Melissa Anelli
im Interview
Sie ist der wohl bekannteste Potterfan der Welt, hat Interviews mit J.K. Rowling auch mit so vielen Schauspielern gesprochen wie kaum ein anderer. Melissa Anelli, die Webmistress von "The Leaky Cauldron" hat in den letzten Jahren viel erlebt von dem andere Fans nur träumen.
Diese Erlebnisse hat sie nun in einem Buch versammelt und damit ein Werk geschaffen, dass nicht nur sehr persönlich, sondern auch sehr informativ ist. Wie kein anderer hat sie hinter die Vorhänge der Potterwelt geblickt und berichtet gleichermaßen professionell als auch spannend über Potter, J.K. Rowling und das Leben als Fan.
In einem exklusiven Interview hatte Harry Potter Xperts die Möglichkeit, die Autorin über all dies zu befragen und festzustellen, dass sie ein Fan wie wir alle ist. Warum sie sich sicher war, irgendwann einmal geschlagen zu werden, und was sie beim Tagespropheten alles ändern würde, erfährst Du in diesem Interview.
Für den Fall, dass es da draußen noch deutsche Potter-Fans gibt, die noch nichts von deinem Buch gehört haben, beschreib uns in einem Satz, worum es in "Harry, a History" oder "Das Phänomen Harry Potter", wie der deutsche Titel lauten wird, geht.
"Das Phänomen Harry Potter" ist die Geschichte dessen, was in der Welt aufgrund von Harry Potter geschehen ist. Es handelt davon, wie Harry Potter die Welt verändert hat und wie Dinge, die wir lieben, uns verändern können, wenn wir sie lassen. (Gut, das sind jetzt zwei.)
Das Cover des deutschen Buches ist fantastisch, nicht wahr?
Ja, das deutsche Cover ist fantastisch! Ich liebe es.
Was hat dich dazu gebracht, dieses Buch zu schreiben? Und, noch viel wichtiger, wirst du in Zukunft noch mehr schreiben?
Es war irgendwann im Jahr 2003, ich bin eigentlich ziemlich sicher, dass es während der ersten Konferenz, Nimbus 2003, war, als mir der Gedanke kam, jemand sollte über dieses Phänomen schreiben. Kurz danach wurde mir klar, dass ich dieser jemand sein sollte. Und ja, ich werde auf alle Fälle mehr in der Zukunft schreiben! Hoffentlich werde ich den Rest meines Lebens damit verbringen. Ich steh jetzt noch ganz, ganz, ganz am Anfang von dem, was ich hoffe, das mein nächstes Buch wird.
Wow, hört sich gut an. Gibt es schon irgendwelche Informationen?
Wenn es das wird, was ich hoffe, dann wird es etwas sein, das für die meisten Harry-Potter-Fans interessant sein dürfte, denke ich. Aber es wird nicht von Harry Potter handeln.
Wird es ein Roman oder Sachliteratur?
Es wird wieder ein Sachbuch werden, aber ich glaube, wenn ich es richtig mache, wird es etwas Humaneres ansprechen als Fakten und Zahlen.
Zurück zu „Das Phänomen Harry Potter“. Wie lang hast du gebraucht, um es zu schreiben?
Etwa ein Jahr, wobei ich nicht immer nur geschrieben habe. Danach dauerte es etwa drei bis vier Monate, es komplett zu überarbeiten.
Ist "Das Phänomen Harry Potter" das, was du in deinen Händen gehalten hättest, wenn du vor fünf Jahren in den Spiegel Nerhegeb geschaut hättest?
Hmmm, das ist solch eine interessante Frage. Ich weiß nicht, ob ich es mir vor fünf Jahren schon genauso vorgestellt habe, wie es herauskam - es wurde ein sehr anderes Buch. Aber ich hätte definitiv gesehen, dass dieses Buch erscheinen würde und ich der Autor wäre, ja.
Wenn du sagst: "nicht genauso, wie es herauskam", meinst du, dass du bereits vorhattest, ein Buch über deine Zeit als Harry-Potter-Fan zu schreiben?
Vor fünf Jahren, das war... Mitte 2004, richtig?
Ja.
