Xperts Press - Dezember 2006
High Noon – Wessen Stunde hat geschlagen?
von Bluemary-Ann
Eine Begnadigung und zwei Todesfälle mehr als geplant.
Das sind die neuesten Informationen, die Joanne K. Rowling ihren Fans über das Ende der Harry-Potter-Saga gegeben hat. Eine spannende Information, die reichlich Anlass zu Spekulationen über Band Sieben bietet. Fans jeden Alters, die Medien und sogar ein britischer Literaturwissenschaftler zerbrechen sich die Köpfe darüber, was im letzten Harry-Potter-Band passieren könnte. Sicher ist dabei nur eins: Bislang hat Rowling ihre Todesdrohungen immer wahr gemacht und damit die Fans geschockt.
Während anfangs noch debattiert wurde, ob es in Kinderbüchern tatsächlich Morde geben könnte, sind diese Stimmen inzwischen mehr und mehr verstummt, denn mittlerweile dürfte klar sein: Harry Potter ist längst keine Geschichte für kleine Kinder mehr. Die Stimmung der Geschichte ist nach dem "Feuerkelch" gekippt und hat sich von Harrys zwar spannenden, aber immer gut endenden Abenteuern zu einem Kampf gegen das absolut Böse entwickelt. So gab es seit dem "Feuerkelch" plötzlich in jedem Band mehrere Morde und man erhält den Eindruck, die Geschichte würde gemeinsam mit Harry erwachsen werden.
Damit reduzieren sich die Fragen um Rowlings neueste Infos von dem "Ob" der Todesfälle auf das "Wer" und das "Wie". Und dabei muss berücksichtigt werden: Rowling sagte nicht, dass im siebten Band insgesamt nur zwei Charaktere sterben werden, sondern dass sie zwei sterben lassen wird, die ursprünglich überleben sollten. Somit wissen wir nur, dass es mindestens zwei, vermutlich aber mehrere Tote geben wird.
Und was bei Sirius Tod in Band Fünf schon in greifbare Nähe rückte, ist spätestens seit Dumbledores Tod klar: Rowling hat keine Probleme damit, auch Hauptcharaktere, die die Lieblingscharaktere vieler Fans sind, sterben zu lassen. Dies unterscheidet sie von vielen anderen Autoren, die (gerade im Fantasy-Bereich) ein Happy End nach dem anderen schreiben. Dadurch wird für Band Sieben grundsätzlich alles möglich.
Allerdings muss man neben der Information über die Zahl der Toten auch Joanne K. Rowlings Stil und ihre Anforderungen an ihre Geschichte im Auge behalten, um schlüssige (wenn auch vielleicht nicht wahre) Vorhersagen zu treffen.
Was wir bisher wissen, ist, dass Rowling sehr viel Wert darauf legt, alle Handlungsstränge wieder zusammenlaufen zu lassen und selbst kleine Details wieder aufzugreifen. Dies deutet darauf hin, dass sie – ebenso wie die Fans – an einem logischen und fertigen Ende, an dem alle Fragen beantwortet werden, interessiert ist. Dazu gehört es auch, die Prophezeiung nicht ins Leere laufen zu lassen. Somit wird es wohl im letzten Band zum finalen Aufeinandertreffen von Harry und Voldemort kommen und ebenso wahrscheinlich wird der Eine den Anderen besiegen. Für Rowling dürfte dies jedoch bereits seit Jahren fest stehen. Dass sie erst kürzlich entschied zwei zusätzliche Personen sterben zu lassen, muss also bedeuten, dass weder Harry noch Voldemort - sollte einer von ihnen oder beide im siebten Harry-Potter-Buch den Tod finden - unter diesen zwei "neuen" Todesfällen sind.
Die Frage ist, wer sonst sterben könnte, um dem Buch ein logisches Ende zu geben.
Ein totaler Erfolg der dunklen Seite und somit ein Triumph Voldemorts ist eher unwahrscheinlich. Rowling hat zwar oft genug bewiesen, dass sie (oder zumindest die Geschichte) nicht unbedingt Wert auf "politische Korrektheit" legt, aber ein Sieg des Bösen wäre eine zu wirklichkeitsfremde und unbefriedigende Lösung für ein mit solcher Mühe aufgebautes Finale.
