Die Hexenwoche - September 2004
Harry Potter und seine Gefährten
von Ulrike Pammer
Das Thema Freundschaft ist eines der Hauptmotive in den Harry-Potter-Büchern und das, obwohl Jo dieses Thema in ihren Büchern nicht besonders hervorhebt. Die Freundschaft von Harry, Ron und Hermine wird selten hinterfragt, sie ist eine Tatsache über die nicht viele Worte verloren werden. Ron und Hermine stellen sich nicht die Frage, ob sie Harry bei einem seiner gefährlichen Abenteuer helfen sollen oder nicht, sie tun es einfach. Und dass ist auch einer der Gründe warum ich Harry Potter so liebe: Wegen der bedingungslosen Freundschaft des Trios.
Diese bedingungslose Freundschaft bedeutet allerdings nicht, dass sich Harry, Ron und Hermine nicht auch mal streiten. In Band 4 kommt es zum Streit zwischen Harry und Ron. Dieser Streit belastet Harry sehr. Er versteht nicht, warum Ron ihn bezüglich der Auslosung des Hogwarts-Champions für das Trimagische Turnier, nicht glaubt:
"Ron zog die Vorhänge seines Himmelbetts zu, und Harry stand an der Tür und starrte auf den dunkelroten Stoff, der nun einen der wenigen Menschen verbarg, von denen er überzeugt gewesen war, dass sie ihm glauben würden." (Fk, S. 300)
Die Tatsache, dass Harry keine Familie hat, macht seine Freunde noch wichtiger für ihn. Ron und Hermine haben ihre Familien als Rückhalt, Harry aber nicht. Diesen Rückhalt geben Harry seine Freunde.
Ich habe schon einmal geschrieben, dass eine der Botschaften der Bücher ist, dass auch Freunde wie eine Familie sein können. Da Harry keine "echte" Familie hat sind seine Freunde zu seiner neuen Familie geworden. Für mich verhalten sich Ron und Harry eher wie Brüder als wie Freunde, auch wenn sie nicht verwandt sind. Es wird in den Büchern oft erwähnt, dass sich Ron und Harry auch ohne Worte verstehen. Deswegen war Harry im Fk auch so enttäuscht, als Ron ihm nicht geglaubt hat.
Bemerkenswert ist auch, dass Harry Ron sofort seine Eifersucht im Fk verzeiht:
"Ist schon gut", sagte er, bevor Ron ein Wort herausbrachte. "Vergiss es"
"Nein", sagte Ron ,"ich hätte nicht-"
"Vergiss es", sagte Harry. (Fk, S. 376)
Für Harry ist nur wichtig, dass Ron wieder mit ihm spricht und wieder auf seiner Seite steht. Alles andere ist ihm egal. Das ist auch ein wichtiger Aspekt einer wahren Freundschaft: Verzeihen können. Natürlich gibt es aber auch Dinge, die man nicht Verzeihen kann, wie z.B. Peter Pettigrews Verrat an den Potters.
Wird Ron Harry verraten?
Es gibt einige Fans, die glauben, dass sich das das Trio einmal endgültig zerstreiten wird. So habe ich beispielsweise schon oft Theorien gelesen, in denen vorhergesagt wird, dass Ron Harry verraten wird, wie damals Peter Pettigrew James Potter verriet, d.h. dass Ron auf die Seite Voldemorts wechseln wird. Ich persönlich kann mit dieser Theorie nichts anfangen. Meine Gründe dafür sind folgende:
- Ich halte nichts von den Versuchen anhand von James Vergangenheit Harrys Zukunft vorauszusagen, da man ja unter anderem in Band 5 eindeutig gesehen hat, dass Harry nicht sein Vater ist - egal wie ähnlich er ihm äußerlich auch sein mag.
- Das Verhältnis von James Potter zu Peter Pettigrew ein ganz anderes als das von Harry zu Ron. Im dritten Band sagt Sirius zu Peter:
"Lieber sterben als deine Freunde zu verraten, wie wir es auch für dich getan hätten."