Ich dachte, dass es weniger über meine persönlichen Erfahrungen sein würde und eher generell über das Phänomen. Damals wusste ich noch nicht, dass ich solch erstaunliche Erlebnisse haben würde, die ich in ein Buch geben könnte. Ich realisierte gegen Ende 2006, dass es etwas sein würde, in das ich mich selbst einbringen könnte.
Ich nehme an, während des Schreibens hast du viele Änderungen an dem Buch vorgenommen?
Von Anfang 2007 bis 2008 nicht mehr, als nötig ist, wenn man ein Buch schreibt. Das heißt: es wurde alles vom Anfang bis zum Ende verändert. Aber zwischen 2004 und 2007 hat es sich sehr verändert, doch. Ich dachte schon früh, dass es mehr eine Nacherzählung werden würde, ein einfacher Bericht der Ereignisse. Das-passierte-und-dann-passierte-das etc. Dann realisierte ich, dass das kein lesbares Buch wäre. Ich wollte, dass es persönlich, lustig, inspirierend, traurig und vor allem authentisch sein sollte. Es geht nur deshalb um mich und meinen Weg, sodass es um den von allen anderen auch kann. Für mich war das die einzige Art, es zu tun. Sich auf Einzelheiten konzentrieren, um allumfassend zu sein. Und glücklicherweise hatte ich Erfahrungen gemacht, die die Einzelheiten nicht so langweilig werden ließen.
Wenn du nun in der Zeit zurückgehen könntest um vielleicht doch noch einige Dinge zu ändern - gäbe es da etwas? Eventuell Dinge, die sich auf Ereignisse beziehen, die nach der Manuskript-Abgabe geschahen?
Das ist eine interessante Frage. Ich mag die Zeitspanne des Buches, von der Ankündigung der Veröffentlichung bis "Die Heiligtümer" erschienen. Ich denke, das war der natürlichste Weg, alles Verrückte, was in uns Fans vorging, auf den Punkt zu bringen. Ich wünschte wirklich, einige Dinge wären innerhalb dieser Zeitspanne passiert, sodass ich über sie hätte schreiben können, wie die Ankündigung des Harry-Potter-Freizeitparks. Aber so fängt das Buch einen einzigartigen Moment rechtzeitig ein, und aus diesem Grund bin ich wirklich glücklich damit, wie es jetzt ist. Vielleicht schreibe ich später mal eine aktuellere Version.
Joanne K. Rowling hat dein Buch nicht nur abgesegnet, sondern auch das Vorwort dazu geschrieben. Gib es zu, du hast einen Vorrat Felix Felicis in deinem Schlafzimmer versteckt!
Hah! Ja, ganz bestimmt! Um ehrlich zu sein denke ich, dass die letzten zehn Jahre meines Lebens ein Resultat irgendeines magischen Unfalls sind, der mit Felix Felicis in meinem Trinkwasser zu tun hat. Es hat möglicherweise nicht immer danach ausgesehen. Aber wenn ich zurückblicke – ich bin ein enormer Glückspilz. Der Tag, als sie sagte, sie werde das Vorwort schreiben … ich habe meine E-Mails von meinem Bett aus gecheckt. Auf meinem Telefon. Und ich wachte auf und sah das und ich musste einfach nur eine Weile ruhig daliegen. Es war total anders als sonst, wo ich geschrien habe und herumhüpfte und ganz aufgeregt wurde. Ich rief meine Familie an und dann meine Agentin. Ich muss am Telefon am Rande der Tränen gewesen sein, denn meine Agentin glaubte, etwas wäre ernsthaft nicht in Ordnung, als sie mich zurückrief. Es fühlte sich einfach so an, als ob ich etwas absorbieren müsste, es aufnehmen, um es zu realisieren. Ich denke immer noch nicht, dass ich das habe!
Jeder Schritt des Weges fühlte sich an, als ob jeden Augenblick irgendjemand aufdecken würde, das alles nur ein großer Scherz war.
Erstens: Sie stimmt dem Interview zu.
Zweitens: Das Interview dauerte über zwei Tage und war absolut phantastisch.
Drittens: Sie war bereit, einen Klappentext oder so zu schreiben.
