von lütfen
Es herrschte gedrückte Stimmung in der großen Halle. In wenigen Wochen sollte die Schule wieder eröffnet werden. Die meisten Reparaturen waren erledigt, neue Lehrer eingestellt und auch ansonsten heilte die Zaubererwelt und nahm den alltäglichen Trott wieder auf.
Doch trotz all der guten Nachrichten herrschte gedrückte Stimmung unter den wenigen Verbliebenden in der großen Halle. Viele waren wieder nach Hause gegangen, bauten ihr Leben wieder auf, betrauerten den Tod geliebter Menschen oder freuten sich über das eigene Überleben und das anderer.
Auch in der großen Halle trauerte man. Die Menschen, die noch dort waren, konnten ihr Leben nicht fortführen, denn ihnen fehlte Licht.
All die Menschen in der großen Halle verband eine Sache. Die Liebe oder tiefe Zuneigung, die sie für eine bestimmte Person empfanden. Eine Person, die bereits seit sechs Monaten verschwunden war. Und das ohne jede Spur.
Seit dem Tag, an dem Hermine Granger, Gryffindor, Bücherwurm, beste Freundin von Harry Potter und Ronald Weasley, klügste Hexe ihrer Generation, Empathin, Mitbezwingerin Lord Voldemorts und Patentante von Damian Weasley-Malfoy, aus dem Krankenflügel entlassen worden war, hatte sie niemand mehr gesehen. Sie war verschwunden.
Eine der letzten Personen, die sie gesehen hatten, waren Minerva McGonnagal, die Familie Thomson und Severus Snape. Keiner von denen war jedoch in der Lage, konkrete Hinweise zum Verschwinden Hermine Grangers zu geben. Natürlich bis auf die Kleinigkeit, dass der Mann, den Hermine aus tiefstem Herzen geliebt hatte, sie auf grausamste Weise fallen gelassen hatte und die Person, die beinahe wie ihr eigenes Kind gewesen war, abrupt aus ihrem Leben gerissen worden war.
Auch die Tatsache, dass diese junge Frau Leid, Trauer und Schmerz eines gesamten Krieges auf den Schultern getragen hatte, war keinerlei Hinweis für den Grund ihres Verschwindens.´
XXXXX
Harry Potter, der- Junge- der- lebt- und- den- dunklen- Lord- zur- Hölle- gejagt- hatte und bester Freund, beinahe Bruder, Hermine Grangers, ließ seinen Blick über die Anwesenden in der großen Halle wandern.
Da war Albus Dumbledore, der zwar ebenfalls betroffen von dem Verlust Hermines war, jedoch zu viel in seinem Leben erlebt hatte, um dadurch das Ende des Krieges nicht zu schätzen zu wissen.
Neben ihm sein guter Freund Ethan Seymour, der lediglich zur Unterstützung seines Sohnes Ryans noch im Schloss war. Ryan Seymour hatte sein Augenlicht verloren, doch das schien ihn kaum zu stören. Er hatte seine Tochter, Melody Seymour, nach langer Zeit wieder bei sich und die Tatsache, dass sie beide lebten, schien ihm sein Augenlicht wert gewesen zu sein.
Harry ließ den Blick weiter schweifen. Die Lehrer Hogwarts´, die zwar alle betroffen von dem Verlust Hermines waren, jedoch nicht annähernd so sehr, wie es bei Harry der Fall war, unterhielten sich leise und lächelten über das kleine blonde Baby, das wieder und wieder in die langen Haare des blonden Mannes griff und ab und an ein zahnloses Grinsen oder einen Gurgellaut von sich gab.
Lucius Malfoy, der seinen Enkelsohn Damian Weasley-Malfoy im Arm hielt war ein ruhiger Mann, der sich zur Überraschung aller sehr intensiv an der Suche nach Hermine beteiligt und vor allem dadurch den Respekt der meisten Anwesenden gewonnen hatte. Er schien ebenso betroffen über Hermines Verschwinden zu sein, wie die meisten in der großen Halle. Er schien die junge Frau in sein schwer durchdringbares Herz gelassen zu haben, wie auch seinen Enkel und die Verlobte seines Sohnes.
