
von Nurbla
51
Harry konnte kaum noch gehen, als sie endlich alle am Fuchsbau ankamen. Von Ginny sanft geführt, stolperte er die Treppen hoch, hörte die müden “Gute Nachts” gar nicht mehr und fiel ohne sich auszuziehen auf Ginnys Bett.
“Harry!” lachte Ginny und auch ihre Stimme klang ein wenig müde. “Ich weiß ja, dass du am Ende bist, aber ich lasse dich nicht mit deinen Anziehsachen, die du übrigens den ganzen Abend an hattest, in meinem Bett schlafen. Sie stinken nach Rauch und Feuerwhiskey wette ich. Also komm.” Sie streckte ihm die Hand hin und zog ihn hoch. Er stank wirklich nach Rauch und Feuerwhiskey, viele auf der Party hatten geraucht und noch mehr hatten getrunken, Harry nicht ausgeschlossen.
“Ich bin so müde!” stöhnte er, als er sich schließlich ausgezogen hatte, Ginny lag schon lang im Bett.
“Komm!” meinte Ginny und schlug ihre Decke zurück.
Müde strich sie ihm über die Haare und den Bauch und seine Augen fielen ihm schon zu, als sie flüsterte: “Ich bin so stolz auf dich!”
Ein sanftes Lächeln schlich sich über Harrys Gesicht und seine Atemzüge wurden ruhiger.
“Und” fügte Ginny müde hinzu. “Ich liebe dich!”
Harry schlug die Augen auf und schaute sie verständnislos an.
“Ich habe dir immer gesagt, du darfst mich nicht lieben!” sagte er vorwurfsvoll.
“Aber warum?” wollte Ginny wissen und in ihr zog sich alles schmerzhaft zusammen.
“Es ist zu gefährlich.”
“Es ist überhaupt nicht gefährlich!” widersprach sie und schaute ihn aus großen Augen an.
“Aber ich muss den Pokal gewinnen und wenn der Dunkle Lord uns dazwischenfunkt, dann bist du schuld, wenn England verliert!” sagte Harry vorwurfsvoll.
“Ich will nicht schuld sein.” sagte Ginny und die ersten Tränen stiegen in ihr auf.
“Bist du aber, du bist immer Schuld! Du bist auch daran Schuld, dass ich jetzt im Gefängnis sitze.” Und Harrys Augen wurden dunkel und dunkler, nur zu vertraut, nur zu gefürchtet. Er sprang auf und hob seine Hand.
“Lass mich Eduardo!” flehte Ginny und rollte sich auf ihrem Bett zusammen um sich möglichst gut schützen zu können.
“Ich mache mit dir was ich will, du gehörst mir, auch jetzt noch bist du meine Schlampe!” schrie Eduardo schrill und riss an ihren Anziehsachen.
“Aber Harry müsste jeden Moment kommen!” rief Ginny verzweifelt und versuchte seine Hände festzuhalten.
“Gut, ich habe ihn schon einmal umgebracht, dass kann ich auch noch einmal.” lachte Eduardo höhnisch.
Im selbem Moment, in dem er ihr das Hemd vom Leib riss klopfte es an der Tür und Harrys Stimme drang dumpf hindurch. “Ginny, ich bin’s. Ginny! Mach auf!”
“Ich...nein, nein, ich will nicht!” schrie Ginny und stieß Eduardo von sich weg.
“Ginny!” sagte Harry lauter und schüttelte sie noch einmal. “Wach auf!”
“Harry!” sagte Ginny schwach, schlug ihre Augen auf und schnappte nach Luft. “Harry...” Und sie begann bitterlich zu weinen.
Harry zog sie ganz eng sich heran und probierte sie so fest wie möglich zu halten, ihr Zittern aufzufangen. Sanft strich er ihr durch die Haare. “Ginny, es war nur ein Traum. Ich bin ja da.” murmelte er immer wieder hilflos. Was sollte er sonst machen?
Als sie sich ein bischen beruhigt hatte fragte er vorsichtig: “Was hast du denn geträumt?”
“Es war...nein, ich kann das nicht erzählen, das ist so erbärmlich.” und schon wieder fing sie an zu schluchzen.
