von rodriquez
Eine mysteriöse Hochzeit.
Und ... war es wirklich meine?
Ich war zurĂĽck an einem Ort, aus einem Traum, den ich vor einiger Zeit schon einmal durchlebt hatte.
Mit den Augen der Braut entdeckte ich zu meinen Füßen einen langen roten Teppich, links und rechts des Ganges tummeln sich viele Gäste und starren mich an, und ganz vorne, ein weißer Pavillon mit Rankrosen.
Es war der Moment, als ich stolperte und einen Widerstand an meinen FĂĽĂźen spĂĽrte, freudig mit dem Schwanz wedelnd, schlich ein zotteliger schwarzer Hund, ganz aufgeregt, um meine Beine.
Er wirkte noch so jung, fast noch ein Welpe.
„Schnuffel“, strahlte ich das Tier an. Seine Augen begannen zu leuchten.
„Er hat große Ähnlichkeit mit Tatze“, flüsterte Mom mir zu. „Und eine Katze hat auch sieben Leben ... ist schon ein großer Zufall, dass euch der Welpe zugelaufen ist, und ich glaube nicht an Zufälle.“
Eine Katze hat auch sieben Leben…
Sirius … wo bist du?
Was ist geschehen?
Sirius, deine Augen, sie sind so seltsam verdreht, weit aufgerissen und sie starren mich an.
Was…?
Wo…?
Hilf mir…
Es kann nicht sein.
Nein, es kann nicht sein.
Wo bist du?
Nein, Sirius, nicht – geh nicht!
Verlass uns nicht, verlass mich nicht.
„SIRIUS! SIRIUS!“
„Ganz ruhig, Hermine“, von ganz weit her, vernahm ich ganz schwach und leise, die Stimme von Sirius einzigen wahren und noch lebenden Freund aus vergangenen Tagen, Remus Lupin. „Du kannst nichts mehr tun!“
Holt ihn, rettet ihn, er ist doch eben erst durch den Vorhang gefallen!
„…es ist zu spät!“
Wir können ihn noch erreichen!
Wenn wir uns beeilen können wir ihn noch zurückholen.
Verzweifelt kämpfte ich gegen die Verdammnis der Untätigkeit an.
Doch eine unbekannte Macht hielt mich fest, ich kam nicht vom Fleck, keinen Millimeter konnte ich mich rĂĽhren.
„Du kannst nichts mehr tun!“
Er ist nicht fort!
SIRIUS! SIRIUS! SIRIUS! SIRIUS!
NEIN!
Panisch und völlig verstört riss ich meine Augen weit auf.
War es wieder ein Traum?
Alles war verschwommen, meine Augen verklebt von getrockneten Tränen.
Nur ein Traum!
Jemand kĂĽhlte meine Stirn.
Bitte lasse es nur ein Traum gewesen sein!
„Ganz ruhig, Hermine … du hast ... geträumt!“
Nur ein Traum!
Die Konturen von Ginnys Gesicht wurden deutlicher.
Sirius ist nicht tot!
„Dann war alles nur ein Traum? Sirius ist nicht … tot?“ flüsterte ich leise, mit ebenso verklebten, trockenen Lippen.
Ginny senkte ihren Kopf, ihre Haare fielen nach vorne und verdeckten ihr Gesicht.
Eine einzelne Träne tropfte auf meine Hand.
Nein! Nein! Nein!
Es war nur ein Traum.
Das kann nicht...
„Das … war kein Traum“, murmelte Ginny schniefend.
Mit einem Ruck setzte ich mich hoch, und sah mich fragend um.
„Wo … wo – bin ich?“
„Wir sind alle im Krankenflügel von Hogwarts.“
Das Bett neben mir war zerwĂĽhlt, aber leer und verlassen.
Fragend sah ich Ginny an. „Mein Bett“, nuschelte sie zur Antwort.
Daneben erkannte ich, friedlich schlafend Ron, sein Mund ging auf und zu, und bei jedem SchlieĂźen drang ein undefinierbares Pfeifen heraus.
Ein Bett weiter saĂź Neville und starrte traurig zu uns herĂĽber.
„Harry?“ fragte ich ängstlich, und drehte meinen Kopf wieder in Ginnys Richtung.
Sie hatte ihr Gesicht wieder erhoben, und wischte sich mit ihrer freien Hand, die nächste Träne von den Wangen.
Die andere Hand lag beruhigend auf der Meinigen.
„Harry musste als Einziger von uns, nicht auf die Krankenstation, aber ich befürchte … ihm geht es schlechter als uns allen zusammen.“
„Ginny, erklär mir was geschehen ist. Ich glaube immer noch zu träumen … Bitte.“
Ich spĂĽrte einen stechenden Schmerz unter meiner Brust und musste kurzzeitig nach Luft schnappen.
