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Die Hexenwoche - Mai 2004

Snape und die ewige Frage: gut oder böse?

von Ulrike Pammer

Diesen Monat wird es in der Hexenwoche um einen der gleichzeitig meist verachteten und meist verehrten Charaktere im Harry-Potter-Universum gehen : Severus Snape. Kaum ein anderer Charakter wird von so vielen Fans verehrt und gleichzeitig von so viele Leuten gehasst. Viele stellen sich die Fragen: Auf welcher Seite steht Snape eigentlich? Arbeitet er für den Orden des Phönix oder ist er in Wirklichkeit ein Spion für Voldemort? Und warum vertraut Dumbledore ihm?


Um diese Fragen besser beantworten zu können, sollte man sich zuerst einmal überlegen:

Was wissen wir eigentlich über Snape?

Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: Nur sehr sehr wenig. Wir wissen, dass er um die 35 oder 36 Jahre alt ist, und dass er gemeinsam mit James, Lupin, Sirius und Peter Pettigrew auf der Schule war. Snape arbeitet in Hogwarts seit 14 Jahren, und hat sich seitdem regelmäßig, für die Stelle als Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste, beworben (OdP, S. 427). Allerdings hat es Dumbledore bis jetzt immer abgelehnt, Snape diese Stelle zu geben. Von Sirius wissen wir, dass Snape schon in der Schulzeit "bis über beide Ohren in den dunklen Künsten steckte" und dass sich James und Snape gehasst haben "seit sie sich zum ersten Mal gesehen hatten." (OdP, S. 787). Wir wissen auch, dass Snape keine sehr schöne Kindheit hatte (OdP, S. 695). Snape war in seiner Schulzeit in Slytherin, und ist auch jetzt noch Hauslehrer von Slytherin. James hat Snapes Leben gerettet, als sie noch in der Schule waren, und Snape konnte es nicht ertragen, in der Schuld von Harrys Vater zu stehen. Laut Dumbledore war das auch der Grund, warum Snape Harry in seinem ersten Schuljahr so beschützt hat, damit er endlich wieder an Harrys Vater denken, und ihn in Ruhe hassen konnte (SdW, S. 325). Im OdP erfahren wir auch, dass Snape laut Dumbledore Harrys Vater nie verzeihen konnte, dass dieser ihn während seiner Schulzeit gequält hat. Snape war ein Todesser, hat sich aber schon vor Lord Voldemorts Sturz wieder der Seite von Voldemorts Gegnern angeschlossen und als Spion für sie gearbeitet (Fk, S. 618). Am Ende des Feuerkelchs erhält Snape einen Auftrag von Dumbledore. Weder im Fk noch im OdP haben wir erfahren, was dieser Auftrag ist, aber wir wissen, dass es sich wahrscheinlich um etwas sehr gefährliches handelt.


Ich möchte mit folgender Frage beginnen:

Warum vertraut Dumbledore Snape und was war der mögliche Grund dafür, dass Snape die Seiten gewechselt hat?

Im "World Book Day"-Chat am 4. März 2004 sagte Jo folgendes:

Frage eines Fans: Warum genau vertraut Dumbledore Snape?
JKRs Antwort: Eine andere exzellente Frage, die ich nicht beantworten kann. Ich werde lediglich sagen, dass Snape Dumbledore seine Geschichte erzählt hat und Dumbledore sie glaubt.

Und dann möchte ich euch an etwas erinnern, dass Phineas Nigellus über die Slytherins in Band 5 sagte: "Wir Slytherins sind mutig, ja ,aber nicht auf den Kopf gefallen. Wenn wir zum Beispiel die Wahl haben, werden wir uns immer dafür entscheiden, unseren eigenen Hals zu retten." (OdP, S. 581)