“Ginny, wenn du solche Angst hast, wenn du nicht gut schlafen kannst, dann ist das nicht erbärmlich, erzähl es mir, bitte!” sagte Harry und bemühte sich um einen vertrauensvollen Ton. “Du musst darüber sprechen, es wird doch nicht einfach so besser.”
Ginny nickte leise und fing dann an, mit brüchiger Stimme zu erzählen.
Als sie fertig war, fĂĽhlte Harry sich etwas unwohl. Er hatte ja nicht geahnt, wie schrecklich es war, was sie Nacht fĂĽr Nacht durchmachte.
“Ich bin da.” sagte er deshalb nur. “Und ich liebe dich! Egal was passiert! Merk dir das, ja?”
Ginny nickte und kuschelte sich eng an ihn. Es dauerte noch einige Zeit, bis Harry an diesem Morgen wieder schlafen konnte.
Hermine lag mit klopfendem Herzen im Bett und beobachtete, wie der Sekundenzeiger langsam Minute um Minute verstreichen lieĂź. Sie war, wieder einmal, von Ginnys Schreien erwacht und fragte sich zum wiederholten Mal, ob sie wirklich die einzige im Haus war, die davon aufwachte. Aber heute waren ihre SchuldgefĂĽhle und ihre Hilflosigkeit nicht ganz so schlimm, denn sie wusste ja, dass Harry bei ihr war und dass er neben Luna im Moment der einzige war, dem Ginny wirklich vertraute.
Vielleicht sollte sie Ginny einfach fragen, ob sie ihre Brautjungfer sein wollte, denn irgendeine musste doch den Anfang von ihrem versprochenen Neuanfang der Freundschaft starten und war das nicht eine gute Gelegenheit zu zeigen, dass sie Ginny vermisste und sie gerne wieder an ihrer Seite wissen wĂĽrde?
Oder wĂĽrde das Ginny ĂĽberfordern?
Hermine war ratlos.
Da hörte sie, dass Molly scheinbar auch aufstand, also konnte sie auch aufstehen. Sie schlich sich aus dem Zimmer um Ron nicht zu wecken und lief Barfuß ins Badezimmer. Dort wusch sie erst mal den Schweiß und den Dreck der gestrigen Siegesfeier von ihrem Körper und die Zweifel der Nacht.
Danach schlich sie, nur in einen Bademantel gehüllt zurück in Rons Zimmer und zog sich kurze Shorts und T-shirt über ihre Unterwäsche, es war selbst zu dieser frühen Tageszeit schon sehr warm.
Dann lief sie runter in die Küche und traf dort auf Molly. Sie liebte diese Stunden, die sie, wenn sie bei Ron schliefen, morgens mit ihrer künftigen Schwiegermutter verbringen konnte. Dann redeten sie oft über sehr tiefgründige Sachen, während sie das Frühstückt für die, mal größere, mal kleinere Weasleyschar vorbereiteten. Und manchmal schwiegen sie auch einfach gemeinsam ein angenehmes Schweigen.
Doch heute verzog Molly sorgenvoll das Gesicht, als Hermine die KĂĽche betrat.
“Guten Morgen meine Liebe, warum bist du schon auf? Wir sind erst vor ein paar Stunden ins Bett gegangen.” sagte sie und musterte sie.
“Ich...Guten Morgen Molly. Ich konnte nicht mehr einschlafen.” sagte Hermine und zuckte möglichst unbekümmert mit den Schultern. “Soll ich den Abwasch beausichtigen?”
“Gerne.” erwiderte Molly. Hermine dachte, dass sie sich insgeheim freute, dass Hermine lernte, den Haushalt möglichst einfach zu führen, kannte sie doch ihren jüngsten Sohn und seine Unordentlichkeit.
Hermine schwang ihren Zauberstab und Wasser begann das Becken zu fĂĽllen und nach einem weiteren Schwung find das Geschirr an, sich ordentlich zu stapeln und nach Dreckigkeit zu sortieren.
“Eigentlich” sagte Hermine nach kurzem Zögern. “Konnte ich nicht mehr einschlafen wegen Ginny.” Sie beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Molly zusammenzuckte.