„An was kannst du dich denn erinnern?“
In deutlichen Bildern zog fast alles vor meinen Augen vorbei.
Die Erinnerung war zurĂĽck.
„Wir waren im Ministerium … die Todesser … die Prophezeiung, wir sind planlos durch die Mysteriumsabteilung gehetzt, dann wurde ich geschockt…“
„Die Prophezeiung ist zerbrochen“, Neville kam langsam und bedrückt an mein Bett gelaufen. „Sie ist mir aus der Tasche gekullert, als mich Harry von dem Geschehen wegziehen wollte, niemand konnte sie mehr hören.“
Stimmt nicht ganz...
„Dumbledore hat alle Todesser kampfunfähig machen können, bis auf…“, erzählte Ginny weiter, und stoppte abrupt ab. Es fiel ihr sichtlich schwer, den Namen dieser widerlichen Frau auszusprechen.
„Bellatrix“, ergänzte ich angewidert.
„Du hast es mit bekommen, du warst gar nicht bewusstlos!“
Es war keine ĂĽberraschte Frage, sondern eine Feststellung, und sie kam eindeutig von einer mir wohlbekannten Jungenstimme.
Ăśberrascht drehte ich meinen Kopf zur Seite.
Harry kam niedergeschlagen herangelaufen, und setzte sich neben Ginny auf den Rand meines Bettes.
„Ich war schon zweimal da, aber ihr habt alle geschlafen“, fügte er hinzu.
„Wie lange war ich ...?“
„Knapp vierundzwanzig Stunden sind vergangen…“.
„Gab … gab es noch weitere Opfer … außer...?“
Ginny mahnte mich eindringlich mit Blicken, ja nicht Sirius zu erwähnen.
Als ob ich das jemals in diesem Moment getan hätte.
Mädchen in diesem Punkt, wirst du uns nie das Wasser reichen können.
Hast du eine Ahnung, was Sirius fĂĽr mich war?
Tiefe Verbitterung empfand ich in diesem Augenblick.
Unser Geheimnis wird unser Geheimnis bleiben.
Harry erschrak beim flĂĽchtigen Blick in meine Augen.
„Nein … außer euch und Tonks.“ Antwortete Harry.
„Sie muss wohl einige Tage im Mungos bleiben, aber sie wird wieder ganz die Alte werden“, ergänzte Ginny. „Ich hatte mir den Fuß gebrochen, aber ich kann schon wieder auftreten und später wurde ich noch mit einem Lähmzauber außer Gefecht gesetzt.“
„Dolohow hat mir die Nase zertrümmert und den Zauberstab meines Vaters zerstört“, erklärte Neville.
„Oma wird stinksauer sein … später hat mich dann Macnair, nachdem ich ihm Hermines Zauberstab in die Augen rammte, noch mit einem Tarantallegra so verhext, dass ich meine Beine nicht mehr kontrollieren konnte.“
„Und Ron?“ fragte ich bedrückt und warf einen Blick auf meinen immer noch schnarchenden Freund.
„Ach der“, winkte Ginny ab, „der ist nur am schnarchen. Ihn hat ein Fluch getroffen, der ihn wahnsinnig werden ließ, der wusste gar nicht mehr was er tat.“
„Luna war nur kurz hier“, übernahm Neville. „Sie hatte am wenigstens abbekommen, nur, in Anführungszeichen, ein Schockzauber. Eigentlich war sie schon im Ministerium wieder auf den Beinen.“
„Die Auroren haben uns hierher gebracht, nachdem alles vorüber war“, ergänzte Ginny.
„Wir machten uns nur Sorgen um dich, du warst lange Zeit weggetreten, wir wussten nicht, mit welchem Fluch, du geschlagen wurdest“, sagte Harry bedrückt. „Poppy flösst dir stündlich einen anderen Heilungstrunk ein. Sie denken dass du von einem ungesagten Zauber getroffen wurdest.“
Erneut spĂĽrte ich einen stechenden Schmerz durch meine Brust ziehen.
„Leg dich besser wieder hin“, reagierte Harry besorgt.
„Es geht schon.“
„Fast alle Todesser wurden nach Askaban gebracht“, erklärte Ginny weiter. „Nur Du – weißt – schon – wer und Bellatrix konnten fliehen. Fudge musste letztendlich doch zugeben, dass Harry immer Recht hatte.“
„Voldemort? V-Voldemort war auch da?“ erschrocken richtete ich mich wieder auf.
„Er kam als er erfuhr, dass die Prophezeiung zerstört wurde“, übernahm Harry. „War der wütend…“, Harry nickte besorgt. „Und niemand konnte sie hören.“
Stimmt nicht.