Ginny Weasley und Draco Malfoy wären wohl mindestens so am Boden zerstört gewesen, wie es bei Harry der Fall war, hätten sie sich als frische Eltern nicht zunächst mit ihrem einen Monat altem Baby beschäftigen müssen, das all ihre Aufmerksamkeit forderte.
Der Rest der Weasleys, besonders Ron, Fred, George und Charlie, betrauerten Hermines Verlust enorm. Sie hatten alles in ihrer Macht stehende getan, um die Frau, die ihnen so viel bedeutete, zu finden. Anfangs mit viel Enthusiasmus, der jedoch nach und nach abnahm und Hoffnungslosigkeit Platz machte.
Harry zeigte Verständnis. Er war rational und wusste, sie würden bei der kleinsten Spur alles stehen und liegen lassen, um Hermine zu suchen, doch sie hatten alle ein Leben, dass sie nicht einfach stehen und liegen lassen konnten.
Sie hatten eine Familie, einen Beruf…etwas, wofür es sich zu leben lohnte. Harry hatte nichts. Sein einziger Trost war Hermine gewesen. Die einzige Familie, die er hatte. Auf ihn wartete keine Karriere. Auf ihn wartete keine Familie. Auf ihn warteten Hunderte Reporter, die sein tragisches Schicksal veröffentlichen wollten, die wissen wollten, was er mit seinem verkorksten Leben anfangen wollte.
Er zwang sich, seinen Blick zu der anderen Person wandern zu lassen, die, wie er auch, abseits der anderen saß und still vor sich hingrübelte. Severus Snape. Hauptgrund für Hermines Verschwinden.
Durch Zufall war Harry zu Ohren gekommen, wie Stella, irgendeine Sekretärin in einer winzigen Unterfirma des Ministeriums, in den drei Besen, einen Monat nach Hermines Verschwinden, Madam Rosmerta von ihrem kleinen Stelldichein mit Professor Snape erzählt hatte.
Natürlich hatte sie das Drama, dass sich an diesem Tag abgespielt hatte nicht außen vor gelassen. Durch sie wusste Harry, auf welch grausame, kaltherzige Art, Severus seine und Hermines Beziehung beendet hatte. Und da war Harry klar geworden, wieso Snape sich kaum an der Suche nach Hermine beteiligt hatte. Ihm wurde klar, wieso Snape wieder der selbe war, wie vor seiner und Hermines Beziehung und ihm wurde klar, wieso Hermine ihn im Stich gelassen hatte.
Harry hatte natürlich, ganz wie es seine Art war, mit einer gehörigen Portion Wut auf Snape eingeschrieen, doch Snape hatte lediglich seinen Zauberstab gezogen, Harrys Rollstuhl zur Seite Rollen lassen und war an ihm vorbei getreten. Trotz Harrys Wut und Verzweiflung war nicht er derjenige gewesen, der allen von Snapes Verhalten Hermine gegenüber erzählte. Er wusste nicht wie, doch wie es in Hogwarts der Fall war, blieb nichts lange ein Geheimnis und Snape musste sich tagelang in seine Kerker zurückziehen, um den Menschen, denen Hermine am Herzen lag, zu entkommen.
Es verschaffte Harry Genugtuung, dass Snape geschnitten wurde. Allerdings bereute er die Tatsache, dass jemand mit Snapes Fähigkeiten, sich nicht an der Suche nach seiner besten Freundin beteiligte. Harry hatte alles getan, um Hermine zu finden. Er hatte Aufspürzauber gesprochen, Rituale durchgeführt, war durch die Straßen gerollt und hatte nach ihr gerufen, doch sie war spurlos verschwunden geblieben.
Und während am Anfang beinahe alle Harry unterstützt hatten, hatten sie nach einem halben Jahr aufgegeben. Harry jedoch nicht.
Harry Potter gab nicht auf.
XXXXX
Hermine POV
Ich wusste nicht, wo ich war, ich wusste nur, dass es mir vorkam, als wäre ich seit einer Ewigkeit, das erste Mal wieder wach. Nicht mal, als ich damals im Koma gelegen hatte, war mir das Aufwachen so bewusst gewesen.
Ich sah mich um und stellte erstaunt fest, dass ich, anstatt im Krankenflügel, in einem Wald war, im Verbotenen Wald, wenn ich mich nicht irrte.
