert die geheimnisvolle Substanz, die dichter als Luft und doch leichter als Flüssigkeit war und silbrig blass in der Dunkelheit schimmerte. Gellert hatte keine Ahnung, woraus diese mysteriöse Substanz bestand, und so liefen all seine verzweifelten Bemühungen, sich eines passenden Gegenfluchs zu entsinnen, letztlich ins Leere.
Doch aufgeben wollte er einfach nicht! Aufgeben konnte er nicht so kurz vor dem Ziel!
So ließ er jegliche Vorsicht außer Acht und stupste die geheimnisvolle Substanz einfach mit der Spitze seines Zauberstabs an. Noch im selben Moment schien sich aus den Tiefen der verschleierten Kiste eine Stimme zu erheben, rauchig aber melodiös, die schaurig in dem Raum widerhallte.

„Ein Vorhang aus Luft und Duft gewoben
Und wie der Wind geschwind zerstoben,
Sobald sein Name von deinen Lippen geflogen.“

Während diese rätselhaften perlenden Worte noch in seinem Geiste nachklangen, entspannte sich Gellert Grindelwald allmählich. Es galt ein Rätsel zu lösen, um die mysteriöse Substanz zum Verschwinden zu bringen, das war alles. Ebenfalls ein durchaus lobenswerter und kluger Zug von Gregorowitsch ... Potentielle Diebe des Elderstabs waren in der Regel machthungrige, angriffslustige Zauberer, die sich weit besser aufs Kämpfen verstanden als aufs Denken und für die „Logik“ zum Teil ein Fremdwort war ... Schade nur für den armen alten Gregorowitsch, dass Gellert Grindelwald von einem anderen Schlag war!
Nun wieder mit dem leichten Anflug eines Lächelns sagte Gellert sich die Worte, die offenbar der Schlüssel zu der Truhe waren, erneut leise vor und betrachtete dabei gedankenverloren die mysteriöse Substanz, deren Name des Rätsels Lösung war.

„Ein Vorhang aus Luft und Duft gewoben
Und wie der Wind geschwind zerstoben ...“

Hoch konzentriert schloss Gellert Grindelwald die Augen und zog die Nase kraus. Dann sprang er plötzlich auf und klatschte übermütig in die Hände.
„Der Nebel! Nebel ist die Antwort!“, rief er triumphierend aus und noch im selben Moment lichtete sich der dichte Schleier, der die Truhe umhüllt hatte. Über die Maßen erleichtert und mit einem sonnigen Lachen auf seinem hübschen Gesicht streckte Gellert erneut die Hand nach dem schwarzen Deckel der Truhe aus, lüftete ihn und tastete mit pochendem Herzen nach dem Inhalt der Truhe.
Und dann erhellte ein so glückliches Strahlen das Antlitz Gellert Grindelwalds, dass es beinahe in der Dunkelheit zu leuchten und zu glühen schien: Seine tastenden Finger hatten ein langes, schmales Kästchen entdeckt, wie man es nur zur Aufbewahrung von Zauberstäben verwendete. Mit wahrer Glückseligkeit in all seinen Gesichtszügen hob Gellert Grindelwald das schmale, elegante Kästchen aus der Truhe und genoss das Gefühl, dass ihn nur noch ein einziger Handgriff von dem Unbesiegbaren Zauberstab trennte. Das Gefühl, endlich gefunden zu haben, wonach es ihn so lange und so heftig verlangt hatte.

In einer sanften, beinahe zärtlichen Geste öffnete Gellert das schmale Kästchen, um den Elderstab an sich zu nehmen - und zuckte unwillkürlich zusammen als hätte sich direkt über ihm ein krachender Donner entladen!

In dem Moment, in dem die kleine Schatulle aufgeschnappt war, hatte sich ein schauriger lauter Schrei erhoben, der Gellert das Blut in den Adern gefrieren ließ und auf seltsame, aber beängstigend intensive Weise an jedem einzelnen Nerv seines Körpers zerrte. Es war der Schrei eines Menschen, der auf schlimmste Weise gefoltert oder getötet wird. Es war ein zutiefst unmenschlicher Schrei, der laut und verzweifelt durch die schwarze Stille der Nacht hallte und sie brutal zerriss.
Gellerts erster, instinktiver Impuls verlangte von ihm, die Schatulle zuzuschlagen und zu laufen so schnell er konnte - egal wohin, nur weg von diesem grauenhaften Schreien, weg, hinfort!
Doch sein Traum war stärker als sein Instinkt. Sein Traum von den Heiligtümern des Todes. Er verlieh ihm ungeahnte Kraft, ließ ihn auch diesem Fluch standhalten, ließ ihn den Schrei bezwingen und seine Finger um das lange, gewundene Stück Holz schließen, das in der Schatulle auf ein weiches Samtkissen gebettet ruhte. Erst dann schlug er den Deckel des Kästchens zu und der grauenhafte Schrei verstummte schlagartig.
Doch noch bevor Gellert wieder halbwegs zu sich kommen und sich seinem überwältigenden Triumph gebührend widmen konnte, hörte er, wie unten die Tür aufschlug. Hastige und zugleich schwerfällige Schritte polterten die steile Wendeltreppe hinauf. Ein atemloses, aufgeregtes Keuchen kam immer näher. Der Schrei hatte Gregorowitsch auf den Plan gerufen.