Aus diesem Zitat geht hervor, dass Snape, falls er sich wirklich von Voldemort abgewandt hat, dies sicherlich nicht nur aus moralischen Gründen getan hat. Für mich steht eines einhundertprozentig fest: Wenn Snape nicht davon ausgegangen wäre, dass die Möglichkeit besteht, dass Voldemort irgendwann besiegt werden würde, dann hätte er nie die Seiten gewechselt. Denn man kann Snape vieles vorwerfen: Dass er gemein zu Harry ist, obwohl ihm dieser gar nichts getan hat, dass sein größtes Hobby anscheinend das Quälen von Schülern ist. Aber ich würde ihm nie vorwerfen, dass er dumm ist. Als Snape die Seiten gewechselt hat, wovon ich jetzt mal ausgehe (näheres dazu weiter unten), wusste er, was das für ihn und seine Zukunft bedeutet.
Er wusste, dass ein Todesser zu sein, ein Leben lang zu dienen oder den Tod bedeutet (OdP, S.137). Was man auch nicht vergessen sollte, ist, dass Snape Voldemort nicht einfach den Rücken zugewandt hat, und dann auf der Seite des Ordens war. Im Feuerkelch (Fk, S. 618) sagt Dumbledore, dass Snape Voldemort und die Todesser für den Orden ausspioniert hat. Snape hätte dieses Risiko nicht auf sich genommen, wenn er nicht gewusst hätte, dass die Möglichkeit besteht, dass Voldemort bald nicht mehr am Leben ist. Denn Snape wusste, dass Voldemort ihn töten würde, wenn er herausfinden würde, dass er ein Spion von Dumbledore ist, und bei Voldemorts Fähigkeiten, war das nur eine Frage der Zeit. Ich kann daraus nur einen Schluss ziehen: Snape wusste von der Prophezeiung und somit auch, dass es die Möglichkeit gab, dass Voldemort besiegt werden würde.

Zu dieser Theorie habe ich auch zwei interessante Zitate gefunden:

1) "Nur wenig kennen die Tatsache, dass die Potters wussten, dass Du-weißt-schon-wer hinter ihnen her war. Dumbledore, der natürlich unermüdlich gegen Du-weißt-schon-wen arbeitete, hatte eine Reihe nützlicher Spione. EINER von ihnen hat ihm den Tipp gegeben und er hat sofort James und Lily gewarnt." (Fudge, GvA, S. 213)

2) "Er [Voldemort] wusste, dass diese Prophezeiung existierte, auch wenn er nicht ihren gesamten Inhalt kannte." (Dumbledore, OdP, S. 985)

Wir wissen also, dass beide Seiten von der Prophezeiung wussten. Das ist ja auch ganz einfach zu erklären: Dumbledore war dabei, als sie gemacht wurde und im Eberkopf verkehren genug seltsame Leute, so dass irgendjemand davon Voldemort von der Prophezeiung erzählt haben muss. Die Frage, die sich für mich nun stellt, ist folgende: Wer war der Spion, der Dumbledore gesagt hat, dass Voldemort die Prophezeiung kennt? Meiner Meinung war es Snape. Ich glaube zwar nicht, dass er der jenige war, der die Prophezeiung im Eberkopf gehört hat und dann Voldemort davon erzählt hat, denn das wäre ja total schwachsinnig von ihm gewesen. Den er wollte ja, dass Voldemort stirbt, also wozu ihn warnen? Allerdings vermute ich, dass er sich - nachdem ihm Voldemort oder irgendein Todesser von der Prophezeiung erzählt - gedacht hat: "Das ist meine Chance!" und zu Dumbledore gegangen ist und diesem gesagt hat, dass Voldemort die Prophezeiung kennt und dass er, Snape, gern als Spion für den Orden arbeiten würde. Natürlich kann es auch sein, dass etwas anderes den Ausschlag für seinen Verrat an Voldemort gegeben hat. So könnte es zum Beispiel sein, dass Voldemort oder ein Todesser jemanden getötet hat, der Snape sehr Nahe stand, oder Snape hat einfach erkannt, dass Voldemorts Ideen falsch sind. Aber all das läuft auf das gleiche hinaus: Snape hätte trotzdem nicht die Seite gewechselt, wenn er nicht gewusst hätte, dass es die Chance gibt, dass er das überlebt. Und er wusste, dass diese Chance nur gegeben ist, wenn Voldemort vernichtet wird.