Nicht unbedingt der beste Ort, ein Nickerchen zu machen, wenn man mich fragt. Nichtsdestotrotz war ich nun einmal im Wald und trabte zu einem kleinen Fluss. Woa! Trabte? Wieso zur Hölle trabte ich? Ich laufe, gehe, renne, krieche von mir aus auch mal, aber traben? Nur Pferde traben...oh, oder Einhörner! Ich schaute in das klare Wasser des Flusses und sah das Spiegelbild meines Animagi.
Schööön und wie bin ich schon wieder zum Einhorn geworden? Und viel wichtiger, wie verwandle ich mich wieder zurück? WIESO bin ich überhaupt ohne mein Wissen zum Einhorn geworden?
Wie zur Beantwortung meiner Frage, erschien ich in meiner menschliche Gestalt in einem dunklen Raum. Gleichzeitig war ich immer noch das Einhorn…schwer zu beschreiben, um ehrlich zu sein. Ich sah mich in diesem dunklen Raum um, doch da er dunkel war, erkannte ich nichts. Ich konnte nicht mal mit Sicherheit sagen, dass es ein Raum war und keine unendliche Schwärze.
„Hallo Hermine.“ Ich konnte es kaum fassen. Merlin, ich dachte solche Grotesken Begegnungen habe ich nur, wenn ich kurz vorm Sterben bin. „Johanna?!? Was, Wieso? Warum!” Johanna lächelte mich schon wieder auf diese ruhige, Mutter - Theresa- hafte- Weise an. Ich mag dieses Lächeln nicht. Wenn jemand so lächelt, kann er überhaupt keine guten Nachrichten für mich haben.
„Du weißt doch, die Wege des Herrn…“ Gott…ah blöde Wortwahl, Merlin, wenn sie den Satz noch einmal sagt, dann dann grrr.
Mir fällt nicht mal eine ordentliche Bestrafung für die Verrückte ein. Verflucht! „JAJAJA, ´sind unergründlich` kenn ich schon! Können wir uns den Selbstfinder-Tripp für heute schenken und du sagst mir einfach, warum ich hier bin…und…du! Nicht, dass ich dich nicht nett fände, ich genieße deine Gesellschaft wirklich, aber das letzte Mal war ich fast tot und bin hinterher beinahe gestorben. Keine so schöne Erinnerung!“
Johanna lachte. Oh cool, ich hab die Gesandte des Herren zum Lachen gebracht. Klasse! „Ach Hermine, du bist wirklich etwas ganz besonderes…oder sind die Frauen in deiner Zeit alle so…geradlinig?“ Ich zuckte mit den Schultern, nicht ganz sicher, wie ich diese Bemerkung auffassen soll. Ihr Gesicht zeigt wieder dieses dämliche Lächeln, doch wenigstens redet sie weiter.
„Es hat dich geschützt, weißt du?“ Was? War das jetzt die Antwort zu irgendeiner Frage, die ich gestellt habe? „Ähh, wer jetzt genau?“
„Das Einhorn!“ Ohhhhh! Alles klar. Mann bin ich dumm, dass ich da nicht selber draufgekommen bin. Das Einhorn…
„ÄHH, und wovor hat es mich geschützt?“ Johannas Mine wurde traurig. „Vor dir selbst, Hermine. Du hast eine Menge durchgemacht und ich hätte mir so sehr gewünscht, dass dein Leben jetzt ruhiger wird, aber du weißt ja, die Weg…“
Ich stoppe sie, indem ich ihr meine Handinnenfläche entgegenstrecke. Ich erinnerte mich mit einem Mal daran, was passiert war. Severus hatte mich abserviert und Mira wurde mir weggenommen. Obwohl ich immer noch Schmerz bei dem Gedanken empfinde, ist er erträglich. „Johanna, bitte erklär mir, was du genau meinst, ja?“ Sie nickte und begann mir zu erzählen, was passiert war. „Du warst verletzt, Hermine und wütend. Ich weiß es nicht mit Bestimmtheit, aber ich glaube, wenn du nicht aus lauter Liebe so verletzt und wütend gewesen wärst, wärst du wieder zur dunklen Lady geworden. Allerdings bezweifle ich, dass du dich so gut im Griff gehabt hättest, wie unter Einfluss des Trankes.“
Ich starrte sie schockiert an. Was wollte sie mir denn damit sagen? Dass ich Toms Platz eingenommen hätte oder was? „Willst du sagen, ich wäre böse geworden?“ Johanna nickte erst und schüttelte dann ihren Kopf. „Betrachte die Welt nicht so einseitig. Gut und Böse…Die Wesen der Menschen sind sehr komplex. Es gibt nicht nur gut und böse. Sicher, es gibt Wesen, die spiegeln das pure böse wider, und es gibt Menschen, die als Lichtgestalten gelten. Wenn du es wirklich so einseitig betrachten willst, dann bist du eine dieser Lichtgestalten, allerdings sind Gefühle nicht so einfach zu beherrschen.
