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Fanfiction

Der erste Kontakt - Clarence

von Kalliope

Ich war ziemlich froh, Teddy wieder zu haben.

Leider konnten wir es nicht allzu lange genießen, denn am Montag hatte mich der Arbeitsalltag wieder. Teddy hatte für das Wochenende, das er durchgearbeitet hatte, zwei freie Tage bekommen. Heute wollte er seine Grandma besuchen, doch er hatte versprochen, rechtzeitig zu meinem Feierabend wieder zurück zu sein.

Das war der Lichtblick des Tages und daran versuchte ich mich festzuhalten. So sehr ich meine Arbeit auch mag – Montage sind schrecklich. Der komplette Schlafrhythmus verschiebt sich während des Wochenendes und Aufstehen wird umso komplizierter. Außerdem wirken die fünf Tage bis zum nächsten Wochenende endlos lange und die Zeit bis zur Mittagspause scheint einfach nicht zu vergehen.

Zum Glück hatte ich heute einen Außeneinsatz, einen besonders heiklen noch dazu.
„Guten Morgen, Victoire“, begrüßte mich Cecily mit einem Lächeln und reichte mir eine Mappe. „Hattest du ein schönes Wochenende?“

Bei jedem anderen hätte ich eine Fangfrage gewittert. Die gesamte Zauberergemeinschaft Englands wusste, dass mein Onkel, der zufälligerweise Harry Potter war, am Samstag Geburtstag gefeiert hatte. Der Tagesprophet hatte heute sogar eine ganzseitige Reportage darüber gebracht, in der sich größtenteils darüber beschwert wurde, dass er keinen Reporter eingeladen hatte.
Aber Cecily, der Nettigkeit in Person, nahm ich ab, dass sie sich tatsächlich für den Verlauf meines Wochenendes interessierte.

„Mein Freund ist wieder da, also ja, es war ein schönes Wochenende“, antwortete ich.
Das brachte Cecily zum Strahlen. „Das freut mich für euch! Ich könnte es nicht aushalten, ständig von meinem Richard getrennt zu sein.“
Natürlich führte die perfekt aussehende Cecily seit drei Jahren auch eine perfekte Ehe mit dem perfekten Mann. Ich hätte sie schon aus Prinzip hassen müssen – in ihrem Leben schien es keine einzige Kurve, keine Sackgasse gegeben zu haben. Doch dazu war ich nicht fähig – niemand, der sie kannte, war das. Dazu war sie einfach viel zu nett.

Cecily wandte sich wieder ernsteren Themen zu. „Dein heutiger Fall ist ein kleiner Waisenjunge, Clarence Smith heißt er. Du kennst ja das Procedere. Und nachmittags möchte dich Mrs Crockford sehen.“
Ich nickte, ergriff die Mappe und machte mich auf den Weg zu meinem Schreibtisch. Doris Crockford war die Leiterin des Büros für magischen Erstkontakt. Dieser Posten beinhaltete viel Büroarbeit, außerdem war sie der Verbindungsmann zu den vielen anderen Abteilungen des Ministeriums, mit denen wir tagtäglich zusammenarbeiten mussten. Es wunderte mich gar nicht, dass sie mich heute sehen wollte, das lag bestimmt an meinem heutigen Einsatz.

Im Prinzip ist es nicht weiter schwierig, ein muggelgeborenes Kind in die Zauberwelt einzuführen. Man klärt sie über Hogwarts auf, zeigt ihnen die Winkelgasse und legt einen Stellvertreter-Desillusionierungszauber auf alle öffentlichen Daten. Das ist ein sehr fortgeschrittener und komplizierter Zauber, den meistens die Chefin persönlich ausführt. Er bewirkt, dass sämtliche Muggelbehörden die Existenz des Kindes vergessen, löscht aber nicht die Daten selbst. Sollte das Kind später aus irgendeinem Grund beschließen, in der Muggelwelt weiterleben zu wollen, kann es diesen Zauber mit unserer Hilfe wieder aufheben.

Lebt das Kind nicht bei seinen Eltern, sondern steht unter staatlicher Obhut, wird die Sache komplizierter. Es muss ja in den Sommerferien, wenn Hogwarts geschlossen hat, irgendwo unterkommen.
Natürlich kann man dem zuständigen Sachbearbeiter (die Muggel erfinden wirklich kuriose Berufsbezeichnungen) ziemlich leicht etwas über eine entfernte Verwandte erzählen, die dem Kind die Ausbildung in einem teuren Internat spendiert. Aber da der Staat die Vormundschaft über das Kind besitzt und den Muggelgesetzen nach alle wichtigen Entscheidungen für es treffen muss, neigen die Sachbearbeiter dazu, sich in einem ungesunden Maße einmischen zu wollen.
Hier muss man also die Daten dahingehend manipulieren, dass sich von September bis Juni niemand für den kleinen Zauberer interessiert, er aber in den Sommerferien wieder aufgenommen wird.

