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Fanfiction

Ein Tag im Leben von Gilderoy Lockhart - Ein Tag im Leben von Gilderoy Lockhart

von horse patronus

Den ganzen Sommer über habe ich an dieser FF/Oneshot - wie ihr wollt - gearbeitet bis etwas ganz zufriedenstellendes herauskam.
Ich will hiermit eine menschlichere Seite an Gilderoy Lockhart zeigen, den man in den Büchern nur durch Harrys Augen sieht. Euch sollen damit nicht die Vorurteile genommen werden die ihr ihm gegenüber habt - sie treffen ja zu - sondern zeigen welch verschwendetes Potenzial in diesem Zauberer steckt, der doch eigentlich ein gutes Herz haben könnte.
Die Idee überkam mich einfach so, als ich mir den Thread für den Wettbewerb durchgelesen habe - einerseits das Interesse an der Person selbst, aber auch die Spannung, die ich beim schreiben hatte, wenn ich selbst nicht wusste wohin das ganze führen wird.
Ich mag jetzt nicht weiter über die Entstehung der Geschichte schwafeln: falls einer Interesse hat, kann in meinem
Thread
gern ausführlich darüber geschrieben werden.



5. August 1992
Er war auf dem Weg zu einer Preisverleihung gewesen – oder doch eine Signierstunde? – er
weiß es nicht mehr. Ganz plötzlich waren sie auf der Straße ein Stück hinter ihm erschienen –
alle. Unweigerlich geht er einen Schritt schneller, doch seit ihrem Auftauchen wird jeder
Gedanke neben dem Fluchtinstinkt verdrängt. Verängstigt und orientierungslos irrt er durch
das einfache, leicht schäbige Muggellondon. Wohin treiben sie ihn? Was haben sie vor und
wo um Himmels willen kommen sie auf einmal her? Er hat doch schon immer jegliche
Probleme im Keim erstickt... Was also hat er übersehen?
Mit langen Schritten läuft er an Bushaltestellen, geschlossenen Cafes und dunklen Gassen
vorüber. Nur wenige Muggel gehen auf der gegenüberliegenden Straßenseite zielstrebig und
ohne auf ihn zu achten ihres Weges. Die Stadt wirkt bedrohlich und seltsam leblos.
Beklemmung macht sich in Brust und Bauch breit, fast automatisch verkrampfen sich seine
Hände in den Taschen der wunderschönen, mitternachtsblauen, von Goldfäden durchzogenen
Robe, greifen tief in den weichen Stoff. Wieso bewegt er sich in solch feiner und auffälliger
Kleidung zwischen Muggeln zu einem Termin? Warum geht er überhaupt zu Fuß? Zwischen
seinen Fingern reißt das Gewebe. Erschrocken über die Eigenständigkeit seines Körpers –
niemals würde er Reaktionen dieser Art zulassen – löst er sie wieder aus dem Stoff, schiebt
die seiner rechten Hand über das glatte kühle Holz. Mit den zittrigen, vom Angstschweiß ganz
klebrigen und klammen Fingern kann er kaum zugreifen. In seinem Kopf dreht sich alles, sein
Atem geht keuchend, er fühlt sich wie erdrückt von den Hausfassaden rings um ihn, die doch
so unwirklich weit weg erscheinen. Leere und Hilflosigkeit machen sich in ihm breit, als er
die sonst geliebte Stadt anders kennen lernt. Nur seine Instinkte drängen ihn noch vorwärts
ins Nirgendwo. Aber ans Anhalten würde er sowieso nicht denken. Wegrennen, ja, verstecken
ist auch in Ordnung, nur wo?, aber sich einer überlegenen, zudem unerklärlichen Macht
stellen – niemals! Dazu ist sein Überlebenstrieb viel zu stark. Andere möchten es feige
nennen...
Die Luft erreicht seine Lungen wieder, die ganze Umgebung wirkt lichter, bekannter.
Ordentlich weiß gestrichene Zäune, große Villen, gepflegte Vorgärten: Er führt sie direkt zu
sich nach Hause! Vertraue noch einer seiner Intuition, murrt er innerlich. Ärgerlich, hierher zu
kommen, allerdings kommen auf der heimischen Straße die klaren, logischen Gedanken
zurück. Ziel, Wille, Bedacht, das war es doch gewesen... Nur welches Ziel? Egal, Hauptsache
weit weg, das Erste, was dir in den Sinn kommt.
Schwärze. Und, oh, Schritte. Klingt ziemlich komisch, diese Sprache, aber ein bisschen
vertraut. Sind die etwa immer noch da?! Wie können sie ihm folgen, wohin auch immer er
geht? An Flucht ist nicht mehr zu denken, wenn man die eigene Hand nicht vor den Augen
sieht. Obwohl, das mit der Hand vor den Augen sollte man erst einmal ausprobieren. Gesagt,
getan. ,Na also, doch was zu sehen‚Gilderoy’, maßregelt eine Stimme in seinem Kopf ihn,
,das letzte Mal, als du so kindisch und unbedacht warst, warst du dreizehn! Du versuchst jetzt
sofort, aus diesem Schlamassel herauszukommen und dein Leben wieder in normale Bahnen
zu bringen.’
„Und wie soll das funktionieren?“ Die Stimmen verstummen. Hat er etwa laut gedacht?„Wo
sind wi’?“, fragt ein Mann in seltsam gebrochenem Englisch. „Ich weiß nicht.“ Ganz schön
piepsig, seine Antwort, überhaupt nichts mehr da von der Klarheit und Kraft, die seine
Stimme bei den Vorlesungen hat. Wenn seine Managerin ihn jetzt sehen und hören könnte –
Gott nimm mich zu dir!
„Gehen wir. Ist mir zu dunkel hier und außerdem stehe ich in einem Ameisenhaufen.“ Eine
Frau diesmal. Plopp. „Ihr könnt mich doch nicht einfach alleine lassen!“ Ein dumpfer
Aufprall, ein Schrei und Geraschel.
„Du dummes Vieh! Geh sofort aus meinen Haaren, die sind frisch gewaschen!“„Hat es
irgendeinen Sinn, Fledermäuse anzuschreien, Firenze?“ „Ich weiß nicht, hab es noch nie
ausprobiert. Aber das Mäuschen fand den Shampooduft bestimmt zu verlockend, um darauf
zu reagieren. Hol doch mal Licht, Ronan, ich glaube, unser werter Gilderoy kann das ganz gut
gebrauchen. So, wie ich ihn kenne, ist er schon wieder um seine Frisur besorgt.“ „Ihr beiden
seid echt das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann! Immer noch so hämisch und gut gelaunt
wie früher? Sich am Unglück anderer weidend, während sie am Boden liegen...“ „Also, um
mal alles klar zu stellen: Dein letzter ‚Besuch’ liegt knappe zwei Wochen zurück, nichts mit
‚früher’, so lange ist das auch nicht her; und wir freuen uns garantiert nicht über das Unglück
anderer! Ich wusste ja nicht, dass du unglücklich bist, mir erschienst du ganz putzmunter und
zum Streiten mit Fledermäusen aufgelegt.“ „Z-z-zwei Wochen?“, fragt er mit sich
überschlagender Stimme. „Also wirklich, daran musst du dich doch erinnern! Unsere Eltern
hatten gerade mit der Schimpftirade über Unzuverlässigkeit und mangelnden Stolz an der
Rasse begonnen, als du sie unterbrochen hast – übrigens vielen Dank.“ „Du hast vergessen,
dass sie enttäuscht über uns sind, sich für uns schämen müssen und langsam die Hoffnung
aufgeben, dass in zwei Jahren vernünftige Sternengucker aus uns geworden sein könnten.“
„Jaah, genau das, was wir immer hören wollten. Aber Gilderoy, selbst wenn du dich nicht
daran erinnern kannst – hatte schließlich alles nichts mit dir zu tun – musst du doch den
ganzen Abend damit beschäftigt gewesen sein, deine Haare zu entblättern und entharzen.“
„Ja. Ja, kann sein...“, sagt Gilderoy mit schwacher Stimme. „Entblättern – ich bitte dich,
Firenze! Was soll das denn?! Gilderoy, ich mache mir ernsthafte Sorgen um deinen Zustand!
Von deinem Organ zum Rumzetern ist ja nicht viel übrig geblieben.“ „Genau! Vor zwei
Wochen hast du noch gebrüllt wie am Spieß, als Hagrid dich wie einen Sack über seine
Schulter geworfen hat. Ziemlich erbärmlich für einen Vierzehnjährigen.“ Firenze lacht
wiehernd, während er in Erinnerungen an diesen Abend schwelgt. „Mach dich nicht über
mich lustig! Wenn du wüsstest...“, knurrt Gilderoy, aber dann fällt ihm wieder ein, dass sie ja
nicht wissen können. „Ach, lasst mich einfach in Ruhe!“ „Na, wenn das so ist, gehen wir
natürlich. Ich dachte eigentlich immer, dass du uns magst... Schade.“
Leise drehen sich die beiden um, das Hufgetrappel wird von den Geräuschen des nächtlichen
Waldes überdeckt. Oder ist das das Rascheln eines Umhangs? Einer, der langsam über den
Boden schleift, Blätter aufwirbelt. Jedenfalls zu einer Hexe oder einem Zauberer gehört.
Das sind sie wieder! Sie flüstern, Lumos, fünf hell erleuchtete Zauberstäbe sind auf ihn
gerichtet. Auch hinter ihm raschelt es – er ist umzingelt. „Du kannst uns nicht entkommen,
egal was du tust. Wir sind dein Fluch.“ Die Hexe hat eine Hasenscharte, nicht zu übersehen.
Gilderoy kneift verzweifelt die Augen zu, ‚sein Fluch’, daran hätte er eher denken sollen.