Um es einfach auszudrücken, du wärst einfach ausgerastet. Du hast bereits Erfahrungen damit gesammelt, was passieren kann, wenn deine Gefühle außer Kontrolle geraten, und glaub mir, das war nicht mal ein Bruchteil von dem, was sein könnte.“
Klingt ja super. Heißt das, ich muss jetzt den Rest meines Lebens darauf achten, dass meine Gefühle unter Kontrolle bleiben? War ich eine Gefahr für die Allgemeinheit? „Mach dir keine Sorgen Hermine, du hast diese Gabe nicht grundlos erhalten. Solange du die Fähigkeit hast zu lieben und an das Gute und die Gerechtigkeit glaubst, stellen deine Kräfte keine Gefahr für dich dar. Das Einhorn wird dich beschützen. Es hat dir Zeit gegeben, dich zu erholen, dich zu heilen, Hermine.“
Ich bemerkte, wie Johannas Konturen undeutlicher wurden. Sie verschwand. „Hey, warte! Wie verwandle ich mich zurück?” Doch sie war schon weg. Allerdings nicht, bevor ich ein letztes Mal, dieses fürchterliche selige Lächeln sah.
Ende Hermine POV
XXXXX
Weitere Monate waren vergangen, ohne das irgendjemand Hermine gesehen hatte. Mittlerweile war es wieder Weihnachtszeit und anders als beim letzten Fest der Liebe versuchte man es völlig normal werden zu lassen. Der einzige Gedanke, der Harry beschäftigte, war das dies bereits das zweite Weihnachtsfest ohne Hermine werden würde.
Solche Gedanken waren mittlerweile seltener geworden. Er dachte häufig an Hermine, doch er musste auch daran denken, was er mit kaum zwanzig Jahren tun wollte. Er arbeitete momentan im Aurorenbüro. Ein Schreibtischjob, natürlich. Er war nicht glücklich, aber zufrieden. Mittlerweile war er auch bei den Weasleys ausgezogen und wohnte in der unteren Etage von Sirius Haus. Er hatte vor, das Haus seiner Behinderung anzupassen, allerdings musste er dafür eine Menge Zauber nachschlagen, was ihn wieder auf Hermine brachte.
Er vermisste sie wirklich sehr. Er hatte über sich selbst lachen müssen, als er einen fertigen Brief an den Weihnachtsmann in Händen gehalten hatte.
Lieber Weihnachtsmann,
ich weiß nicht, ob du Magiern auch Geschenke bringst, jedenfalls erinnere ich mich nicht, jemals ein Geschenk von dir erhalten zu haben, außer die getragen Socken von Onkel Vernon waren in Wirklichkeit von dir.
Allerdings ist dieses Jahr auch das erste mal, dass ich einen Brief an dich schicke.
Ich weiß nicht, wie gut du über meine Welt informiert bist, allerdings bereist du die gesamte Welt in einem Schlitten mit fliegenden Rentieren und steigst durch Kamine in Häuser ein...
Jedenfalls wünsche ich mir meine beste Freundin, Hermine Granger, zurück. Sie ist mir wirklich wichtig und ich liebe sie wirklich sehr. Und na ja…Weihnachten ist doch das Fest der Liebe…
Danke
Harry James Potter
Er hatte kaum mitbekommen, wie er ihn geschrieben hatte. Er wusste nur, dass er die Sache hinterher unheimlich komisch fand und obwohl er wusste, dass es unsinnig war, schickte er den Brief ab.