Aber ich beschloss, dass fĂĽr mich zu behalten.
Nicht hier, nicht jetzt.
Dazu brauchte ich Zeit mit Harry allein.
Ich hatte soviel Dinge mit ihm zu besprechen.
Dinge die niemand, auĂźer uns Beiden etwas angehen.
„Dumbledore hatte sich mit ihm duelliert, bis sich Voldemort schließlich durch Disapparieren aus seiner misslichen Lage befreien konnte.“
Harry reichte mir den aktuellen Tagespropheten entgegen.
Der Tagesprophet vermeldete jetzt offiziell, dass Voldemort wieder da sei, und berichtete weiter, dass das Zaubereiministerium bereits zahlreiche Schutzmaßnahmen für die magische Bevölkerung eingeleitet habe.
Weiterhin war zu lesen, dass die Dementoren sich weigerten, künftig das Zauberergefängnis Askaban zu bewachen, und Dumbledore habe wieder seine früheren Ämter bei der Internationalen Zauberervereinigung und beim Zaubergamot eingenommen.
„Und hier in der Schule“, lächelte Ginny, „kehren langsam wieder die alten Zustände zurück. Flitwick konnte im Handumdrehen den unpassierbaren Sumpf entfernen, den meine Brüder in der Vorhalle hinterlassen haben, nur eine winzige, kleine Ecke hat er belassen, sozusagen als Andenken, an ein großes Stück Magie.“
Ihre Augen begannen zu leuchten. „Sie haben wirklich unglaubliches geleistet.“
Nach einer kurzen Gedenkminute, leuchtete ihr Gesicht erneut. „McGonagall ist aus dem Mungos zurückgekehrt, sie benötigt zwar noch einen Stock, aber sie fast schon wieder die Alte. Und Dumbledore hat allein und völlig unbewaffnet Umbridge von den Zentauren zurückgeholt…“.
Peeves hatte sie wenige Tage später vom Hof gejagt, genauso, wie es die Zwillinge ihm aufgetragen hatten, und niemand, wirklich niemand kam ihr zu Hilfe.
Hagrid war auch wieder aufgetaucht, er hatte sich in einer der Berghöhlen hinter Hogsmeade versteckt. Grawp sei vor Erleichterung darüber jetzt viel umgänglicher, erklärte er strahlend.
Drei Tage vor unserer Heimreise wurde ich aus dem KrankenflĂĽgel entlassen.
Es hatte keine Gelegenheit gegeben mit Harry alleine zu sprechen, immer war jemand anwesend.
Und so musste ich wohl oder ĂĽbel mein Vorhaben bis nach den Ferien verschieben.
Die letzten drei Tage war Harry unaufhörlich auf Achse, und mit seinen Gedanken in einer völlig anderen Sphäre.
Er ging Gesprächen aus dem Weg, leider auch mir, so gerne ich mit ihm über „unseren“ Sirius sprechen wollte, aber er wich immer wieder aus.
Niemand kam an ihn heran, und ich hätte ihn so gerne getröstet. So wie ich auch selbst getröstet werden wollte. Niemand außer Harry hätte den Sinn, den Hintergrund verstanden, nur er wäre im Stande gewesen meine Beweggründe zu verstehen.
Ja, wir hätten uns gegenseitig trösten können, denn nur wir Beide wussten was wir verloren hatten.
Mit meinem Gepäck im Schlepptau, machte ich mich auf den Weg in die Vorhalle, wo meine Freunde auf mich warten wollten.
Meine Freunde, das waren jetzt nicht nur Harry und Ron, sondern auch Ginny, Neville, Luna.
Die Geschehnisse schweißten uns irgendwie näher zusammen.
Die Abreise von Hogwarts stand unmittelbar bevor, bald würde ich wieder zuhause sein, und dann würde ich mich in Mom’s Armen meinen wahren Gefühlen hingeben können.
Auf dem Weg nach unten, traf ich ĂĽberraschend auf Cho Chang, die mich keines Blickes wĂĽrdigte, und sich stattdessen provokativ innig Michael Corner widmete.
Auch nicht schlecht, lächelte ich. Damit wäre dieses Thema auch endgültig abgehakt.
Ein paar Treppenstufen weiter erblickte ich das nächste Pärchen, und staunte doch nicht schlecht.
In diesem Stockwerk, etwas abseits, um wohl nicht von jedem gleich gesehen zu werden, standen sich Ginny und Dean Thomas Auge in Auge gegenüber, sie hatten sich an den Händen gefasst, und Deans Lippen löste sich gerade von Ginnys linker Wange.