Sollte Harry jedoch über Voldemort siegen, so gibt es in meinen Augen zwei Möglichkeiten, wer weitere Tote sein könnten:
Die erste Möglichkeit ist, dass es Personen aus Harrys oder Voldemorts Umfeld, z.B. Snape, Ron, Hermine, Hagrid oder Ginny werden. Gegen Snape spricht jedoch, dass dies den Sieg von Harry zu groß machen würde. Dies wäre ein typisches Happy End, das aus den schon genannten Gründen nicht zu der bisherigen Geschichte passen würde. Viel eher denke ich, dass Snape der Charakter ist, den sie "begnadigt" hat. Denn nach Dumbledores (oder Rowlings) Moral ist ein lebenslanger Aufenthalt in Askaban ja sowieso schlimmer als der Tod und somit ein verdientes Ende für Snape.
Damit ist es wahrscheinlicher, dass neben Voldemort auch Harrys Seite Opfer bringen muss und Freunde von ihm sterben. Besonders nahe liegt hier die Vermutung, dass es Ron, Hermine oder Ginny sein werden, denn niemand anders weiß von Harrys Plänen.
Die zweite Möglichkeit ist, dass Voldemort UND Harry, sowie zwei weitere Personen, vielleicht Snape und Ginny sterben werden, was in meinen Augen die wahrscheinlichste Konstellation ist. Hinter dieser Theorie stecken folgende Überlegungen:
Harry ist lange nicht so mächtig wie Voldemort. Immer wieder hat er bewiesen, dass er zwar mit viel Mut, einer Portion Glück und großen Beschützern durch die schwierigsten Situationen gekommen ist, aber auch dass er in einem richtigen Duell – sei es mit Voldemort oder mit Snape – kaum bestehen kann. Die einzige Macht, die er hat und die der Dunkle Lord nicht kennt, ist die Liebe. Daran hat auch Dumbledore in den Gesprächen mit Harry keinen Zweifel gelassen. So besteht die einzige Möglichkeit Voldemort zu besiegen darin, diese Macht einzusetzen. Aus der Vorgeschichte wissen wir, dass Voldemort schon einmal die Macht der Liebe unterschätzt hat und dadurch gescheitert ist, nämlich als Lily Potter sich für ihren Sohn geopfert hat und dadurch der Fluch auf Voldemort zurückgeprallt ist. Damals hat ihn dieser Fehler nicht das Leben gekostet, da er seine Horcruxe hatte. Diesmal jedoch weiß Harry, dass er Voldemort erst gegenübertreten kann, wenn er die Horcruxe zerstört hat. Und er weiß, dass es letztlich die Liebe sein wird, die ihm helfen kann, Voldemort zu besiegen.
Damit liegt es für mich nahe, dass Harry diese Waffe nutzt und sich selbst opfert, um Ron, Hermine oder Ginny (oder auch alle drei) zu beschützen. So würde er Voldemort eine Falle stellen und den gleichen Schutz für seine Freunde erschaffen, wie seine Mutter ihn für ihn erschaffen hat. Sollte Voldemort daraufhin versuchen, einen der drei zu töten, so würde der Fluch erneut auf ihn zurückfallen und ohne die Horcruxe seinen Tod bedeuten. Und selbst, wenn Voldemort, der ja sicher kein Dummkopf ist, diese Parallele zum Opfer von Lily Potter erkennen und als Gefahr registrieren würde, wäre er dadurch in einer Zwickmühle, denn er könnte Ron, Hermine und Ginny nichts anhaben, während diese in der Lage wären, ihn zu töten.
Die Problematik an dieser Theorie ist, dass es fraglich ist, ob Harry tatsächlich einen solchen Schutz für seine Freunde schaffen könnte, denn schließlich hat Voldemort seine Wiederkehr mit Harrys Blut bewerkstelligt. Dies hat den Schutz von Lily Potter aufgehoben und könnte dazu führen, dass Harrys Opfer nicht zu einem solchen Schutz vor Voldemort führen würde.
Damit könnte es jedoch nahe liegen, dass sich einer von Harrys Freunden – vielleicht Ginny – vor ihn stellt und sich für ihn opfert, womit er wiederum geschützt wäre.
Eine solche Wendung würde sowohl der Moralvorstellung von Rowling als auch ihrer bisherigen – stets überraschenden - Erzählweise sicherlich entsprechen und die Geschichte zu einem runden und schlüssigen Ende führen.
Doch wie auch immer die Geschichte enden wird, eines ist sicher: Rowling hat es bisher – trotz oder gerade wegen Todesfällen in den letzten Büchern - immer geschafft, Handlungsstränge zu einem zufrieden stellenden Ende zu führen und damit alle zu begeistern. Dies wird ihr dank ihres großen Einfallsreichtums sicherlich auch mit dem letzten Band gelingen.
Und Harry Potter wäre nicht Harry Potter, wenn es nicht irgendwo noch eine große Überraschung geben würde.