Am Weihnachtsabend war Mrs. Weasley mit ihrer gesamten Familie und einigen anderen Gästen in Harrys Haus eingefallen und hatte das traurige Anwesen der Blacks in einen Weihnachtstraum verwandelt. Obwohl Harry absolut keine Lust hatte, Weihnachten zu feiern, sagte er nichts über den Überfall seiner Freunde. Er versuchte sich so sehr er konnte, sich genauso von der Weihnachtsstimmung anstecken zu lassen, wie die andern, allerdings war der Trubel ihm zu viel. Er spielte eine Weile mit Damian, doch als der Kleine ins Bett gebracht worden war, zog auch Harry sich in sein Zimmer zurück.
XXXXX
Es war so laut. So viele Stimmen, vertraut und gleichzeitig fremd. Sie hatte sie so lange nicht mehr gehört.
Sie stand vor der Tür des Grimmauldplatz Nummer 12, unsicher, ob sie bereit war, all den Menschen zu begegnen, die schon so lange ihre Familie darstellten. Sicher, sie wollte sie wiedersehen, allerdings war es lange her, dass so viele Personen um sie gewesen waren. Sie hatte sich einfach an die Ruhe des Waldes gewöhnt. Hinzu kam, dass sie aussah, als hätte sie seit Wochen nicht geduscht. Ihre Haare waren gewaltig gewachsen und trotzdem sie nicht mehr buschig waren, hingen sie in verfilzten, schmutzigen Locken bis knapp über ihren Po herunter.
Sie hob ihre Hand, ballte sie zur Faust und ließ sie knapp vor dem Holz der Tür erharren. Sie holte noch einmal tief Luft, dann klopfte sie.
„Geh mal jemand die Tür aufmachen.“
Stimmengewirr
„George, mach die Tür auf!“
„Ron, geh die Tür öffnen!“
„Percy, Tür!“
„Ronald, ich bin sicher, dir ist bewusst, welche Wichtigkeit diese Unterlagen haben. Das Thema der Kessel-....“
„Urgh, ich mach die verdammte Tür selber auf!“
„Ronald Weasley, achte auf deine Wortwahl!“
Ron riss die Tür auf und erstarrte. „Oh Merlin Hermine!“ Er griff nach ihrem Handgelenk und zog sie in die Wärme des Esszimmers. Sie folgte ihm widerstandslos und stand plötzlich inmitten eines Kreises voll schockierter Menschen. Mrs. Weasley war die erste die den Schock überwand. „Gott Hermine. Wo bist du nur so lange gewesen? Komm. Komm, ich bringe dich erst mal nach oben. Nimm ein Bad. Ich such dir ein paar Sachen raus, die vielleicht noch von deinem letzten Besuch hier geblieben sind. Komm Liebes.“
Hermine ließ sich wortlos aus dem menschenreichen Zimmer ziehen und folgte Mrs. Weasley die Treppe hinauf. Sie füllte die Wanne im Bad mit einem Schlenker ihres Zauberstabs und half Hermine, ihre Kleidung abzulegen. Sie schien Hermines Abwesenheit zu spüren und half ihr auch mit der Wäsche. Sie wusch ihr langes Haar und reinigte ihren Körper mit einem Schwamm von all dem Schmutz, den ihr monatelanges Leben im Wald mit sich gebracht hatte.
Als sie sauber war, trocknete Mrs. Weasley ihren Körper und half ihr, sich anzuziehen. „Mrs. Weasley?“ Molly schaute sie fragend an. „Wo ist Harry?“ Molly lächelte mild. „In seinem Zimmer. Hach Hermine, du kannst dir nicht vorstellen, was Harry durchgemacht hat. Wo warst du nur das ganze Jahr .“ Hermines Augen weiteten sich. „Jahr? Aber…ist…ich... Wie lange war ich denn weg?“ Molly überlegte einen Moment. Sie kämmte Hermines lange Haare und flocht es ihr zu einem Zopf zusammen. „Ungefähr vierzehn Monate. Wir haben alles nach dir abgesucht. Harry hat nicht aufgegeben. Er hat sogar in der Muggelwelt nach dir gesucht.“
Hermine nickte bedrückt. „Ich hab nicht gewusst, dass ich solange weg war. Tut mir leid.“ Molly schüttelte nur den Kopf und drückte die junge Frau einen Moment an ihre Brust. „Es ist völlig normal, dass du mal eine Auszeit gebraucht hast, Liebes. Du hast so viel durchgemacht…“ Hermine erwiderte die Umarmung, dann löste sie sich vorsichtig. „Ich hab überhaupt keine Geschenke für euch alle.“ Molly schürzte missbilligend die Lippen. „Glaub mir, das beste Geschenk für uns ist, dass du wieder da bist. Und jetzt geh und hol Harry. Dann kann der arme Junge sein Weihnachtsfest auch genießen.“
Hermine nickte eilig und ging hinunter in die erste Etage. An Harrys Zimmertür angekommen, klopfte sie. „Ich bin müde. Ich komm später zu euch.“ Ertönte Harrys Stimme von drinnen. Hermine hielt sich nicht damit auf ein weiteres Mal zu klopfen und betrat sein Zimmer. Er lag auf seinem Bett und starrte die Decke an, als er sagte. „Ich hab doch gesagt, ich komm spät....“ Erst da warf er einen genervten Blick in ihre Richtung und sah sie zum ersten Mal nach mehr als einem Jahr.