„Master, Sie müssen aufstehen. Es ist schon nach neun Uhr. Sie haben doch heute einen
Termin, haben mir das extra gesagt und auch, dass ich Sie wecken soll“, piepste die kleine
Hauselfe mit jedem Wort lauter werdend.
Wütend wegen den nervtötend hohen Tönen zog Gilderoy sich sein Kissen über den Kopf,
brüllte die Elfe so lange an, bis sie das Zimmer verließ, und wartete darauf, dass jemand ihm
den Morgenmantel brachte. Schließlich kam sein ältester und ruhigster Hauself (die Kleine
hatte wohl herumerzählt, dass er schlechte Laune hatte) mit dem erwarteten Kleidungsstück.
Missmutig wühlte Gilderoy sich aus der Decke und bemerkte dabei einen Riss im Bezug.
Also war ihm sein Traum nicht nur unheimlich echt erschienen, seine Reaktionen waren auch
noch dieselben gewesen!
Er schlurfte zur verglasten Hinterfront seines Hauses, während er den Mantel anzog, und ließ
mit einem Schnippen des Zauberstabs die Vorhänge beiseite rutschen. Übrigens, was hatte
sein Zauberstab in der Schlafanzugtasche zu suchen?
Draußen war herrliches Wetter, die Sonne stand schon hoch am Himmel, der einen
strahlenden weiß-blau Ton aufwies (für Mitte August nicht gerade unüblich) und die
Temperatur schien schon über die zwanzig Grad Marke geklettert zu sein. Das Einzige, was
ihm Sorgen machte, war der stetig blasende Wind – auf dieser Insel legte er nie eine Pause ein
– denn wie sollte er jemals mit geordnetem Haar bei einem Termin erscheinen? Flohpulver
kam gar nicht erst in die engere Auswahl, allein schon der Gedanke an den ganzen Ruß
verursachte bei Gilderoy Pickel (natürlich bekam niemand diese zu Gesicht), apparieren
zerquetschte jede noch so kunstvoll verhexte Locke, ein Besen war nur etwas für Liebhaber
des Out-of-Bed-Styles, ja was blieb da noch übrig? Der Fahrende Ritter (damit man mit
diversen Flüssigkeiten bespritzt würde), laufen (dann sind die Schuhe wieder dreckig), ein
Portschlüssel (da krieg mal einer eine Genehmigung für), also kam das allseits bewährte Auto
zum Einsatz. Wenn jemand wollte, dass Gilderoy auf einer Party, Messe oder Sonstigem
erschien, dann musste eine Limousine mit Chauffeur geschickt werden – immer, sonst kam er
einfach nicht. Aber mit einer Position wie seiner konnte man sich das durchaus erlauben.
Schließlich wurde es dem Elfen hinter Gilderoy zu bunt und er riss ihn aus seinen Gedanken,
indem er fragte, was es zum Frühstück geben sollte. Darauf folgten einige Anweisungen und
sie verließen das Schlafzimmer – der Hauself auf dem Weg in die Küche, Gilderoy ins
Badezimmer.

Munter blätterte Gilderoy in der Hexenwoche, widmete sich nebenbei seinem sorgfältig
ausgewählten, nicht zu kalorienreichen Frühstück und prüfte zwischendurch mit der linken
Hand, ob seine goldblonden Locken auch gut saßen. Passend zum heutigen Himmel trug er
einen vergissmeinnichtblauen Umhang, der dazugehörende Spitzhut lag auf dem Stuhl neben
ihm. Zum Schutz vor unerwünschten Flecken war eine Serviette auf Gilderoys Schoß
ausgebreitet. Mittels Magie hätte natürlich alles bereinigt werden können, aber er vertraute
nicht darauf, dass die Hauselfen sämtliche Flecken entdecken würden.
Als er gerade auf Seite 7 angelangt war, herzhaft in sein Brötchen biss, das mit Omega-3-
Fettsäure angereicherter Margarine bestrichen war – die Muggel konnten in der
Nahrungsmittelindustrie einfach nicht übertroffen werden – und seine Hauselfe ihm einen
Teller mit Rührei reichte, traf eine Eule ein.
Der Briefumschlag aus Pergament war an
Mr Gilderoy Lockhart
Sandy Lane 21
Teddington
Richmond upon the Thames
adressiert.
Von einem Beistelltisch nahm er einen Brieföffner und schlitze das Pergament auf.

Sehr geehrter Mr Lockhart,
Wir erhielten Ihre Bewerbung zum diesjährigen Charmantestes-Lächeln-Preis des Magazins
‚Hexenwoche’.
Sie haben sich gegen 608 Bewerber und Bewerberinnen für den Kreis London in der engeren
Auswahl durchgesetzt und qualifizieren sich somit für die Endrunde, die am 22. September in
der Warbeck-Residence stattfinden wird.
Leser und Jury werden an diesem Tag darüber entscheiden, welcher der Kandidaten es
würdig ist, den Preis mit nach Hause zu nehmen.
Bitte melden Sie sich in unserer Abteilung, um die Teilnahmebestätigung anzufordern und
damit wir ggf. Ihren Aufenthalt in London organisieren können.
Mit freundlichen Grüßen
Robert Miller
Abteilungsleiter für Preisausschreiben der Hexenwoche