KopfschĂĽttelnd, weil ich den Sinn nicht verstehen wollte ging ich weiter, ganz nach unten, wo mich lediglich Luna erwartete.
„Als Erste fertig?“ fragte ich sie erstaunt.
„Eigentlich, noch nicht ganz“, antwortete sie verträumt. „Ich befürchte, dass ich manche Dinge erst im neuen Schuljahr finden werde“.
Ich hatte sie morgens, vor dem Frühstück schon gesehen, beim Aufhängen von Suchplakaten, und beim Verteilen von Wurfblättern, in denen sie um die Rückgabe ihrer versteckten Sachen bat.
Sie wirkte auf mich zwar immer noch etwas seltsam und einfältig, aber ich hasste es, wie manche Leute sie behandelten.
„Brauchst du noch Hilfe?“
„Oh, das ist nicht nötig“, antwortete sie verträumt. „Ich hab die meisten meiner Sachen verloren, und einige Andere nehmen sie mir weg und verstecken sie.“
„Wieso verstecken sie deine Sachen?“
„Oh … nun … Ich glaube sie halten mich für ein wenig seltsam, weißt du.“
„Das ist doch kein Grund, dir deine Sachen wegzunehmen.“
„Die kommen schon zurück, zum Schluss sind sie immer wieder da. Hast du dich eigentlich wieder gut erholt?“ wechselte sie das Thema.
„Alles wieder okay“, lächelte ich ihr zu.
„Wenn nur Madame Pomfrey auch etwas für Harry hatte“, sagte sie. „Er scheint zu glauben, dass es seine Schuld war, dass der Mann in den Schleier fiel. Ich habe ihn übrigens vorhin getroffen, und er wollte mir auch helfen, Ihr seid wirklich nett.“
„Der Mann?“ wiederholte ich. „Er denkt, dass es seine Schuld war, weil Sirius, der Mann, sein Pate war.“
„Ich weiß, Ginny hat es mir gesagt“, antwortete Luna, todunglücklich aussehend. „Deshalb fühlt er sich so jämmerlich. Warum will er mit niemandem sprechen?“
„Weil das so seine Art ist, um mit Dingen klar zu kommen“, antwortete ich ihr. „Und ich denke, dass viele auch gar nicht wissen, was sie zu ihm sagen sollen, und davor hat er Angst“.
„Oh, das ist doch einfach“, sagte Luna, und wirkte wieder richtig naiv. „Er wird Sirius eines Tages wiedersehen. Wie wir alle.“
Erstaunt sah ich sie an.
Naiv, aber direkt!
Sie hatte meinen Blick nicht bemerkt.
„Das habe ich ihm vorhin auch gesagt“.
Da fiel mir ein, dass auch sie die Thestrale sehen konnte.
WĂĽrde sie mir antworten, wenn ich sie danach fragen wĂĽrde?
„Du kannst die Thestrale auch sehen“, begann ich, „Wen, den du kanntest hast du sterben sehen?“
„Auch das hat mich Harry gefragt“, lächelte sie. „Ja, es war ziemlich schrecklich. Meine Mom, sie war eine ganz außergewöhnliche Hexe, weißt du, aber sie hat gerne experimentiert und eines Tages ist einer ihrer Flüche ganz fürchterlich schief gegangen. Da war ich Neun.“
„Das … das, tut mir leid … Ich wusste nicht.“
„Nicht schlimm. Ich bin zwar manchmal noch traurig darüber, aber ich habe ja immer noch Dad, und außerdem, werde ich sie eines Tages wiedersehen, genau, wie Harry den Mann wiedersehen wird.“
Ich schüttelte ungläubig meinen Kopf.
„Ach, komm. Ich habe deine Augen gesehen, als sie uns zurück gebracht hatten, du warst zwar bewusstlos, aber du hast trotzdem die Stimmen aus dem Schleier gehört, nachdem Sirius hindurchgefallen war, oder? Er stand auch dir Nahe, habe ich recht?“
Naiv und immer direkt.
Ein kluges Mädchen, aber sie wird keine Antwort bekommen.
Woher sollte sie das wissen?
„Dann wirst du jetzt auch die Thestrale sehen können“, lächelte Luna, und hatte plötzlich irgendetwas entdeckt. Etwas, das sich hinter meinem Rücken befand. Sie beugte sich seitwärts, ohne ihren Körper zu bewegen, so dass sie fast dabei umgefallen wäre.
„Die haben sich nur vor uns verborgen“, ihr Blick wanderte an mir vorbei. „Ich glaube ich habe gerade eine weitere Socke gefunden“, lächelte sie. „Du entschuldigst mich?“
Sie ging an mir vorbei, die Marmortreppe nach oben, und tatsächlich, an einer der Statuen hing eine einzelne Socke.