“Hast du?” wollte Molly wissen und Hermine war sofort klar, was die ältere Frau meinte.
“Ich höre ihre Schreie jede Nacht, wenn ich hier bin.” nickte Herimne betreten und schaute in das Spülwasser, in dem jetzt die Gläser anfingen, sich einzuweichen.
“Es ist...” sagte Molly und wendete den Speck in der Pfanne. “Ach Hermine, eigentlich sollte ich dich damit nicht belästigen. Nur, jetzt habe ich endlich jemanden, der sie auch hört.”
“Ist schon ok.” beschwichtigte Hermine sie schnell. “Ich weiß doch auch keine Rat mehr.”
“Ich weiß einfach nicht, wie ich ihr helfen kann. Ich weiß doch noch nicht einmal, was genau vorgefallen ist. Minerva hat mir nur gesagt, dass sie, also Ginny, von diesem Typen misshandelt wurde und eine Vergewaltigung nicht ausgeschlossen ist. Und jetzt stehe ich hier und weiß nicht was ich machen soll und versaue meiner zukünftigen Tochter den Morgen.”
“Ach Molly” sagte Hermine und nahm die ältere spontan in den Arm. “Das ist wirklich kein Problem, glaub mir!”
Sie ließen wieder voneinander ab und Hermine ließ die Bürste auf die Gläser los.
“Weißt du, Molly,” sagte sie nach einem kurzen Schweigen.
“Nein, was denn?” wollte Molly wissen.
“Bei uns Muggeln gibt es Leute, sie heißen Psychiater, die sich um solche Fälle kümmern, wie Ginnys. Es sind sozusagen Heiler für die Seele.”
“Und wie machen sie das, so ganz ohne Magie und Erinnerungszaubern und so?” wollte Molly wissen. “Weißt du, ich habe mich ja schon beim St. Mungo erkundigt, was es da so gibt, aber das hat alles so viel mit dem einfachen ändern von Erinnerungen zu tun und ich denke, das will Ginny nicht.”
“Es ist...so ganz genau weiß ich das auch nicht, aber ich werde meine Eltern fragen. Auf jeden Fall helfen sie den Leuten, denen Schlimmes passiert ist dabei, damit klarzukommen, es zu verarbeiten. Dazu braucht man keine Magie. Man muss nur wissen, wie die Gehirne und Seelen von Menschen ungefähr arbeiten und dann ein gutes Menschenkenntnis haben und schnell herauszufinden, wie man dem Menschen helfen kann. Ob es hilft, eine spezielle Therapie zu machen, z.B. mit Tieren oder anderen, ich nenn sie jetzt mal Opfern, oder ob sie in Trance versetzt werden sollten, oder ob es reicht, was weiß ich, alles nachzuspielen, oder zu malen, oder aufzuschreiben oder nur darüber zu reden, verstehst du?” erwartungsvoll schaute Hermine Molly an, die langsam nickte.
“Ich glaube schon. Meinst du, wir könnten Ginny zu so jemandem bringen?” wollte sie dann wissen und Hermine sah in den besorgte Augen den Eifer und die Kämpfernatur einer so starken Mutter wie Molly sie war aufblitzen.
“Nein.” sagte Hermine. “Wir nicht, aber Harry und Luna können das. Ich werde auch mit ihnen sprechen, ok?”
Molly nickte wild mit dem Kopf.
“Oh misst, jetzt ist der Speck angebrannt.” rief sie dann und die beiden lachten. Im selben Moment betrat George, fertig geduscht und angezogen den Raum.
“Guten Morgen Weltmeisterfamilie!” rief er gut gelaunt. “Kann ich helfen?”
Hermine und Molly schauten sich ĂĽberrascht an und zuckten dann synchron die Schultern. Normalerweise fragte George immer, ob das Essen schon fertig war.
“Nein, es ist alles fertig!” sagte Molly, als die Tür schon wieder auf ging und Ginny und Harry, beide noch in Schlafanzügen, den raum betraten.
“Setzt euch, setze euch!” rief Molly und sie und Hermine fingen an das Frühstück, das heute besonders üppig war, auf den Tisch schweben zu lassen.