Klingt komplex, ich weiß. Deswegen führt diesen Zauber auch meistens die Chefin persönlich aus. Ich übernehme den Sachbearbeiter, tische ihm eine halbwegs plausible Geschichte auf und erkläre dem zukünftigen Zauberer, was Sache ist. Mrs Crockford verzaubert dann die Daten, die bewirken, dass jeder, der sich mit ihnen befassen will, plötzlich ganz andere Dinge zu tun hat.
Weil das Kind in der Welt der Zauberer natürlich auch nicht alles allein entscheiden kann, übernimmt meine Chefin hier die Vormundschaft.

Zum Glück sind solche Fälle relativ selten. Ich weiß von dreien, dieses Kind würde also Doris Crockfords viertes Patenkind sein.

Die Mappe verriet mir nicht viel über Clarence. Er wohnte in einem Heim für elternlose Kinder in Manchester, seine Eltern, Bernice und Thomas Smith, waren 2013 und 2015 gestorben. Warum blieb unklar.
Mal sehen, wie er reagierte, wenn ich ihm eine komplett neue Welt zu Füßen legen würde.

Es dauerte nicht lange, bis ich nach Manchester appariert war. Mit einem Stadtplan in der einen und der Adresse von Clarence in der anderen brauchte ich trotzdem eine knappe Stunde, bis ich an meinem Ziel angekommen war.
Doch schließlich stand ich vor einem unscheinbaren Gebäude aus grauem Beton. Ein kleines Schild neben der Tür verriet mir, dass ich richtig war.
Wie trostlos es hier aussah. In der ganzen Straße war kein einziger Baum zu sehen. Wenn sich hinter diesem hässlichen Bunker nicht zufällig ein Garten versteckte, war dies der allerletzte Ort, an dem ich als Kind aufwachsen wollen würde.

Ich klingelte und wurde kurz darauf eingelassen.
„Ja, bitte?“
Eine Frau in mittleren Jahren stand vor mir. Sie trug einen knielangen, karierten Rock, eine weiße Bluse und hatte die Haare zu einem strengen Dutt hochgesteckt.
„Guten Tag, Weasley mein Name. Ich komme wegen Clarence Smith. Hätten Sie kurz Zeit?“
Sie starrte mich durch eine schmale, randlose Brille an. „Haben Sie einen Termin?“
„Nein, aber...“
„Entschuldigen Sie bitte, aber dann kann ich leider nicht mit Ihnen reden. Sie müssen schon einen offiziellen Termin ausmachen oder wenigstens vorher anrufen!“

Ich fluchte in Gedanken, griff in meiner Tasche nach meinem Zauberstab und murmelte einen Spruch. Sekunden später blickte sie mich um einiges freundlicher an.
„Ah, Miss Weasley, nicht wahr? Wir haben telefoniert!“
Geht doch.

„Marge Bronson mein Name. Sie kommen wegen Clarence?“
„Genau. Können wir uns irgendwo unterhalten?“
„Kommen Sie in mein Büro.“
Sie führte mich in ein kleines Zimmer direkt neben der Haustür. Es war mit Akten vollgestopft, außerdem stand ein Schreibtisch und zwei Stühle darin. Sie setzte sich hinter den Schreibtisch, ich nahm davor Platz.
„Also, Miss Weasley, was kann ich für Sie tun?“

„Es geht um Clarence Smith. Wie Ihnen ja bereits bekannt ist, sind seine Eltern früh verstorben und er hat keine nähere Verwandtschaft. Nun hat sich jedoch herausgestellt, dass es noch eine ältere Großtante gab, die sich jedoch aus gesundheitlichen Gründen nicht um ihn kümmern konnte.“
Mrs. Bronson runzelte die Stirn. „Davon ist mir nichts bekannt.“
„Das war es mir bis vor kurzem auch nicht. Jedenfalls, diese Großtante, eine Abigail Graham, ist vor kurzem verstorben. In ihrem Testament hat sie unter anderem Clarence bedacht.“
Ein Zucken von Mrs. Bronsons penibel gezupften Augenbrauen verriet mir, dass ich nun ihre volle Aufmerksamkeit hatte.