Deswegen war ich auch ein wenig verwundert, als ich das Kapitel "Snapes schlimmste Erinnerung" in Band 5 las. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich nämlich davon ausgegangen, dass die Freundschaft zwischen James, Lupin, Sirius und Peter genauso gut war wie die Freundschaft zwischen Harry, Ron und Hermine. Wenn man sich allerdings ansieht, wie Sirius und James in diesem Kapitel mit Peter umgehen, erkennt man, dass es nicht so ist.
"Wie kann man nur so doof sein Wurmschwanz […]" (OdP, S. 756)
Wir wissen nicht viel über die Freundschaft Sirius-Peter-Remus-James. In Band 3 erfuhren wir nur, dass die vier Rumtreiber die besten Freunde waren, und sogar füreinander gestorben wären. Aber in Band 5 wird die Freundschaft der vier ganz anders dargestellt: James und Sirius waren nicht gerade sehr freundlich zu Peter. Das soll keine Entschuldigung sein für das, was Peter getan hat, allerdings deutet in dem Kapitel "Snapes schlimmste Erinnerung" einiges darauf hin, dass das Verhältnis von James zu Peter nicht ganz so gut war, wie es in Band 3 dargestellt wurde. In der letzten Hexenwoche schrieb ich, dass man James nicht nach dem beurteilen sollte, was wir in Band 5 über ihn erfahren haben. Das gilt natürlich auch für die Freundschaft zwischen James zu Peter. Es könnte gut sein, dass wir James nur an einen schlechten Tag gesehen haben und dass er normalerweise Peter ganz anders behandelt hat. Trotzdem sollte man sich überlegen, ob man Ron mit Peter vergleicht, denn Harry hätte Ron nie so behandelt, wie James Peter an jenem Tag behandelt hat. - Mein drittes Argument ist meiner Meinung nach auch dass wichtigste Argument, dass gegen den Verrat von Ron an Harry spricht: Er weiß, was Voldemort den Menschen antun kann. Wir wissen nicht, ob Peter Familienangehörige durch Voldemort verloren hat, allerdings halte ich das für relativ unwahrscheinlich, da er sich sonst kaum Voldemort angeschlossen hätte. Ron hingegen weiß, was Voldemort den Zauberern angetan hat. Jo sagte auf ihrer Homepage, dass die Prewetts nahe Verwandte von Molly waren. Die Prewetts wurden laut Mad-Eye Moody im ersten Krieg gegen Voldemort getötet. (OdP, S. 208). Warum sollte Ron, der in einer Zauberfamilie aufgewachsen ist und genau weiß, zu was Voldemort im Stande ist, auf die dunkle Seite wechseln? Außerdem sollte man nicht vergessen, dass Ron in Gryffindor ist. Das war Peter zwar auch, allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass Peters ganze Familie in Gryffindor war und dass sich der Sprechende Hut bei ihm auch so schnell wie bei Ron entschieden hat. Was noch gegen einen Verrat von Ron an Harry spricht ist, dass Jo immer wieder sagt wie wichtig Freundschaft und Loyalität für sie sind. Warum sollte dann Ron einen Verrat begehen? Dass würde ja der Loyalität und Freundschaft widersprechen, an die Jo so fest glaubt. Peter hat zwar auch einen Verrat begannen, allerdings ist er keine so wichtige Figur wie Ron, außerdem hat er nicht die Vorbildfunktion, die Ron in gewisser Weise für den Leser hat.
Wird eine mögliche Liebesbeziehung von Ron und Hermine die Freundschaft des Trios belasten?