“Fangt schon mal an.” meinte sie dann. “Ich wecke nur eben Ron und Arthur. Hat noch jemand von uns hier geschlafen?” wollte sie dann mit einem Zwinkern wissen.
“Nein.” antwortete ein einstimmiger Chor.
“Und die beiden, die du wecken willst sind schon wach.” fügte Arthur da von der Tür hinzu. “Ron kommt auch gleich!”
Es wurde ein sehr lustiges FrĂĽhstĂĽck, das damit endete, dass George und Ginny Arm in Arm auf ihren StĂĽhlen standen und ein zugegebenermaĂźen sehr schiefes und schlecht gedichtetes Lobeslied auf die englische Mannschaft und deren herausragenden Sucher sangen.
“Und so”
“Ho ho!” rief George zwischen Ginnys Gesang.
“Und so hört ihr jetzt auf, weil ich dem Lärm nicht mehr ertragen kann!” schrie Molly ihre Kinder an und musste lachen. “Stille! Jetzt sofort!”
“Wollte ich gerade anfangen die Lobe auf McGonagall überzugehen, da sie doch dafür gesorgt hat, dass Harry spielen durfte.” meinte Ginny gespielt geknickt und ließ sich auf ihren Stuhl fallen.
“Und dann hätten wir Malfoy genommen. Wenn der wüsste, dass er Schuld daran ist, dass Harry spielen darf...” meinte George.
“Apropos Malfoy...habe ich euch erzählt, dass er zu mir gekommen ist und” fing Harry an und alle schauten ihn ungläubig an. Nur Ginny nickte und meinte, “Ja, hast du gesagt.”
“Aber uns nicht!” protestierten die anderen und blickten ihn weiter gespannt an.
“Ginny...” sagte in diesem Moment Ron und deutete auf das Fenster. “Ist das da...?”
Hermine fuhr gleichzeitig mit Ginny herum und sah, dass die Eule ganz eindeutig aus Hogwarts kam. Molly stand auf, öffnete das Fenster und die Eule flatterte herein und setzte sich auf den Küchentisch. Etwas pikiert schaute sie sich in dem Chaos um und hüpfte dann über eine Schüssel zu Ginny.
“Danke!” sagte Ginny schwach und Hermine konnte sich das Flattern in ihrem Inneren vorstellen. Mit zitternden Fingern brach Ginny den Riegel und rollte das Pergament auseinander.
Harry lehnte sich an ihre Schulter und Hermine beobachtete die beiden nervös. Lange war keine Regung zu sehen, außer, dass Ginny Harry einmal anguckte und dann, endlich, lächelten sie und Harry drückte Ginny einen Kuss auf die Stirn. “Herzlichen Glückwunsch meine Liebe!” sagte er und sie fing an zu strahlen.
Am Tisch atmeten alle erleichtert auf.
“Was hast du denn Schwesterherz?” wollte George als erster wissen.
“Es ist alles bestanden...” sagte Ginny. “Und in VgddK habe ich sogar ein E.”
“Herzlichen Glückwunsch!” sagte George ohne mit der Wimper zu zucken und lächelte seine Schwester strahlend an. Molly standen die Tränen in den Augen und sie eilte um den Tisch, um ihr jüngstes Kind fest in den Arm zu nehmen.
An diesem Abend klopfte Ginny am Grimmauldplatz an die Tür und wartete Ewigkeiten, bis endlich geöffnet wurde.
“Hey Ginny!” sagte eine überraschte Hermine und lächelte sie dann an. “Komm rein, hab dich lange nicht mehr hier gesehen.”
“Ist Harry schon da?” wollte Ginny wissen.
“Nein, diese Nachbesprechung scheint doch ziemlich lange zu dauern.” sagte Hermine und zuckte die Schultern während sie durch die Halle in die Küche liefen.
“Hm.” machte Ginny und erinnerte sich an den letzten Besuch, an dem sie mit Hermine hier alleine gewesen war. “Hast du die Zimmer oben alle fertig?” wollte Ginny neugierig wissen.
“Ja.” sagte Hermine und lächelte ein bischen stolz. “Ich habe heute zum ersten Mal den Dachboden betreten. Der ist mein letztes Projekt und du glaubst nicht, was da für ein Chaos herrscht!” fügte sie noch theatralisch hinzu.