Als sie wieder fröhlich herunter gelaufen kam, drückte sie mir die aktuelle Ausgabe des Klitterer in die Hand, „kannst du mal kurz halten, damit ich die Socke in die Tasche stopfen kann?“
Die Neugier trieb mich zu einem flĂĽchtigen Blick ĂĽber die Illustrierte.
„Du kannst ihn ruhig behalten, es gibt da ein interessantes Quiz, und ich kenne die Lösung bereits.“
„Nein, danke“, lächelte ich, und gab in ihr zurück.
„Schade“, zuckte sie enttäuscht, „Ich denke, das wäre was für dich gewesen, ich habe es nämlich auch für dich getestet...“.
„Für mich?“, staunte ich. „Wie das?“
„Ein Liebestest“, antwortete Luna unschuldig. „Möchtest du nicht wissen, wer zu dir passen würde?“
„Nein“, schüttelte ich meinen Kopf. „Ich bin noch viel zu jung.“
„Ich glaube eher, du weißt es längst“, im Vorbeigehen tätschelte sie meine Schulter. „Und ich bin auch zum gleichen Ergebnis gekommen.“
„Welches Ergebnis?“, erschrocken blickte ich ihr hinterher.
„Du weißt es…“
So traten wir schlieĂźlich die Heimreise an.
Je näher sich der Hogwarts – Express der Hauptstadt näherte, desto schweigsamer wurde es in unserem Abteil.
Irgendwann schlich Cho an unserem Abteil vorbei, für einen kurzen Moment kreuzten sich ihre Augen mit denen Harrys. Cho errötete und ging wortlos weiter.
Harry nahm es ĂĽberraschend gleichgĂĽltig und gelassen. Lediglich einen kurzzeitigen Seitenblick war ihm abzugewinnen.
„Was … ähm … läuft eigentlich so zwischen dir und ihr“, fragte Ron.
„Nichts“, antwortete Harry, sein Blick kehrte zurück, und seine Augen drückten echte Gleichgültigkeit aus.
„Ich … ähm … hab gehört, sie geht mit jemand anderem“, mischte ich mich vorsichtig ein, allerdings nicht ohne Seitenblicke auf Harry und auf Ginny.
Abtasten und Reaktionen erwartend.
Harry schien es wirklich nichts auszumachen, er zuckte nicht einmal.
„Sei froh, dass du’s hinter dir hast, Mann“, sagte Ron nachdrücklich. „Ich meine, sie sieht gut aus und so, aber du brauchst eine, die `n bisschen besser drauf ist.“
Dabei riskierte er einen verstohlenen Blick zu seiner Schwester.
„Mit `nem anderen wird sie wohl ziemlich gut drauf sein“, erwiderte Harry achselzuckend.
„Mit wem geht sie jetzt eigentlich?“ fragte Ron an mich gewandt.
„Michael Corner.“
Nullkommanichts.
Es gab keinerlei Reaktion, weder von Harry, noch von Ginny, dafĂĽr aber von Ron.
„Michael – aber…“, erwiderte Ron und verrenkte sich um sein Schwester anzustarren. „Aber du bist doch mit ihm gegangen!“
„Das ist vorbei!“ antwortete Ginny. „er hat es nicht vertragen, dass Gryffindor Ravenclaw im Quidditch geschlagen hat, und hat richtig geschmollt, also habe ich ihm da den endgültigen Laufpass gegeben, und er ist gleich zu Cho gerannt, um sie zu trösten.“
Machte sie etwa die Auswertung, die Luna angesprochen hatte?
Wer wohl zu ihr passt? – spann ich den Faden weiter, als ich tatsächlich den Klitterer in ihren Fingern erkannte.
Sie kratzte sich mit dem Ende ihrer Feder an der Nase, drehte den Klitterer auf den Kopf und fing an ihre Antworten zu kontrollieren.
Es war tatsächlich die gleiche Zeitschrift, den mir Luna schon in die Hand gedrückt hatte.
Mich juckten die Finger, ich brannte vor Neugier.
„Also, ich hab ihn immer schon für einen ziemlichen Idioten gehalten“, sagte Ron. „Nur gut für dich, nimm doch das nächste Mal einfach – jemand – Besseren.“
Bei diesen Worten warf er einen flĂĽchtigen Blick auf Harry, den aber niemand auĂźer mir wahrnahm.
„Nun, ich hab mich für Dean Thomas entschieden, würdest du sagen, der ist besser?“ sagte Ginny, wie nebenbei.