Dass ich glaube, dass Ron Harry nie verraten würde, heißt aber nicht, dass ich glaube, dass sich das Trio in Zukunft nicht streiten wird. Allerdings bin ich der Meinung, dass Ron und Hermine sich nicht mehr ernsthaft wegen Kleinigkeiten mit Harry streiten werden. (So wie Ron es im Fk getan hat.) Es könnte aber durchaus sein, dass es zu einem großen Streit zwischen den Dreien kommen könnte. Für mich stellt die größte Gefahr für das Trio eine mögliche Beziehung zwischen Ron und Hermine dar. Besonders schlimm wäre es für die Freundschaft des Trios, wenn Ron und Hermine ihre Beziehung vor Harry geheim halten würden. Denn das wäre ein Vertrauensbruch, den Harry sicher nicht so einfach verkraften könnte. Einige Fans haben ja schon vermutet, dass Hermine und Ron in Band 5 heimlich zusammen sind. Ich glaube nicht an diese Theorie, weil ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, warum sie ihre Beziehung geheim halten sollten. Außerdem verhalten sich Ron und Hermine nicht so, als ob sie zusammen wären. Nur weil ich sage, dass eine Beziehung zwischen Ron und Hermine die Freundschaft des Trios gefährden könnte, heißt dass nicht, dass ich glaube, dass Harry in Hermine verliebt ist. Harry war zwar schon in Band 5 eifersüchtig auf die beiden, weil sie Vertrauensschüler wurden und weil sie den Sommer gemeinsam ohne ihn verbracht haben. Harry hat Angst davor, von Ron und Hermine ausgeschlossen zu werden und nicht mehr zu ihnen zu gehören.
Da Harrys Freunde gleichzeitig seine Familie sind, ist diese Angst bei Harry sicher größer als sie beispielsweise bei Ron. Harry würde sich sicher freuen, wenn Ron und Hermine zusammenkommen würden, allerdings könnte er sich auch sehr bald ausgeschlossen fühlen. Trotzdem glaube ich nicht, dass die Chance, dass eine Beziehung zwischen Ron und Hermine die Freundschaft des Trios zerstören wird, sehr groß ist. Erstens sieht es für mich nicht so aus, als ob Ron und Hermine vor dem Ende von Band 7 zusammenkommen würden. Und nach der Schule werden Ron, Hermine und Harry sowieso nicht mehr so viel Zeit miteinander verbringen können, wie sie es jetzt tun, weil jeder seinen eigenen Beruf nachgehen wird. Wenn jeder sein eigenes Leben hat, wird Harry auch nicht eifersüchtig darauf regieren, wenn Ron und Hermine Zeit allein verbringen wollen. Außerdem wird Harry nach Band 7 hoffentlich ein wenig vernünftiger sein, als er es im OdP war und sicher mehr Verständnis für Ron und Hermine aufbringen können, als er es jetzt könnte. Zweitens wäre Hermine sicher sensibel genug um zu merken, wenn sich Harry ausgeschlossen fühlt, und sie würde eine Lösung finden, damit sich Harry nicht mehr ausgeschlossen fühlen muss.
Neue Freundschaften...
In Band 5 helfen erstmals nicht nur Ron und Hermine Harry bei seinen Abenteuer am Schluss des Buches sondern auch Neville, Luna und Ginny. Ich bin mir sicher, dass die Freundschaft zwischen den Dreien und Harry noch intensiver wird. Denn es ist so wie es Jo schon in Band 1 schrieb:
"Es gibt Dinge, die man nicht gemeinsam erleben kann, ohne dass man Freundschaft schließt […]" (SdW, S. 197)
Zu diesen Dingen zählt sicherlich auch das Bekämpfen von Todessern. Man sollte nicht vergessen, dass Luna, Ginny und Neville Harry am Ende von Band 5 begleitet haben, obwohl sie es nicht hätten müssen und obwohl Harry dagegen war. Jo hat immer wieder angedeutet, dass noch ziemlich viel auf Harry zukommen wird. Deswegen sollte er auch so viele Freunde wie möglich haben. Aber obwohl Harry in Luna, Ginny, Neville und anderen DA-Mitglieder neue Freunde gefunden hat bin ich mir sicher, dass er wenn es hart auf hart kommt immer seine besten Freunde um Hilfe und Rat bitten wird. Und ich bin mir sicher, dass Ron und Hermine, egal was kommt, zu Harry halten werden. Denn meiner Meinung nach kann man die Freundschaft, die zwischen Harry-Ron-Hermine besteht am besten mit einen Zitat von Alexandre Dumas beschrieben: "Einer für alle, alle für einen!"