Langsam erhob sich Gellert Grindelwald von den knarrenden Holzdielen und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Trotz der vollkommenen Finsternis, die ihn nach wie vor umgab, war sein Blick ruhig und berechnend. So verharrte er in der Dunkelheit, den Elderstab in der linken und seine eigene Waffe in der rechten Hand. Es würde die letzte große Tat seines treuen Zauberstabs werden. Gellert Grindelwald war bereit.

Die Tür zu der kleinen Werkstatt flog krachend auf und im hellen Licht einer empor gehaltenen Laterne, welche die Finsternis verscheuchte, konnte man den Umriss eines korpulenten, bärtigen Mannes erkennen. In dem kurzen Moment, den Gregorowitsch brauchte, um sich zu orientieren, schwang sich Gellert leichtfüßig auf die nächstbeste Fensterbank und hob seinen Zauberstab. Er wartete, bis der helle Lichtkegel und Gregorowitschs hektisch umherhuschende Augen schließlich auf sein hübsches Antlitz fielen, auf dem ein diebisches Lächeln lag, und murmelte dann leise: „Stupor!“
Der mächtige rote Lichtblitz verfehlte sein Ziel nicht und in dem Augenblick, in dem Gregorowitsch bewusstlos zusammenbrach und hart auf den Holzdielen seiner kleinen Werkstatt aufschlug, da sprühte ein prasselnder Funkenregen aus der Spitze des Elderstabs, der jetzt wieder bereit war, einem neuen Herrn zu dienen.

Mit einem übermütigen Lachen schwang Gellert Grindelwald sich von der Fensterbank wie ein Vogel und stürzte sich hinab in den tosenden, wilden Schneesturm. Doch er fiel nicht weit genauso wenig wie seine Füße je den verschneiten Boden berührten: Noch im Fallen verwandelten sich die wirbelnden goldenen Locken fließend in flaumige, kupferfarben glänzende Federn und wenig später sah man einen Adler, der sich majestätisch in die klare weiße Winterluft hinaufschraubte und erhaben über die tief verschneite Landschaft segelte, ein triumphierender Glanz in diesen dunklen Adleraugen und schmales, extravagant geformtes Stück Holz in den Klauen, sicher umschlossen von scharfen Krallen. Der königliche Vogel kreiste mit einer unglaublichen Leichtigkeit und Anmut dort oben in dem brausenden Wind über den schneebedeckten Berggipfeln und verschneiten Hängen, flog höher als alle anderen ...


... nur um dann, Jahre später, so unsanft zu landen. Um dann eine Bruchlandung im wahrsten Sinne des Wortes hinzulegen.
Gellert Grindelwalds Augen weiteten sich in erstauntem Entsetzen, als er hart auf den Rücken fiel und es ihm den Elderstab aus der Hand riss. Er war zu betäubt, um auch nur den Versuch zu unternehmen, sich wieder aufzurichten. Zu betäubt von dem Unfassbaren und Unbegreiflichen. Zu betäubt davon, dass geschehen war, was nicht hätte geschehen dürfen. Der Unbesiegbare Zauberstab war besiegt worden. Hatte seinen Meister gefunden. Und Gellert begriff einfach nicht, wie dies hatte passieren können ... Er begriff nicht, wie er hatte verlieren können, obwohl er doch Herr über den Unbesiegbaren Zauberstab gewesen war. Er begriff es nicht und doch war es so. Er hatte verloren. Hatte den Elderstab verloren. Die Schlacht verloren.
So betäubt war Gellert Grindelwald, dass diese Erkenntnis nur langsam zu ihm durchsickerte. Er hatte verloren. Verloren, wofür er so lange und so hart gearbeitet hatte. Verloren, was er sich so mühsam erkämpft hatte. Verloren.


~*~*~*~


Benommen kauerte der Gefangene auf dem steinernen Boden seiner kargen Zelle. Es fiel ihm sichtlich schwer, sich von der Vergangenheit zu lösen und wieder in die Gegenwart zurückzukehren. Noch immer trieben einzelne Bilder und Empfindungen der soeben durchlebten Flut von Erinnerungen an seinem Geiste vorbei. Erinnerungen an den Elderstab ... Erinnerungen vom Finden und Verlieren ... Doch der Elderstab war bei weitem nicht das einzige, das Gellert Grindelwald gefunden und wieder verloren hatte.



So, das war also endlich das neue Kapitel und ich hoffe, es hat euch ein wenig Freude gemacht!
Was Gellert außer dem Elderstab noch gefunden und wieder verloren hat, darum wird es in den nächsten Kapiteln gehen. Ihr könnt ja derweilen schon mal raten ... ;)
Bis dahin freue ich mich wie immer über viele aufmerksame Kommentare und Meinungen. Vor allem bin ich gespannt, was ihr so von meiner Adler-Animagus-Idee haltet und ob es mir gelungen ist, das Kapitel spannend zu gestalten.
Bis bald und ganz, ganz liebe Grüße,
eure halbblutprinzessin137


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Imelda Staunton