„Hermine....?“ Zögerlich richtete er seinen Oberkörper vom Bett auf und zog sich gekonnte in den daneben stehenden Rollstuhl. Er rollte auf sie zu, ungläubig und zurückhaltend streckte er einen Arm aus und legte seine Handfläche auf ihre Wange. „Bist du wirklich hier?“ Hermine nickte nur und erwiderte seinen Blick. Sie war verunsichert über Harrys Zögerlichkeit und wartete auf das, was er als nächstes tun würde.
Sie musste nicht lange warten. Harry zog seinen Arm zurück und schlang dann beide Arme um ihre Taille. Für einen Moment aus dem Gleichgewicht gebracht, fiel Hermine nach vorn und wurde von Harrys starken Armen aufgefangen und auf seinen Schoß gezogen. Er legte seine Arme wieder um ihre Taille und Hermine schlang ihre um seinen Hals. „Ich hab dich vermisst, Hermine.“
„Ich dich auch, Harry. Du warst der erste, zu dem ich wollte, als ich mich endlich zurückverwandelt hatte. Ich hab gewusst, du würdest hier sein. Mit den anderen hatte ich allerdings nicht gerechnet.“ Harry seufzte. „Ich auch nicht. Aber du kennst Molly doch. Die ganze Meute ist einfach hier eingefallen. Nicht, dass ich ihnen nicht dankbar dafür bin, dass sie sich um mich sorgen, aber…es ist ein wenig viel auf einmal.“ Sie verbrachten die nächsten Minuten in gemütlicher Stille, bis Harry sie ein Stück von sich schob und sie nachdenklich anschaute.
„Also? Wo bist du gewesen?“ Er klang verletzt und wütend. Hermine schmerzte es, ihren besten Freund so zu sehen. Sie holte tief Luft. „Ich weiß nicht, was du von dem Tag, als ich verschwunden war, erfahren hast…Ich weiß auch nicht genau, wie, aber ich wurde wieder zum Einhorn. Und bis gestern blieb ich ein Einhorn. Eine Zeit lang war es, als würde ich schlafen. Ich wusste nichts mehr von meinem Menschenleben. Ich habe nicht an Mira gedacht, nicht an Severus, auch nicht an dich, Harry.
