Die Schmerzen der Schlacht
Der dichte Nebel, dessen silbrige Schwaden zuvor im Morgengrauen schon das Schlachtfeld umgeben und eingehüllt hatten, war wirbelnd emporgestiegen und umfing nun auch die höchsten Türme des düsteren Gemäuers, welches sich scharf gegen die Einöde ringsumher abhob. Pechschwarz und bedrohlich zeichnete sich die mächtige Festung vor dem verschleierten Horizont ab.
Eine Festung, die er selbst errichtet hatte. Ein Schritt, der ihn auf seinem Weg zu Glanz und Größe voran und der Verwirklichung seiner Träume ein Stück näher bringen sollte. Wofür er gekämpft hatte, war an diesem Ort für alle Zeit verewigt, über dem Eingang in Stein gemeißelt: „Für Das Größere Wohl“.
Und doch sollte es jetzt an eben diesem Ort ein jähes Ende finden. Hier und heute.
Ächzend rappelte sich Gellert Grindelwald ein wenig auf von dem kalten, harten Steinboden des kargen Verließes, in das man ihn wenige Minuten zuvor so unsanft geworfen hatte.
Unter seiner Herrschaft waren all jene in diesem Kerker gelandet, die seiner Ansicht nach ihrer Freiheit nicht würdig waren. Armselige, ignorante Kreaturen, die dem Größeren Wohl im Wege standen. Doch der Stern seiner Herrschaft, der über Jahre hinweg seinen düsteren Glanz verbreitet hatte, war gesunken. Das Feuer der Revolution war erloschen, als sich der Wind plötzlich gedreht hatte. Nun war er der Gefangene. Der Herrschaft anderer ausgesetzt. Von ihnen verbannt in die undurchdringliche Düsternis der von ihm errichteten Festung. Welch bitterer Hohn!
Grindelwald ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten bis die Knöchel weiß hervortraten und biss die Zähne so fest zusammen, dass sein Kiefer zu schmerzen begann. Der demütigende Gedanke nahm dennoch immer klarere Züge an ungeachtet aller Gegenwehr: Der stolze Herrscher lag zerstört am Boden inmitten der Scherben seiner Träume. Unbesiegbarer Gebieter des Todes - das war sein Traum gewesen. Besiegt von dem einen, der diesen Traum einst mit ihm zusammen geträumt hatte - das war die Realität. Welch bitterer Hohn...
Ruckartig sprang der gedemütigte Gefangene auf und zischte ein einziges hasserfülltes Wort in die Stille, das ob seiner Schärfe den Nebelschleier zerriss: „Verräter!“
Schwer atmend starrte der Gefangene durch den winzigen Schlitz im Mauerwerk, der sich „Fenster“ schimpfte, hinaus in das trostlose Grau der Nebelschwaden, während dieses eine Wort in seinem Inneren nachhallte, lange nachdem es ihm über die Lippen gekommen war. Dann sank er langsam an der steinernen Mauer hinab zu Boden, wo er erschöpft liegen blieb. Entkräftet. Gebrochen. Gebrochen angesichts der Schmerzen der Schlacht. Schmerzen, denen er nun endgültig erlag.
Das Duell, das als legendär in die Geschichte eingehen und als das spektakulärste aller Zeiten bezeichnet werden sollte, hatte sich über Stunden erstreckt. Unzählige Flüche waren in diesem erbitterten Kampf geschleudert worden. Einige von ihnen hatten aller Fähigkeiten und Schutzzauber zum Trotz getroffen. Wunden geschlagen.
Gellert Grindelwald fühlte jede einzelne dieser Wunden, wie er so reglos und atemlos in der Düsternis lag. Fühlte den pochenden Schmerz, den jede einzelne dieser Wunden erbarmungslos durch seinen geschundenen Körper sandte.
Und dabei waren es noch nicht einmal besonders grausame Flüche gewesen. Die Opfer, die dieses schicksalhafte Gefecht erfordert hatte, waren gebracht worden. Aber sein Gegner war keinen Schritt weiter gegangen als unbedingt nötig. Genau wie Gellert Grindelwald es von ihm erwartet hatte. Genau die Art von Kampf, die Gellert Grindelwald eigentlich verachtete. „Ganz oder gar nicht“ hieß seine Devise. Und dennoch hatte der andere den Sieg davongetragen.
Darin bestanden die wahren und die schrecklichsten Schmerzen der Schlacht. Nicht in körperlichen Wunden und Verletzungen, sondern in den tiefen Narben, die der Kampf in seinem Inneren geschlagen und hinterlassen hatte: Demütigung. Erniedrigung.
Selbst jetzt, nachdem die Schlacht beendet war, meinte Gellert Grindelwald noch immer zu spüren, wie es ihm den Zauberstab - den Zauberstab! - aus der Hand riss ... Meinte zuzusehen, wie sich der Andere unter dem Applaus der Menge bückte, um den unbesiegbaren Zauberstab aufzulesen, der soeben besiegt worden war ... Meinte noch einmal den quälenden Moment zu durchleben, in dem er gefallen war ... Meinte sich selbst zu beobachten, wie er seinem Gegner zu Füßen im Staub lag ... Meinte erneut dem Blick aus diesen durchdringend blauen Augen zu begegnen, der noch nie so hart und unerbittlich gewesen war wie in diesem Moment ... Im Moment seiner Niederlage.
Demütigung. Erniedrigung. Die wahren Schmerzen der Schlacht. In der Tat.
Doch Demütigung und Erniedrigung waren noch nicht alles. Ein weiterer Schmerz strömte durch sein Inneres. Die Schlacht hatte eine Wunde aufgerissen, die heftig blutete. So heftig, dass er sich fragte, ob man von innen heraus verbluten konnte.
Das Blut, das aus dieser Wunde strömte, gab ein Geheimnis preis, welches Gellert Grindelwald sorgfältig gehütet und gewahrt hatte. Die Blutstropfen bildeten ein großes scharlachrotes Bild, erzählten eine schmerzhafte Geschichte, die immer wieder auf den gleichen Punkt zulief: Den Grund, warum Gellert Grindelwald die Begegnung mit ihm tatsächlich gefürchtet hatte.
Wenn ihr wissen wollt, was genau dieser Grund ist, dann müsst ihr aufs nächste Kapitel warten!
Ich hoffe, dass euch dieses erste Kapitel gefallen hat und ihr mir fleißig Kommis schreibt, wie ihr es fandet. Ein herzliches Dankeschön geht an dieser Stelle an euch, die ihr mir schon einen so schönen Kommi zum Prolog hinterlassen habt: Meine allertreusten Seelen AshLee und Schwesterherz, meine liebe käfer und auch ein besonderer Dank an meine neuen Leser lily-luna und SchokoBienchen! Danke!
Liebe Grüße,
halbblutprinzessin137
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