Zum Start des Videospiels zum sechsten Harry-Potter-Band "Harry Potter und der Halbblutprinz" wurde Matthias und Andreas (Seraph) von Harry Potter Xperts eine ganz besondere Ehre zuteil: Sie wurden vom Spielentwickler Electronic Arts nach Guildford, London, eingeladen, um dort die Studios, in denen das Videospiel entwickelt wurde, anzuschauen, einen Blick auf das neue Spiel zu werfen und mit den Produzenten zu sprechen.
Wird London im Allgemeinen mit den Attributen grau und verregnet beschrieben, zeigte sich die Metropole am 1. Juli 09 von ihrer schönsten Seite: Bei 30°C im Schatten bot sich von der Kuppel der St.-Paul's-Cathedral im Herzen der Stadt, deren über 500 Stufen im Rahmen einer weitreichenden Besichtigungstour als Rahmenprogramm bestiegen wurden, ein umwerfender Blick auf Westminster, Kensington und die Themse. Doch zwischen Buckingham Palace und Trafalgar Square im Sonnenuntergang wartete auch harte Arbeit.
Kelvin Tuite, Art Director, und Darren Potter, Producer, beide in sportlichen, kurzen Hosen, warten bereits auf uns, als wir das Bright Light Studio in Guildford betreten. Sie führen uns in einen Raum, der, von zwei romantischen Ritterrüstungen flankiert, vor allem von zwei Dingen beherrscht wird: einem Sofa und einem riesigen Fernseher. Während draußen vor der Tür Programmierer an unzähligen Tischen vor ebenso unzähligen Bildschirmen emsig schaffen, stellen wir schnell fest: Hier sind wir nicht irgendwo, hier sind wir im Herzen der Entwicklung eines Videospiels: Harry Potter und der Halbblutprinz.
Maßgebend für das neue Spiel ist vor allem eines: Was mit "Harry Potter und der Orden des Phönix" begonnen hat, soll nun noch mehr verbessert werden. Harrys Welt soll noch realistischer sein, die Steuerung noch innovativer, die Möglichkeiten noch verspielter. Der Rahmenplan ist jedoch klar: Die Videospiele sollen in erster Linie ermöglichen, den nahezu zeitgleich erscheinenden Film selbst zu durchleben und mit Harry auf die Suche nach den Geheimnissen um Lord Voldemorts Vergangenheit zu gehen. Dafür arbeiten die Entwickler eng mit Warner Brothers zusammen und bekommen so schon vorab Einblicke in das komplette Drehbuch des Films. Das wirkt sich dann beispielsweise so aus, dass in Gesprächen, die in den Videosequenzen im Spielverlauf vorkommen, die originalen Kameraperspektiven auf die Charaktere verwendet werden. Dadurch wirken diese auch wesentlich lebhafter auf den Spieler. Auch erhalten die Entwickler Stoffproben von der Kleidung oder den Teppichböden von den Filmproduzenten zugeschickt. Diese werden dann als Texturen in das Spiel eingearbeitet. Andererseits sehen sich die Entwickler aber auch mit der Tatsache konfrontiert, dass das Drehbuch zum Film nur etwa 90 Seiten hat, das Originalbuch aber über 600, und dort somit viele Einzelheiten fehlen. In mühevoller Detailarbeit wurde so, unter Zuhilfenahme sämtlicher Bücher und Filme, das gesamte Schloss Hogwarts mit allen Korridoren, Klassenzimmern und Höfen rekonstruiert. Nicht ohne Grund sind die Entwickler deshalb stolz darauf, dass sich jemand, der das Spiel einige Zeit lang gespielt hat, während des Filmschauens in Hogwarts perfekt zu Recht finden kann.
Das Gelände um Hogwarts wurde insgesamt auch erweitert: So wurde im Rawenclaw-Innenhof ein Baum virtuell gefällt, um dort Platz für den Astronomieturm zu schaffen, der im sechsten Band bekanntlich zu trauriger Berühmtheit gelangt. Auch das Quidditchstadion wurde hinzugefügt, denn Quidditch ist im sechsten Videospiel endlich wieder vorhanden und es stellt, neben Duellieren und Zaubertrankbrauen, eine der drei zusätzlich zum Spielgeschehen möglichen Beschäftigungen dar.
An diesen drei zusätzlichen Funktionen werden die Besonderheiten und Möglichkeiten der Konsolen der nächsten Generation erst recht deutlich. So wirkt die Grafik im Spiel nicht nur detailreicher und realistischer, auch die Steuerung ist, besonders bei der Wii, für die das Videospiel von Harry Potter 6 hauptsächlich entwickelt wurde, faszinierend: Die Wiimote, die Fernbedienung der Wii, wird zum Besen, auf dem man bei Höchstgeschwindigkeit eine Strecke abfliegen muss, und zum Alleskönner beim Zaubertrankbrauen, wo man nicht nur die einzelnen Zutaten gut geschüttelt in der richtigen Reihenfolge in den Kessel leeren muss, sondern zwischendrin auch mal das Feuer neu anfachen oder den Trank umrühren muss - alles begleitet von einem munteren Farbspiel und einer Menge Rauch. Zu guter Letzt wird die Wiimote aber auch zum ultimativen Zauberstab, sei es beim alltäglichen Reparieren von Statuen oder beim Duell. Im Laufe des Spieles werden zusätzliche Zaubersprüche freigeschaltet und geben dem Spieler die Möglichkeit, den Kampf durchaus kreativ zu gestalten. Von Expelliarmus über Protego bis Levicorpus ist wirklich alles dabei. In Harry Potter 6 ist es auch erstmals möglich, sich während dem Zaubern zu bewegen, was interessante und komplexe Manöver zulässt - und es auch ermöglicht, dem Fluch eines Gegners auszuweichen. Ein Zusatz-Addon für die Unverzeihlichen Flüche wird es übrigens nicht geben.