Viertens: Sie würde das Vorwort schreiben.
Fünftens: Das Vorwort und was es aussagte.
Sechstens: Das Buch erscheint und steigt auf der New York Times-Bestsellerliste ein.
Ich meine - der ganze Weg. Ich war mir sicher, jemand würde mich gleich kneifen.
Generell spiegelt deine Geschichte, in der du von einer Hochschulabsolventin, die darum kämpft, einen Job in der Medienwelt zu finden dazu übergehst, The Leaky Cauldron zu leiten, Joanne K. Rowling persönlich zu treffen und ein erfolgreiches Buch über Harry Potter zu schreiben, die von Mrs. Rowling ein bisschen wider, die selbst von einer Sozialhilfeempfängerin zu einer Superreichen wurde. Was ist dein Ratschlag an jeden, der etwas erreichen will, wie du es getan hast (abgesehen davon, in einem Gebiet mit Felix-Felicis-verseuchtem Trinkwasser zu leben)?
Ich würde sagen, die Gemeinsamkeiten meiner Geschichte mit der von J. K. Rowling beschränkt sich darauf, dass wir beide von persönlich und beruflich unglücklich Personen zu erfolgreichen wurden - vertraut mir, ihre Geschichte geht sehr viel weiter als meine! Aber das alleine ist schon ein großartiges Geschenk: Wie viele Leute können sagen, dass sie Erfolg erreicht haben, geschweige denn einen ihrer Träume? Es ist eine Ehre für mich in diesem kleinen Kreis der Leute zu sein, die das geschafft haben.
Nun, zum Ratschlag... Ehrlich gesagt ist der beste Rat, den ich jedem geben kann, hartnäckig zu sein und seinem Glück zu folgen. Wenn mir 2001 jemand gesagt hätte, dass Harry Potter der Weg wäre, den ich gehen sollte, hätte ich gelacht. Es war nur, weil ich irgendwann erkannte, dass der "traditionelle" Weg möglicherweise nicht immer der beste ist, dass ich erfolgreich sein konnte. Nicht viele Menschen erkennen das, denke ich. Es gibt Millionen von Wegen, seine Träume zu erreichen und wenn du nicht tust, was dein Glück von dir verlangt, wird dein Glück verschwinden und nie mehr zurückkehren. Daran glaube ich felsenfest.
Du zitierst auch die berühmte Zeile aus dem "Stein der Weisen": "Es gibt Dinge, die man nicht gemeinsam erleben kann, ohne dass man Freundschaft schließt." Ist das dein persönliches Phänomen Harry Potter, dass es so viele verschiedene Leute weltweit verbunden hat in der Liebe für eine Buchreihe?
Ich denke, dass die Erfahrungen, die ich im Laufe dessen mit meinen Freunden hatte, zeitweise wie dieser Bergtroll waren. Wir gingen durch riesige Höhen und Tiefen. Und nach diesen riesigen Höhen und tiefen Tiefen, da hat J. K. Rowling Recht, kann man sich nicht nicht mögen. In diesem Fandom gibt es Leute, mit denen ich immer zusammen bleiben werden, denn wir haben eine einzigartige Zeit erlebt. Niemand kann das jemals an unseren Leben ändern oder es teilen. Es gehört uns und ist einzigartig. Und irgendwie wunderbar, denke ich.
Würdest du auch in Harrys Welt als Journalistin arbeiten?
Ich denken, ich würde als Journalistin enden, egal wo ich wäre. Ich würde immer schreiben, kommunizieren.
Sagen wir mal, du wärst Herausgeberin des Tagespropheten, was würdest du ändern (abgesehen davon, Rita Kimmkorn zu feuern)?
Ich würde ihnen sehr viel mehr Transparenz geben – es ist unglaublich, womit diese Zeitung durchkommt. Ich würde das komplette Personal austauschen und sicherstellen, dass niemand von ihnen jemanden aus der Regierung kennt oder mit ihm befreundet ist. Und ich würde Calvin & Hobbes in die Zeitung nehmen, Muggelcomic hin oder her. Jeder braucht Calvin & Hobbes.