Ich war auf die Worte gefasst, aber Harry und Ron…
Harry zeigte nach außen keine Reaktion, sein Blick lag auf den Ländereien, die am Fenster des Zuges vorbeizogen, und im Licht der untergehenden Sonne rot schimmerten.
Ron schien erschĂĽttert, kommentierte die Bemerkung aber nicht. Und schien sich recht schnell wieder zu beruhigen.
„Was machst du da?“ fragte ich beiläufig, nachdem Harry mit den Worten „ich muss mal zur Toilette!“ aufgestanden war, und schaute Ginny über die Schulter. Der Moment war günstig, denn wir waren allein im Abteil, weil auch Ron ein plötzliches Bedürfnis verspürt haben musste.
FĂĽr wen sind Sie bestimmt?
Ein von Inigo Imago, dem Weltbekannten Wahrsager und Schöpfer des Buches Das Traumorakel geschaffenes Quiz, um deinen idealen Partner zu finden.
„Und? Hast du den Richtigen gefunden?“ fragte ich leise.
„Hab ich.“
„Und es ist nicht Harry?“
Ginny sah dem Angesprochenen kurz hinterher, bekam aber nur die RĂĽckenansicht geboten, gerade zog er die AbteiltĂĽr hinter sich zu.
„Woher willst du das wissen?“ fragte Ginny mit gedämpfter Stimme.
„Dean?“
„Ich hatte mich zu keinem Namen geäußert“, erwähnte Ginny.
„Ich verstehe dich nicht?“
„Und ich verstehe dich nicht!“, erwiderte Ginny. „Was willst du von mir?“
„Ich meine Dean. Was sollte das? Du hattest doch Harry fast soweit?“
„Dean hat sich um mich bemüht. Das hat Harry nicht getan. Ich wollte nicht aus Versehen oder aus Mitleid mit ihm gehen. Wenn er was von mir will, dann muss er darum kämpfen.“
„Aber denkst du nicht, dass das Dean gegenüber nicht unfair wäre?“
„Wieso? Harry macht keine Anstalten in diese Richtung, soll ich ewig warten?“
„Ich versteh dich nicht Ginny. Im Grunde deines Herzens stehst du auf Harry, aber als es dir die Chance eröffnet, lässt du sie liegen, und wendest dich stattdessen Dean zu?“
„Welche Chance? Welche reelle Chance meinst du? Zwei kurze Gespräche in denen es knisterte, aber der Funken nicht übersprang?“
„Jahrelang hat gar nichts geknistert, und jetzt wo es vorangehen würde…“
„Nichts geht voran, Hermine“, unterbrach sie mich. „Mach dir nichts vor, nichts geht voran. Harry hat nur du – weißt – schon – wen im Kopf, jetzt ist auch noch Sirius tot, und er hat nichts Besseres zu tun, als sich in Selbstvorwürfe zu verkriechen. Er lässt niemanden an sich heran, und wenn man den Namen Sirius auch nur erwähnt, flieht er und rennt davon. Hermine ich habe es satt, wenn er wirklich was von mir will, dann muss er um mich kämpfen!“
„Du stehst jetzt also auf Dean“, resümierte ich.
„Ja!“
„Und warum sitzt du dann nicht in seinem Abteil, sondern verbringst deine Zeit in Gegenwart von…“.
Ich handelte mir ein undefinierbares Zischen ein. „Lass uns das später diskutieren…“, zischte Ginny beleidigt, als Harry mit einem fröhlicheren Gesicht, das Abteil wieder betrat.
Zuvor gab es einen ziemlichen Tumult auf dem Gang, Ron war sofort neugierig am Abteil vorbei gerannt, allerdings kam er aus der entgegengesetzten Richtung, wie die, in der sich die Toiletten befanden. „…Wenn du uns in den Ferien im Fuchsbau besuchen kommst, du kommst doch oder?“
„Was gibt’s zu grinsen?“ wandte sie ihre Aufmerksamkeit auf Harry.
Und ich dachte: Ah, ja … sie steht auf Dean!
„Malfoy und Co wollten sich rächen“, lächelte Harry, „war nur ihr Pech, dass sie es ausgerechnet vor dem Abteil einiger DA – Mitstreiter versucht haben…“
Ron kam mit dem gleichen befriedigten Gesichtsausdruck hinterher gedackelt. „Als Dank, dass ich ihre Väter nach Askaban gebracht habe“, vollendete Harry den Satz.
„Wer … was?“
Ginnys Neugier war geweckt.