“Doch!” lachte Ginny. “Ich war einmal mit Mum oben zu Ordenszeiten.” sie stöhnte und schüttelte mit einer wissenden Miene den Kopf.
“Also, willst du die Zimmer oben sehen?” fragte Hermine.
“Klar! Zeig mir was du angestellt hast mit deinem hervorragenden Können!” forderte Ginny Hermine auf und so wurde sie oben durch das schon fertige Wohnzimmer geführt, dass eindeutig noch immer nach dem Parfüm von Hermines Mutter roch, auch wenn ihre Eltern schon etwas länger wieder in einem eigenen, kleinen Haus wohnten.
Dann warf Ginny einen kurzen Blick in Ron und Hermines Schlafzimmer. “Es ist so wunderschön hell.” sagte sie fast ehrfürchtig und Hermine nickte.
“Ich dachte, ein bischen Helligkeit tut nicht nur diesem Haus mal ganz gut.” sagte sie dann und zwinkerte. “Also,” nahm sie dann eine höchst wichtige Stimme ein. “In dieser Etage haben Ron und ich uns häuslich eingerichtet, da Harry uns drohte zu sterben, wenn wir in dem nächsten Jahr ausziehen. Er meinte, frühstens nach der Hochzeit und spätestens, wenn wir das erste Kind kriegen.”
Ginny und Hermine lachten beide und dann fragte Ginny, kurz zögernd: “Willst du Kinder, Hermine?”
Hermine schaute sie kurz an Ginny war sich nicht sicher ob sie sich den kurzen Schmerz in den Augen der...ehemaligen...Freundin einbildete.
“Komm.” sagte Hermine nach einer kurzen Stille und Ginny überging, dass sie keine Antwort auf ihre Frage gekriegt hatte.
“Das ist mein Arbeitsraum.” stieß sie die nächste Tür auf und Ginny ließ einen Laut der Überraschung über ihre Lippen springen.
Der Raum war voll von Renovierungsmaterial und Farben und Mustern, Schablonen, Bildern und BĂĽchern.
“Es ist überwältigend.” sagte Ginny und nickte noch bekräftigend mit ihrem Kopf. “Ich würde gerne einmal sehen, wie du mit dem ganzen Kram umgehst...”
“Komm wenn ich den Dachboden mache mal vorbei und helfe.” schlug Hermine schulterzuckend vor. “Es ist gar nicht soo kompliziert. Es kommt nur drauf an, dass man einen Plan hat, welche Bürsten und Pinsel wo arbeiten und welche Zauber wo wirken und sowas alles.”
“Und das ist nicht kompliziert?” fragte Ginny skeptisch.
“Doch.” gab Hermine lachend zu. “Aber mir macht es Spaß!”
“Du solltest daraus deinen Beruf machen.” schlug Ginny vor, als sie den Raum verließen und einen kurzen Blick in Rons Arbeitszimmer, das sehr unordentlich und ansonsten, Ginny wollte es gar nicht glauben, voll mit Büchern war. Verwundert schüttelte sie den Kopf.
“Na für seine Arbeit muss es viel nachlesen, es ist interessant zu sehen, wie er sich allmählich dran gewöhnt und sogar ein bischen Spaß dran findet.” erklärte Hermine. “Aber kein Wort zu Ron davon, der streitet alles ab.”
Sie schauten sich noch das Bad an, die beiden Gästezimmer und das ganz spezielle Hermine-Zimmer. Es war voll, zum größten teil mit Büchern, aber auch andere Utensilien wie Kessel, Zaubertrankzutaten, Wagen und andere Gegenstände, die Ginny nicht identifizieren konnte fanden in den Regalen ihren Platz.
“So, und jetzt kannst du entscheiden, ob du dir Harrys Etage von mir oder ihm zeigen lassen willst.” sagte Hermine und lächelte sie offen an.
“Ich warte,” sagte Ginny zurücklächelnd.
“Ok. Komm.” sagte Hermine und griff nach Ginnys Hand. Sie zog Ginny zurück in ihr Zimmer und räumte schnell ein paar Bücher von zwei Sesseln und zauberte den kalten Tee wieder warm.