Zufrieden mit sich und der Welt rief Gilderoy nach seinem Terminplaner. Kaum war ein
Hauself mit dem gewünschten Gegenstand zusammen mit Feder und Tintenfass auf einem
Tablett erschienen, wurde ihm dieses aus der Hand gerissen. Der Hausherr blätterte kurz in
dem schwarzen Lederbüchlein herum und setzte dann auf der Seite des 22. September
schwungvoll seine goldene Feder an, als es ihm siedend heiß einfiel.
Flashback:
Ein großer, dunkler Uhu segelte durch das offene Fenster des Arbeitszimmers herein und
landete auf dem Mahagonischreibtisch. Gilderoy stieß einen erstickten Schrei aus, als das Tier
seine Krallen in das wertvolle Holz bohrte. Sofort stürzte seine Hauselfe Kitty in den Raum,
um nachzusehen, was denn passiert sei. Mithilfe von wilden Gesten und
zusammenhangslosen Worten konnte Gilderoy ihr deutlich machen, dass der Vogel nichts auf
seinem Arbeitsplatz zu suchen hatte. Behutsam nahm die kleine Hauselfe den Uhu, der
doppelt so groß war wie ihr Kopf, in die Arme, trug ihn zum Fensterbrett und setzte ihn
darauf ab. Anschließend machte sie sich daran, die violette Schleife, die Pergamentrolle und
Vogelbein miteinander verband, zu lösen. Sie reichte Gilderoy den Brief und gab Acht, dass
der Bote nicht ohne Antwort davonflog.
Während sich ihr Meister dem in violetter Tinte (irgendetwas musste der Versender mit dieser
Farbe verbinden) geschriebenen Brief widmete, fütterte sie den Vogel heimlich mit
Eulenkeksen, die sie in der Tasche ihrer Schürze gefunden hatte. Ab und an warf sie einen
neugierigen auf Gilderoy, der anscheinend immer noch nicht den Brief fertig gelesen hatte.
In Wirklichkeit las er ihn nur wieder und wieder durch, voller Genugtuung.

Lieber Gilderoy,
Ich freue mich, Dir mitteilen zu dürfen, dass Du die Lehrstelle für Verteidigung gegen die
Dunklen Künste besetzten darfst, sofern Du immer noch daran interessiert bist.
Wir konnten unter den Bewerbungen keinen geeigneteren Kandidaten finden, also erwarte ich
Deine Rückmeldung innerhalb der nächsten Woche.
Solltest Du die Stelle annehmen, musst Du spätestens am Abend des 1. September auf
Hogwarts eintreffen. Beiliegend findest Du den vom Ministerium vorgeschriebenen Lehrplan.
Es würde mich freuen, wenn wir bereits vor Beginn des Schuljahres Deine Pläne für den
Unterricht besprechen könnten.
Albus
P.S.: Ich hoffe doch, dass die Tinte ansprechend ist.

Flashback Ende

Nach dem Abflug der Eileule an seine Managerin mit der Bitte, ihn halb elf zu empfangen,
begab Gilderoy sich ins Badezimmer. Geschlagene zehn Minuten lief er vor dem Schrank hin
und her und überlegte, welche aus dem rund einen Dutzend Zahnpastasorten er benutzen
sollte, schließlich hatte er heute noch eine Signierstunde. Endlich entschied er sich für
‚Perlweiß durch geriebenen Erumpenthuf’ und putzte sich ausgiebig und mit sichtlichem
Vergnügen die Zähne.
Obwohl er schon zu spät dran war, machte Gilderoy sich ohne schlechtes Gewissen auf den
Weg zu Cathleen, deren Haus zum Glück nur fünf Minuten Fußweg entfernt lag. So bot sich
auch gleich die Gelegenheit, den Nachbarn in Rage zu versetzten, schließlich hatte der keinen
so schicken, teuren, maßgeschneiderten und zum Himmel passenden Umhang.
Bis auf diese kleinen Machtkämpfe stand Gilderoy mit den Leuten in der Nachbarschaft auf
gutem Fuß, soweit man das nach einigen Monaten des Beisammenlebens sagen konnte. Jeder
ging seinen eigenen Beschäftigungen nach, man grüßte sich auf der Straße und bestenfalls
hatte man sich schon mal zu einer Tasse Kaffee verabredet. Die wenigen Muggel am Ende der
Straße waren natürlich aus dieser Gesellschaft ausgeschlossen.
Gilderoy gefiel es so. Zumindest war es wesentlich besser als in der Umgebung, in der er vor
und zu Beginn seiner rasanten Karriere gelebt hatte. Dort waren aufdringliche Nachbarn und
Fans mit mehr oder weniger eindeutigen Angeboten an der Tagesordnung gewesen. Das
Vertreiben solcher Leute gehörte nicht gerade zu seinen Hobbys, zumal ihm so sein
wertvoller Schlaf geraubt wurde. Nicht, dass er die Aufmerksamkeit nicht genossen hätte,
aber das Angehimmeltwerden verlegte er doch lieber auf seine Termine, da konnte er sich
wenigstens drauf vorbereiten. Wenn es etwas gab, was er hasste, dann waren es
Überraschungen, also ging er solchen aus dem Weg, indem er umzog.
Kaum hatte er bei Cathleen geklingelt, riss sie selbst die Tür auf und sprang auf ihn zu.
Strahlend begrüßte sie ihn, packte seinen Arm und verkündete laut: „Komm rein, Gilderoy,
wir müssen uns dringend ungestört über dieses höchst erfreuliche Ereignis unterhalten!“
Das konnte die Dame von gegenüber, die gerade aus ihrem Fenster hing, unmöglich überhört
haben. Ein Blick genügte und Gilderoy stellte fest, dass diese Vermutung der Wahrheit
entsprach – die Frau zog eine lange Schnute.
Cathleen schlug die Tür hinter ihm zu und drehte sich einmal um die eigene Achse. Gilderoy
kam nicht umhin zu bemerken, dass ihr Kleid sehr fein gearbeitet und dementsprechend teuer
aussah. Das Exemplar war bodenlang und wirkte durch den dunklen Brokatstoff etwas
mittelalterlich, konnte schon sein, dass sie an Geschmacksverirrungen litt...
„Und, wie findest du es? Kam heute direkt von der Schneiderin!“ Kein Wunder, dass sie die
wirklich wichtigen Sachen noch nicht angesprochen hatte, bestimmt überlegte sie die ganze
Zeit schon, wo und wie sie dieses neue Prachtstück am besten ausführen sollte. „Es schaut
wirklich fabelhaft aus! Trag es doch bei der nächsten Prämiere.“ „Danke, danke, aber das ist
ja noch so lange hin – mal sehen... Möchtest du einen Tee?“ Cathleen klatschte kurz in die
Hände und schon stand ein gebückter Hauself vor ihr. „Zwei Tee im Wohnzimmer“, befahl
sie und ging dann voran in den genannten Raum. Gilderoy folgte und ließ sich sofort lässig in
einen der weichen Sessel fallen. Einen Moment später kam der Tee auf einem mit Keksen
überladenen Tablett. Cathleen nahm sich eine Tasse und griff in den Schrank hinter sich. Zum
Vorschein kam eine orange Schachtel. Ihre langen Fingernägel behinderten sie beim Öffnen
des Verschlusses. Nach einigen Anläufen, bei denen sich Gilderoy voll und ganz sicher war,
dass der Nagel gleich abbrechen würde, schaffte sie es und schüttete zwei kleine, weiße, ovale
Dinger in ihren Tee. Sie bemerkte seinen Blick und meinte: „Eine Freundin hat sie mir
empfohlen, eigentlich ist es eine Muggelnascherei, aber ich nehme sie statt Zucker – hat nur
zwei Kalorien.“ Gedankenverloren nickte er. „Ich werd’s mir merken.“ Halbherzig griff er
nach seiner Teetasse und beschloss, das Gespräch in eine eher geschäftliche und für ihn
interessantere Richtung zu lenken. „Also, was hältst du von der ganzen Sache?“ Sofort war
Cathleen hellwach. „Super Publicity, wahrscheinlich wird in der Hexenwoche ein seitenlanger
Artikel darüber stehen – ich kann ja mal meine Kontakte spielen lassen... Ich würde sagen,
alles paletti.“ „Nichts ist paletti! Es ist nämlich ein ganz schön großes Problem aufgetaucht“,
unterbrach er sie und warf mit diesen Worten den Brief auf den Tisch zwischen ihnen. „Das
ist heute Morgen gekommen und bringt alles durcheinander!“ „Charmantestes-Lächeln-
Preis?! Sag nicht, der ist während der Schulzeit!“ „Eben doch! Und es gibt keine Möglichkeit,
beides unter einen Hut zu bringen...“ Nachdenklich tranken beide einen Schluck Tee.
„Hogwarts kannst du nicht mehr absagen, außerdem ist es mehr als gut für deinen Ruf.
Vielleicht erregt es Aufmerksamkeit, wenn du beim Lächeln-Preis nicht aufkreuzt, du hast
schließlich fünfmal hintereinander gewonnen! Ich würde sagen, wir gehen das Risiko ein.“