„Ihr hättet sie hinterher sehen sollen“, schwärmte Harry. „Ernie, Hannah, Susan, Justin, Anthony und Terry haben ihr komplettes Repartoir an gelernten Flüchen eingesetzt.“
„Scheiße“, fluchte Ron, „warum musste ich zu spät kommen, das hätte bestimmt Spaß gemacht. Goyles Mami wird sich sicher freuen … sieht jetzt viel besser aus.“
Als kurze Zeit später der Zug dampfend im Bahnhof Kings Cross zum Stillstand kam, steckte ich Krummbein in seinen Käfig, hob meine Tasche herunter und wartete wie üblich, bis der Schaffner das Zeichen gab, dass wir die magische Absperrung zwischen den Bahnsteigen neun und zehn passieren konnten.
Auf dem Bahnsteig der Muggel erwartete uns eine Ăśberraschung.
Eine Gruppe von Leuten, mit denen wir ĂĽberhaupt nicht gerechnet hatten, stand bereit um uns zu begrĂĽĂźen.
Da war Mad-Eye Moody, Tonks und Remus Lupin.
Vor den dreien standen Mr. und Mrs. Weasley in ihren besten Muggelklamotten, sowie Fred und George.
Mr. Weasley war wieder einmal in ein angeregtes Gespräch mit meinem Dad vertieft.
Meine Mom sah traurig und freudig zugleich in meine Richtung. Sie musste sich noch etwas verlaufene Wimperntusche wegwischen, offensichtlich hatte sie geweint.
Hatte sie es etwa gerade erst erfahren?
Immerhin hatte ich den Eindruck, dass sie sich im letzten Moment aus einem Gespräch mit einem scheinbar alten Freund herausgewunden hatte. Remus machte einen Schritt zur Seite, und rempelte dabei mit Tonks zusammen, die allerdings weder fluchte, noch eine ihre spitzen Bemerkungen abließ, sondern vielmehr ein gewisses Leuchten in die Augen bekam.
„Ron, Ginny!“ rief Mrs. Weasley und stürmte auf uns zu. „Oh, und Harry, mein Lieber – wie geht’s dir?“ Mit einer einzigen Ausbreitung ihrer Arme gelang es ihr, alle drei gleichzeitig an sich zu drücken.
„Hallo Harry“, sagte Lupin, als Mrs. Weasley ihren Klammergriff wieder löste, und sich umdrehte um mich zu begrüßen.
„Hi“, sagte Harry. „Ich hatte nicht erwartet … was machen sie denn alle hier?“
„Nun“, sagte Lupin mit einem flüchtigen Lächeln. „Wir dachten, wir könnten einen kleinen Plausch mit deiner Tante und deinem Onkel halten, ehe wir dich zu ihnen nach Hause lassen.“
„Hallo meine Kleine“, begrüßte mich Dad mit einer herzlichen Umarmung.
Mom stand immer noch wie angewurzelt da, und schien sich nicht vom Fleck rühren zu können.
„Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee…“, hörte ich Harry neben mir murmeln.
Ich löste mich langsam von Dad, und ging behutsam und sehr langsam auf Mom zu, während Moody knurrte, „oh, ich glaub schon. Das werden sie sein, stimmt’s Potter?“
Und tatsächlich, ein paar Meter hinter ihnen erkannte ich die entsetzten Gesichter eines ziemlichen Walrosses, und einer hageren Frau, hinter deren Rockzipfel sich ein Junge in unserem Alter zu verstecken versuchte, was ihm aber nicht besonders gut gelang, immerhin war Dudley fast zwei Köpfe größer, und dreimal so breit, wie seine Mutter.
Dudley sah verängstigt aus, aber hatte nicht mehr den argwöhnischen Blick, mit dem er Harry sonst immer ansah.
„Hallo Liebes“, sagte Mom und umarmte mich zunächst sehr vorsichtig, doch dann schien es aus ihr herauszubrechen.
Sie drückte mich ganz fest an sich, neigte ihren Kopf auf meine Schulter, und ließ den Tränen freien Lauf. „Es tut mir leid, es tut mir alles so leid.“
Sie erhob ihren Kopf und wischte sich erneut über die Augen. „Bist du okay?“
Ich nickte ihr schwach zu.
„Also – tun wir’s jetzt?“ hörte ich Arthur Weasley fragen.
„Ja, ich denk schon Arthur“, sagte Moody.
Moody und Mr. Weasley voran, gefolgt von Lupin und Harry, gingen auf die Dursleys zu.
Ich löste mich sanft und vorsichtig von meiner Mom und schloss mich der Gruppe an.
Harry schritt nervös vor mir her, ich griff nach seiner Hand, die schweißnass zitterte.