„Kein Geld, zumindest nicht direkt“, fügte ich hinzu. „Sie hat ihm die Ausbildung an einer weiterführenden Schule bezahlt, einer sehr guten Schule, wenn ich hinzufügen darf. Vermutlich gibt es keine vergleichbare Ausbildung in ganz England.“
„Und Sie...“
„Ich repräsentiere diese Schule. Das Internat Hogwarts für außergewöhnliche Begabungen.“
Sie kniff die Augen zusammen. „Davon habe ich noch nie gehört.“
„Wir sind ein kleines, zurückgezogenes Internat in Schottland. Aufmerksamkeit ist uns nicht so wichtig, deshalb ist das nicht weiter verwunderlich.“

Mrs Bronson nickte. „Ich möchte sie nicht enttäuschen, aber bisher haben wir keinerlei außergewöhnliche Begabung bei Clarence feststellen können. Er scheint ganz im Gegenteil nicht sehr am Lernen interessiert zu sein.“
Ich lächelte. „Keine Sorge. Wir sind sehr gut darin, versteckte Talente aufzuspüren.“
„Sie verstehen sicher, dass ich das fragen muss, aber können Sie mir ein Dokument vorweisen, dass mir Clarences Aufnahme an dieser Schule bestätigt?“

Ich konnte. Wir besaßen ein paar solcher Musterschreiben, mit vielen Fantasiestempeln versehen. Ein solches reichte ich ihr. Sie las es sich mit gerunzelter Stirn durch.
„Nun, Miss Weasley, das klingt ja alles schön und gut, doch ich kann mir nicht vorstellen, dass wir das gutheißen können. Sie sagen, seine Ausbildung ist bereits bezahlt, doch wohl sicher nicht bis ins letzte Detail. Es werden vermutlich Kosten für Anreise, Schuluniform und so weiter anfallen, von Taschengeld ganz zu schweigen. Dafür können wir unmöglich aufkommen!“

Diese Frau war wirklich durch und durch Bürokrat. Da eröffnete ich ihr, dass einer ihrer Schützlinge die Möglichkeit hatte, kostenlos eine Art von Bildung zu bekommen, die hier in dieser heruntergekommenen Gegend von Manchester sicher nicht möglich war. Und sie würde es rundweg ablehnen, nur weil dadurch vielleicht ein paar Extrakosten anfallen würden.

„Machen Sie sich darüber keine Sorgen. Wir haben für solche Fälle eine Stiftung, die wird sich um alle anfallenden Kosten kümmern.“
Das war nicht einmal gelogen, eine solche Stiftung gab es wirklich. Clarence würde Unterstützung bekommen, um sich seine Schulsachen kaufen zu können, sogar ein kleines Taschengeld war für ihn drin.

Doch Mrs Bronson wirkte immer noch skeptisch.
„Er wird von September bis Juni an der Schule untergebracht sein, während dieser Zeit fallen für Sie keinerlei Kosten an“, fuhr ich fort. „Nur in den Sommerferien müsste er hier unterkommen.“
Der Keine-Kosten-Faktor schien sie zu überzeugen.
„Nun, wenn bereits so gut vorgesorgt ist, wieso sollte man dem Kind diese Ausbildung vorenthalten?“ Sie lächelte, doch es kam mir so falsch vor, dass ich Mühe hatte, Haltung zu bewahren. Mir kam es nicht so vor, als ob sie sich auch nur im geringsten für Clarence interessierte.

„Natürlich werde ich als sein Vormund dem Internat einen Besuch abstatten zu müssen um gewährleisten zu können, dass dies die richtige Umgebung für ihn ist.“
Ich lächelte. Das würde niemals geschehen.
„Ich bin sicher, dass wir das arrangieren können“, sagte ich, griff in der Tasche nach meinem Zauberstab und löschte dieses Vorhaben mit einem ungesagten Zauber aus ihrem Gedächtnis. „Könnte ich mich jetzt mit Clarence unterhalten?“

Mrs. Bronson führte mich aus ihrem Büro hinauf in den ersten Stock. Dort öffnete sie eine Tür in der Nähe der Treppe und ließ mich in das Zimmer. Sie ging erst, nachdem ich sie eine Weile herausfordernd angestarrt hatte.
Ich umfasste abermals meinen Zauberstab und murmelte leise „Repello Muggletum“, um ungestört sein zu können. Dann sah ich mich im Zimmer um.