* * *
Ein kleiner, rothaariger Junge stand gleich hinter der aufgeregten Frau an seinem Tisch. Er
schien von dem herumhüpfenden Fotografen alles andere als begeistert zu sein und
beschwerte sich, weil dieser ihm auf den Fuß sprang.
„Aus dem Weg da, ich bin vom Tagespropheten-“ Als wäre somit alles vertretbar, schubste er
den Rothaarigen weg und machte ein weiteres Bild.
„Na, wenn das so ist“, brummte der Kleine, funkelte den Fotografen aber immer noch an.
Mit einer anderen Haarfarbe könntest das du in jungen Jahren sein, schoss es Gilderoy durch
den Kopf. Wieso musste ihn heute alles und jeder an seine Schulzeit in Hogwarts erinnern?
Sein Blick glitt weiter über die Gruppe, die ausschließlich aus rothaarigen Menschen bestand
und eine große Familie zu sein schien. Neben ihnen standen ein dürrer, schwarzhaariger
Junge und ein brünettes Mädchen mit klugen Augen und buschigem Haar.
Gilderoy starrte den schmalen, bis auf die Stirnnarbe unscheinbaren Jungen an, dann sprang
er wie von der Tarantel gestochen auf. „Das ist doch nicht etwa Harry Potter?“ Hatte er das
gerade wirklich laut gedacht? Augenscheinlich ja, denn mit der Nennung dieses Namen war
die Luft plötzlich von Spannung und Gemurmel erfüllt.
Harry Potter! Hier! Was sollte er nur tun? ‚Die Gunst der Stunde nutzen und die
Ankündigung machen, dass du Professor wirst! Schließlich ist Harry Potter eine
nachvollziehbare Verbindung’, schrie der aktivere Teil seines Gehirns ihn regelrecht an. Also
leistete er Folge und packte Harry am Arm, um ihn nach vorne zu ziehen. Der begeisterte
Fotograf schoss natürlich sofort einige Fotos davon, also fing Gilderoy an, dem Jungen die
Hand zu schütteln. „Immer schön lächeln, Harry. Sie und ich zusammen schaffen es auf die
Titelseite.“ Bei Merlin, was plapperte er da für einen Schwachsinn? Nun ja, mit der Titelseite
könnte er nicht ganz unrecht haben...
Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, die enorme Gerüchteküche Londons sowie große
Diskussionen unter Fans und Presse anzuheizen, indem er es der Öffentlichkeit preisgab.
Gilderoy ließ Harrys Hand fallen, als hätte er jegliches Interesse daran verloren, um gleich in
der nächsten Sekunde seinen Arm um dessen Schultern zu legen. „Meine Damen und Herren,
was ist das für ein außerordentlicher Moment für mich! Genau der richtige Augenblick für
eine kleine Ankündigung, die ich schon einige Zeit loswerden will.
Als der junge Harry heute Flourish&Blotts betrat, da wollte er nur meine Autobiographie
kaufen – die ich ihm natürlich schenke – und er hatte keine Ahnung, dass er in Kürze viel,
viel mehr als mein Buch ‚Zaubrisches Ich’ bekommen würde. Er und seine Mitschüler werden
nämlich mein wirkliches zaubrisches Ich bekommen. Ja, meine Damen und Herren, mit
ausgesprochenem Vergnügen und Stolz kann ich ankündigen, dass ich diesen September die
Stelle des Lehrers für Verteidigung gegen die dunklen Künste an der Hogwarts-Schule für
Hexerei und Zauberei antreten werde!“
Begierig hatten ihm die Fans gelauscht und dieses Stück Klatsch aufgesogen wie ein
Schwamm Wasser. Nun brachen sie in Applaus aus und drängten noch weiter nach vorne, hin
zu ihrem Idol, Helden, was auch immer.
Auf ein Winken hin kriegte Harry einen Stapel Bücher in die Hand gedrückt und stolperte
damit in eine Ecke. Gilderoy blickte ihm einen Moment etwas verwirrt hinterher, setzte sich
dann aber wieder und lächelte breit in die Menge, während er über den Ärmel seines
Umhangs strich. „Ich hoffe doch, dass Sie diese kleine Unterbrechung genossen oder mir
zumindest nicht übel genommen haben-“ Er lachte kurz auf und wollte gerade fortfahren, als
krachend ein Regal umfiel und die Bücher sich wie Wasser über den Boden ergossen. Ein
paar Besucher stolperten aus der Reihe zurück und wollten schnell den Laden verlassen,
warfen allerdings beim Drängeln weitere Regale um. Jedes Augenpaar im Raum richtete sich
auf den Tumult. Verantwortlich für dieses Chaos waren zwei sich prügelnde, erwachsene
Männer. Sie hatten einander mit Büchern beworfen.

Der Verkäufer stand zuerst nur mit schreckgeweiteten Augen zur Salzsäule erstarrt daneben,
dann rief er „Meine Herren, bitte – bitte!“, wurde allerdings von einer anderen, wesentlich
eindrucksvolleren Stimme übertönt. Ein Mann von riesigen Ausmaßen betrat den Laden, vage
erinnerte Gilderoy sich an ihn und fing an zu grübeln, wo er so einem schon mal begegnet
sein könnte. Ein kleiner Junge rief hingegen begeistert „Mama, ist das ein echter Riese?“ und
schien damit bei der Angesprochenen einen schrecklichen Verdacht geweckt zu haben, denn
ihre Augen weiteten sich merklich. Der „Riese“ ließ sich allerdings nicht beirren, sondern
zwinkerte dem Söhnchen zu und riss nebenbei die beiden Streithähne auseinander.
Beeindruckt beobachtete Gilderoy ihn weiterhin. Wie schlaksige Schuljungen baumelten sie,
rechts der blonde, links der rothaarige Mann, in seinen gewaltigen Pranken. Jetzt verließ der
Blonde mit seinem ebenso blonden Sohn den Laden und kurz danach schubste der Riese auch
die rothaarige Familie in Begleitung von Harry Potter auf die Straße. Mit etwas Bedauern
wandte sich Gilderoy an den Fotografen vom Tagespropheten und meinte, ob man diese
verwirrende, aber doch eindrucksvolle Szene nicht druckreif machen könnte – dafür wäre
diese Kimmkorn mal wirklich zu gebrauchen gewesen. Für diesen Satz bekam er prompt
einen bösen Blick von einem der Jungen zugeworfen. Während er mit dem Gedanken spielte,
sich selbst so einen „Riesen“ als Bodyguard zuzulegen, kehrte er hinter seinen Schreibtisch
zurück und breitete für sein großes Publikum in Dumbledore-Manier die Arme aus.
„Meine Damen und Herren, nun, da wieder Ruhe eingekehrt ist, können wir unbesorgt
fortfahren. Ich signiere Ihre Ausgabe von ‚Zaubrisches Ich’, gebe Ihnen Autogramme für all
die Angehörigen, die bedauerlicherweise nicht erscheinen konnten, und stehe
selbstverständlich für Ihre Fragen zur Verfügung. Kommen Sie näher. Aber immer schön der
Reihe nach, nicht drängeln, jeder bekommt die Chance, in diesen vier Stunden – gut, eine ist
schon vergangen – ein Foto mit mir zu machen. Vielleicht schaffen Sie es nicht auf die
Titelseite der Hexenwoche, aber ein Andenken an diesen außergewöhnlichen Augenblick
werden Sie auf jeden Fall erhalten! Bedenken Sie, dass ich von September bis Juli nächsten
Jahres keine einzige Vorlesung, keine Signier- und Autogrammstunden mehr geben werde-“
Ein enttäuschtes Murmeln ging durch den überfüllten Raum. „Nur nicht verzweifeln! Nutzen
Sie lieber den heutigen Tag und sichern Sie sich eine Karte zum Termin Ihrer Wahl, denn es
stehen schon die Daten für meine Tour durch ganz Britannien fest und morgen werden Sie sie
erfahren! Sobald das Hogwartsschuljahr beendet ist, können Sie mein ‚Zaubrisches Ich’
wieder live erleben, doch jetzt sollten Sie meine Autobiographie zu einem einmaligen
Sonderpreis kaufen – mit Signatur und Widmung!“