Kurz schwiegen sie sich an, dann holte Hermine tief Luft und schaute auf. “Ja, eigentlich möchte ich Kinder, aber noch nicht jetzt. Ich hätte zu viel Angst, sie wieder zu verlieren.”
Ăśberrascht von dieser Ehrlichkeit nickte Ginny und schaute weiter auf ihre Beine. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
“Darf ich dich was fragen?” brach Hermine schließlich die Stille und Ginny nickte, auch wenn es ihr dabei etwas unwohl war.
“Willst du...möchtest du meine Brautjungfer sein?” fragte Hermine schnell und schaute sie gespannt ein.
“Ich?” frage Ginny völlig überrascht. “Aber ich war so eine schlechte Freundin für dich, du kannst unmöglich wollen, dass...?”
“Doch.” sagte Hermine. “Will ich. Denn du warst keine schlechte Freundin für mich. Ich war eine schlechte für dich. Du bist diejenige, die nicht glücklich von uns ist und ich sollte dir Hilfe und Unterstützung zukommen lassen, wo ich nur kann, aber stattdessen war ich beleidigt und verletzt. Ich habe mich sitzengelassen gefühlt, obwohl ich diejenige war, die dich sitzengelassen hat. Es tut mir Leid Ginny. Kannst du mir verzeihen?”
Ginny schaute mit Tränen in den Augen zu Hermine auf und sah, dass es der Freundin nicht besser ging.
“Und...” redete Hermine weiter, als Ginny sie einfach anschaute und nichts sagte, während die Tränen ihre Wangen herunterrollten. “Ich will dir so gerne helfen und ich habe einen Weg gefunden und ich habe alles rausgefunden und wenn du willst...es gibt bei den Muggeln Psychiater und die sind Heiler für die Seele und da würde ich dich gerne einmal mit hin nehmen oder dich mit Luna hinschicken oder auch mit Harry. Weißt du, ich habe heute Mittag, als wir drei draußen den Tisch gedeckt haben mit ihnen darüber gesprochen und sie finden die Idee gut aber sie meinten, es wäre meine Aufgabe, mich darum zu kümmern und so und dass ich endlich verstehen soll, warum unsere Freundschaft nicht mehr funktioniert und das es vielleicht noch nicht zu spät ist und...”
“Hermine.” sagte Ginny leise und lächelte durch ihre Tränen hindurch. “Ja.”
“Was ja?” wollte Hermine perplex wissen.
“Ich möchte gerne deine Brautjungfer sein.”
Beide schauten sich einen weiteren Moment an, dann sprang Hermine auf und schloss Ginny lange und fest in die Arme. Aneinander gelehnt ließen sie den Tränen freien Lauf, bis es an die Tür klopfte und beide sich schnell aufrichteten und sich das Gesicht abwischten.
“Ja?” fragte Hermine mit brüchiger Stimme und im nächsten Moment stand ein fragend guckender Harry im Raum.
“Es ist nichts schlimmes!” sagte Ginny lächelnd zu ihm gewannt. “Keine Sorge.”
Da lächelte auch Harry verstehend. “Ich geh in die Küche und helfe Kreacher den Tisch zu decken.” sagte er mit einem Zwinkern in den Augen. “Kommt ihr gleich essen?”
Die Mädchen nickten einträchtig und Harry hüpfte gut gelaunt die Stufen herunter. Da hatten sich wahrscheinlich gerade zwei Freundinnen wiedergefunden.
“Also, wie war euer Treffen?” wollte Ginny wissen und lehnte sie von hinten an Harry, der gerade einen Topfdeckel aufmachte um zu gucken, was sie darin verbarg.
“Gut!” sagte Harry und lächelnd drehte er sich um und gab ihr einen Kuss. “Das Team ist so jung, dass es bis zur nächsten WM bestehen bleibt, also vielleicht mit kleineren Änderungen. Es ist noch immer nicht raus, was mit Terry ist und ob er je wieder spielen kann.”
“Na, das ist traurig.” sagte Ginny. “Aber gut für dich.” Beide lachten und in dem Moment kam Ron in die Küche und schaute sich erschöpft um.