Ich war das Einhorn. Diese Verwandlung war völlig anders als die letzte. Ich hatte einfach kein Bewusstsein. Ich war einfach!“
Sie nahm erneut einen tiefen Atemzug und sprach dann weiter. Harry ließ sie reden und hielt sich zurück. „Ich habe kein Zeitgefühl gehabt. Molly hat mir gesagt, dass ich mehr als ein Jahr …weg war. Ich weiß also nicht, wann genau ich wieder…ich war. Ich war plötzlich wieder da. Immer noch in der Einhorngestalt, aber gleichzeitig war ich Hermine. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich so was wie eine Erscheinung. Jemand hat mir erklärt, was passiert ist und ab da habe ich versucht, mich zurückzuverwandeln. Ich glaub, ich hab ganz schön lange gebraucht. Und ich hab absolut keine Ahnung, wie ich mich plötzlich zurückverwandeln konnte.“
Harry hatte aufmerksam zugehört und runzelte die Stirn. „Also warst du die ganze Zeit im Verbotenen Wald?“ Hermine nickte und sah abwartend in Harrys Augen. Er schaute nervös lächelnd zurück. „Wieso starrst du mich so an?“
„Ich will wissen, was du denkst. Bist du wütend? Traurig? Enttäuscht?“
„Du bist ein Empath, solltest du das nicht wissen?“ Hermine grinste. „Ach Harry, Magie ist nicht die Antwort auf alles. Ich will nicht immer genau wissen, was ihr fühlt, indem ich meine Kräfte einsetze. Früher wusste ich, wie es euch, besonders dir, ging, indem ich in eure Augen gesehen habe.“
Harry schüttelte lächelnd den Kopf, ließ ihr aber ihren Willen und hielt Augenkontakt. „Hmm, du bist müde…emotional, und traurig aber gleichzeitig erleichtert und auch…froh? Stimmt das?“ Harry zuckte mit den Schultern. „Klingt logisch. …Kannst du das alles in meinen Augen erkennen?“ Hermine nickte und lehnte sich wieder gegen ihn. „Erzähl mir, was in den letzten Monaten passiert ist.“ Harry begann. Er erzählte ihr, was sie alle unternommen hatten, um sie zu finden. Wie nach und nach Zweifel in allen aufkamen und wie sie nacheinander beschlossen, ihre Leben weiterzuführen.
Er erzählte ihr von seinem Job, den er hasste. Davon, was die anderen mit ihrem Leben gemacht hatten und von ihrem Patenkind. „Ich hab einen Patensohn? Cool! Wie heißt er? Wie sieht er aus? Hat er Wiesel- oder Frettchen- Haar?“ Harry lachte und erzählte ihr von Damian. „…und wenn ich tippen müsste, würde ich sagen, das Frettchen in ihm hat sich durchgesetzt. Aber in dem Alter kann man das so genau noch nicht sagen.“ Hermine lachte wieder. „Noch ein Malfoy…ich fass es nicht. Apropos Malfoy, ist Lucius auch hier?“ Harry schüttelte den Kopf.
Seine Mine verdüsterte sich. „Lucius hat gemeint, er wolle lieber Snape Gesellschaft leisten. Weiß der Himmel, womit er das verdient hat, dieser Scheißkerl. Selbst Beatus weigert sich, auch nur ein Wort mit diesem schmierigen Schwein zu wechseln.“ Hermine runzelte die Stirn. Wieso war Harry nur so wütend auf Severus. Sie sprach ihre Gedanken laut aus.
Harry schaute sie nur entsetzt an. „Hermine, was denkst du denn, wie ich reagiere, nach all dem, was er dir angetan hat. Dieses miese…“
„Okayyyy!!!!! Ich hab eine ungefähre Vorstellung deiner Meinung über ihn. Aber Harry, egal wie wichtig ich dir bin, das ist es nicht wert. Severus hat eine Entscheidung getroffen und die habe ich akzeptiert. Und du solltest das auch tun.“ Sie stoppte Harry mit einer erhobenen Hand sie zu unterbrechen und fuhr fort. „Ich weiß, wie er sich verhalten hat, war falsch, aber es ist weder an mir noch an irgendjemandem sonst, ihn zu ändern.“ Harry schüttelte den Kopf. Als würde ihn plötzlich Erkenntnis treffen, bohrte er seinen Blick in sie. „Du würdest aber nicht…ich meine, wenn Snape dir irgendeine bescheuerte Entschuldigung auftischt…?“ Hermine stand auf und lief zu Harrys Bett. Sie setzte sich auf die Kante und rieb sich über das Gesicht.
„Harry…er…war, ist meine erste große Liebe. Wenn, ich weiß nicht, Imperius? Vielleicht! Ach Harry, ich weiß doch auch nicht. Es ist…so schwer.“ Tränen liefen ihre Wangen hinunter. Harry rollte näher zu ihr und zog sie zurück in seine Arme. Hermine schluchzte. „Als ich noch ein Einhorn war, da…hat es ...hat es nicht annähernd so sehr wehgetan. Ich vermisse ihn und das obwohl er mich so sehr verletzt hat. Ich dachte, ich hab es verarbeitet.“
Harry sagte nichts. Er hielt sie nur und streichelte über ihren schmalen Rücken.
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