Zur Halbzeit, also 14.30 Uhr, legte Gilderoy eine Pause ein. Zwar floss noch immer ein
stetiger Besucherstrom durch die Tür der Buchhandlung, doch er war erschöpft, die Nacht
war schließlich nicht besonders angenehm gewesen, und hungrig.
Der Verkäufer begleitet ihn in ein Hinterzimmer mit gemütlichen Sesseln und fragte
fortwährend, ob er noch etwas benötige. Nachdem Gilderoy ihn abgewimmelt hatte, tauchte
ein Hauself auf und brachte ihm ein Tablett mit diversen Naschereien und Getränken.
Vergnügt vor sich hinpfeifend (der Tag schien doch erfolgversprechend zu werden) griff er
nach einem Glas Met – und ließ dieses fallen.
„Gilderoy!“, klang es durchdringend an sein Ohr. Etwas atemlos tauchte Cathleen neben ihm
auf. Sie bemerkte gar nicht den bösen Blick, den er ihr zuwarf, während er die Flüssigkeit mit
dem Zauberstab aus dem Ärmel seiner Robe saugte.
„Ich habe dir doch versprochen, meine Kontakte spielen zu lassen, du wirst nicht glauben,
wen ich dir besorgt habe: Rita Kimmkorn!“ Mit diesen Worten zog sie eine schwarzhaarige
Hexe (schwarz, lang und glatt war gerade der letzte Schrei) neben sich. Verwirrt zog der
Angesprochene die Augenbrauen hoch. „Sie arbeitet schon lange als Journalistin für den
Tagespropheten und seit Anfang diesen Jahres auch für die Hexenwoche, zumeist in den
kleineren Bereichen, aber ihre Karriere steht in den Startlöchern, sie ist nämlich die
Nachfolgerin von Arianna Jones und somit zuständig für alles, was es rund um den
Charmantestes-Lächeln-Preis zu berichten gibt“, erklärte Cathleen. Sie strahlte ihn an und
wartete anscheinend auf ein Lob für diesen ihrer Meinung nach großartigen Fang, also
erbarmte er sich ihrer: „Sehr gut, Cathleen, ich bin stolz auf dich. Eine so engagierte und
zuverlässige Hexe wie dich gibt es selten.“ Es sah aus, als würde sie gleich platzen oder vom
Boden abheben, jedenfalls schienen die Worte die gewünschten gewesen zu sein. „Nun, Rita
ich werde euch allein lassen, aber macht nicht zu lange, die Fans warten...“ Gilderoy musste
sich ein Lächeln abringen und war froh, als sie nach einem kurzen Zwinkern von dannen
stöckelte.
Allerdings nahm sie ihre dunkelhaarige „Freundin“ nicht mit. Diese lächelte ihn an, doch auf
Gilderoy wirkte es eher wie ein Zähneblecken, und er schickte ein Stoßgebet an Ptolemäus
und Agrippa, dass er nicht lange mit dieser schrecklich Person allein sein musste, bei Merlin,
sie war Journalistin!
„Nun, was ist? Wollen wir es uns nicht ein wenig gemütlich machen und dann über alles
Weitere sprechen?“ „Ähm, ja, natürlich. Setzten Sie sich doch.“ Er verfluchte sich selbst
dafür, dass ihm spontan keine Ausrede eingefallen war, um sie abzuwimmeln. „Worüber
möchten Sie denn reden?“, fragte Gilderoy mit dem freundlichsten Gesichtsausdruck, den er
in dieser Situation zustande brachte. „Oh, ich möchte Ihnen nur meine Idee für den Artikel
vorstellen und dann ein paar Fragen beantwortet haben. Darf ich?“ Nach einem Nicken von
ihm begann Rita von einem Notizblock vorzulesen:
Gilderoy Lockhart – so glänzend wie seine Fotos? Die dunkle Seite des künftigen Professors
und berühmten Autors. Wer seine Bücher gelesen hat, weiß, wie oft Lockhart mit dunklen
und gefährlichen Kreaturen zu kämpfen hatte. Doch ist es wirklich der Wunsch, sein Wissen
mit anderen teilen zu können, oder gibt es einen anderen, geheimnisvolleren Grund, der
Gilderoy Lockhart (46) dazu trieb, die umstrittene Stelle des Lehrers in Verteidigung gegen
die dunklen Künste an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei anzutreten? Unsere
Reporterin Rita Kimmkorn (40) hat sich auf den Weg gemacht und ein wenig in der
Vergangenheit des allseits geliebten Helden gestöbert...

Zufrieden blickte sie auf und sah direkt in die vor Schreck weit aufgerissenen Augen
Gilderoys. „Ist irgendetwas nicht in Ordnung?“ Ein leicht besorgter Unteron schwang in ihrer
Stimme mit. Wahrscheinlich sorgte sie sich um den Geisteszustand ihres Gegenübers, dem
jetzt auch noch der Mund aufgeklappt war. Der sonst so perfekte Zauberer gab ein wirklich
lächerliches Bild ab. „Hallo?!“ „S-Sie-Sie beschäftigen sich mit meiner Vergangenheit?“,
brachte Gilderoy schließlich krächzend heraus. „Ja, wissen Sie, das ist mein Job“, antwortete
Rita süßlich lächelnd. Verwirrt schüttelte Gilderoy den Kopf, die behandelte ihn nicht wie
einen Star, sondern wie ein Kleinkind oder eine dumme Blondine. Bei dem Gedanken musste
er empört nach Luft schnappen. Dachte sie wirklich, ihre dunkel gefärbten Haare würden sie
intelligenter machen? Seine gesamte Überlegung quittierte Gilderoy mit einem Schnauben,
dann hob er den Blick und sah die Schwarzhaarige überheblich an. Stirnrunzelnd guckte diese
zurück. Ach ja, seinen Gedankensprung konnte eine schwarzhaarige Frau natürlich nicht
nachvollziehen. Ein Grinsen unterdrückend tätschelte er ihren Arm. „Vergessen Sie dieses
Gespräch einfach. Cathleen wird Ihnen demnächst ein paar Informationen zuschicken, aus
denen Sie dann einen Artikel für die Hexenwoche basteln können.“ Die vollkommen
überforderte Hexe vor sich herschiebend ging Gilderoy zurück in den Verkaufsraum. Ein
Talent zum Umgehen von kritischen Situationen hatte er also doch. Zufrieden mit sich und
der Welt quetschte der Zauberer sich durch die Bücherstapel und Portraits seiner selbst zu
dem Schreibtisch, auf dem schon neue Federn, Tinte und Autogrammkarten bereitlagen.