“Was gibt’s? Hallo erstmal.” sagte er und lächelte.
“Hm, das übliche.” sagte Harry.
Ron zog die Augenbraun hoch. “Das gibt es bei Kreacher nicht.” sagte er.
Harry zuckte die Schultern. “Er war heute bei Winky und hatte nicht so viel Zeit und ich habe ihm gesagt, ich will nur Nudeln, sonst wäre er nicht gegangen, denke ich mal.”
Ron nickte verstehend.
Einen Moment später saßen die vier am Küchentisch und eine gefräßige Stille hatte sich ausgebreitet bis der erste Hunger gestillt war.
“So, wie läuft es bei der Arbeit?” wollte Harry wissen und schaute Ron an.
“Ich muss dauernd erzählen, was wir alles so erlebt haben und wie kämpfen ist und Situationen spielen und so...also wenn einer von uns diesen Krieg vernünftig verarbeitet und nutzt, dann ich...” sagte Ron lachend. “Aber heute gab es ein anderes Thema...habt ihr schon doe Zeitungen gelesen.”
Alle außer Hermine schüttelten die Köpfe. “Ich will es gar nicht wissen.”stöhnte Harry auf.
“Aber du hast was du wolltest.” sagte Hermine mit gespielt tadelnder Stimme. “Du hast immer gesagt, dass du nicht immer wegen irgendwelchen schwarzmagischen Verwicklungen und Gefahren und so in der Zeitung stehen möchtest und der Liebesklatsch passte dir auch nicht. Jetzt sind es deine hervorragenden Spielfähigkeiten. Du bist wegen etwas berühmt und stehst in den Zeitungen, was dein eigenes Können ist und diesmal kannst selbst du das nicht abstreiten. Mag sein, dass es dir sonst immer gelungen ist, aber diesmal nicht!”
Harry lachte und ihm wurde warm. Wie hatte er das alles hier in der letzten Zeit vermisst. Einfach essen, einfach reden, einfach SpaĂź haben.
Es war eine ganz schöne, lustige Zeit später, als Harry und Ginny auf der obersten Treppenstufe zu Harrys “Reich” ankamen und sich einmal lange in die Augen schauten, bevor Harry sie an die Hand nahm und fragte: “Was willst du sehen?”
“Alle Zimmer, die ich noch nicht kennen. Ich war bis jetzt doch nur in deinem.” sagte Ginny und lächelte und freute sich schon auf eine weitere Vorführung von Hermines Künsten der Renovierung und Raumeinrichtung.
“Also,” stieß Harry die erste Tür zu ihrer linken auf. “Kreachers Zimmer.”
Das hätte Ginny auch so erkannt. Es war unordentlich mit lauter Bildern von Regulus und Familienerbstücken zugestellt und roch etwas merkwürdig.
Der nächste Raum ein Bad, wunderschön in weiß und rot-gold. “Hermine dachte, etwas müsste mich doch in meinem Zuhause an mein erstes Zuhause erinnern.” lachte Harry. “Ich finde es spießig, aber hey!”
“Ja spießig, aber schön sagte Ginny und strich ehrfürchtig über den Rand der Badewanne.”
“Wenn du die Passwörter kennst, dann kann man ungefähr hundert verschieden Kombinationen von Wasser, dessen Konsistenz, Farbe und Geruch kriegen.” meinte Harry. “Aber so weit bin ich noch nicht.”
Ginny lachte und schaute ihn erwartungsvoll an. “Und die anderen Zimmer?”
“Das hier ist mein zweites Zimmer.” sagte Harry und öffnete eine Tür zu dem kleinen Zimmer, in dem er zu Ordenszeiten gelebt hatte. Es hatte sich vollkommen verändert, stellte Ginny fest. Es war sehr schlicht gehalten, jedoch mit hellen Regalen, Fensterrahmen, Schreibtisch und Stuhl. In der hinteren Ecke stand noch ein gemütlich wirkender, roter Sessel.
“Eigentlich bin ich hier nie.” sagte Harry schulterzuckend. “Ich meine...was soll ich hier? Aber Hermine hat drauf bestanden.”