„Guten Tag“, sagte Mr. Weasley mit freundlicher Stimme. „Sie erinnern sich vielleicht an mich, mein Name ist Arthur Weasley.“
Onkel Vernon nahm eine ziemlich dunkle Rotschattierung im Gesicht an, entschied sich aber den Mund zu halten. Petunia schien verängstigt und peinlich berührt zugleich. Dudley ging hinter ihr in die Knie, und versuchte sich immer kleiner zu machen, eine Anstrengung bei der er kläglich versagte.
„Wir dachten, wir könnten uns kurz mit ihnen über Harry unterhalten“, sagte Mr. Weasley und lächelte immer noch. Harrys Hand zuckte unmerklich in der Meinigen.
„Genau“, knurrte Moody und legte seine tiefste Stimme auf. „Darüber, wie er so behandelt wird, wenn er bei ihnen ist.“
Vernons Schnurrbart zuckte nervös. „Ich wüsste nicht, dass es Sie irgendetwas anginge, was in meinem Hause vor sich geht…“
„Ich würde sagen, was Sie nicht wissen, könnte mehrere Bücher füllen, Dursley“.
„Und darum geht’s auch gar nicht“, warf Tonks ein, die zu uns aufgeschlossen hatte, genau wie überraschenderweise, meine Mom. „Der Punkt ist, wenn wir rausfinden sollten, dass sie Harry schlecht behandelt haben…“
„…und täuschen Sie sich nicht, wir werden davon hören“, fügte Lupin freundlich hinzu.
„Ja“, sagte Mr. Weasley, „selbst wenn sie Harry nicht das Feleton benutzen lassen…“
„Telefon“, korrigierte ich lächelnd.
„…Ja, wenn wir auch nur andeutungsweise mitkriegen, dass Potter auf irgendeine Art misshandelt wurde, werden, Sie uns Rede und Antwort stehen müssen“, übernahm wieder Moody.
Harrys Griff lockerte sich, er schien viel entspannter, im Gegensatz zu seinem Onkel, dessen Hals weiter anschwoll und knallrot leuchtete.
„Drohen Sie mir, Sir?“
„Ja, allerdings“, freute sich Moody.
„Und sehe ich aus wie ein Mensch, der sich einschüchtern lässt?“ bellte Vernon.
„Nun…“, sagte Moody und offenbarte sein rotierendes magisches Auge, was Onkel Vernon vor Entsetzen einen Satz nach hinten machen ließ.
„Also, Potter … ruf uns einfach, wenn du uns brauchst. Wenn wir drei Tage in Folge nichts von dir hören, schicken wir jemanden vorbei…“
Die Dursleys schienen sichtlich beeindruckt, und nichts schien sie mehr zu stören, als die Tatsache, wie die Nachbarn reagieren würden, wenn zum Beispiel, eine so schräge Gestalt wie Mad-Eye Moody vor ihrer Tür stehen könnte.
„Bis dann Potter“, sagte Moody und drückte mit seiner Hand kurz auf Harrys Schulter.
„Pass auf dich auf Harry“, Lupin und Tonks taten es ihm gleich.
„Wir sehen uns … Wirklich bald, Harry, Versprochen“, ich löste mich von seiner Hand und herzte ihn mindestens genauso kräftig, wie Mrs. Weasley nach mir.
„Harry wir holen dich da weg, sobald wir können“, flüsterte Mrs. Weasley. „Mach’s gut Alter“, Ron war an der Reihe, dann Ginny, die nur schwach nickend an Harry vorbeilief und mir einen giftigen Blick zuwarf. „Was sollte das?“ flüsterte sie.
„Hast du vergessen … Dean?“ lächelte ich, zog sie aber am Arm zurück, und umarmte auch sie, ganz herzlich. „Hexe“, wisperte sie in mein Ohr.
„Ich bin wirklich eine“, lächelte ich vergnügt, als sie sich ihrer Mom anschloss.
Ron stand stocksteif vor mir, richtete seine Oberkörper gerade und sagte, „Also dann“.
Nach einem weiteren kurzen nervösen Räuspern raffte er sich dazu auf, mir seine Hand entgegen zu recken. „Ach Ron“, stöhnte ich lächelnd und warf meine Arme um seinen Hals.
Als ich ihm auch noch einen flüchtigen Kuss auf die Wange drückte, sah er sich nervös um - Ginny kicherte vergnügt – und richtete sich mit hochrotem Kopf wieder gerade. „Ähm … ja … also dann.“
Ein weiterer männlicher Arm hakte sich bei mir ein, der meines Dads. „Dann wollen wir auch mal“, sagte er vergnügt.
Ich drehte mich suchend nach meiner Mom um, und traute meinen Augen nicht.
Sie stand unmittelbar vor Harry, hielt ihn am Arm fest, flĂĽsterte ihm ein Paar Worte zu, und dann umarmte sie ihn und beide schluchzten dabei.
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