Würde der Tagesprophet auch eine Onlineversion bekommen? Die Zaubererwelt scheint da ein wenig hinterher zu hinken.
Ich kann wirklich nicht glauben, dass die Zaubererwelt ohne Internet auskommt. Sie müssen angeschlossen werden. Zumindest bei Twitter! Oder Hooter.
Du hast diese Frage bestimmt schon viele Male gefragt, wie auch alle anderen Interviewer, die Harry-Potter-Fans sind. Jetzt fragen wir dich: Wenn du irgendetwas aus Harrys Welt mit in deine nehmen könntest, was wäre es?
Oh, der Tarnumhang. Sofort. Es ist einfach der coolste Umhang.
Das Heiligtum des Todes oder irgendeiner?
Nein, nur als den Umhang. Ich will grundsätzlich kein Heiligtum des Todes. Angenommen, dass ich nicht sagen kann „Einen Zauberstab, der funktioniert“ natürlich. Denn das ist immer die richtige Antwort.
Ja, dann könntest du dir einfach den Umhang herzaubern.
Genau, es erscheint einfach wie ein zu großes Geschenk.
Nun ja, ein Zauberstab funktioniert auch nur, wenn du eine Hexe bist. Also würde er, wenn du keine bist, nicht viel bringen.
Ja, ich würde den Umhang wollen. Oder, OOH. Den Zeitumkehrer! Oh Gott, ein Zeitumkehrer würde mein Leben um so vieles besser machen.
Was sind deine Lieblingsbücher neben "Harry Potter"? Hast du jemals deutsche Autoren gelesen?
Ist Cornelia Funke Deutsche??
Ja, ist sie.
Sie ist wunderbar. Ich lese immer noch "Tintenblut". Aber ich habe "Tintenherz" gelesen und es ist großartig. Meine Lieblingsautoren sind Frank Rich, Michael Chabon, Michael Cunningham, Walter Kerr, William Goldman und viele mehr. Außerdem liebe ich Jennifer Weiner, ich denke, Jennifer Weiner ist eine der besten Schriftstellerinnen für Frauen da draußen. Ich habe bergeweise Lieblingsbücher.
Du erwähnst in deinem Buch, dass du eine enge Beziehung zu Jamie Waylett und seiner Familie hast und dass du Daniel Radcliffe auf MTV getroffen hast. Kennst du dann auch die anderen Hauptdarsteller und schreibst ihnen SMS an ihren Geburstagen?
Ich schreibe Jamie und Evanna an ihren Geburtstagen. Dem Rest wünsche ich aus der Ferne alles Gute. Die anderen Schauspieler kenne ich nicht sehr gut. Aber ich respektiere sie sehr. Sie werden zu guten Vorbildern und das ist großartig.
Letzte Frage: Trägst du immer noch den Ring, den dir Joanne K. Rowling geschenkt hat?
Natürlich! Ja, ich trage ihn jetzt gerade. Ehrlich gesagt, fängt er an sich ein wenig zu bewegen. Ich denke, ich bin zu sehr damit angestoßen. Ich sollte ihn mal überprüfen lassen. Er ist einfach eine so große Erinnerung daran. Wie kann ich jemals vergessen, was mir passiert ist, wenn ich diesen Ring trage? Ich schaue auf meine Hände, wenn ich tippe und ich weiß, dass ich Glück hatte und gesegnet bin. Oh und eine weitere Lieblingsautorin, bevor ich es vergesse: Edna St. Vincent Millay. Dichterin. Sie muss man lesen!
Vielleicht schnell noch ein Gruß an deine deutschen Leser?
DANKE! Ihr seid einfach klasse, enthusiastisch und so herzlich. Und ich hoffe, dass ich eines Tages da sein kann um euch zu treffen. Und ich kann es nicht erwarten, das Buch dort in deutschen Läden zu sehen. Es ist unglaublich für mich, solch einen Zuspruch von Leuten zu bekommen, die ich noch nie getroffen hab. Also danke und bitte sagt euren Lesern, dass ich hoffe, sie genießen es genauso das Buch zu lesen, wie ich es genossen habe, es zu schreiben.
to the English version of this interview
© Harry Potter Xperts 2009