Die Antwort auf die Frage "Was ist Snapes Auftrag?" ist für mich übrigens recht offensichtlich. Er spioniert die Todesser und Voldemort aus. Ich frage mich aber, wie er das macht. Zu den wirklichen Todessern wird er wohl kaum noch zählen, da Voldemort ihn sonst sicher schon längst getötet hätte. Ich vermute, dass er seine Beziehungen zu den Todessern, die nicht allzu treu zu Voldemort gestanden sind, d.h. nicht für ihn nach Askaban gegangen sind, benutzt, um etwas über die Pläne von Voldemort herauszufinden. So sagt beispielsweise Umbridge zu Snape "Ich hätte mehr von ihnen erwartet, Lucius Malfoy spricht immer in den höchsten Tönen von Ihnen!" (OdP, S. 875). Daraus kann man schließen, dass sich Snape und Malfoy noch immer gut verstehen. Recht viel mehr kann ich zu dieser Frage nicht sagen, da wir einfach zu wenig darüber wissen, was Snapes Auftrag ist, und wie er ihn ausführt.


So, nun aber zur zentralen Frage:

Auf welcher Seite steht Snape überhaupt? Ist er gut oder böse?

Wie ich oben schon geschrieben habe, glaube ich, dass Snape auf der Seite des Orden steht – also auf der „guten“ Seite. Allerdings glaube ich auch, dass er nicht für den Orden und den Kampf gegen Voldemort sterben würde, wie Sirius es getan hat. Ich glaube, dass der Orden nicht auf Snape zählen wird können, wenn es mal richtig eng wird. (Und vertraut mir: Richtig eng werden wird es in Band 6 und Band 7 sicherlich). Ich bin fest davon überzeugt, dass Snape sich lieber aus dem Staub machen würde, und seine eigene Haut retten würde, als für den Orden zu sterben. Vergesst nicht, dass er Hauslehrer von Slytherin ist, und das Jo das Häusersystem von Hogwarts sicher nicht ohne Grund in die Bücher eingebaut hat. Der Sprechende Hut beschreibt die Slytherins als listig (OdP, S. 242). Das Haussymbol der Slytherins ist sicher nicht umsonst eine Schlange. Snape ist intelligent genug, um sich aus jeder noch zu kniffeligen Situation herauszuschlängeln zu können.

Dass Snape noch immer auf Voldemorts Seite steht, macht für mich überhaupt keinen Sinn. Denn warum sollte er dann zum Beispiel Dumbledore erzählen, dass das dunkle Mal auf seinem Arm stärker wird, und somit Dumbledore davor warnen, dass Voldemort stärker wird. Ausgerechnet Dumbledore, dem einzigen Menschen, vor dem sich Voldemort jemals gefürchtet hat? Warum hat er Harry nicht einfach bei den zahllosen Gelegenheit, an denen die beiden alleine waren, vergiftet oder getötet und ist dann zu Voldemort zurückgekehrt? Ich bin nicht gerade der größte Snape-Fan auf Erden, aber dass er auf Voldemorts Seite steht, ist für mich ausgeschlossen. Auf die Frage: "Auf welcher Seite steht Snape wirklich?" würde ich also antworten: "Wenn es hart auf hart kommt, steht Snape nur auf seiner eigenen Seite."

Ich bin mir sicher, dass Snape in den nächsten beiden Büchern noch eine wichtige Rolle haben wird. Man darf gespannt sein, was Jo noch über ihn enthüllen wird. Denn eins ist sicher: Wir wissen noch längst nicht alles, was es über Severus Snape zu wissen gibt.


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Während der vier Stunden, die ich in dem verspäteten Zug verbrachte, sprudelten mir alle diese Ideen nur so im Kopf herum.
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