Es wurde von zwei großen Stockbetten aus Metall dominiert, die an den entgegengesetzten Wänden standen. Zwischen ihnen gab ein kleines Fenster den Blick auf graue Fassaden frei. Die Wände waren in einem verblichenen Gelb gestrichen, was alles noch trostloser erscheinen ließ. Die Kinder hatten ihr möglichstes getan, um dem Zimmer eine persönliche Note zu geben und die Wände mit Postern vollgepflastert. Ich erkannte keinen der abgebildeten Menschen, was mich nicht weiter verwunderte.

Auf den ersten Blick sah das Zimmer leer aus und ich wunderte mich schon, warum Mrs. Bronson mich hier her geschickt hatte. Doch dann konnte ich ganz hinten in der Ecke eine Gestalt ausmachen, die fast unter einem Berg aus Decken verschwand. Ich bewegte mich langsam auf ihn zu. Er war offensichtlich das einzige Kind in diesem Zimmer, weswegen ich zu dem Schluss kam, Clarence vor mir zu haben.

Doch er beachtete mich nicht. Ich setzte mich auf die Kante seines Stockbettes und versuchte, meinen Oberkörper in seine Richtung zu drehen, ohne mir den Kopf am oberen Bett anzustoßen.
„Clarence?“, fragte ich, doch er reagierte nicht.
Er hatte sich seine Decke fast wie eine Mauer aufgebaut und kauerte zwischen ihr und der Wand. In seinen Händen hielt er ein Gerät, dass ich nicht genau sehen konnte.

„Was ist das?“, fragte ich ehrlich interessiert und beugte mich ein Stückchen weiter zu ihm hinüber.
Jetzt wandte er seinen Blick zu mir. In ihm lag Verachtung.
„Die meisten von euch stellen sich nicht ganz so dumm“, sagte er nach einer Weile und wandte sich wieder dem Gerät zu.
„Von uns? Wen meinst du?“ Ich hatte mit Misstrauen, aber nicht mit so viel Feindseligkeit gerechnet.

Clarence rollte mit den Augen.
Dann ging mir ein Licht auf. „Also, ich bin nicht vom Jugendamt, falls du das meinst, und auch kein neuer Betreuer oder so. Zumindest nicht direkt.“
„Betreuer, Psychologen, mir egal. Ich werde nicht mit dir reden, also spar dir die Mühe.“
„Aber du redest doch schon mit mir“, stellte ich fest, woraufhin er nichts zu erwidern hatte.

Ich beschloss es mit einem Monolog.
„Dass du es hier nicht besonders schön findest, kann ich verstehen. Und genau deswegen solltest du mit mir reden. Ich kann dir nämlich helfen, diesen Ort zu verlassen.“
Das veranlasste ihn dann doch, sein Gerät wegzulegen und mir in die Augen zu sehen. Doch in ihnen las ich, zu meiner Überraschung, nackte Angst. „Macht sie ihre Drohung wirklich wahr?“

Ich hatte keine Ahnung, wovon er sprach und sagte ihm das.
Wieder warf er mir einen Stell-dich-nicht-so-dumm-Blick zu. „Na weil ich doch so viel Ärger mache. In der Schule schlecht bin und zweimal versucht habe, abzuhauen. Deswegen droht mir die Bronson immer damit, mich wegzuschicken, in ein Heim mit Gittern an den Fenstern. Für schwer erziehbare Kinder.“ Seine Augen funkelten. „Ich hätte nur nicht gedacht, dass sie es wirklich wahr macht“, fügte er leise hinzu.

Ich fluchte in Gedanken und hätte der alten Schachtel liebend gern direkt einen Fluch an den Hals gehetzt. Kein Wunder, dass das Kind misstrauisch war.
„Keine Sorge, ich komme nicht von so einem Heim. Ich bin hier, um dir zu erzählen, dass du an einer ganz besonderen Schule aufgenommen wurdest. Sie heißt Hogwarts und ist ein Internat... Aber das hört sich auch wieder schlimmer an, als es ist. Es ist eine sehr tolle Schule.“
Clarence zuckte mit den Schultern. „Ist bestimmt auch nicht schlimmer als hier.“
„Im Gegenteil, es ist bei weitem schöner als hier. Jedenfalls, du bist an dieser Schule aufgenommen worden und kannst dort im September anfangen. Wenn du möchtest.“

Der Junge begann, die Mauer aus seiner Decke etwas platt zu drücken, um mich besser beobachten zu können.
„Was ist das für eine Schule? Hat Mrs. Bronson sie ausgesucht?“
„Glaub mir, Mrs. Bronson hat nicht das geringste damit zu tun. Es ist eher so, dass die Schule dich ausgesucht hat.“
„Wieso? Ich mag Schule nicht besonders. Es kann also kaum an meinen Noten liegen.“
Ich holte Luft. Jetzt kam die beste Stelle.
„Die Schule hat dich ausgewählt, weil du ein Zauberer bist, Clarence.“