Das kleine Wohnzimmer, dass die beiden als nächstes besichtigten, war mit gemütlichen Sofas und Sitzsäcken und Kissen ausgestattet und einem runden niedrigen Glastisch in der Mitte. Zu ihrer Rechten konnte Ginny so etwas wie eine Getränkeecke sehen, wo man anscheinend die nötigen Utensilien vorfinden konnte um Tee und Kaffee zu machen.
“Guck du dir doch eben die anderen beiden Zimmer an.” schlug Harry vor und seine Augen blitzten. “Ich mache uns...Tee oder Kaffee, was willst du?”
“Tee.” sagte Ginny und drehte sich um und schloss die Tür zum Wohnzimmer hinter sich. Sie öffnete die Tür, die sich ihr direkt gegenüber befand und schnappte erstaunt nach Luft. Es hatte ein großes Fenster, aus dem man über das ganze Viertel blicken konnte und gerade fing der Himmel an sich hinter den weißen, wehenden Seidenvorhängen rosa zu färben, es musste schon spät sein.
In dem Zimmer befand sich ein großes Bett und Ginny wusste sofort, wo sie heute Nacht schlafen würde, nicht etwa in Sirius total engem und ungemütlichen Bett, nein, sie würde auf Wolke sieben dieses schlichten, schönen Schlafzimmers eine gute Nacht verbringen und wahrscheinlich noch viele, viele mehr.
Sie ging zu dem Fenster und schaute nach draußen. Man musste noch nicht einmal Angst haben, jemand könnte einen sehen, denn dieses Haus konnte man ja nicht sehen.
Ginny riss sich schließlich mit dem Gedanken an Harry und seinen Tee los von der netten Beobachtungsposition, die sie hier hatte und verließ das Zimmer wieder. Leise schloss sie die Tür und wandte sich der daneben zu. Hinter ihr verbarg sich ein, wie sie auf den ersten Blick dachte, Gästezimmer.
Es war genauso schön hell wie die anderen Räume im Haus, aber dann viel ihr auf, dass ein Bett fehlte.
Es gab einen Schreibtisch, einen großen Kleiderschrank, zwei Sessel und einen kleinen runden Tisch, dessen Tischplatte ein wunderschönes Mosaik war, das eine Sonne in einem roten Himmel über dem Meer darstellte.
Ginny erkannte es wieder, das war von einem Foto, das auf ihrem und Harrys Urlaub am Meer entstanden war.
Sie schaute sich weiter um und entdeckte das richtige Foto, das vergrößert an der Wand hing. Im Moment lag die Sonne genau auf der Meeresoberfläche, doch Ginny wusste, dass sie noch ein bischen weiter sinken würde, bevor sie wieder auf dieser Basis anfangen würde. Es war der Zeitpunkt, in dem sie dieses Foto gemacht hatten.
Sie hatte sie an Harry gelehnt und sie hatten lange so da gestanden und beobachtet, bis die Sonne ganz im Meer versunken war.
“Gefällt es dir?” wollte da Harry hinter ihr wissen und legte seine Arme um sie.
“Erinnerst du dich an den Abend?” wollte Ginny wissen und spürte Harry nicken.
“Aber gefällt dir das Zimmer?” wollte Harry wissen.
“Ja, so wie alles in diesem Haus. Hermine hat ganze Arbeit geleistet. Und das Schlafzimmer, das ist so wunderbar...” sie stockte, als Harry ihr die Hand über den Mund legte und sie zu sich umdrehte.
“Es ist dein Zimmer, wenn du willst, wenn du hier bist, wenn du dich mal zurückziehen willst.” sagte er und dann ließ er die Hand über ihren Arm nach unten wandern und küsste sie gleichzeitig ganz sanft auf die Stirn.
Ginny lief ein Schauer den RĂĽcken hinunter.
“Danke!” hauchte sie und reckte sich zu ihm hoch um ihn zu küssen.
Fest schlang Harry seine Arme um sie und war von seinen eigenen Gedanken erschrocken. Das, was er da gerade gedacht hatte, das musste noch warten, so weit war Ginny lange nicht und er wusste nicht, ob er wirklich reif dafĂĽr war, sich einer Hochzeit mehr zu stellen.
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