Quidditch, Zaubertrankbrauen und Duellieren lassen sich als Trainingsmodus, aber auch als Wettkampfmodus gegen andere Häuser Hogwarts spielen. Am Ende jedes Minispiels erfolgt eine Punktevergabe, die beispielsweise die Exaktheit oder die Geschwindigkeit bewerten. Beim Zaubertrankbrauen gibt es auch eine Medaille für auffällig häufiges Kleckern.
Besonders interessant ist auch die Zwei-Spieler-Funktion beim Duellieren, die ursprünglich nur als Testfunktion für die Entwickler gedacht war, dann aber so faszinierend war, dass sie im Spiel blieb. Mit einem zusätzlichen Controller kann man so mit zwei Figuren aus der Harry-Potter-Welt zum gegenseitigen Duell herausfordern und seine Künste unter Beweis stellen.
Daneben sind auch wieder viele Miniaufgaben versteckt. Durchschnittlich alle 15 Sekunden passiert irgendetwas neues, zum Beispiel wurden auf dem ganzen Gelände Hogwarts-Siegel versteckt, die man, teils mit einigen Kniffen, an anderen Stellen anbringen muss und dafür Punkte erhalten kann.
Fast schon ein wenig traurig sind die Entwickler darüber, dass vielen Spielern die ganzen verstecken Details entgehen. Wer weiß denn schon, dass sich auf den Gemälden im Schloss viele Beschäftigte aus der Filmproduktion verewigt haben? Ein besonderes Dorn im Auge waren den Entwicklern die Fußspuren aus dem fünften Videospiel, die den Spieler zu bestimmten Orten führen könnten. Da sich viele beim Verfolgen nur noch auf den Boden konzentrierten und so von der Schönheit der Welt um sie herum nichts mitbekamen, wurden die Fußspuren entfernt und durch den Fast Kopflosen Nick ersetzt, der auf Augenhöhe vor einem schwebt. Die festen Kameraperspektiven auf die Landschaft, die es im letzten Videospiel noch gab, wurden ebenfalls entfernt, sodass man sich jetzt überall frei umsehen und die Umgebung genießen kann.
Auch bei den Charakteren hat sich viel verändert. So wurden nicht nur alle Schauspieler der Filme für das sechste Videospiel neu eingescannt (und übrigens auf Wunsch von Warner Bros. auch von kleinen Makeln, wie Pickel, befreit), da sich alle schnell und stark verändern, auch die sogenannten NPCs (Non-Player Character - alle Figuren im Spiel, die man nicht selbst spielen kann) reagieren noch lebhafter auf ihre Umwelt - beispielsweise, wenn Harry einen Tisch zerstört. Überhaupt sind die Bewegungen weitaus flüssiger geworden. Zu diesem Zweck wurden anhand von "Motion Capturing" (das Aufzeichnen von Bewegungsmustern echter Menschen) unzählige und vor allem realistischere Geh- und Laufanimationen erstellt. Besonders ausgetüftelt war auch das Motion Capturing für das Quidditchspiel. Einem professionellen Studio aus Kanada gelang es nicht, den Besenflug realistisch darzustellen, der Besen hing eher am Spieler, als dass er ihn trug. Einer der EA-Entwickler baute daraufhin in seiner heimischen Küche ein drehbares Gestell, auf dem ein Schauspieler in alle erdenklichen Positionen gebracht werden konnte.
Selbstverständlich durften wir das Spiel auch selbst ausprobieren und unsere Künste beim Duell und beim Quidditch auf die Probe stellen. Es ist zu sagen, dass das Spiel auf den neueren Konsolen, wie der Wii, einfach unglaublich viel Spaß macht - hier hat sich wirklich viel getan! Ein Zaubererduell wird zu einer körperlichen Geschicklichkeitsfrage, der Besenflug realistisch wie nie zuvor. Für die zukünftigen Spiele (da bisher zu jedem Film ein entsprechendes Videospiel erschienen ist, können wir darauf hoffen, zwei siebte Spiele zu bekommen) dürfen wir darauf vertrauen, dass die Kreativität der Entwickler und Designer nicht nachlassen wird.
Unser Besuch endete mit kleinen Geschenken seitens des Studios und einem kurzen Abstecher in den firmeneigenen EA-Store. Wir hatten jedenfalls einen sehr informativen Nachmittag, viel Spaß und vielleicht werden wir auch beim nächsten Spiel wieder das Vergnügen haben. Ein besonderer Dank sei an dieser Stelle an Vanessa, Boris, Kelvin und Darren ausgesprochen.
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© Harry Potter Xperts 2009