Pünktlich wie vereinbart verließ Gilderoy um dreiviertel fünf Flourish&Blotts durch den
Hinterausgang und machte sich auf den Weg zum Tropfenden Kessel. Dort hatte er den
Chauffeur hinbestellt, diesem war anscheinend langweilig gewesen, denn er saß am Tresen
des Pubs und kippte sich einen Feuerwhiskey nach dem anderen in den Rachen. Tom hatte
augenscheinlich Mühe, mit der Strichliste hinterherzukommen. Erleichtert bemerkte er
Gilderoys Auftauchen und eilte auf ihn zu. „Er sagt, die Getränke gehen auf Sie, aber das ist
doch Ihr Fahrer, der kann doch in diesem Zustand nichts mehr machen.“ „Ah, gut erkannt.
Vielleicht hätten Sie ihn daran hindern sollen, sich zu besaufen oder ihm zumindest keine
weiteren Getränke ausschenken“, antwortete der Angesprochene bissig. „Jetzt habe ich eine
ellenlange Rechnung und keinen Chauffeur mehr, muss aber zu einem Termin. Welche
Vorschläge haben Sie, um die Situation zu entschärfen?“ Die Augen des Wirtes nahmen die
Größe von Untertassen an und er stammelte: „Verzeihen Sie, aber einem Erwachsenen kann
ich nichts verbieten.“ Unter Gilderoys Blick schrumpfte er zusammen. „Aber Sie haben
natürlich vollkommen Recht! Sie können den Kamin nehmen und die Getränke gehen
selbstverständlich aufs Haus!“ „Kamin?“, schnaubte der Blonde. „Und was soll aus meiner
Fris... Ich habe keine Zeit! Wo ist das Flohpulver?“ Er stürmte zum Kamin und hörte hinter
sich den Wirt „Auf dem Sims“ rufen. Schon hatte er eine Prise des schimmernden Pulvers auf
die rußigen Holzscheite geworfen und trat in die auflodernden, smaragdgrünen Flammen.
Während er „Sandy Lane 21, Teddington” rief, konnte er noch kurz einen Blick in den
dunklen Schankraum des Tropfenden Kessels werfen und sah, dass ausnahmslos alle ihn
beobachteten, sogar die Katze am Tresen. Im nächsten Moment wurde er kräftig um seine
eigene Achse gewirbelt, dass er Übelkeit und Kopfschmerzen schon erahnen konnte, und kam
schließlich auf dem Kaminvorleger des Wohnzimmers zum Liegen. Augenblicklich tauchten
seine Hauselfen auf und erkannten erst auf den zweiten Blick, um wen es sich bei dem
Eindringling handelte. Schwankend kam Gilderoy auf die Füße und konnte nun die
Bescherung in vollem Ausmaß begutachten: ein mit Asche übersäter Teppich, die ehemals
weiße Umfassung des Marmorkamins, sein schwarzer Umhang und wie seine Haare
aussahen, mochte er sich gar nicht vorstellen. Zu erschöpft, um auch noch seine Diener zur
Schnecke zu machen, seufzte er „Ein neuer Umhang, beseitigt dieses Chaos hier.“ und
torkelte ins Badezimmer.
Eine Viertelstunde, und somit zehn Minuten zu spät, apparierte Gilderoy zurück in die
Innenstadt. Er kam direkt auf der Chefetage an und eilte zur nächstgelegenen Tür, die sich
prompt als die falsche erwies. Allerdings konnte die attraktive Dame ihm sagen, wo er den
Chef fand. Die Tatsache, dass er sich noch nie verspätet hatte, machte es Gilderoy schwer,
sich vorzustellen, wie man ihn empfangen würde und welche Entschuldigung am
angebrachtesten wäre. Er entschied sich schließlich für die Wahrheit und der runde Zauberer
ihm gegenüber hatte vollstes Verständnis. Fünf Minuten zogen sie zusammen über
Chauffeure und andere unzuverlässige Angestellte her, dann kam die Sekretärin mit den
nötigen Unterlagen und sie wandten sich wieder dem eigentlichen Grund ihres Treffens zu.
„Mr Lockhart, sicherlich haben Sie die Grundzüge des Vertrages schon gelesen, wenn ich
richtig informiert bin, wurde Ihnen vor zwei Wochen eine Kopie geschickt. Es gab einige
kleine Änderungen, aber sagen Sie mir doch zuerst, ob alles Ihren Anforderungen entspricht,
noch Fragen offen sind...“ „Also, ich hätte da schon mal einen Terminvorschlag für das
Fotoshooting, mit den Vorschriften habe ich keine Probleme und es spricht nichts dagegen,
einen Vertrag mit einer Laufzeit von fünf Jahren abzuschließen.“ Genüsslich nippte er an
seinem Glas Met. „Das ist ja alles bestens!“, rief sein Gegenüber euphorisch und machte es
sich gleich etwas bequemer in seinem Sessel. „Wir haben uns entschieden, jede Saison eine
neue Limited Edition auf den Markt zu bringen – übrigens, welche Sorte benutzen Sie zur
Zeit?“ „Ich benutze ausschließlich Ihre ‚magischen Perlweiß-Kollektion’. Ich bin damit sehr
zufrieden“, log Gilderoy dreist. „Dann können wir das ganze viel schneller beginnen als
gedacht. Würden Sie bitte den Vertrag aufsetzten, Mrs Bird?“, sagte der sichtlich
Geschmeichelte. Eilfertig rannte die Dame davon, dass man sie mit einem Hauselfen
verwechseln konnte. Als sie mit einem elegant geschwungenen Pergament zurückkam, dachte
Gilderoy sich, dass das Ganze etwas übertrieben wirkte, und beschloss, die Sache mit seiner
Unterschrift schnell zu beenden.
Draußen vor dem Backsteingebäude blieb Gilderoy einen Augenblick stehen und überlegte,
was er mit dem angebrochenen Abend anfangen sollte. Er könnte essen gehen, doch wen
sollte er ausführen? Da müsste er wohl mit Cathleen vorlieb nehmen, zurzeit gab es
schließlich keine andere Frau in seinem Leben. Solang sie ihre schrecklich unmodernen
Kleider zu Hause ließ, könnten sie sich zusammen einen netten Abend machen. Also
apparierte (zum Glück zersplinterte er sich nicht, wo er doch so außer Übung war) er vor die
Haustür seiner Managerin und legte sich ein paar Sätze zurecht. Diesmal wurde die Tür von
Cathleens Hauselfen geöffnet und Gilderoy musste sich anmelden. Kannte man ihn hier
wirklich noch nicht genug? Da musste er wohl ein Wörtchen mit Cathleen über
Einschränkungen in ihren Befehlen reden. In ihrem dunkel eingerichteten Arbeitszimmer saß
Cathleen hinter dem Schreibtisch und tat geschäftig. Gilderoy sah genau, dass sie sich
langweilte, und hatte das Gefühl, mit seiner Idee genau richtig zu kommen. „Hallo, Gilderoy,
was gibt’s?“, fragte die Hexe mit müder Stimme. „Ich wollte dich zum Essen einladen, meine
Liebe. Du musst raus, wie ich sehe, und solange du diese Rita nicht mitbringst, geht die
Rechnung auf mich. Außerdem müssen wir doch diesen gelungenen-“ Bei diesem Wort
stockte er kurz. Wenn er die Ereignisse Revue passieren ließ, kam ihm das Ganze vor wie ein
Alptraum. „Na ja, wir müssen auf die Veränderungen anstoßen.“ „Super, auf die Idee hättest
du eher kommen sollen, dann wäre ich jetzt nicht so eine Schlaftablette. Wenn du mir Zeit
zum Frischmachen lässt, bin ich dabei.“ Cathleen war schon viel wacher, als sie so voller Elan
aufsprang. „Nur eine Sache noch: Was hast du gegen Rita?“ „Ach, du weißt doch, ich mag
Journalisten nicht so...“, antwortete er ausweichend. „Aber genau die haben dich groß
rausgebracht. Ohne sie wäre diese Welt nichts“, behauptete Cathleen schwärmerisch und
verließ das Zimmer, gefolgt von Gilderoy, der sich schon mal auf den Weg nach unten
machte. ‚Pah, der Einzige, der mich groß rausgebracht hat, bin ich selbst. Die Journalisten
profitieren nur von mir.’