Er lachte nicht, wie so viele andere Kinder und Erwachsene. In seinen Augen erlosch jegliches Interesse an mir und er wandte sich wieder seinem Gerät zu.
„Verarschen kann ich mich alleine.“
„Es stimmt aber“, behauptete ich. „Überleg mal. Hast du nie Dinge geschehen lassen, die, sagen wir mal, außergewöhnlich waren? Wenn du wütend oder traurig warst? Und die sich niemand erklären konnte?“
Clarence ließ das Gerät sinken, sah mich aber nicht an.
„Na? Erinnerst du dich an etwas?“

„Einmal ist die Bronson die Treppe hinunter gerutscht, als sie mir und Tim unsere Süßigkeiten wegnehmen wollte. Wir hatten sie von unserem Taschengeld gekauft, aber sie hat gemeint, dass das verboten wäre. Wegen unserer Zähne, es würde das Jugendamt zu viel Geld kosten, wenn sie unsere Zahnarztrechnungen bezahlen müssten. Sie stand auf der vorletzten Stufe der Treppe und als sie den letzten Schritt auf uns zu machen wollte, rutschte sie plötzlich weg. So als wären die Stufen auf einmal verschwunden.“
Ich lachte leise. „Ganz klar: Du bist ein Zauberer.“
„Aber das kann gar nicht sein! Es gibt keine Zauberer!“
Da war er wieder, dieser Satz. Ich hörte ihn schon fast gar nicht mehr.

„Also, ich glaube, da muss ich dir widersprechen“, sagte ich und zog meinen Zauberstab. „Ich für meinen Teil kann sehr wohl Zaubern.“
Und so verwandelte ich das zweite Stockbett in ein gepolstertes Sofa. Dann in ein Klavier. Und dann wieder in das alte, ungemütliche Stockbett.

Clarence Mund stand offen und ich konnte nicht anders als zu kichern.
„Entschuldige, Clarence. Aber wie du siehst, gibt es sehr wohl Zauberer. Du und ich gehören dazu. Ich bin übrigens Victoire.“

Eine Stunde später verließ ich das Kinderheim und apparierte von einem blickgeschützten Hauseingang ins Ministerium.
Zurück ließ ich einen aufgeregten Clarence, der vermutlich mehrere Nächte nicht schlafen konnte, so fasziniert war er von dem gewesen, was ich ihm erzählt hatte.

Nur als das Gespräch auf den Vormund kam, den er auch in der Zaubererwelt brauchen würde, bekam seine Begeisterung einen Dämpfer. Kein Wunder, dass er nach den Erfahrungen, die er mit der alten Bronson gemacht hatte, dazu neigte, das Schlimmste zu erwarten. Ich versuchte ihm zwar zu erklären, dass Mrs. Crockford zwar ebenfalls eine ältere Dame war, aber im Gegensatz zu seiner bisherigen Erziehungsberechtigten um einiges netter und umgänglicher war. Er glaubte es mir nicht.

„Warum kannst du nicht mein Vormund sein? Warum kann ich mir nie etwas selbst aussuchen, wo es doch um mein Leben geht?“, fragte er mich mit der Stimme eines resignierten Elfjährigen, der die Antwort längst kannte. Ich wusste nichts darauf zu erwidern und fühlte mich so hilflos wie schon lange nicht mehr.

Als ich wieder im Ministerium war und mich auf den Weg zu Mrs Crockfords Büro machte, fühlte ich mich seltsam. Einerseits war mir heute wieder einmal klar geworden, warum ich mir diesen Job ausgesucht hatte – die Verwunderung und Begeisterung im Gesicht eines Kindes zu sehen, wenn man ihm die Wunder der Magie erklärt, ist alleine schon eine Belohnung. Doch jemandem wie Clarence die Möglichkeit zu geben, sein ganzes Dasein zu verändern, das war unglaublich. Und gleichzeitig wurde ich von einer seltsamen Traurigkeit überfallen. Mir taten all die anderen Kinder leid, denen ich nicht zu einem besseren Leben verhelfen konnte.


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Wir müssen lernen, mit Menschen auszukommen, die anders sind als wir. Wenn sie das Herz auf dem rechten Fleck haben, spielt es keine Rolle, woher sie stammen.
David Heyman über ein Thema des vierten Harry-Potter-Films