***

Aus dem Schatten neben der Haustür trat eine Gestalt, klein, so schlank, dass der Umhang
schlabberig von ihren Schultern hing, und mit dichtem, dunklem Haar. „Mr Lockhart?“, fragte
sie mit südländischem Akzent. Als das Gesicht des Wesens – Gilderoy war sich noch nicht
sicher was es war – vom Schein der Straßenlaternen erhellt wurde, konnte man erkennen, dass
es sich um eine Hexe handelte. Sie starrte ihn mit – wie es schien – kohlschwarzen Augen an,
sodass er erst mal einen Schritt zurücksprang. „Ja, das ist mein Name. Was kann ich für Sie
tun?“, sagte er möglichst souverän, nachdem sein Puls sich wieder beruhigt hatte. Mit einem
Augenaufschlag brachte sie ihn zum Schweigen und musterte ihn ausgiebig, was Gilderoy
nervös mit den Füßen auf und ab wippen ließ. Ihr Blick nagelte ihn fest und er hatte das
Gefühl, geröntgt zu werden. Ihr Blick war so intensiv, dass er sich sogar für den Fleck an
seinem rechten Mantelärmel schämte, den er gerade bemerkt hatte. Schließlich hielt er diese
Prozedur nicht länger aus. „Entschuldigen Sie diese direkte Frage, aber was zum Teufel
wollen Sie von mir?“ „Mit Ihnen reden“, antwortete sie schlicht. „Nun, dann kommen Sie mal
rein, Frau...?“ „Tamara.“ Er nickte, als Zeichen, dass er sie verstanden hatte.
Ganz unbeeindruckt durchschritt sie vor ihm die Tür, auch der Anblick des prunkvoll
eingerichteten Flurs schien sie kalt zu lassen, zumindest zeigte ihr Gesicht keine Regung.
Gilderoy war sich sicher, dass sie sich einfach nur gut unter Kontrolle hatte, denn noch nie
hatte jemand zum ersten Mal sein Haus betreten, ohne in Schwärmerei auszubrechen, und
diese Hexe war so ärmlich gekleidet, dass sie bestimmt noch nie etwas Vergleichbares
gesehen hatte. Verwundert über sich und sein eigenes Verhalten schloss Gilderoy die Tür und
nahm der Frau den Mantel ab. Ein Hauself erschien und hängte diesen auf einen Haken, nicht
ohne bei der Berührung mit dem staubigen Kleidungsstück die Nase zu rümpfen. Das
bemerkte sein Meister jedoch gar nicht. „Zünde den Kamin im Empfangszimmer an und bring
etwas zu trinken dorthin.“ Als er geistesabwesend diesen Befehl gab, haftete sein Blick an
dem Kleid seiner Besucherin, das sicherlich schon bessere Tage gesehen hatte, aber trotzdem
all ihre Vorzüge zur Geltung brachte. Nach dem Abend mit Cathleen und einigen Gläsern
Wein ließ ihn die Wirkung ihrer Gestalt schlucken. Um von seiner Faszination und der damit
verbundenen Verlegenheit abzulenken, bat er sie, ihm zu folgen.
Beide saßen schon eine Weile stumm auf dem Sofa, als Gilderoy sich endlich traute, zu
fragen, über was sie reden wollte. „Zuerst möchte ich eines klarstellen, damit wir uns nicht
missverstehen.“ Ganz hingerissen betrachtete er ihre vollen Lippen, über die sie die ,r’s so
weich rollen ließ. „Ich bin keiner Ihrer zahlreichen Fans!“ Seine Gesichtszüge entgleisten und
er musste sich einige Male räuspern, bevor er seine Sprache wiedergefunden hatte. „Aber
wenn Sie kein Fan sind, was wollen Sie dann von mir?“ Mit Entsetzen dachte er an Diebe,
Meuchelmörder und die Konkurrenz, die schon seit langem versuchte, ihn zu Fall zu bringen.
„Sie kannten meinen Großvater. Ich möchte mit Ihnen über ihn sprechen.“ Perplex starrte er
sie an und lachte dann auf. Daraufhin zogen sich Tamaras Augenbrauen zusammen und sie
funkelte ihn mit ihren Kohleaugen an. „Entschuldigen Sie, aber ich soll einen Verwandten
von Ihnen kennen? Ich weiß ja nicht mal, wer sie sind!“ „Ich habe vergessen, Sie über die
gegebenen Umstände aufzuklären“, sagte sie mit einem süffisanten Lächeln, das ihm ganz
und gar nicht gefallen wollte. „Ich bin Armenierin, genau wie mein Großvater. Seit über
sieben Jahren pflege ich ihn zusammen mit meiner Mutter, weil wir uns einen dauerhaften
Krankenhausaufenthalt nicht leisten können, schließlich ist mein Vater der Einzige in der
Familie, der Geld verdienen kann, seit mein Bruder Selbstmord begangen hat.“ Bestürzt
blickte Gilderoy sie an und wollte ihr teilnahmsvoll die Hand auf den Arm legen, den sie
allerdings schnell zurückzog. „Warum hat Ihr Bruder Selbstmord begangen?“ „Er hat dem
dauerhaften Druck nicht standgehalten. Außerdem stand er Großvater sehr nahe, bevor der
Amnesie bekam. Vielleicht hilft Ihnen das weiter...“ „Nein, das kann nicht sein! Hier läuft
irgendetwas gewaltig schief!“, murmelte er mehr zu sich selbst, aber Tamara hörte es
natürlich trotzdem. „Ich denke nicht, dass das falsch ist! Wie ich sehe, erinnern Sie sich, und
ich habe auch wirklich gründlich nachgeforscht. Vielleicht hätten Sie nach Ihren Verbrechen
lieber untertauchen sollen, anstatt ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken“, entgegnete sie kalt.
Empört schnappte Gilderoy nach Luft und sprang auf. „Verschwinden Sie! Sofort!“ Dabei
wedelte er mit den Händen, als ob er eine Katze verscheuchen wollte. „Nein! Zuerst werden
Sie mir alles – und zwar wirklich alles – erzählen, an das Sie sich erinnern können. Über den
Tag, an dem Sie meinen Großvater mit diesem unsäglichen Fluch belegten, was mit Ihren
anderen Opfern passiert ist und wie es kommt, dass Sie so arrogant und selbstverliebt sein
können, obwohl Sie doch eigentlich ein schlechtes Gewissen quälen müsste!“ Verächtlich
spuckte Tamara ihm diese Worte vor die Füße und er hatte das Gefühl, wirklich einer
übergroßen Raubkatze gegenüberzustehen. Nach kurzem Überlegen drehte er sich einfach auf
dem Absatz um und verließ das Empfangszimmer in der Hoffnung, dass sie verschwinden
würde, wenn er sich weigerte, mit ihr zu reden.
Bis zur anmutig gewundenen Treppe hatte Gilderoy seine Ruhe, dann holte sein anscheinend
sehr verlässlicher Schatten ihn ein. „Denken Sie, ich gebe auf, nur weil Sie mich ignorieren?“
Verzweifelt seufzte er auf und schnippte mit dem Finger. Mitten auf der Treppe erschien
Kitty, schmächtig wie sie war und mit einem Handtuch bekleidet, sah sie zerbrechlich und
bemitleidenswert aus. Ihr Meister war schon drauf und dran, den Gedanken an eine kurze und
schmerzlose Beseitigung seiner unerwünschten Besucherin zu verwerfen, aber er wusste, dass
sich ihm keine andere Möglichkeit bot, außerdem war die Kraft der Elfenmagie nicht zu
verachten oder gar unterschätzen. Also gab er letztendlich doch seinen Befehl: „Kitty, ich
möchte, dass du meine Besucherin nach draußen begleitest. Ich habe leider keine Zeit mehr,
mich weiter mit ihr zu befassen.“ Mit einem Kacken verschwand die Hauselfe und tauchte im
nächsten Moment an Tamaras Ellenbogen auf. Diese starrte Gilderoy wutentbrannt an: „Sie
schmeißen mich einfach raus und damit ist die Sache erledigt, ja?! Na, dann will ich mal
sehen, was Ihre Diener so draufhaben.“ Sie kramte ihren Zauberstab aus der Tasche ihres
Kleides und sagte zu Kitty: „Bring mich nicht dazu, dir wehzutun, am besten gehst du in die
Küche und beschäftigst dich dort. Dein Meister kann mich sicherlich persönlich
verabschieden...“ Ihre Augen zuckten kurz in Gilderoys Richtung, der dabei war, sich die
Treppe hochzuschleichen. Nervös blickte die kleine Elfe zwischen den beiden Menschen hin
und her, zwischen Pflicht und Angst. Bei diesem eingeschüchterten Wesen hatte es einfach
keinen Zweck, auf die Ausführung des Befehls zu warten, er würde es einfach selbst in die
Hand nehmen. „Kitty, geh!“ Überrascht schauten ihn sowohl die Hauselfe als auch Tamara
an. Knack. Wenn sie nur jede Aufgabe so schnell erledigen würde... „Was soll das werden?“,
fragte die Hexe an der untersten Treppenstufe. „Kommen Sie hoch, ich will Ihnen etwas
zeigen.“ Mit einer auffordernden Geste drehte er sich um und verschwand im ersten Stock.
Nach kurzem Zögern folgte sie ihm mit vorsichtigen Schritten. Am Ende des Flures stand
eine Tür offen, auf die die schlanke Frau zuging. Kaum hatte sie den Raum betreten, drehte
sich der Schlüssel im Schloss herum. „Soll das ein Katz-Maus-Spielchen werden?“, fragte sie
skeptisch und scheinbar unbeeindruckt. „Wenn es so wäre, wer würde dann die Katze sein?“
„So viel Scharfsinn hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut“, sagte Tamara und fuhr spielerisch
mit zu Krallen gebogenen Fingern über das Kirschholz einer Kommode. „Schauen Sie sich
um.“ Die Hexe war verwundert darüber, wie scharf sie beobachtet wurde und leistete dem
Befehl – oder war es eine Bitte? – Folge. Von überall lächelte und zwinkerte ihr Gilderoy
Lockhart zu: Porträts, Autogrammkarten, Buchdeckel, sogar Stiftehalter und Kalender wurden
von dem blonden, breit grinsenden Schönling dominiert. „Sehen Sie, was das alles für mich
bedeutet? Ich war ein Niemand, talentlos, zumindest hat keiner etwas derartiges in mir
gesehen, und heute bewundern mich Tausende von Hexen und Zauberern.“ „Ja, und ihr Ziel
ist es, eine eigene Haarpflegelinie herauszubringen“, meinte sie angeekelt. „Für eine Karriere
wie diese muss man Opfer darbringen.“ „Aber Sie tragen nicht die Last, die die Folgen mit
sich bringen! Sie binden andere Menschen in etwas ein, womit diese nichts zu tun haben
wollen! Das ist nicht selbstlos, sondern arrogant!“ „Wagen Sie es ja nicht, mich zu
beleidigen!“, sagte er mit plötzlich eiskalter Stimme. Erschrocken stellte sie fest, dass die
Lockharts an Wänden, Büchern und überall überhaupt nicht mehr freundlich lächelten.
Trotzdem setzte sie sich zur Wehr: „Sicher war es nicht Ihr Ziel, Familien zu zerstören, aber
hätten Sie nicht mal einen Moment ihr Gehirn einschalten können?!“ „Wie Sie wollen“,
zischte er und zog seinen Zauberstab, als wäre der ein Schwert. „Ich habe mich die ganze Zeit
beherrschen können, aber Sie lassen mir ja keine andere Wahl. Möchten Sie noch einen
letzten Wunsch loswerden? Und denken Sie nicht, mit der Mitleidsmasche könnten Sie noch
etwas erreichen!“ Die großen Augen voller Tränen wandte Tamara den Kopf ab und flüsterte
ein „Nein, das...“, wurde aber schon während dieser Worte von dem grellen Lichtstrahl
erfasst.
Mit Müh und Not hatte Gilderoy es geschafft die ohnmächtige Armenierin unbemerkt außer
Haus zu schaffen, anschließend war er mit ihr in die Eingangshalle des St. Mungo Hospitals
appariert. Die für die Nachtschicht zuständige Hexe war überrascht durch die leere Halle auf
ihn zugeeilt und hatte ihn natürlich sofort erkannt. Seine Stimmung besserte sich merklich,
nachdem sie seine Geschichte über den verwirrten Fan in der abendlichen Kühle auf seiner
Treppe wortlos geschluckt hatte. Er begleitete sie noch bis zur Tür der Station für
Fluchschäden im vierten Stock, wo Tamara vorerst untergebracht werden sollte, bis man
herausfand, was ihr fehlte (bei diesen Worten hatte sich beinahe sein schlechtes Gewissen
gemeldet). Leise verabschiedete er sich von der Heilerin und stieg noch einen Stock höher. Er
hatte sich vorgenommen, noch in Ruhe eine Tasse Kaffee zu trinken und dann nach Hause
zurückzukehren, obwohl der Anblick des Krankenhauses seltsame Emotionen in ihm weckte.
Das Getränk aus dem von der Muggeltechnik inspirierten Automat schmeckte nach
Spülwasser, was bei Gilderoy keine Metapher war, sondern auf eigener Erfahrung beruhte.
Nie würde er den Tag vergessen, an dem er sich im Hogwartsexpress die kleine graubraune
Bohne in den Mund geworfen hatte. Einige Minuten schwelgte er unbeschwert in
Erinnerungen, dann bemerkte er den Blick des Spiegels an der Wand links von ihm. „Feine
Locken, mein Herr. Benutzen Sie eines dieser Mittelchen, damit sie halten?“ Sich mit einem
Spiegel zu unterhalten, war ihm zu dumm, also trank er den letzten Schluck aus – er hatte
schon wieder den Geschmack vergessen – schüttelte sich und schlich die Treppe hinunter, um
ja nicht die Porträts zu wecken.

Wie immer würde ich mich über Kommis freuen.


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Susanne Gaschke, Die Zeit